'Die längste Nacht' - Kapitel 30 - 37

  • Ups, dass ich als erste fertig bin, hätte ich jetzt nicht gedacht. Ich konnte einfach nicht aufhören zu lesen.


    Das Ende, obwohl es ja schon von Anfang an bekannt war, fand ich dann dich traurig, aber ich hatte das Gefühl, dass es Emma nicht so ging. Ich finde es schön, dass sie all die Briefe und schriftlichen Erinnerungen aufbewahrt hat. Leider ist das ja heute kaum noch möglich.

  • Ich finde schon, dass man Briefe und Dokumente aufbewahren kann. Nur macht es vielleicht keiner.

    Ich fand den Satz so bezeichnend, als Emma an Brunos Vater und seinen Kampfeinsatz in Sumatra denkt: Unser Jahrhundert war ein Schrei.

    Ich glaube, sie hat nie aufgehört Carl zu lieben, Bruno war ein passender Ersatz, der sich gut eingefügt hat.

    Die Szene mit Michael hab ich irgendwie als Traum empfunden, er war wohl nicht wirklich da ,oder? Wie habt ihr das so gelesen?

  • Doch, ich glaube, er war da, aber er ist ihr fern geblieben. Nicht mal kurz vor ihrem Tod konnten sich beide zu Nähe überwinden.


    Was ich meinte bezüglich der Briefe und Dokumente: Es wird so viel digital gemacht, dass es zwar auf irgendwelchen Clouds hängt, aber nicht mehr als physischer Besitz da ist. Zumindest ist das bei mir so. Ich habe allerdings eine Erinnerungskiste mit Karten etc. wo ich sowas sammle.

  • Ich habe es so gelesen, dass er tatsächlich da war, der fremde Sohn.

    War ihr anderer Sohn Thomas ihr eigentlich so viel näher?

    Mich hat diese Abschiedsszene eher verstört, ich fand es eigenartig, dass Emma vor allem an die Briefe dachte, die ihrem Sohn vielleicht etwas bedeuten, vielleicht aber auch nicht.


    Das wäre etwas, von dem ich angenommen hätte, sie hat das viel früher geregelt und nicht so unmittelbar vor ihrem geplanten Tod.


    Ich habe übrigens auch viel schriftlichen Kram in einer Nostalgie Kiste gesammelt. Was ich damit einmal mache, weiß ich aber nicht. Die Sachen sind für mich wichtig, aber für meine Kinder?

    Ich werde einfach fragen.

  • Ich habe übrigens auch viel schriftlichen Kram in einer Nostalgie Kiste gesammelt. Was ich damit einmal mache, weiß ich aber nicht. Die Sachen sind für mich wichtig, aber für meine Kinder?

    Ich werde einfach fragen.

    Es kann sich bei ihr ja um Dokumente aus der NS-zeit handeln. Vielleicht wollte sie die Kinder nicht früher damit belasten oder es war, wie so oft, nicht die passende Gelegenheit.

    Ich hab auch so eine Kiste. Dachte aber neulich, ich muss jetzt mal langsam Ballast loswerden. Ich will nicht, dass meine Kinder sich mit meinem ganzen Kram rumschlagen müssen.

  • Viele Dokumente wird sie nicht behalten haben aus dieser Zeit, da sie ja nicht viel Gepäck mit in den Schwarzwald genommen hat.


    Könnt ihr jetzt eigentlich den Satz am Ende des Kapitels 9, in dem Emma denkt, sie habe gar nichts verstanden, besser einordnen und verstehen? Mir ist der leider immer noch nicht wirklich klar.

    Meint sie, sie hätte früher über sich selber sprechen sollen (scheint mir eher nicht so), oder vielleicht, sie hätte früher über ihre Erinnerungen an Carl nachdenken sollen?


    Mich lässt das Buch, das mir durch die ruhige, einfühlsame Erzählweise sehr gefallen, mit vielen Fragezeichen zurück. Eins steht hinter der Frage, was von einem Leben bleibt und was wirklich wichtig war.

    Das ist, finde ich ein gutes Ende.

  • Am Ende des Lebens die Frage, was ist das Leben, oder war es das wert, gelebt zu werden? Was ist wichtig.

    Ich glaube nicht, dass ich eine Antwort auf diesen Satz bekommen habe. Aber Emmas Gedanken, ihre Lebensfetzen in ihrer Erinnerung, das macht mich sehr nachdenklich. Ja es ist ein gutes, ein friedliches, von ihr erwünschtes Ende.

    Ist das jetzt passive Sterbehilfe? Wie ist das rechtlich in den Niederlanden, oder bei uns? Ich finde es gut, dass Emma diese Entscheidungen trifft.

  • Findus, ich denke, es ist aktive Sterbehilfe gewesen und die ist in NL erlaubt, bei uns nicht.

    Allerdings sind auch hier die Ärzte mittlerweile bei sterbenskranken Patienten großzügig mit Medikamenten, die auch lebensverkürzend wirken. Zum Glück.

    Aber es ist eben nicht so offiziell erlaubt, aktiv das Leben zu beenden wie in NL und in der Schweiz.


    Booklooker, ich kann den Satz auch so stehen lassen. Nach längerem Nachdenken darüber denke ich, sie hat vielleicht sogar recht. Was hat man denn wirklich verstanden in seinem Leben?

    Und wer will das entscheiden?

  • Findus, ich denke, es ist aktive Sterbehilfe gewesen und die ist in NL erlaubt, bei uns nicht.

    Allerdings sind auch hier die Ärzte mittlerweile bei sterbenskranken Patienten großzügig mit Medikamenten, die auch lebensverkürzend wirken. Zum Glück.

    Aber es ist eben nicht so offiziell erlaubt, aktiv das Leben zu beenden wie in NL und in der Schweiz.

    Man erfährt eigentlich auch nichts über Emmas Grund, so aktiv aus dem leben zu scheiden. Gut, sie ist 96 aber das ist ja kein Grund. Eine Krankheit wird uns auch nicht nahe gebracht. Vielleicht ist sie wirklich nur des Lebens müde, ohne Carl, Bruno und ihre ganzen Weggefährten.

    Ihre Familie hat keinen großen Zusammenhalt, die Kinder sind weit weg, Enkel scheint sie auch nicht zu haben. Also hält sie nichts mehr.

  • Auslöser ist für mich der Sturz, von dem einmal kurz berichtet wurde. (Kapitel 5) Kurz danach kam auch Judith bei ihr.

    Dieser Sturz hat bei ihr offenbar viele verschüttete Erinnerungen und Gedanken frei gesetzt.


    Es gibt so einige Sätze, die bei mir hängen geblieben sind. So zB dieser:

    Ich fühle mich schon überall fremd, außer in der Ewigkeit" hier zitiert Emma einen Dichter, Leo Vromann. Der war mir bisher unbekannt.


    Ein anderer Satz, den man im Zusammenhang mit dem Schluss lesen muss, ist auf S. 75 (Kapitel 13) zu finden.

    Da heißt es "Nijhoff hatte recht, erst der Tod entreißt uns dem Schlaf".

    Nijhoff ist wohl Martinus Nijhoff.

  • Ach ja stimmt, der Sturz, den hatte ich jetzt schon wieder vergessen. :rolleyes: Ich fand das Buch sowieso ein kleinen Schatzkästchen voller nachdenkenswerter Zitate. Das mit dem Schlaf erinnert mich jetzt an den Titel, "Die letzte Nacht" da denkt Emma ja an eine Leni die kommen soll und ihr Hemd bügelt für die letzte Nacht. Da dachte ich ja der Titel bedeutet also doch die lange Nacht den man im Sarg oder wo immer verbringt. Aber der letzte Satz "Sie ist wach endlich wach" zeugt ja wieder vom Gegenteil, oder?

  • Ich verstehe es so, sie ist jetzt endlich wach, weil sie tot ist. Sozusagen vom Leben befreit.

    Und von seinen Beschränkungen.


    Über das Hemd habe ich auch nachgedacht, das kommt etwas früher vor, oder? Das letzte Hemd - obwohl man hierzulande ja eher im schönsten Kleid oder Anzug begraben werden will.

  • Ich habe gestern Abend noch die letzten zwei Abschnitte in einem Rutsch gelesen. Mich hat das Buch sehr berührt. Es ist so ein leises, stilles Buch, das aber viel in mir ausgelöst hat. Viele Szenen fand ich total traurig. Aber ich bewundere Emma. Sie hat so viel erlebt in ihrem Leben, so viele Schicksalsschläge und sie hat für mich trotzdem so eine positive Ausstrahlung.

    Ich habe bei diesem Buch irgendwie nicht so ein großes Bedürfnis, hier in der Leserunde darüber zu diskutieren oder mich auszutauschen. Ich habe es einfach sehr genossen, dieses Buch in Ruhe für mich zu Lesen. Und ich freue mich sehr, diesen Autor durch die Leserunde entdeckt zu haben.

    Ich glaube, sie hat nie aufgehört Carl zu lieben, Bruno war ein passender Ersatz, der sich gut eingefügt hat.

    Ich hatte auch den Eindruck, dass Carl ihre wahre, große Liebe gewesen ist. Sie hat wohl Bruno auch auf ihre Art geliebt, aber nicht so intensiv wie Carl.

    Die Szene mit Michael hab ich irgendwie als Traum empfunden, er war wohl nicht wirklich da ,oder?

    Ich hatte es schon so verstanden, dass er wirklich da gewesen ist.

    Mich lässt das Buch, das mir durch die ruhige, einfühlsame Erzählweise sehr gefallen, mit vielen Fragezeichen zurück. Eins steht hinter der Frage, was von einem Leben bleibt und was wirklich wichtig war.

    Das ist, finde ich ein gutes Ende.

    Ich finde das Ende auch gut so wie es ist.

    Zum Ende hin werden die Erinnerungen und Gedanken von Emma immer sprunghafter und gehen immer mehr durcheinander.Man merkt deutlich, dass sie nicht mehr klar denken kann.

    Das Buch hat mich immer wieder zum Nachdenken angeregt. Und mir gefällt es sehr, dass nicht alles so richtig aufgeklärt wird in der Geschichte. Wir erfahren die Ereignisse nur bruchstückhaft in den Erinnerungen von Emma. Zum Beispiel bin ich mir nicht ganz im Klaren, wie das jetzt wirklich mit dem Verhältnis von Maria und Bruno war. Haben sie auch nach dem Krieg noch ein Verhältnis miteinander gehabt? Also als Bruno schon mit Emma verheiratet war? Aber für Emma scheint das ja nicht so wichtig gewesen zu sein Sie scheint da selber nicht weiter nachgebohrt zu haben.


  • Zum Beispiel bin ich mir nicht ganz im Klaren, wie das jetzt wirklich mit dem Verhältnis von Maria und Bruno war. Haben sie auch nach dem Krieg noch ein Verhältnis miteinander gehabt? Also als Bruno schon mit Emma verheiratet war? Aber für Emma scheint das ja nicht so wichtig gewesen zu sein Sie scheint da selber nicht weiter nachgebohrt zu haben.


    Sie hat ja auch erst nach Brunos Tod davon erfahren. Zumindest habe ich das so verstanden. Einmal war die Überlegung, dass Marie sagte nach dem Krieg wäre es aus gewesen und Emma überlegt ob der Krieg je aufgehört hat. Sie ist sich also nicht sicher aber es ist wohl für sie zu dem Zeitpunkt nicht mehr wichtig. Nur eine weitere Erinnerung.

  • Sie hat ja auch erst nach Brunos Tod davon erfahren. Zumindest habe ich das so verstanden. Einmal war die Überlegung, dass Marie sagte nach dem Krieg wäre es aus gewesen und Emma überlegt ob der Krieg je aufgehört hat. Sie ist sich also nicht sicher aber es ist wohl für sie zu dem Zeitpunkt nicht mehr wichtig. Nur eine weitere Erinnerung.

    Und damit hat sie auch ganz recht, finde ich.

  • Und damit hat sie auch ganz recht, finde ich.

    Ja das sehe ich genauso. Es ist gut, dass sie es einfach auf sich beruhen lässt.


    Was ich übrigens total berührend fand, ist diese Geschichte mit den Fußspuren, wenn man sich umdrecht. Und wenn man nur noch ein paar Fußspuren sieht, dann hat Gott einen getragen. Ich finde diese Geschichte so töstlich. Ich muss total oft daran denken, seitdem ich dieses Buch gelesen habe.

  • Was ich übrigens total berührend fand, ist diese Geschichte mit den Fußspuren, wenn man sich umdrecht. Und wenn man nur noch ein paar Fußspuren sieht, dann hat Gott einen getragen. Ich finde diese Geschichte so töstlich. Ich muss total oft daran denken, seitdem ich dieses Buch gelesen habe.

    Die Geschichte kannte ich schon und ich finde sie auch immer tröstlich, wenn ich sie höre oder lese. Dass sie hier auftaucht ist zwar passend aber ich fand es, gerade weil ich sie kannte, etwas befremdlich. Mich würde da wirklich interessieren, warum Otto de Kat sie verwendet hat. Und wo er sie her hat.