Das Haus der Verlassenen - Emily Gunnis

  • Emily Gunnis - Das Haus der Verlassenen

    Originaltitel: The Girl in the Letter

    Aus dem Englischen von Carola Fischer

    400 Seiten

    20,00 EUR

    ISBN 978-3-453-27213-5


    "Das Haus der Verlassenen" von Emily Gunnis ist im Heyne-Verlag (HC, gebunden; 2019) erschienen. Es handelt sich um den Debutroman einer englischen Autorin (Originaltitel: The Girl in the Letter), die ich mir sehr gerne merke, da mich dieser Roman sehr berührt hat. Übersetzt vom Englischen ins Deutsche wurde er von Carola Fischer.


    Sussex, 1956.


    Im Prolog kommt Ivy zu Wort: Eine verzweifelte junge Frau, die - schwanger und unverheiratet, daher gegen die damaligen Moralvorstellungen der Gesellschaft verstoßend - entführt den Leser in eine düstere Welt der späten 50er Jahre nach St. Margaret's, einem Heim für ledige Mütter. Für sich selbst sieht Ivy keine Zukunft mehr, aber Elvira, ein 8jähriges Mädchen, will sie retten, ihr die Flucht ermöglichen...


    60 Jahre später, 2017:


    Sam , alleinerziehend, eine Journalistin, findet bei ihrer Großmutter, die ihre Tochter oft betreut, während sie arbeitet, durch Zufall einen Brief von Ivy, der an den Vater ihres Kindes gerichtet ist und ihn anfleht, sie abzuholen aus St. Margaret's... Auf Nachfrage Sam's zögert die Großmutter (Nana), weist jedoch darauf hin, dass sich auf dem Dachboden noch mehr Briefe Ivy's finden, die sich wohl im Nachlass des Großvaters, seines Zeichens Antiquitätenhändler und vor 2 Jahren verstorben, befunden haben. Wie sind die Briefe dort hin gekommen? Was hat Ivy mit ihrer eigenen Familie zu tun? Um diese Recherche, die in dunkle Abgründe führt, die auch den Leser nicht unberührt lassen, geht es in diesem gefühlvoll und spannend geschriebenen Roman von Emily Gunnis.


    "Die 50er Jahre waren keine gute Zeit für unverheiratete Mütter", so die Großmutter von Sam. Diese Tatsache hat sowohl mein Interesse geweckt als auch mich aufhorchen lassen: Es gibt zum einen einen spannenden Einblick in die Recherchearbeit von Sam, die hier wahrlich dunklen Geheimnissen auf der Spur ist und durch ihren journalistischen Instinkt auch auf merkwürdige Todesfälle stößt, zum anderen erlebt man die Zeit in St. Margaret's mit den jungen Frauen mit, die in einer unmenschlich harten, lieblosen Atmosphäre leben mussten, ihre Kinder gebaren - und sie zur Adoption freigeben mussten. Doch damit nicht genug, viele mussten jahrelang "angeblich" dafür arbeiten, dass sie dort ja ein Dach über dem Kopf und einen Kanten Brot zu essen hatten (oder eine dünne Suppe). Wenn ich von "Barmherzigen Schwestern" höre oder lese, stellen sich mir also nicht ganz ohne Grund die Nackenhaare angesichts dieser grausamen Behandlung und dem Missbrauch junger schwangerer Frauen, die selbst entweder Missbrauch in der Familie erleben mussten - oder selbst nichts Böses taten, die nur liebten - und dafür verachtet wurden und bestraft.


    In den Roman eingebettet ist ein familiäres Drama, dessen Auflösung man mit Spannung verfolgt; um einen Kampf ums Überleben und um ein altes Herrenhaus, das möglichst bald abgerissen werden soll, um alte, unangenehme Spuren für immer zu verwischen. So fragt sich Sam, welche Rolle z.B. Pater Benjamin spielte und ob die Oberin des Grauens noch lebt?
    Daneben ist sie selbst Mutter, von dem Vater Emmas, ihrer Tochter, getrennt lebend, dem harten Erfolgsdruck im Journalismus/Zeitungswesen ausgeliefert und fragt sich nicht nur einmal, ob sie eine gute Mutter ist, auch wenn Emma oft von einer Freundin oder der Großmutter betreut wird; dieses sehr aktuelle Zeitgeschehen besonders Alleinerziehender in all ihren erschöpfenden Ausmaßen wird sehr authentisch von der Autorin beschrieben, auch wenn es solche "Mutter-Kind-Heime", wie sie auch wohlwollend hießen, heute nicht mehr gibt; die letzten (besonders in Irland gab es viele, auch in England) schlossen erst Mitte der 70er Jahre ihre (höllischen) Pforten, dazu gibt die Autorin in ihren Anmerkungen viele Informationen.


    Sowohl Ivy als auch Sam sind sehr sympathische, emotionale und authentische Figuren, die Emily Gunnis hier detailliert zeichnet: Dies gilt auch für die Nebenfiguren wie z.B. Nana und den Kollegen von Sam: Der Autorin gelang es, all den Frauen (und auch den zwangsadoptierten Kindern) die großes Leid und Unrecht erfahren mussten, stellvertretend in Ivy eine Stimme zu geben, den Leser nachspüren zu lassen, welche Demütigungen, harte Arbeit, Verachtung und Missbrauch jene erduldeten, die sich nicht wehren konnten. Und dies jahrelang. Ein Einblick in die Heime, in denen (oft im Namen Gottes) malträtiert, schikaniert, gequält und misshandelt wurde. Ein weiteres Thema sind grausame Versuche an Kindern, die zu Testern von Medikamenten degradiert wurden und nicht selten dabei ihr Leben ließen. Ebenfalls eine grausame Tatsache: Die Verantwortlichen wurden allzu oft niemals zur Rechenschaft gezogen; Beweise vernichtet - Häuser abgerissen wie jenes "St. Margaret's".....


    Fazit:


    Ein sehr gelungener und spannend geschriebener literarischer Einblick in sog. "Mutter-Kind-Heime" der 50er und 60er Jahre, der vielen vergessenen jungen Frauen eine Stimme gibt. Dafür danke ich der Autorin, die es verstanden hat, diesen Frauen und Kindern in Ivy ein "Gesicht" zu geben, sie nicht in der Vergangenheit und Vergessenheit zu belassen, sondern ihr ungerechtes, hartes und unmenschliches Schicksal in Romanform den LeserInnen näher zu bringen. Auch die Anmerkungen (Quellenangaben, Bücher und Filme) zum Thema kann ich ebenso empfehlen wie das Lesen dieses wundervollen Romans. Daher von mir die volle Punktezahl und 5*.

    ASIN/ISBN: 3453423194


  • Eine dramatische, berührende und Authentische Geschichte

    Ich habe dieses Wundervolle Buch beendet und bin noch tief beeindruckt!

    Inhaltsangabe:

    Sussex, 1956. Als die junge Ivy Jenkins schwanger wird, schickt ihr liebloser Stiefvater sie fort – ins St. Margaret's Heim für ledige Mütter. Sie wird den düsteren, berüchtigten Klosterbau nie mehr verlassen ...

    Sechzig Jahre später stößt die Journalistin Sam in der Wohnung ihrer Großeltern auf einen flehentlichen Brief Ivys. Er ist an den Vater ihres Kindes adressiert – aber wie ist er in den Besitz von Sams Großvater gelangt? Sam beginnt die schreckliche Geschichte von St. Margaret's zu recherchieren. Dabei stößt sie auf finstere Geheimnisse, die eine blutige Spur bis in die Gegenwart ziehen. Und die tief verstrickt sind mit ihrer eigenen Familiengeschichte.


    Meine Meinung zur Autorin und Buch:

    Emily Gunnis, ist mit ihrem Debütroman ein großartiges, aber auch erschütterndes Werk gelungen.

    Eine Geschichte die noch lange in mir nachhallen und unvergesslich bleiben wird . Ihr Schreibstil ist sehr flüssig , klar, Bildhaft und Kraftvoll. Sie versteht es einem zu fesseln beim Lesen und in die Geschichte mit hinein zuziehen. Ich habe mit ihren Figuren mitgelitten und geweint. Es war schon schlimm, was im Namen der Kirche in solchen Heimen passierte, wie Nonnen so Eiskalt und unbarmherzig sein konnten. Aber auch die Eltern, und Ärzten tragen Schuld an diesen armen Wesen. Sie hat die verschiedenen Handlungsstränge und Zeitebenen, sehr gut miteinander verwebt.

    Auch der Spannungsbogen war von der ersten bis zur letzten Seite sehr hoch. Ich bin begeistert von dem Buch und kann es nur jedem ans Herz legen, es zu lesen. Auch wenn es keine leichte Kost ist, denn was dort in dem Heimen passierte, geht unter die Haut. Es war das nicht nur das Tor zur Hölle, es war die Hölle.

    „ Ein unvergesslicher und bewegender Roman“

    Der 5 Sterne ⭐️ verdient


    2017, durch Sam die Journalistin ist, die es im Moment alles andere als Leicht hat, tauchen wir in diese tragische Geschichte um 1956 ein. Sie lebt nach der Trennung von Ben, bei ihrer Großmutter Rose, die auch auf ihr Enkelkind aufpasst. Eines Abends als sie bei ihrer Großmutter eintrifft, findet sie neben der Schlafenden Frau, einen Alten schon vergilbten Brief, den sie natürlich liest. Der Brief ist sehr erschütternd, es geht um die schwangere Ivy Jenkins, die ihr Stiefvater , und Doktor Jakobson, ins Heim St. Margaret´s für ledige Mütter in Sussex abgeschoben haben. Was die schwangere Ivy, dort erleben musste, war die reinste Hölle, ich bekam Gänsehaut beim Lesen, wie Unmenschlich es dort zu ging. Das Heim war so abgeschottet wie ein Gefängnis, aus dem es kein entrinnen kam.

    Die Insassen führten ein elendes Dasein, ebenso die Kinder dort, Schikane und Folter waren an der Tagesordnung. Aber , Ivy, gibt nicht so schnell auf, weiterhin schreibt sie heimlich Briefe, und freundet sich mit dem kleinen Mädchen Elvira an, die sich gegenseitig halt und Stütze geben.

    Diese Briefe fallen alle in Sams Hände, ihre Großmutter behauptet, ihr Großvater ein Antiquitätenhändler hätte sie gefunden. Der Recherchegeist in Sam ist erwacht, und sie beginnt in der schrecklichen Geschichte um das alte Klostergebäude zu recherchieren. Die Geheimnisse die sie aufdeckt, bringen sie selbst und ihre Großmutter Rose in Gefahr. Eine blutige Spur zieht sich durch das ganze, sie hat damit die Büchse der Pandora geöffnet, und ahnt noch nicht das ihre Großmutter und ihre Familie mit darin verstrickt sind. Eine wirklich zu Herzen gehende Geschichte.

    Spannend, Aufregend und Erschütternd bis zu Schluss. Den da gibt es noch Kitty, die eine geheimnisvolle Rolle spielt. Lasst euch überraschen beim Lesen.

  • Buechereule

    Bitte zusammenlegen mit Emily Gunnis, Das Haus der Verlassenen

    Dort steht schon ein etwas früherer Bucheindruck.


    Die Überschrift dieses doppelten Threads ist eine kreative Buchtitel-Schöpfung:

    Das verlassene Haus, Emily Gunnis

    Das Buch handelt von verlassenen/ im Stich gelassenen Frauen, die in dem Haus wohnen = folglich "Das Haus der Verlassenen".


    Edit: Erledigt. LG JaneDoe

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

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  • „Das Haus der Verlassenen“ – eine andere Bezeichnung fällt einem auch nicht ein, wenn man in die Tiefen dieses Romans eintaucht und von dem Schicksal der vielen unverheirateten und geschwängerten Frauen liest, die im Frauen-Kind-Heim „St. Margaret’s“ untergebracht wurden. Diese Frauen waren nicht nur verlassen von ihren Liebhabern, sondern auch von ihren Familien, ihren Freunden, dem gesellschaftlichen Umfeld und vor allem von den Menschen, die sich in St. Margaret’s eigentlich um sie hätten kümmern sollen.


    Der Roman handelt von einem fiktiven Mutter-Kind-Heim, die Autorin hat sich jedoch von realen Berichten über die Zustände in verschiedenen solcher Heime inspirieren lassen. Auf zwei Zeitebenen schildert sie spannend und bedrückend gleichermaßen, unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen die Frauen leben mussten und wie sie mit ihrem Schicksal im weiteren Zeitverlauf umzugehen vermochten.


    Die Geschichte beginnt im 1959 mit einem Brief Ivys, den sie an ihre kleine Freundin Elvira schreibt und in dem bereits die ganze Tragik ihres Lebens zutage tritt. Es sind Ivys Briefe, sechs an der Zahl, die im weiteren Verlauf des Buches die grausamen Zustände in St. Margaret’s detailreich beschreiben. Ivys Schicksal geht nahe – manche Szenen sind selbst beim Lesen kaum aushaltbar – und es wird schnell klar, dass Ivys Situation zugleich ausweg- und hoffnungslos ist.


    Der Roman erzählt aber nicht nur die Begebenheiten in den 50er Jahren, sondern auch in angenehmer Weise von Sam und ihrem Leben in der Gegenwart. Sam ist Journalistin und als solche einer Riesen-Story auf der Spur. Durch Zufall sind ihr Ivys Briefe in die Hände gefallen und alles deutet daraufhin, dass eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens mit diesen Briefen und dem Heim St. Margaret’s in Verbindung steht. Sam fängt an zu recherchieren und es entspinnt sich ein spannender Krimi rund um die verschiedenen Personen, die in Ivys Briefen erwähnt werden.


    War ich anfangs noch völlig in Beschlag genommen von Ivys Schilderungen, so war ich irgendwann absolut gefesselt von den Geschehnissen in der Gegenwart. Ich wollte doch unbedingt wissen, wie alles zusammenhängt. Die eigentliche Auflösung war zwar sinnig und logisch zusammengefügt, zum Schluss war es mir der Zufälle und der Dramatik dann aber doch ein wenig zu viel. Insgesamt gesehen ein Buch, das auf die dunkle Vergangenheit der Mutter-Kind-Heime insbesondere im Irland der 50er und 60er Jahre aufmerksam macht und dessen Rahmenhandlung zu fesseln weiß, mit einem guten Schuss Dramatik, der jedoch ein wenig über das Ziel hinausschießt. Von mir 7 Eulenpunkte.

  • Die Journalistin Samantha findet in der Wohnung ihrer Großmutter einen Brief einer gewissen Ivy. Ihre Großmutter sagt, sie hätte diesen und weitere Briefe bei den Sachen ihres verstorbenen Mannes gefunden, dem als Antiquitätenhändler öfter mal ähnliche Dinge in alten Möbelstücken in die Hände gefallen sind. Sam wittert eine große Story, denn sie muss nach der Trennung von ihrem Mann alleine für ihre Tochter sorgen.

    Der Brief stammt aus dem Jahr 1956 und daraus geht hervor, dass die unverheiratete Ivy ungewollt schwanger wurde. Um einen Skandal zu vermeiden, schickt ihr Stiefvater sie nach St. Margaret's, einem Mutter-Kind-Heim in Sussex. Hierher werden ledige Mütter abgeschoben, um ihre Kinder zu bekommen und diese nach der Geburt zur Adoption freizugeben. In diesem von Nonnen geleiteten Heim herrschen grausame Zustände. Die Mädchen müssen hart arbeiten, obwohl sie hochschwanger sind und werden hart bestraft, wenn sie sich weigern.

    Sam erfährt, dass St. Margaret's kurz vor dem Abriss steht und sie hat nur zwei Tage Zeit, um die dunklen Geheimnisse des Hauses aufzudecken.


    Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen unentschlossen, was ich nun schreiben soll. Auf jeden Fall ist es ein wichtiges Thema, das hier publik gemacht wurde und es ist heute fast unvorstellbar, wie noch im letzten Jahrhundert mit den Mädchen und jungen Frauen umgegangen wurde, welche Grausamkeiten ihnen in diesen Heimen angetan wurde. Von Frauen, die eigentlich Nächstenliebe im Namen Gottes spenden sollten. Das hat mich wirklich wütend gemacht.


    Trotzdem hat mir der Teil, der in der Vergangenheit spielt, besser gefallen. Mit Ivy habe ich sofort mitgefühlt und sie war mir gleich sympathisch. Sie ist sehr authentisch dargestellt.


    Mit Sam wurde ich dagegen nicht so recht warm. Auch fand ich die Passagen in der Gegenwart ein wenig verwirrend, es gibt viele Namen und ab einem bestimmten Punkt hätte man einer der Personen ihren richtigen Namen geben sollen, das wäre eindeutiger gewesen. Wer das Buch kennt, weiß vielleicht wen ich meine.


    Im Großen und Ganzen spielt die Geschichte auf zwei Zeitebenen, aber zwischendurch gibt es immer mal wieder weitere Zeitsprünge, die meiner Meinung nach nur für mehr Verwirrung sorgen. Mir fehlte ein roter Faden und ein wirklicher Lesefluss in der gesamten Geschichte.

  • ab einem bestimmten Punkt hätte man einer der Personen ihren richtigen Namen geben sollen, das wäre eindeutiger gewesen.

  • Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wen ich meinte. Meine Rezi ist viel zu lange her und es lagen viel zu viele Bücher dazwischen. Ich habe das Buch bereits in 2019 gelesen, meine Rezi aber erst jetzt veröffentlicht.

  • Das Buch hat mich völlig überrascht. Der Inhalt klingt nicht so dramatisch, wie es sich liest. Teilweise habe ich gemerkt, dass ich vor Spannung die Luft angehalten habe.


    „Das Haus der Verlassenen“ spielt in mehreren Zeitebenen: 1956, als Ivy Jenkins schwanger im Mutter-Kind-Heim ist und sich in herzzerreisenden Briefen an den Vater ihres ungeborenen Kindes wendet. Sie bittet um Hilfe, denn im St. Margaret´s Heim werden die Mädchen zur knochenharten Arbeit gezwungen, egal ob sie kurz vor der Entbindung stehen oder ob sie gerade eben ihr Baby bekommen haben.

    Im Jahr 2007 findet die Journalistin Sam zufällig Ivys Briefe und ermittelt, weil sie aufdecken möchte, wie im St. Margaret´s Heim mit den jungen Frauen umgegangen wurde. Sie ahnt nicht, dass diese Briefe mehr mit ihr und ihrer Familie zu tun haben als sie zu Beginn dachte.


    Mir war nicht klar, dass das Buch so spannend ist. Ich dachte an eine lauschige Familiengeschichte zum runter kommen und entspannt auf der Couch liegen, aber so ist es nicht.. Fast von Beginn an musste ich wie getrieben lesen, weil das Buch einfach so unglaublich spannend geschrieben ist. Die kurzen Kapitel wechseln sehr oft die Zeitlinie und wenn man nicht ganz genau aufpasst, verpasst man den Punkt, in dem irgendwer in Rückblicken denkt. Ich musste manchmal einige Sätze noch mal lesen, weil ich plötzlich den Faden verloren hatte, weil die Autorin die aktuellen Gedanken mit früheren Erinnerungen verwebt. Das fand ich total gut umgesetzt, denn genauso ist es ja auch, wenn wir über etwas sinnieren. Die Szenen, die in der Vergangenheit und gleichzeitig im Mutter-Kind-Heim gespielt haben, waren für mich sehr oft gruselig, weil die Stimmung einfach so düster und hoffnungslos war. Ein wenig ist das schon zu erahnen, wenn man sich das Cover genau ansieht.


    Die Autorin weist im Nachwort darauf hin, dass es tatsächlich Mutter-Kind-Heime gegeben hat, die genau wie in diesem Buch existiert haben. Es gibt auch Quellenangaben zu Reportagen und ähnlichem. Ich hatte erst überlegt, ob ich mir die genannten Reportagen ansehen möchte, aber ich habe mich dagegen entschieden. Gelesen fand ich schon schlimm genug, was den Mädchen bzw. jungen Frauen und auch den Kindern, die „anders“ waren, angetan wurde.


    „Das Haus der Verlassenen“ ist der Debütroman von Emily Gunns. Ein weiteres Buch („Die verlorene Frau“ ) ist bereits erschienen und steht schon auf meiner Leseliste. Trotz des schockierenden Themas (bisher habe ich nur am Rande davon gehört) hat mir das Buch außerordentlich gut gefallen, weil es so gut und spannend umgesetzt wurde. Ich habe meine Top 5 für 2020 schon vergeben, daher habe ich jetzt eine Top 6 ;-)

  • Emily Gunnis - Das Haus der Verlassenen


    Inhalt:


    Die Journalistin Sam findet im Haus ihrer Großmutter Briefe von einer gewissen Ivy, die diese vor etwa 60 Jahren geschrieben hatte. In den Briefen berichtet Ivy von ihrem Leben in St. Margaret, einem von Nonnen geführten Haus für ledige Mütter, und den unglaublichen Misshandlungen, welchen die jungen Frauen und die im Haus lebenden Kinder ausgesetzt sind. Sam beginnt für eine Reportage zu recherchieren und ahnt nicht, wie nah die Ereignisse ihrer eigenen Familie kommen werden ...


    Meine Meinung:


    Ich habe dieses Buch im Rahmen der Lieblingsbuch-Challenge gelesen und bedanke mich bei Thriller-Maus für den tollen Vorschlag. Ich habe mich sehr gut unterhalten.


    Die Geschichte spielt auf mehreren Zeitebenen. Der eine Haupt-Strang ereignet sich in den Jahren 1957 bis 1959, hier wird Ivys Leben in St. Margaret erzählt, wie sie überhaupt dorthin kam, und was sie dort alles erleiden musste. Der zweite Haupt-Strang spielt im Jahr 2017 und handelt von Sam, ihrem Leben und ihren Recherchen über Ivys Leben und den Ereignissen in St. Margaret. Gelegentlich gibt es noch kurze Einschübe über Geschehnisse in der Zeit dazwischen.


    Das Buch war spannend zu lesen. Es ist schnell klar, dass Sams Familie irgendwie mit Ivys Geschichte zu tun hat, aber ich habe lange gerätselt, wie der Zusammenhang aussieht. Und auch wenn es am Ende doch ein bisschen sehr viele Zufälle sind, hat mich die Auflösung zufrieden gestellt.



    Das Thema "Schwarze Pädagogik" ist ein dunkles Kapitel, nicht nur in England, auch bei uns vor der Haustüre. Auch hier kämpfen Opfer der Heimerziehung heute noch um Anerkennung - und wenn es "nur" darum geht, dass die zwangsweisen Arbeitsjahre in den Heimen für die Rente mitgezählt werden. Und auch in Deutschland wurden Heimkinder für Arzneimittelprüfungen missbraucht (Quelle). Da muss man also gar nicht so weit gehen.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen!

  • Ich bin ja erst eingestiegen aber trotzdem stört mich der reißerische Erzählstil. Ein Satz sprang mir bei der Laudation zu Kitty Cannons Abschied ins Auge. Max, sagt, die erstaunlich intelligente Frau wäre ihm aufgefallen. Was bitte ist an einer intelligenten Frau erstaunlich? Ist das ein den Männern vorbehaltenes Gebiet?

    Nun ja, ich lese erstmal weiter.

  • „Ein herzzerreißender Brief, ein eingesperrtes Mädchen, ein tödliches Familiengeheimnis.“ Diese Beschreibung passt sicherlich auf viele Romane und eigentlich reizten mich diese Stichworte, die auf einen typischen Frauenroman schließen lassen, so gar nicht, das Buch in die Hand zu nehmen. Trotzdem habe ich dann reingelesen und bin dabei geblieben, weil ich wissen wollte, wie es ausgeht.


    Man merkt, wie wichtig der Autorin das Thema war. Es geht um die „Heime für ledige Mütter“, in die in den 50er und teilweise noch in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in Irland und England existierten. Sie will die Missstände, die physischen und psychischen Grausamkeiten aufdecken, die an den jungen Frauen und ihren Kindern von Ordensschwestern und letztlich von der Kirche begangen wurden. Das Ganze hat Emily Gunnis in einen Roman verpackt, der an einem konkreten Beispiel deutlich macht, wie es einer Betroffenen damals erging.


    Die Journalistin Sam entdeckt in der Wohnung ihrer Großeltern einen alten Brief, in dem sich eine junge Frau an den Vater ihres unehelichen Kindes wendet. Der Brief berührt sie und sie beginnt zu recherchieren. So gelangt sie immer tiefer in einen Kriminalfall und entdeckt eben auch besagte Verhältnisse in den Heimen. Leider muss sie erkennen, dass sie mehr mit dem Fall zu tun hat, als ihr lieb ist…


    Der Roman liest sich schnell und flüssig, aber leider hat die Autorin hier meiner Meinung nach zu viel gewollt. Die Intention, auf diese Heime aufmerksam zu machen, merkt man beim Lesen ständig. Dabei hat sie allerdings bei der Konstruktion der Zusammenhänge ziemlich weit ausgeholt und zudem noch ein paar paranormale Elemente eingebaut, was ich zu viel und zu unpassend finde. Auch an großen Gefühlen mangelt nicht und die handelnden Figuren sind entweder nur schwarz oder nur weiß gezeichnet. Es gibt die unschuldigen Guten und die richtig richtig Bösen, etwas Kitsch, einen Hauch Schmalz und ganz viel Dramatik und da das scheinbar nicht reichte, musste noch ein wenig Grusel eingebaut werden. Ich finde das sehr schade, denn es aus diesem Romanstoff hätte man sicher mehr machen können, als einen seichten Frauenroman.


    Für so viel verschenktes Potential nur 4 von 10 Punkten von mir...