Als die Tage ihr Licht verloren - Stephanie von Hayek

  • Stephanie von Hayek wurde 1971 in Wolfratshausen als Tochter einer finnlandschwedischen Mutter und eines deutschen Vaters geboren. Nach einer Lehre als Buchhändlerin studierte sie Politische Wissenschaften in München und Paris. Sie arbeitete als Referentin in internationalen Organisationen, unter anderem für die Weltbank in Washington D.C. und die europäischen Regionen in Straßburg. Sie schreibt Literaturrezensionen, leitet Schreibkurse und arbeitet im Feld der internationalen Beziehungen und Völkerverständigung. „Als die Tage ihr Licht verloren“ ist ihr erster Roman.

    • Verlag: Pendo (1. März 2019)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 386612466X
    • ISBN-13: 978-3866124660
    • Größe und/oder Gewicht: 13,1 x 3,2 x 21,1 cm


    Wie ahnungslose Eltern ihre Kinder in den Tod schickten


    "Euthanasie umschrieben mit dem schönen Decknamen "Aktion Gnadentod" bei dem man Kinder, Psychisch Kranke und Anstaltsinsassen zunehmend als Ballastexistenzen ansieht, die zu beseitigen sind." Berlin 1940: Die beiden Schwester Linda und Gitte, die aus einer gutbürgerlicher Berliner Familie stammen geniessen ihre unbeschwerte Jugend. Beide arbeiten als Sekretärinnen auch wenn Gitte gerne Jura studiert hätte und Linda eher die künsterische Ader ihrer Mutter geerbt bekommen hat. Dann jedoch lernt Linda den sensiblen, künsterischen Schuhhändler Erich kennen. Die beiden verlieben sich ineinander und heiraten. Als Erich eingezogen wird und an die Front abkommandiert wird ist Linda untröstlich. Anfänglich schreibt sie ihm fast täglich weil sie ihn so sher vermisst, doch dann bleiben Erichs Briefe aus. Niemand weiß etwas was mit ihm geschehen ist und Linda fällt in tiefe Depressionen. Alles ist ihr auf einmal egal, sie ißt kaum mehr etwas und ihre Familie ist verzweifelt über Lindas Teilnahmslosigkeit. Das dies nicht gerade gut, ist in Zeiten wo Euthanasie Einzug hält und immer mehr Kranke, Behinderte, Alkoholiker vergast werden weiß noch kaum jemand. Als man dann eines Tages Linda zwangseinweist, denkt jeder das sie Linda helfen wollen.

    Stephanie von Hayek verbindet in ihrem Debüt die fiktive Geschichte zweier Schwestern in Berlin, mit einer wahren Geschichte eines verhängnisvollen Transports aus dem Jahr 1940 zu einem faszinierenden Roman um Liebe, Neid, Verrat und Ideologie.


    Meine Meinung: Das Cover zeigt zwei junge Frauen, die unbeschwert durch die Straßen flanieren und bei dem man nicht unbedingt solch eine Thematik erwartet. Bei dem Buch selbst war ich hin- und hergerissen, da ich mit dem Schreibstil der Autorin schwer zukämpfen hatte. Ich vermisste die Harmonie und gleichförmigen Sätze, dagegen gab es oft viele Wiederholungen in den Sätzen und ich empfand sie oft als sehr holprig. Auch bei einigen Szenen konnte ich nicht alles nachvollziehen. Da war z. B. eine Frau die Linda mit ihrem Auto nach Berlin fuhr und das in Kriegszeiten, wo doch sicher die meisten Autos konfisziert wurden, wo es Ausgangssperren gab und sicher auch die Bombengefahr groß war. Das schien mir ein wenig unrealistisch dargestellt, zu mal Linda ja auch noch gesucht wurde. Auch die Charaktere konnten mich nicht überzeugen, sie bleiben eigentlich bis zum Schluss sehr oberflächlich, blass und unscheinbar. Ich hätte mir da lieber weniger Charaktere, dafür aber tiefgründiger ausgearbeitet gewünscht. Da ich schon viele Bücher über Holocaust und Euthanasie kenne, muss ich sagen das auch diese Thematik meiner Ansicht nach zu kurz kam. Das Buch konnte mich erst im letzten Drittel so richtig fesseln, vorher war es für mich eher eine Qual. Hätte ich nicht bei einer Leserunde mitgemacht, ich hätte es sicher abgebrochen. Lediglich die einigermaßen guten Recherchen im Nachwort und das fesselnde Drittel lassen mich ein wenig gnädiger stimmen. Negativ stoßte mich allerdings auch das Ende auf, das mich mit vielen Fragen zurückließ. Da hätte ich mir doch einen Epilog gewünscht bei dem die Autorin noch mehr auf die Zukunft der Protagonisten eingeht. Ob ich ein weiteres Buch der Autorin lesen würde weiß ich noch nicht. Ich jedenfalls kann diesem Buch auf Grund des Schreibstils und meinem Empfinden leider nicht wie die anderen Leser die volle Punktzahl geben, sondern nur gerade noch knappe 6 Eulen. :|


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    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • 30er-40er Jahre Berlin. Linda und Brigitte Hoffmann leben mit ihren Eltern Leonhard und Margarethe in Berlin. Großmutter Elizabeth wohnt nur einige Straßen weiter. Jugendfreundin Lene wohnt in der Nachbarschaft und hat sich schon immer als 3. Tochter der Familie gesehen, doch mit dem Teenageralter entfremden sich die Frauen. Lene heiratet einen aufstrebenden NS-Anhänger, doch noch immer will sie von der Familie Hoffmann nicht lassen, die sich niemals der Partei anschließen würden. Während Gitte von einem Jurastudium träumt und durch Beziehungen im Reichsministerium arbeitet, ist Linda mit ihrem Job Sekretärin unzufrieden, sie gar nicht weiß, was sie will. Das ändert sich mit der Begegnung des Schuhmachermeisters Erich Kupfer. Die beiden heiraten schnell, und Linda hilft schon bald in dem außergewöhnlichen Laden mit. Als Hitler immer mehr an Macht gewinnt, wird der Laden bald von NS-Soldaten frequentiert. Erwin wird eingezogen und kommt von der Front nicht mehr zurück, was Linda in eine tiefe Depression fallen lässt. Das Gesetz zur Euthanasie ist zu diesem Zeitpunkt noch geheim, die geistig Verwirrten und Kranken werden heimlich deportiert. Durch Denunziation aus der Nachbarschaft wird auch Linda abgeholt, die Familie weiß nicht, wo sie ist, bis Gitte ein Dokument in die Hände fällt…


    Stephanie von Hayek hat mit dem Buch „Als die Tage ihr Licht verloren“ ihren Debütroman vorgelegt, eine Familiengeschichte vor historisch belegtem Hintergrund. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in das alte Berlin eintauchen, um bei der Familie Hoffmann einzuziehen und als stiller Beobachter die Ereignisse mitzuverfolgen, die bei ihnen Einzug halten. Die Autorin hat den historischen Hintergrund gut recherchiert und gibt ihm einen relativ großen Raum in ihrer Geschichte. Die Vorbereitung der Nazis, die Gesellschaft von psychisch und seelisch Kranken zu säubern, sowie die geheime Planung und Ausführung wird hier sehr sachlich geschildert, was dem Leser bei der Lektüre Gänsehaut beschert. Hinter verschlossenen Türen und mit unterzeichneten Geheimhaltungsvereinbarungen ketteten die Oberen normale Bürger für die Durchführung ihres „Säuberungsaktionsprogramm“ an sich, vom LKW-Fahrer bis zum Arzt. Wie schnell jemand nur durch üble Nachrede in diesem Programm landen konnte, ist geradezu beängstigend. Auf niemanden war mehr Verlass, nicht auf die Nachbarn oder Freunde, auch nicht auf den Arzt. Stellte man Fragen nach dem Verbleib der Angehörigen, dann bekam man keine Auskunft. Schon das Verschwinden von so vielen Angehörigen aus Klinken und Hospitälern sowie aus der Familienwohnung hätte viele Menschen stutzig werden lassen sollen. Man mag gar nicht glauben, dass so wenige Menschen Fragen gestellt haben.


    Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und spiegeln die gesamte Palette von verschiedenen Eigenheiten wieder. Der Leser steht zwar außen vor, kann sich jedoch gut in einzelne Personen hineinversetzen. Linda ist eine sensible Frau, die lange nicht weiß, was sie vom Leben erwartet, bis ihr die Liebe begegnet. Sie wirkt zu Beginn fröhlich und aufgeschlossen, doch insgeheim schlummert in ihr eine Sehnsucht nach dem Unbekannten. Als sie die Liebe verliert, verliert sie sich selbst. Doch als sie aus dem Alptraum endlich erwacht, zeigt sich eine starke und mutige Frau. Gitte ist die Selbstbewusste, die genau weiß, was sie will. Doch erst als ihr die Augen geöffnet werden, ist sie bereit, etwas gegen den Wahnsinn zu unternehmen. Oma Elisabeth ist eine Patriarchin, die das Herz am rechten Fleck hat und schon früh alles durchschaut hat, was auch auf ihren Sohn Leonhard zutrifft. Lene ist eine naive Frau, die sich im Glanz ihres NS-Ehemanns sonnen will und gleichzeitig Teil der Familie Hoffmann sein möchte. Durch unbedachte Äußerungen bringt sie eine Maschinerie in Gang, auf dessen Zug einige andere aufspringen und andere damit ins Unglück stürzen. Auch die weiteren Protagonisten wie Dr. Vogeler, Herr Linden oder auch der Schuhverkäufer bereichern die Handlung durch ihr Auftreten.


    „Als die Tage ihr Licht verloren“ ist ein sowohl spannender als auch tragischer Roman, der einen nach Luft schnappen lässt ob der Dinge, die dort geschildert werden als auch, um den Mut und die Courage einiger weniger zu bewundern, die sich dem unglaublichen Treiben entgegen stellten. Ein sehr tiefer Einblick in die dunkelste Seite der damaligen Geschichte sowie die Hoffnung, dass es solche Zeiten niemals wieder geben wird! Absolute Leseempfehlung ist hier wirklich verdient!


    Mir hat das Buch sehr gefallen, deshalb gibt es auch 5 von 5 Sternen!

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)