Anne Perry - Letzte Stunde im Hyde Park / Murder on the Serpentine

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)

    Mitten in der Nacht wird Thomas Pitt, der Leiter des Staatsschutzes, in den Buckingham Palace gerufen. Die Queen persönlich wünscht sich von ihm Ermittlungen in einem hochbrisanten Fall. Ihr Sohn und Thronfolger, der Prince of Wales, pflegt nämlich in ihren Augen schlechten Umgang. In ihrer Sorge hat sie einen Spion in sein Umfeld eingeschleust - doch dieser wurde tot im Hyde Park aufgefunden. Angeblich bei einem Bootsunfall ertrunken. Pitt findet schnell heraus, dass ein Verbrechen dahintersteckt - ein Verbrechen, das das ganze Empire in Gefahr bringen könnte.


    Autorin (Quelle: amazon)

    Die Engländerin Anne Perry, 1938 in London geboren, verbrachte einen Teil ihrer Jugend in Neuseeland und auf den Bahamas. Schon früh begann sie zu schreiben. Ihre historischen Kriminalromane zeichnen ein lebendiges Bild des spätviktorianischen Englands und begeistern ein Millionenpublikum. Anne Perry lebt und schreibt in Schottland.


    Allgemeines

    32. Band der Reihe um Thomas Pitt

    Titel der Originalausgabe: „Murder on the Serpentine“, ins Deutsche übersetzt von K. Schatzhauser

    Erschienen am 9. Januar 2018 im Heyne Verlag als TB mit 416 Seiten
    Gliederung: 14 Kapitel

    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven

    Handlungsort und -zeit: London, 1899


    Inhalt

    Sir John Halberd, der von Queen Victoria beauftragt worden war, den Freundeskreis ihres leichtlebigen Sohnes, des Thronfolgers Edward, unter die Lupe zu nehmen, ist bei einem merkwürdigen Unfall auf einem See im Hyde Park ums Leben gekommen, bevor er der Queen Bericht erstatten konnte. Victoria ist nicht sicher, dass es sich wirklich um einen Unfall handelte und beauftragt Thomas Pitt, der es inzwischen zum Leiter des Staatsschutzes gebracht hat, die genauen Todesumstände zu ermitteln und mögliche Mordmotive zu eruieren. Die Mitglieder der „besseren“ Gesellschaft, in der Halberd verkehrte, wirken zwar sehr respektabel, haben aber vielfach etwas zu verbergen. Möglicherweise hat der Verstorbene etwas herausgefunden, das nicht an die Öffentlichkeit kommen darf – dabei könnte es sich um „schmutzige“ Privatangelegenheiten wie außereheliche Beziehungen, aber auch politisch Relevantes handeln. Während Pitt den Herren der Gesellschaft auf den Zahn fühlt, ermitteln seine Frau Charlotte und deren Schwester Emily wieder einmal inoffiziell in den Kreisen der Damen und ihrer Dienstboten.


    Beurteilung

    Der Roman behandelt einen in sich abgeschlossenen Fall und kann deshalb auch ohne Vorkenntnis der anderen Bände um Thomas Pitt und seine Frau Charlotte gelesen werden.

    Der Fall ist logisch und glaubwürdig konstruiert, wobei es auch reale historische Bezüge zum Zweiten Burenkrieg gibt. Pitt, seine Mitarbeiter und seine Frau, der er nicht viel über den brisanten Fall verraten darf, haben es mit zwei Todesfällen zu tun: dem vermeintlichen Unfalltod eines als integer geltenden Mannes, der als Spion der Queen im Umfeld des Thronfolgers tätig war und dem augenscheinlichen Selbstmord einer Dame, die ins Visier der Ermittler geraten ist.

    Zunächst ist es überhaupt nicht absehbar, weshalb Sir John Halbderd ermordet worden sein sollte, es gibt viele mögliche Motive. Da keine modernen gerichtsmedizinischen Untersuchungen zur Verfügung stehen, sind Pitt und seine Kollegen darauf angewiesen, immer wieder mit den Menschen im Umfeld des Thronfolgers und mit möglichen Zeugen zu sprechen und – gegebenenfalls – Widersprüche aufzudecken. Dies geschieht oft bei Abendgesellschaften oder in den Clubs der Herren. Die Autorin präsentiert dabei ein interessantes und authentisch anmutendes Bild der „besseren“ viktorianischen Gesellschaft. Allerdings entstehen in diesem Zusammenhang gelegentlich Längen, wenn Gesprächspartner (zu) ausführlich den Gesichtsausdruck des Gegenübers zu entschlüsseln versuchen oder wiederholt ihre eigenen Befindlichkeiten wie Gewissensbisse wegen „Erpressungen“ im Falle mangelnder Kooperationsbereitschaft bei den Ermittlungen analysieren. Diese zu breite Ausführung ist dem Spannungsaufbau nicht förderlich. Andererseits arbeitet die Autorin durch diese Vorgehensweise die Charaktere ihrer Romanfiguren sorgfältig aus, sodass der Leser diese plastisch vor Augen hat.


    Fazit

    Ein authentisch wirkender historischer Kriminalroman über die spätviktorianische Gesellschaft, der einen glaubwürdigen Fall darstellt, aber ein bisschen mehr „Tempo“ vertragen hätte; für Freunde der Reihe auf jeden Fall lesenswert!

    8 Punkte