Berlin 1936: 16 Tage im August – Oliver Hilmes

  • Produktinformation (Amazon):

    • Taschenbuch: 304 Seiten
    • Verlag: Penguin Verlag; Auflage: Erstmals im TB (11. Dezember 2017)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3328101969
    • ISBN-13: 978-3328101963
    • ASIN: B0196U28F4


    Kurzbeschreibung (Verlag):

    Berlin im August 1936: Zehntausende Gäste aus aller Welt strömen in die Stadt. Die Olympischen Spiele locken die Besucher zu den Sportstätten, in die Straßen, Bars und Cafés. Für einen kurzen Moment wirkt Berlin in diesem Sommer weltoffen und unbeschwert, als schalte die Diktatur in einen Pausenmodus. Oliver Hilmes folgt Berlinern und Touristen, Sportlern und Künstlern, Diplomaten und Nazi-Größen, Nachtschwärmern und Showstars durch die fiebrig-flirrende Zeit der Sommerspiele und erzählt ihre Geschichten. Es sind Geschichten von Opfern und Tätern, von Mitläufern und Zuschauern. Es ist die Geschichte eines einzigartigen Sommers.

    Zum Autor (Verlag):

    Oliver Hilmes, 1971 geboren, wurde in Zeitgeschichte promoviert und arbeitet seit 2002 für die Stiftung Berliner Philharmoniker. Er ist Autor zahlreicher Bücher unter anderem über Franz Liszt und Ludwig II., seine Biographien über widersprüchliche und faszinierende Frauen »Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel« (2004) und »Herrin des Hügels. Das Leben der Cosima Wagner« (2007) wurden zu Bestsellern.

    Meine Meinung:

    Berlin 1936 ist ein Tagebuch der olympischen Spiele von 1936 in Berlin. Das Buch ist gegliedert in 16 Kapitel, eines für jeden Tag der Spiele. Zusätzlich gibt es am Ende noch einen Nachtrag mit dem Was wurde aus… in dem wir erfahren, was aus vielen der im Buch erwähnten historischen Persönlichkeiten nach den olympischen Spielen geworden ist.


    So begleiten wir Goebbels, Göring, diverse Olympiafunktionäre, einige Gastronimieinhaber Berlins, Diplomaten und andere ausländische Besucher. Unter anderem den Schriftsteller Thomas Wolfe, der eigentlich ein glühender Deutschland-Verehrer ist, aber in diesen Tagen von diversen Seiten her die Augen geöffnet bekommt.

    Hitler und seinen Ministern ist es mit den olympischen Spielen in Berlin gelungen die Weltöffentlichkeit davon zu überzeugen dass Deutschland ein friedliebendes Land ist und die Geschichten über die Judenverfolgung nur aufgebauscht werden. Im Hintergrund laufen aber schon die Vorbereitungen der weiteren deutschen Expansion.


    Für mich war dieses Buch interessant zu lesen. Zu jedem Tag gibt es auch immer den aktuellen Wetterbericht und Tagesmeldungen aus der Staatspolizeistelle. Goebbels wird mehrfach aus seinem Tagebuch zitiert und auch die Einschätzungen andere Diplomaten stammen aus deren Tagebüchern. Selbst Hitler-Skeptiker lassen sich in diesen Tagen von der laufenden Propaganda einwickeln.

    Zusätzlich wird exemplarisch an Einzelpersonen das Schicksal von Homosexuellen, Roma und psychisch kranken Menschen erwähnt.

    Berlin 1936 zeichnet ein gutes Bild der Stimmung in der Stadt in diesem Sommer. Es ließ sich flüssig lesen und wurde auf keiner Seite langweilig. Besonders das letzte Kapitel, in dem geklärt wurde, was aus den Personen dieser zwei Wochen wurde hat mich sehr interessiert.


    Was mich auch wieder erschreckt hat, wie gleichgültig dem Ausland das Schicksal der Juden am Ende doch war. Es stand ein Boykott der olympischen Spiele durch Amerika wegen der Diskriminierung der jüdischen Sportler zur Debatte. Daraufhin wurde erst der Leiter des Amerikanischen Olympischen Komitees mit einer Untersuchung beauftragt, dann auch noch einmal das olympische Komitee selbst. Letzteres gab sich dann damit zufrieden, dass die Deutschen eine jüdische Athletin nominierten. Untersucht wurde bei den Besuchen in Deutschland nichts, die jeweiligen Vertreter begnügten sich damit, die obersten Herren zu besuchen und sich von ihnen sagen zu lassen, wie das mit den jüdischen Athleten in Deutschland geregelt werde. Danach reisten sie wieder ab und verkündeten, dass es in Deutschland keine unterdrückten jüdischen Sportler geben würde. Und verhinderten damit den Boykott.

    Alles in allem ist es ein interessantes Buch, das einen weitgefächerten Blick in die damaligen Tage gewährt.


    Von mir eine Leseempfehlung für dieses sehr gut lesbare Sachbuch.


    8 von 10 Punkte


    ASIN/ISBN: 3328101969

  • Oliver Hilmes entführt uns auf eine Zeitreise zu den Olympischen Spielen im August 1936 nach Berlin. In kurzen Szenen erzählt er vom Leben und vom Lebensgefühl dieser Tage. Gemeinsam mit Sportlern, Politikern, Aus- und Inländern erleben wir hautnah mit, wie ihr Leben in dieser Zeit verläuft.


    Ich kann nur sagen: wirklich toll gemacht. So sollen Sachthemen erzählt sein, dann machen sie auch Spaß beim Lesen. Durch die einzelnen Personen bekommt die Zeitgeschichte nicht nur ein, sondern viele konkrete Gesichter. Das ist sehr kurzweilig und zudem informativ. Allerdings muss man sich wegen der Menge verschiedener Namen und Hintergrundgeschichten beim Lesen konzentrieren, so einfach Wegschmökern lässt sich das Buch nicht.


    Oliver Hilmes beäugt sehr viele ganz unterschiedliche Leute und lässt uns an ihrem Erleben und ihren Gedanken in einem kurzen Zeitabschnitt teilhaben. Dabei erschlossen sich für mich viele neue Zusammenhänge, die ich so noch nicht bedacht hatte. Genau deswegen lese ich! Am Ende gibt es einen Ausblick auf das weitere Leben der uns begegneten Personen – auch das fand ich sehr gelungen. Nur die Gruppe der Otto-Normalberliner habe ich vermisst. Ich hätte gern auch etwas über „ganz normale“ Zimmermädchen, Arbeiter, Berliner-Stepke oder Trambahnfahrer gelesen – also wie die Berliner Bevölkerung diese Ausnahmetage erlebt hat.


    Fazit: Tolles Buch, so sollte Geschichte öfters erzählt werden! 9 Eulenpunkte von mir.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich kann mich den Empfehlungen nur anschließen.


    Das Buch habe ich mit Begeisterung gelesen. Obwohl es keine "richtige" oder durchgehende Handlung hat, sondern Bruchstücke aus dem Leben ganz unterschiedlicher Menschen im Berlin von 1936 aufzeigt, fand ich es sehr fesselnd. Von manchen von ihnen wünschte ich mir beim Lesen eine ausführlichere Biographie. Daher bin ich für das letzte Kapitel "Was wurde aus ..." besonders dankbar, denn hier konnte ich wenigstens in Kürze erfahren, wie es ihnen weiter erging.


    Obwohl Berlin und die Machthaber sich in dieser Zeit weltoffen dargestellt haben, bleibt beim Lesen ein gewisses Unbehagen. Der Autor schafft es, dass ich als Leserin die Bedrohung spüren konnte, die über dem Glanz und Glamour der olympischen Tage hingen. Das ist eine ganz große Leistung.


    Von mir gibt es ebenfalls eine Leseempfehlung.