Ulrike Hartmann: Liebe geht durch den Garten. Roman, München 2019, Diana Verlag, ISBN 978-3-453-35991-8, Klappenbroschur, 320 Seiten, Format: 12 x 2,7 x 18,5 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle: EUR 9,99.
„Es gibt gute Männer und es gibt schlechte Männer. Wie es gute und schlechte Kartoffeln gibt. Nur weil eine faul ist, sind es doch nicht alle.“ (Seite 188)
Mit schönen Männern hat die Buchillustratorin Anna-Maria Baumgarten, 38, hässliche Erfahrungen gemacht. Ihr Ex-Gatte, der Zahnarzt Raimund Olpe (52), hat die Treue nicht gerade erfunden. Seine Freundinnen wurden und werden immer jünger, im Gegensatz zu ihm.
Anna erzieht die gemeinsamen Söhne Max (10) und Anton (8) seit mehr als drei Jahren alleine. Das Geld ist knapp, das Chaos groß, aber sie kommen zurecht. Zum Glück ist Raimund als Vater besser als er als Ehemann war. Er zahlt Unterhalt und kümmert sich um seine Jungs. Das Sticheln gegen seine Ex-Ehefrau kann er aber nicht lassen. Als Anna ihm erzählt, dass sie einen Schrebergarten haben will, lacht er sie aus. Was soll das denn werden? Sie hat doch keine Ahnung vom Gärtnern!
Ein neuer Garten und ein hilfsbereiter Nachbar
Anna denkt, dem werd’ ich’s zeigen, und pachtet beim Schreibergartenverein „Zur fleißigen Ameise“ ein verwildertes Grundstück mit ziemlich verwahrloster Laube. Ihr ist auch ohne die Ausführungen des kleinlichen Vereinsvorsitzenden Kossig klar, dass sie eine Menge Hilfe brauchen wird.
Das ist nicht Annas einziges Problem: Ihre Söhne sind alles andere als begeistert von dem Gedanken, ihre Freizeit in der Einöde mit Gartenarbeit und Campingklo aber ohne Strom und WLAN verbringen zu müssen. Doch es hilft nichts. Das Grundstück liegt jetzt in Annas Verantwortung und muss auf Vordermann gebracht werden. So verlangen es die Vereinsstatuten. Und daheim ist es aufgrund der umfangreichen Renovierungsarbeiten, die Vermieterin Meyer-Oeden angeleiert hat, vor lauter Krach und Dreck sowieso nicht auszuhalten. Also geht’s in jeder freien Minute in den Schrebergarten.
Gartennachbarin Lene vermittelt Anna einen Helfer: den ebenso patenten wie hilfsbereiten Paul.
Sehr gesprächig ist er ja nicht, vor allem, was seine persönlichen Lebensumstände angeht. Gerade mal sein Alter kann sie ihm entlocken: 42. Aber er hat für alle Gartenprobleme das passende Werkzeug und die richtige Lösung parat. Und er sieht auch noch gut aus! Doch Anna sucht ja keinen Mann, sie braucht nur einen erfahrenen Gärtner. Und außerdem scheint er mit der Rechtsanwältin Dr. Sabine Rodenberg liiert zu sein. Sie tut jedenfalls so.
Ein Paradies mit Schlange
Sabine hat ihren Schrebergarten in Sichtweite von Annas Grundstück. Sie taucht zuverlässig immer genau dann bei ihr auf, wenn Paul gerade da ist und braucht gaaaaanz dringend seine Hilfe. Das nervt Anna auf Dauer ganz schön. Auch wenn sie kein romantisches Interesse an Paul hat – siehe oben, schöne Männer ... –, geht das doch zu weit! Und schon liefern sich die beiden Frauen einen herzhaften Zickenkrieg.
Paul sagt dazu nichts. Er hilft weiterhin beiden Frauen bei der Gartenarbeit und hält sich aus ihren Streitigkeiten raus. Ganz langsam verwandelt sich Annas verwildertes Albtraum-Grundstück mit Messie-Laube in einen Traumgarten.
Und Annas Söhne? Die sind beschäftigt. Sie haben nämlich festgestellt, dass die Schrebergartenanlage durchaus Interessantes zu bieten hat. Kaninchen, zum Beispiel. Und fußballbegeisterte Altersgenossen.
Der Schrebergarten wäre wirklich das Paradies, wenn nur diese verflixte Schlange Sabine nicht wäre!
Die Kleingärtner sind besser als ihr Ruf
Doch so manches ist ganz anders als es auf den ersten Blick aussieht. Und die Menschen in Annas Umfeld überraschen uns dadurch, dass sie auf einmal ganz neue Seiten von sich zeigen. Der olle Meckerpott Kossig hat durchaus Humor. Die grummelige Grundstücksnachbarin Gitta, die nichts anderes im Kopf zu haben scheint als die Vereinssatzung, packt in einem unerwarteten Moment tatkräftig mit an. Sogar Annas Vermieterin hat mehr zu bieten als Maßregelungen und immer neue Renovierungs-Schikanen, nämlich Hilfsbereitschaft und lebenskluge Ratschläge. Die werden zwar recht brummig dargereicht, aber Anna helfen sie weiter.
Und was ist nun mit Paul? Findet er es etwa toll, dass sich zwei Frauen um seine Aufmerksamkeit zanken? Hat er nun Interesse an Anna oder an Sabine? An beiden? Oder an keiner? Er könnte sich ja auch mal irgendwie äußern. Aber Paul sagt ... nichts.
Eigentlich wollte ich nur mal kurz reinlesen in den Roman, und dann konnte ich ihn nicht mehr aus der Hand legen. Die Heldin ist sympathisch unperfekt und kann über ihre eigenen Pannen und Eseleien von Herzen lachen. Ihre Söhne sind altersgemäß rücksichtslos ehrlich, ob das nun Annas Schrebergartenfimmel betrifft oder ihre neue Frisur. Vor allem der Kleine haut gnadenlos angelesenes Ratgeber-Wissen raus, was manchmal altklug rüberkommt, aber meistens saukomisch. Bei den Burschen braucht sie schon Humor. Der ist auch im Umgang mit ihrer eigenen Mutter von Vorteil. Nur im Umgang mit den Kerlen vergeht er ihr mitunter.
Zum Lachen und zum Nachdenken
Ich habe mich köstlich amüsiert – über Anna, die Kleingärtner, die in all ihrer Spießigkeit doch überaus menschlich waren, über die schmerzhaft ehrlichen Jungs, den Kleinkrieg mit Sabine – und über den schweigsamen Paul. Ein wenig ins Nachdenken kommt man ebenfalls: Lassen wir selbst uns auch von alten Geschichten lähmen, statt zu sagen, Schluss jetzt, Strich drunter, ich schau nach vorne? Das ist das, was Anna sich vorwerfen lassen muss. Und nicht ganz zu Unrecht, auch wenn man natürlich niemandem vorschreiben kann, wie lange er braucht, um ein negatives Erlebnis zu verarbeiten.
Die Autorin macht uns das Gestalten einer grünen Oase mitten in der Stadt derart schmackhaft, dass ich am liebsten auch gleich einen Schrebergarten gehabt hätte. Da ich aber weiß, dass ich kaum mehr vom Gärtnern verstehe als die Protagonistin und auch gar nicht die Zeit für so ein aufwändiges Hobby hätte, beschränke ich mich doch lieber darauf, darüber zu lesen. Vor allem, wenn die Lektüre so unterhaltsam und kurzweilig ist wie LIEBE GEHT DURCH DEN GARTEN. In dieser Schrebergartenanlage wäre ich gerne noch länger geblieben!
Die Autorin
Ulrike Hartmann, geboren 1966, studierte in Münster, Berlin und Paris. Sie arbeitete in verschiedenen Verlagen und unterrichtete als Interkulturelle Trainerin in Kalifornien. 2010 erschien ihr humorvolles Sachbuch »Mutterschuldgefühl« im Südwest Verlag. Heute lebt die Autorin mit ihrer Familie in Essen. Sie ist leidenschaftliche Kleingärtnerin.