Annett Schaap: Emilia und der Junge aus dem Meer [ab 10 Jahre]

  • ASIN/ISBN: 3522184920

    Annett Schaap: Emilia und der Junge aus dem Meer

    Verlag: Thienemann Verlag 2019. 400 Seiten

    ISBN-10: 3522184920
    ISBN-13: 978-3522184922

    Vom Verlag empfohlenes Alter: 10 - 12 Jahre

    Originaltitel: Lampje

    Illustratorin: Karin Lindermann

    Übersetzerin: Eva Schweikart


    Verlagstext

    Im Schwarzen Haus wohnt ein Monster, sagen sie. Ausgerechnet dort soll Emilia, Tochter des Leuchtturmwärters, nun einziehen. Und tatsächlich scheint es ein schauriges Wesen zu geben, das hinter verschlossenen Türen lebt. Was ist bloß sein Geheimnis? Eines Tages wagt sich Emilia ins verbotene Zimmer und verändert mit diesem Schritt nicht nur ihr Leben ...

    Eine magische Geschichte, die an die kleine Meerjungfrau erinnert und in den Niederlanden bereits vielfach ausgezeichnet wurde


    Die Autorin

    Annet Schaap (geboren 1965 in Ochten) hat schon gern gezeichnet, als sie noch sehr klein war. Und wenn sie später Bücher las, malte sie selbst Bilder dazu. Darum ist es nicht verwunderlich, dass sie nach dem Gymnasium an die Kunstakademie ging. Erst studierte sie fünf Jahre in Kampen und dann noch ein Jahr in Den Haag. Seit 2000 arbeitet sie als Buchillustratorin. Ihre Bilder zeichnet sie mit Bleistift vor und arbeitet sie dann in Tusche oder mit Aquarellfarben aus. Sie hat über 200 Bücher illustriert, darunter weithin bekannte Werke. 2017 wurde für Annet ein lange gehegter Traum wahr: Mit "Emilia und der Junge aus dem Meer" erschien ihr erstes selbst geschriebenes Kinderbuch, das sogleich ein großer Erfolg wurde.


    Inhalt

    Emilia (Spitzname Lämpchen) und ihr Vater Augustus leben im Leuchtturm. Bei Flut ist der Weg dahin meist überspült, aber bei Ebbe ist der Ort in der Nähe leicht zu erreichen. Weil der Leuchtturmwärter ein Bein verloren hat, muss Emilia jeden Tag die Treppen ins Lampenhaus hinaufsteigen und mit Streichhölzern das Leuchtfeuer anzünden. Für ein kleines Mädchen, das lieber Muscheln und Treibholz sammelt, ist das eine zu verantwortungsvolle Aufgabe. Eines Tages vergisst Emilia, rechtzeitig Streichhölzer zu kaufen und schafft es nicht rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit in den Leuchtturm zurück. Ein Schiff strandet, der Schaden ist gewaltig und Vater und Tochter müssen beide 7 Jahre lang arbeiten, um den Schaden zu ersetzen. Emilia kommt als Dienstmädchen in das unheimliche Haus des Admirals, in dem es ein Monster geben soll. Doch zunächst ist die wirklich noch kleine Emilia eine willkommene Aufmunterung für Martha die Haushälterin, ihren Mann und deren behinderten, erwachsenen Sohn Lennie.


    Der kräftige Lennie, der nicht spricht, nimmt Emilia die schweren Hausarbeiten ab, er blüht dabei sichtlich auf und auch sein Vater scheint wieder Freude am Leben zu finden. Wer hätte gedacht, dass Emilia sich – voller Sehnsucht nach einem Blick auf den Leuchtturm - in das stets abgeschlossene Turm-Zimmer mit dem "Monster" traut. Unter dem Bett findet sie Edward, einen verängstigten jungen Meermann mit grünlichen Haaren und besonderen Augen; Fisch nennt Emma ihn. Der Junge wird vom Admiral gefangen gehalten und soll seine Muskeln kräftigen, um endlich laufen zu können. Bevor Emilia ins Haus kam, hatte ein kluger Betreuer Edward unterrichtet. Edward bemerkt gleich, dass Emilia nicht lesen kann und will es ihr sofort beibringen. Als der Admiral seine Rückkehr von großer Fahrt ankündigt, will Lämpchen schnell noch gemeinsam mit Edward etwas erledigen – und bringt sich und den ganzen Haushalt damit in Schwierigkeiten. In einem Buch für Zehnjährige kann man sich drauf verlassen, dass Probleme lösbar sind und Kinder sich zu helfen wissen – so ist es auch hier.


    Annett Schaap, die vor ihrem Erstling bereits als Illustratorin gearbeitet hat, schafft mit Lämpchen eine hinreißende, unerschrockene Heldin. Ihr ist ein spannendes, bewegendes, mit seinen zarten Illustrationen auch optisch ansprechendes Buch gelungen, das komplizierte Probleme für die 10-jährige Zielgruppe in verständliche Sprache fasst. Mit der Stimme der verstorbenen Mutter im Hintergrund, die ihrer Tochter stets Rückhalt bietet, über Emilias Freundschaft mit Piraten bis zu der Botschaft, dass Kinder in Schwierigkeiten geraten, weil sie nicht lesen oder nicht schwimmen können, ist „Emilia und der Junge aus dem Meer“ ein Kinderbuch, das sich auch direkt an Erwachsene richtet. Es geht um die Kunst, selbst in schwierigen Situationen ein guter Mensch zu bleiben und um falsche Geheimnisse, die Menschen erst in Schwierigkeiten bringen. Schaap erzählt von der Widerstandskraft von Kindern, die unter schwierigen Verhältnissen aufwachsen, vom unseligen Zwang, dem Bild der Eltern zu entsprechen, und dass gut gemeinte Hilfe noch lange nicht gut gemacht sein muss. Erwachsene und Kinder dürfen bei Schaap Fehler haben und ihre Nebenfiguren sind bis in die Details ausgearbeitet.


    Fazit

    Ein preiswürdiger Klassiker, nicht nur für Kinder.


    10 von 10 Punkten

  • Emilia, von ihrem Vater, dem Leuchtturmwärter Augustus Wassermann, liebevoll Lämpchen genannt, erscheint auf den ersten Blick wie ein ganz normales kleines Mädchen. Doch auf ihren zierlichen Schultern lastet eine viel zu grosse Verantwortung. Ihr Vater, der ein Bein verloren hatte, verliert nach dem Tod von Emilias Mutter den Boden unter den Füssen und gibt sich dem Alkohol dhin. Es ist Emilias Aufgabe dafür zu sorgen, dass immer genug Zündhölzer im Hause sind, damit der Leuchtturm den Schiffen nachts den Weg weisen kann. Als eines Tages Emilia die Zeit beim Muschelsuchen vergisst und dann auch noch ein Sturm aufkommt, geschieht das Unglück und der Leuchtturm bleibt dunkel. Es kommt wie es kommen muss: ein Schiff zerschellt an den Klippen und Augustus und Emilia müssen die Konsequenzen tragen. Emilia kommt in das sogenannte „Schwarze Haus“ über das so viele Geschichten erzählt werden. Es wird gemunkelt, dass im Turmzimmer ein Monster lebt. Emilias Neugier ist geweckt und trotz Verbot geht sie im Haus auf Entdeckungsreise…


    Emilia hat mich auf den ersten Blick an Pippi Langstrumpf erinnert. Doch wenn man sie näher kennen lernt, wirkt sie nicht mehr ganz so unbeschwert, lastet doch der Verlust der Mutter und die Verantwortung für den Leuchtturm schwer auf ihr. Dennoch ist sie ein sehr starkes Persönchen mit viel Einfühlungsvermögen und man muss sie einfach gern haben. Auch die anderen Figuren sind sehr lebendig und liebevoll gezeichnet – alle mit Ecken und Kanten. Der phantasievolle Schreibstil der Autorin ist altersgerecht und weiss auch Erwachsene zu begeistern. Sie erzählt eine Geschichte über das Kind sein in schwierigen Situationen, über das anders sein, über Toleranz, über Freundschaft und Hoffnung. Das alles hat Annet Schaap meiner Meinung nach wunderbar zusammen mit einem Hauch von Magie in eine märchenhafte Erzählung verpackt, die mich eine Weile lang aus dem Alltag entführt hat.


    Für mich ist Annet Schaaps ein wahres Fundstück und ich freue mich, noch mehr von ihr zu lesen.