Die Reifeprüfung - Charles Webb

  • Klappentext:


    Frisch von der Uni, hinein ins Leben. Bevor sich Benjamin Braddock dem vorbestimmten Leben in geordneten Bahnen widmen soll, will er sich zuerst die Hörner abstoßen. So lehnt sich Benjamin trotz hervorragender Karriereaussichten gegen das biedere Vorstadtleben auf. Und als sich Mrs. Robinson, eine Freundin seiner Eltern, in verführerischer Absicht vor ihm auszieht und ihm die Dinge zeigen will, die er nicht am College gelernt hat, scheint es, als wäre die Affäre mit einer reifen Frau die Art von Einführung in die Welt der Erwachsenen, nach der er sich immer gesehnt hat...


    Meine Meinung:


    In den Kamin damit!
    Der Klappentext ist so ziemlich das Einzige, das in diesem Buch spannend klingt.
    Auf den ersten 10 Seiten sah es noch ok für mich aus, ich dachte mir "hmm, das ist mal was Neues. Interessanter Schreibstil." Leider änderte sich der Schreibstil auf den ganzen 276 Seiten nicht. Das einzig Lesenswerte sind die letzten drei Seiten - denn dort wird kaum gesprochen!
    Dieses Buch besteht ansonsten nur aus Dialogen - wie ein Drehbuch, nur daß man bei einem Drehbuch noch einigermaßen hinter die Gefühle der Charaktere kommt. Die Figuren des Romanes sind so platt wie Pfannkuchen, keine Tiefe, keine Würze, einfach nur ein großes Nichts. Dafür reden sie aber recht viel - ohne etwas zu sagen.
    Irgendwann in der Mitte des Romans hat man den Eindruck, sämtliche Charaktere seien Idioten oder im besten Fall Taube, denn ständig fragen sie "Was?" oder plappern die Sätze des Gesprächspartners nach.
    Die Dialoge sind in etwa alle so aufgebaut:
    "Benjamin."
    "Was?"
    "Ich möchte mit dir über deine Werte sprechen."
    "Du möchtest mit mir über meine Werte sprechen? Du möchtest mit mir über meine Werte sprechen. Ich weiß nicht einmal, ob ich welche habe."
    "Was?"
    Und so geht das 276 Seiten lang, unerträgliches Gequatsche ohne jeden Verstandgebrauch.
    Die Personen im Buch haben keinerlei Gefühlsleben, den spärlichen Eindruck, den man von ihnen gewinnt, kratzt man sich als Leser mühsam aus den Dialogen zusammen. Und wie diese aussehen - siehe oben.
    Um in einem Buch die Handlungen der Protagonisten nachvollziehen zu können, braucht man ein paar persönliche Gedanken der Charaktere, irgendetwas, das sie menschlich macht. Die Personen aus dem "Idiotentest"... ähem, aus der "Reifeprüfung" sind allesamt nur Pfannkuchen.


    Argh, was für eine Zeitverschwendung!!!


    ***
    Aeria

  • Boah. :wow
    Und das, obwohl der Film solche Furore gemacht hat?
    Kommt ja selten genug vor, dass der Film besser wird als die Buchvorlage...


    *träller*... God bless you, please, Mrs Robinson, Jesus loves you more than you will know....

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Ihr solltet das Buch mal auf Englisch lesen. Da hat es nämlich nur 192 Seiten und passt aber gar nicht auf die, doch recht abwertende Berschreibung oben. Zu Miendest die Kurzform vom englischen Buch.
    Ich finde das Buch nämlich alles andere als schlecht. Der alternative Schreibstil gefällt mir sehr. Die Charakteren werden nicht direkt beschrieben. Das Buch ist etwas anspruchsvoller. Nichts für "Ich-lese-sonst-nur-Stephen-King-weil-der-ist-so-mega-spannend"-Leute. Die zahlreichen Dialogen muss man sehr aufmerksam lesen und auch noch lange über das Verhalten der Personen nachdenken, um ein eindeutiges Bild zu bekommen. Viel Interpretation ist hier nötig.
    Die Geschichte wird in der (von mir so genannten) begrenzten-dritten-person Perspektive. Der Erzähler ist immer bei der Hauptperson, Benjamin, kann aber nur wiedergeben, was er sagt, oder tut. Er kann nicht seine Gedanken, oder Gefühle sehen. Wie gesagt, man muss sich sehr viel selber interprtieren.
    Auch vom Inhalt finde ich das Buch spannend. Dieser Situation müssen sich viele junge Leute stellen. Fertig mit der Ausbilung, doch was soll ich jetzt machen. Ja nicht so werden, wie die Eltern. Dass denk jeder Jugendliche irgendwann. Und dann diese Affäre mit der älteren Frau und die Verwicklung zwischen Benjamin, Mrs. Robinson und Elaine. Sehr kompliziert. Und an welche menschlichen Grenzen Mrs. Robison stößt und mit welcher Gefühlslosigkeit und Kälte sie an ihr kleines Problem (die Beziehun zwischen Ben und Elaine) rangeht. Nur damit die Zwei nicht zusammensein können, veröffentlich sie ihre Affäre zu dem mehr als 20 Jahre jüngeren fast-noch Kind.
    Dieses Buch war in den 60er Jahren die Revolution. Und auch heute kann man vielleicht noch so einiges daraus lernen.
    Aber wie gesagt: Eine Menge Ausdauer braucht man für dieses Buch. Aber es lohnt sich, wenn man mal ein wenig drüber nachdenkt.


    In diesem Sinne
    Chefchiller



    P.S.: Ich schreibe gerade einen Artikel bei Wikipedia über Charles Webb. So bin ich auf die Seite hier gekommen.

  • hinterwäldlerin
    Ich glaube daß die Mrs Robinson im Film nach dem gleichnamigen Lied von Simon and Garfunkel benannt wurde, um den Film besser zu vermarkten zu können. Das Lied wurde aber erst nach dem Film ein Hit.
    Irgendwo habe ich mal was darüber gelesen, weiß aber nicht mehr wo. Also: Angaben ohne Gewähr!
    In dem Film werden aber noch andere Lieder von Simon and Garfunkel gespielt (Sounds of Silence, Scarborough Fair).

  • Der Film wurde nach dem Buch geschrieben. Das Buch wurde 1963 fertiggestellt. Im Buch heißt Mrs. Robinson auch Mrs. Robinson. Der Film wurde 1967 gedreht. Das Lied Mrs. Robinson ist, genau wie auch die anderen Songs, die im Film vorkommen, 1964-65 geschrieben worden. Also nach dem Buch. Der Song ist sozusagen ein Song zum Buch und somit auch zum Film...

  • Das habe ich gerade in der Wikipedia gefunden:


    Zitat

    That same year, Simon and Garfunkel contributed heavily to the soundtrack to Mike Nichols' film The Graduate, which was released on January 21, 1968, and instantly rose to #1 as an album. According to Nichols, Garfunkel had mentioned to him that Simon was writing a song in which he mentioned a "Mrs. Robinson" (which happened to be the same name as one of the film's main characters), although he reported that Simon also sometimes used the name "Mrs. Roosevelt." Seeing an opportunity to further market the film, Nichols blurted out something to the effect of, "What do you mean, he [Simon] isn't sure? It's 'Mrs. Robinson'!" Thereafter, the two were linked--although Simon had only partially completed the song when the Graduate Soundtrack was released. The album was also one of the first soundtracks ever to feature contemporary pop hits.


    Wikipedia über Simon and Garfunkel


    Hoffentlich trägt das zur Klärung bei; egal wie es wirklich war, ich finde den Song einfach toll! :wave

  • :lach: Also ich fand dieses Buch auch einfach nur entsetzlich und kann mich der beschriebenen Meinung im Eingangsposting voll und ganz anschließen. Ich hab mich durchgequält, halte es aber im Nachhinein für absolute Verschwendung meiner Zeit. Also wirklch... seltsen, dass ich so abwertend einem Buch gegenüber bin.


    Ich hatte auch einiges von dem Buch erwartet. Zum einen kenne ich die Geschichte durch den Film und durch das englische Buch. Letzteres lasen wir in der Schule und da meine ich mich zu erinnern, dass ich es okay fand. Das deutsche fand ich dann irgendwann mal auf einem Wühltisch und nahm es mit, weil ich es irgendwie für eine Art Kult halte.


    Aber als ich es dann las... also... nein... Für mich ein absolutes Flopzeichen. *schüttel*


    Ich muss aber zugeben, dass ich es nicht weggeworfen (was ich ohne NIE machen würde) oder weggegeben habe. Irgendwie... ist es immer noch Kult. Hm...