• Sorry für ein sehr umfangreiches Eröffnungsposting, aber im Kurzgeschichten-Topic hat sich zum Thema Versuchstiere Einiges getan, so daß die unten aufgeführten Texte einen guten Überblick über die bisher vertretenen Meinungen wiedergeben.




    Von Mäkel:
    Klar gibt es TAUSEND Sachen, für die es sich lohnen würde auf die Straße zu gehen. Tierversuche sind nur eine davon. Ich mag Ratten nicht sonderlich, aber naja, man könnte doch versuchen, ihr Leben als Versuchsobjekt, den Umständen entsprechend schön zu gestalten, genauso wie das der Schweine Hühner, etc. , oder?!
    Vielleicht klingt das utopisch, aber wie heißt es so schön auf Che Guvara Postkarten: "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!"


    Von Tom:
    Die Formulierung "artgerechte Haltung für Laborratten" ist an und für sich schon ein Megabrüller. Generell ist's, davon abgesehen, etwas widersinnig, bessere Lebensbedingungen für Viecher zu fordern, die dafür gezüchtet werden, unter schlechtestmöglichen Bedinungen zu leben. Davon abgesehen: Ratten. Es geht um Ratten.


    Von Branka:
    Ja sicher könnte man das, aber es würde den Firmen keinen Nutzen bringen, deshalb würden sie es nicht machen. Es ist einfach heutzutage so, dass leider nur nach dem Aufwand und dem damit verbundenen Profit geschaut wird. Die Tiere besser zu behandeln würde aber dem Ergebnis nicht zuträglicher sein als es einfach so zu belassen wie es ist. Und da sie, wenn sie es so lassen wie es ist, keinen Aufwand damit haben aber auch keine Gewinnschmälerung, werden viele Firmen wohl den Teufel tun und sich um das Wohl der Versuchstiere kümmern.


    Ich kanns nur anhand der BASF sehen. Die bilden sogar Tierpfleger aus, speziell für die Versuchstiere. Hier werden sie einigermaßen gut behandelt, aber was ist schon eine gute Behandlung, wenn du Chemikalien ins Auge, in Mundhöhle und auf die Haut bekommst? Und das Tagtäglich und dann noch nicht mal für nur einen Tag, sondern oft über Wochen um die Veränderungen zu beobachten... da glaube ich wäre selbst die beste Pflege kein Grund das Leben als erträglicher anzusehen für diese Tiere.


    Von Doc:
    Soweit das überhaupt an die Öfffentlichkeit dringt, sorgen seriöse Forschungseinrichtungen schon dafür, daß es den Tieren "den Umständen entsprechend" gut geht, genauso wie es mittlerweile ja schon einige Fleisch- und Eierproduzenten gibt, die versuchen ihre Tierhaltung möglichst artgerecht aufzuziehen.
    Doch sind wir mal ehrlich zu uns selbst, so eine Haltung kostet Geld, daß bei Weitem nicht alle Verbraucher bereit sind mitzubezahlen.




    Gruss,


    Doc

  • @Inso
    Es ging darum, dass Mäkel sagte, dass man es den Versuchstieren so schön wie möglich machen sollte, selbst wenn sie Versuchstiere sind. Und das brachte diese Diskussion überhaupt auf. Eher nicht pro/contra Tierversuche sondern eher wie ist das mit der Behandlung von den Versuchstieren, lohnt es sich für Unternehmen viel in deren Pflege zu investieren usw.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Das Thema ist m.E. weitgehend "durch". Die Industrie hat in den Siebzigern und Achtzigern - u.a. auf öffentlichen Druck - Tierversuche auf ein vergleichsweise erträgliches Maß reduziert (oder in Forschungszentren im Ausland verlagert :grin). Andere Wege wurden gesucht. Kunden haben sich gezielt bspwse. auf Kosmetika umorientiert, deren Entwicklung ohne Tierversuche stattgefunden hat.


    Wir Menschen nutzen Tiere als Ressource. Fleischessen oder Tierversuche sind nur die Spitze des Eisbergs. Tiere sind reichhaltige Rohstoffquellen, auf die kaum jemand von uns ganz und gar verzichten kann, selbst diejenigen nicht, die es ernsthaft versuchen. Dem liegt die Idee zugrunde, Tiere wären minderwertiger als Menschen (wir sind die stärkeren). Sich dem zu entziehen ist außerordentlich schwer.


    Tierversuche sind in einigen Bereichen unverzichtbar. Ein Tierversuch hat definitiv das Leiden des Tieres zur Folge. Da spielt es kaum eine Rolle, ob das Viech zum Ausgleich abends Spanischkurse bekommt und morgens Fußreflexzonenmassagen.

  • Obwohl es nicht 100%ig zum Thema passt: ich habe heute mit Entsetzen in der örtlichen Tageszeitung gelesen, dass auf der französischen Insel La Réunion im Indischen Ozean lebende Hunde als Haifischköder verwendet werden.


    Den armen Tieren werden Angelhaken durch Schnauze und Pfoten gebohrt, bevor sie an einer Angelleine ins Wasser geworfen werden.
    Die Ministerin für Überseegebiete Mme Girardin versucht jetzt durch eine Petition dem Treiben ein Ende zu setzen.


    Mit ist schlecht.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • In Südkorea, einem definitiv als zivilisiert geltenden Land, werden lebende Hunde in Stroh eingewickelt und in diesem Zustand gegrillt, weil das Adrenalin für zärteres Fleisch sorgt. Und in vielen auch deutschen Restaurants verfährt man ganz ähnlich mit Hummern.

  • Nur mal kurz zu den Hummern:


    Hummer werden lebend ins kochende Wasser gegeben, damit sie schön rot werden und, wie Wikipedia sagt: Im Körper toter Hummer bilden sich recht schnell Giftstoffe, die zu Lebensmittelvergiftungen führen können. Aus diesem Grund werden Hummer bei lebendigem Leibe gekocht, bis sich der vorher dunkelblaue Chitinpanzer gänzlich rot verfärbt.


    Edit: was das Ganze natürlich nicht weniger grausam macht!


    Mir hat kürzlich jemand erzählt, daß Lachse auf dem Fischkutter lebendig schockgefrostet werden, weil sie sich dann länger halten. Ob das so stimmen kann?

  • Zitat

    Original von Türmchen
    Nur mal kurz zu den Hummern:


    Hummer werden lebend ins kochende Wasser gegeben, damit sie schön rot werden und, wie Wikipedia sagt: Im Körper toter Hummer bilden sich recht schnell Giftstoffe, die zu Lebensmittelvergiftungen führen können. Aus diesem Grund werden Hummer bei lebendigem Leibe gekocht, bis sich der vorher dunkelblaue Chitinpanzer gänzlich rot verfärbt.



    Dies ist mit ein Grund, weshalb ich nie Hummer gegessen habe und auch nie essen werde................ :-(

  • Hallo, Türmchen.


    Zitat

    was das Ganze natürlich nicht weniger grausam macht


    Grausamkeit bedingt ihre Zurkenntnisnahme durch den betroffenen Rezipienten. Will sagen: Grausamkeit muß man verstehen können. Ich halte es für absolut ausgeschlossen, daß selbst höhere Tiere dazu in Lage sind, Grausamkeit nachzuvollziehen.


    Der Hummer wird die Grausamkeit nicht verstehen, darüberhinaus verfügen Hummer sozusagen bauartbedingt über keines mit dem des Menschen vergleichbares Nervensystem. Sehr wahrscheinlich verfügen sie nicht einmal ansatzweise über etwas wie Schmerzempfinden. Und auch Gefühle wie Lebenslust, Freude am Dasein usw. werden dem Hummer fremd sein. Die Grausamkeit diesem leckeren Zeitgenossen gegenüber empfindet also lediglich der Mensch. M.E. schießt hier der vermeintliche Tierschutz über sein Ziel hinaus; ich habe dieses Beispiel auch nur aus Spaß angebracht.

  • Zitat

    Original von Tom Die Grausamkeit diesem leckeren Zeitgenossen gegenüber empfindet also lediglich der Mensch. M.E. schießt hier der vermeintliche Tierschutz über sein Ziel hinaus; ich habe dieses Beispiel auch nur aus Spaß angebracht.


    Ich bin aber schon froh darüber, dass ich diese Grausamkeit empfinde(n) (kann).................. :-)


    Und besonders "spaßig" finde ich das Ganze auch nicht, wie auch hier z.B. nachzulesen.


    Aber wie immer ist dies alles Ansichtssache und wahrscheinlich nicht diskutierbar.

  • Hallo, Rosenstolz.


    Zitat

    Und besonders "spaßig" finde ich das Ganze auch nicht, wie auch hier z.B. nachzulesen.


    Als ich vorhin nach "Haben Tiere Gefühle" gestöbert habe, bin ich fast ausschließlich auf Sites gestoßen wie die von Dir verlinkte. Da wird davon geredet, daß Hummer ein "ausgeprägtes Sozialverhalten" haben, weil die Weibchen Eier neun Monate mit sich herumtragen. Oder vom "verzweifelten Kratzen" der Hummer am Kochtopfrand, während sie gegart werden. Die Wortwahl dient hier einem demagogischen Zweck. Das Weibchen ist keine "gute Mutti", sondern folgt ihren Instinkten. Und der Hummer im Kochtopf ist nicht "verzweifelt", sondern folgt ebenfalls Instinkten - hier dem Fluchtinstinkt aus einer definitiv lebensgefährdenden Situation (wie er nicht etwa kognitiv erkennt, sondern einer simplen Reaktion auf sensorische Wahrnehmung folgt). Ich bezweilfe sehr stark, daß hier "Ängste" existieren, etwa diejenige der Hummermutti um ihre Eier. Diese Ängste werden herbeigeredet, durch Formulierungen wie die oben zitierten. Angst kann man nur vor verstehbaren Konsequenzen einer Situation haben. Hummer empfinden keine Ängste. Sie folgen ihren Instinkten. Und sie haben kein Verständnis für "Grausamkeiten".


    Wie auch immer. Solche Diskussionen sind nutzlos. Es gibt drei Fraktionen: Diejenigen, denen Tiere (bis auf die possierlichen eigenen Hauskätzchen) weitgehend egal sind. Diejenigen, die es als etwas selbstherrlich empfinden, wie Menschen mit Tieren umgehen, es aber als weitgehend unumgänglich hinnehmen - wir sitzen nun einmal an der Spitze der Nahrungskette (dieser Fraktion fühle ich mich angehörig). Wobei ich überflüssige Grausamkeit (aus Menschensicht) durchaus ablehne; das Lebendgaren des Hummers (oder Hundes, siehe oben) empfinde ich allerdings nicht aus grausam (hinter Grausamkeit steht die Absicht, überflüssigen Schmerz zuzufügen, um das Objekt der Schmerzzufügung zu drangsalieren), da es Bestandteil eines kulturellen Prozesses ist, den ich zu hinterfragen mir nicht anmaße. Und dann gibt es die dritte Fraktion, die Gutmenschen, die zumindest verbal Tiere Menschen gleichgestellt sehen wollen - weitgehend alle Tiere. Ein Teil dieser Fraktion scheint dies so weit zu treiben, daß sie Tiere dem Menschen überordnen. Wie auch immer, diese Weltsicht scheint mir ziemlich realitätsfern. Und einen Löwen, der das neugeborene, überaus niedliche Kitz einer Antilope reißt, um zu überleben, wird man mit entsprechenden Argumenten auch nicht beikommen können.

  • cmoi : Natürlich. Hunde haben Schmerzempfinden. Die meisten Säuge- und Wirbeltiere sind zu Schmerzempfinden in der Lage. Es dient dem Selbstschutz. Auch ein Huhn, dem der Kopf abgehackt wird, empfindet Schmerz. Oder das Rotwild, daß geschossen wird und nicht sofort verendet. Bei dieser Grausamkeitssache geht es um überflüssigen Schmerz. Das ist eine (verdammt diffizile) Frage der Differenzierung. Ist der Schmerz, den das geschossene Rotwild empfindet, noch okay - und ist es derjenige, den der lebend gegarte Hund (für einige Minuten) empfindet nicht? Und wenn ja, warum? Weil wir eine willkürliche Grenze ziehen (die soziokulturelle Ursachen hat). Schließlich wollen wir ja Rotwild essen. Aber was die Koreaner da treiben, um Hunde, die sie schmackhaft hinbekommen wollen, zuzubereiten, das lehnen wir ab. Im Endeffekt sind alle Viecher (auch das betäubt industriell geschlachtete Schwein) tot. Schneller sterben ist weniger grausam? Mit Verlaub, das sind weitgehend Spiegelfechtereien.

  • Zitat

    Original von Tom Wie auch immer, diese Weltsicht scheint mir ziemlich realitätsfern. Und einen Löwen, der das neugeborene, überaus niedliche Kitz einer Antilope reißt, um zu überleben, wird man mit entsprechenden Argumenten auch nicht beikommen können.


    Hierbei handelt es sich "normalerweise" um ein natürliches Verhalten von wildlebenden Tieren in ihrem Umfeld...............und so etwas wird von mir nicht als grausam bezeichnet. :-)


    Wo hingegen ich die Bezeichnung grausam für die o.g. Beispiele immer noch als passend empfinde. Ganz subjektiv gesehen..........

  • Hallo, Lolita.


    Zitat

    Das schaut sich bitte nur derjenige an, der auch dafür Nerven hat.


    Und wie soll man das vorher wissen? :gruebel


    Zitat

    Ist nicht lustig und nicht gerade schön anzusehen, aber man sieht die Wahrheit dahinter.


    Das ist außerordentlich brutal, aber sicherlich nicht irgendwo im Saarland aufgenommen. Und, mit Verlaub - ich sehe nach wie vor keinen Unterschied zwischen Pelztierzucht (und anschließender Bekleidung mit deren Fellen) und dem Tragen einer Lederjacke.

  • Tja, ich sehe da auch keinen Unterschied. Ich bin gegen jede Art Tierversuche, gegen alle Produkte, wofür Tiere vorher herhalten müssen und ich sehe das nicht so, dass es Tierversuche geben _muss_! Für was denn bitteschön? Ich finde es erbärmlich, dass unsere Gesellschaft so tief gesunken ist.


    Grüße,


    Lolita

  • Tom, ich bin dir ganz und gar nicht böse. Ich verstehe das nur nicht wirklich. Schade jedoch ist ganz klar, dass man hier solche Themen nicht diskutieren kann, weil sonst wieder ein Aufeinander-Rumgehacke losgeht. Wie üblich.
    Ich hätte trotzdem gerne deinen Standpunkt erfahren. Kannst ihn mir ja per PN schicken oder so. Ansonsten isses auch okay, wenn du's einfach sein läßt.


    Grüße,


    Lolita

  • Zitat

    Original von Lolita
    Ich bin gegen jede Art Tierversuche, gegen alle Produkte, wofür Tiere vorher herhalten müssen und ich sehe das nicht so, dass es Tierversuche geben _muss_!


    Das bedeutet aber, dass Du das Tier dem Menschen überordnest, dass Du das Wohl des Tiers über das Wohl des Menschen stellst.