Geschichten / Texte / Gedichte bewerten - Nach welchen Kriterien?

  • Heute gab es einige Geschichten hier im Forum, bei deren Bewertung rege teilgenommen wurde. Ich weiß nicht, ob es so einen Fred schon gibt, habe zumindest keinen gefunden.


    Mich würde interessieren, nach welchen Kriterien Ihr Geschichten und Texte bewertet die hier eingestellt werden. Ist es der persönliche Geschmack nach dem Motto "Die Geschichte gefällt mir oder sie gefällt mir nicht" oder geht es tatsächlich nach den wichtigen Dingen wie der Handlung, sind die Protagonisten überhaupt beschrieben worden, verstehe ich die Handlung usw...


    Mich würde sowohl von Laien als auch von unseren Autoren interessieren, wonach eine Geschichte zu bewerten ist und woran vielleicht eine gute Geschichte erkennbar wird.


    EDIT: Vielleicht hilft das den Geschichtenschreibern auch etwas bei der Auswahl und Thematik, wenn hier Tipps gegeben werden, worauf geachtet wird :wave

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

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  • Ein Problem bei der Meinungsbildung ist, daß man erstmal nicht immer weiß, welches Alter der Verfasser eines Textes hat und man somit EIN wichtiges Merkmal nicht berücksichtigen kann. Den Text eines 13jährigen sollte man sicherlich mit anderen Augen lesen, als den eines Mittvierzigers.


    Für mich zählt in erster Linie, ob der Text bei mir Bilder erzeugen kann, ob ich mitdenken, mitfühlen kann bzw. ob überhaupt Emotionen den Inhalt betreffend geweckt werden. Wenn ich keine Handlung entdecken kann oder nur langweiliges Geschwafel lese, um eine fehlende Handlung zu überdecken, dann wird es schwer für den Text. Ich gehe sozusagen als erstes nach dem Bauchgefühl und anschließend nach den "technischen" Aspekten, wobei das oft Hand in Hand geht und die Grenzen eher fließend. Das Thema des Textes ist dabei erstmal egal.


    Kurzgeschichten finde ich insofern hochinteressant und eine sehr spannende Art von Texten, weil es der Verfasser in einem relativ knapp gehaltenen Rahmen schaffen sollte, das was er erzählen möchte auf den Punkt zu bringen.


    Gruss,


    Doc

  • Bei mir zählt sehr stark der erste Leseeindruck.


    Dabei achte ich hauptsächlich auf den Inhalt und wie er mich anspricht und entscheide so, ob mir die Geschichte gefällt, oder nicht.
    Das ist also sehr gefühlsmäßig.
    Um so etwas dann zu bewerten und dem Schreiber eine Rückmeldung zu geben, versuche ich herauszufinden, warum mir die Geschichte gefällt oder nicht.
    Da achte ich auch manchmal auf technische Dinge, wobei ich mich damit allerdings nicht so gut auskenne, wie manch anderer.


    Ich mag Geschichten, die mich zum Denken anregen und während des Lesens Bilder und Gefühle entstehen lassen, wie Doc ja auch schrieb.
    Ich möchte in einer Geschichte nicht unbedingt eine Handlung, aber auf jeden Fall eine Entwicklung.
    Damit meine ich, dass nicht unbedingt etwas passieren muss, sondern das auch Momentaufnahmen oder Gedanken als Geschichten zählen können, wenn sich dabei etwas entwickelt, ein Gefühl zum Beispiel. Ich hoffe, es ist verständlich, wie ich das meine, ich kann es grad nicht besser erklären.


    Zum Alter... hmm.. eigentlich finde ich es ganz spannend, vorher nicht zu wissen, wie alt der Autor ist, weil mein Gefühl der Geschichte gegenüber dadurch nicht beeinflusst wird, aber ich denke für eine Bewertung oder Kritik sollte man das Alter schon kennen, denn eine 13jährige ist eben nicht so kritikfähig wie ein 40jähriger, um mal Docs Beispiel aufzugreifen.
    Da muss man einiges anders verpacken, damit es richtig ankommt.


    Aber ob man an beide Geschichten den gleichen Maßstab ansetzen sollte? Ich kannes jetzt nicht sagen, ich wüsste es nicht...



    Gedichte bewerten finde ich viel schwerer, weil ich selbst überhaupt nicht dichten kann. Ich weiß zwar über Dichtregeln, Metrum und so, Bescheid, kann es aber selber nicht anwenden. Und es gibt viele Gedichte, bei denen diese Regeln nicht angewendet wurden und die trotzdem absolut gut sind.
    Generell würde ich dichten nicht als freie Möglichkeit des Schreibens betrachten, sondern als sehr eingeengte.
    Zum Gedichtinhalt, da zählt das gleiche wie oben, Handlung muss nicht sein, aber eine Art von Entwicklung, wobei es da natürlich auch wieder Ausnahmen gibt...


    Generell ist da auch vieles Geschmacksache und niemand kann es allen recht machen, sowie auch eine Geschichte niemals allen gefallen kann.


    Liebe Grüße, Kim

  • Auch (talentierte) Dreizehnjährige können gute Geschichten gut erzählen - und darauf kommt es in der Hauptsache an!


    Ist die Geschichte stimmig? Ist sie originell? Ist sie gut erzählt - unter Verzicht auf Bandwurmsätze, überflüssige Schnörkeleien, flachsinnige Beschreibungen? Stimmt der Stil halbwegs? Ist sie stilistisch nicht überladen? Wirken die Dialoge echt? Gibt es einen Spannungsbogen? Funktioniert das Ende? Gibt es Identifikationspotential? Ist die Geschichte plausibel? Stimmen die Fakten? Sind Wendungen sauber vorbereitet? Fühlt sich die Geschichte an, als könne sie so passiert sein/passieren? Wird der Autor dem Thema gerecht? Ist das Thema überhaupt interessant? Lerne/erfahre ich etwas bei dieser Geschichte? Undsoweiter undsofort ...


    Jede Geschichte ist anders. Es gibt einige Grundfragen, etwa die nach dem Stil, dem Aufbau usw., die man generell beantworten kann, aber dann geht's auch schon an die Einzelheiten, die sich von Fall zu Fall unterscheiden. Ob sich das lohnt, hängt auch davon ab, inwieweit die Story überhaupt qualitativ beurteilt werden kann - was für die allermeisten Geschichten nicht gilt, weil sie ziemlich roh sind, den Autoren essentielle Fähigkeiten und Kenntnisse fehlen. Die Geschichten dieser Leute kann man dann lediglich inhaltlich bewerten - und dem Autor ansonsten empfehlen, sich auf die Suche nach Hopfen und Malz zu machen, metaphorisch gesagt. Es ist verflucht schwer, richtig gute Kurzgeschichten/Short Storys zu schreiben, aber ganz, ganz viele Menschen meinen, es zu können.

  • Da ich nicht weiß, was diejenigen, die ihre Geschichten und Gedichte hier posten, von ihren Lesern erwarten, halte ich inzwischen meine Finger still. Was nicht heißt, daß ich nichts lese. Aber wer meine Meinung zu seinen Schöpfungen haben will, der muß mich ausdrücklich danach fragen und kann dann auch gleich sagen, welche Aspekte ihn (sie) am meisten interessieren.
    Wobei ich nicht versprechen kann, daß meine Meinung immer lobend ausfällt. :-)

  • Machen wir uns doch nichts vor. Da steht also ein neuer Text von Eule XY, das Profil wird nicht gelesen oder aber im Profil steht auch nichts besonders, aber da steht ein Text.
    Das Alter kann und darf und wird auch nicht in diesem Augenblick eine Rolle spielen. Entweder er kommt an oder nicht. Das spätere Outen als 13-, 17-, oder 25-jährige ist doch keine Begründung für die Qualität und Aussage eines Textes.
    Ich finde es auch nicht entschuldbar, zu sagen, naja, die Autorin ist ja erst 13 und muss noch viel lernen und erfahren, wir haben alle mal so angefangen. Stimmt, haben wir und haben auch manche Kröte schlucken müssen (sprich Kritik), aber wenn mich das dazu bringt, kein Wort mehr zu schreiben, bin ich dazu auch nicht berufen.
    Lieber ehrlich sein und sagen, also Herz auf Schmerz und Zeit und Leid usw. das reimt jeder, aber wo bleibt das Besondere, wo bist Du in diesem Text, das muss man vertragen, mit 13, mit 17 und mit xxx.
    Man bewertet meiner Meinung nach Texte nach seiner Erfahrung, nach seinem eigenen Alter und dann spielt das Alter des Verfassers keine Rolle. Entweder der Text ist gut - oder er sollte uns erspart bleiben.
    Trotzdem sollte jeder seinen noch so grottenschlechten Text, sofern er von ihm überzeugt ist, hier reinstellen. Wie sonst sollte er denn erfahren, dass er irtte?

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

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  • Zitat

    Den Text eines 13jährigen sollte man sicherlich mit anderen Augen lesen, als den eines Mittvierzigers.


    Und dann keine Kommentare wie "Scho widda Ferjen?" ablassen, bitte.


    Zitat

    Auch (talentierte) Dreizehnjährige können gute Geschichten gut erzählen - und darauf kommt es in der Hauptsache an!


    Und das hat auch noch niemand gesagt. Darf ich euch zitieren?

  • Hallo, Hinterwäldlerin.


    Zitat

    Und dann keine Kommentare wie "Scho widda Ferjen?" ablassen, bitte.


    Barum nicht? Der Kommentar faßt auf ganz wunderbare Art zusammen, was z.B. auch ich bei dieser Geschichte gedacht habe.


    Grüße,
    Tom