• Max fühlte sich gar nicht gut. Heute war wieder einer der Tage, an dem die Schmerzen schier unerträglich waren. Aber glücklicherweise war ja heute wieder große Therapiebesprechung... da würde man schon sehen, wie seine Behandlung fortgesetzt werden würde.


    Bei der Besprechung sah er auch Elise wieder. Sie sah noch schlechter aus als er. Die Beule über dem Auge war seit dem letzten Treffen noch einmal ein Stück gewachsen und sie konnte kaum mehr etwas sehen.


    Sie bewegte sich nur langsam auf ihn zu und man konnte deutlich sehen, wie schwer und schmerzhaft jede Bewegung für sie war.


    Die Besprechung ergab nichts Neues für ihn. Man wollte weiter therapieren wie gehabt und abwarten, ob es nicht doch Fortschritte gäbe. Bei Elise hingegen wollte man auf eine andere, eine neue und bislang unerforschte Therapie umschwenken.


    Nun hieß es abwarten... bis zur nächsten großen Besprechung.


    Die Zeit schleppte sich dahin. Die Schmerzen kamen und gingen. Irgendwie schien die Therapie nicht anzuschlagen. Im Gegenteil. In letzter Zeit hatte er häufiger mit unerklärlichen Blutungen zu kämpfen und inzwischen hatte er auch kaum mehr ein Haar am Leib. Irgendwie schien es beständig abwärts zu gehen.


    Nach ein paar Wochen wurde die nächste große Besprechung angesetzt. Max ging es inzwischen so schlecht, daß keiner mehr mit seiner Teilnahme an der Besprechung rechnete.


    Aber mit letzter Kraft schaffte er es doch. Schließlich wollte er ja auch wissen, wie es Elise ergangen war.


    Elise schien völlig verändert. Leichten Schrittes tänzelte sie umher, ein leichter Flaum zeigte sich langsam wieder auf ihrer kahlen Haut und wenn nicht alles täuschte, dann war auch der Tumor über ihrem Auge ein wenig zurückgegangen. Alles in allem überhaupt kein Vergleich zu ihrer jämmerlichen Erscheinung vom letzten Mal.


    Die Besprechung ergab, daß bei beiden mit ihrer jeweils laufenden Therapie fortgefahren werden sollte.


    Max war fassungslos. So sehr er Elise ihre scheinbare Genesung gönnte, schmerzte ihn sein eigener Niedergang. Er wusste, wenn er nicht auf eine andere Therapie - auf Elises Therapie? - umgestellt werden würde, würde das seinen baldigen Tod bedeuten.


    Aber wen kümmerte schon das armselige Leben einer kleinen Laborratte?

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

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  • Zitat

    Original von Heaven
    Nett angetäuscht! ;-)
    Dachte erst, da kommt noch eine kleine Romanze. :grin


    Hihihi... Mir gings genauso... :grin

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Nett! :lache


    Bei dem Satz "...hatte er auch kaum mehr ein Haar am Leib" hatte ich eigentlich schon eine leise Vorahnung, daß es sich nicht um einen Menschen handelte, aber auf eine Laborratte wäre ich nie gekommen. :grin

  • Eine (fiese) kleine und gut formulierte Geschichte. Ich hatte sofort eine Krankenhaus"romanze" vor Augen, bis der letzte Satz kam... Armer Max!


    Gute Arbeit, Fledermiez!


    Gruss,


    Doc



    Mäkel
    Was ist denn ein "artgerechtes Leben" für eine Laborratte? Ich glaube nicht, daß es überhaupt ein artgerechtes Leben für ein Versuchstier geben kann, genausowenig wie für Nutztiere (Schweine, Hühner, etc.). Klar, kann und sollte man sich Gedanken dazu machen (so eine Story bringt den Einen oder Anderen vielleicht auch mal wieder dazu, sich Gedanken zu machen), aber eine Demo? Womit anfangen, Krieg, Hunger in der Welt, Kinderarbeit, Walfang, Regenwaldvernichtung, etc. etc. etc.? Die Liste ist lang.

  • Vor allem hätte hier eine Demo keinerlei Erfolg, denn es gibt noch keine andere Möglichkeit Chemische Produkte zu testen außer an Tieren... das diese an Menschen getestet werden ist sehr unwahrscheinlich

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • @Doc und Branka,


    Klar gibt es TAUSEND Sachen, für die es sich lohnen würde auf die Straße zu gehen. Tierversuche sind nur eine davon. Ich mag Ratten nicht sonderlich, aber naja, man könnte doch versuchen, ihr Leben als Versuchsobjekt, den Umständen entsprechend schön zu gestalten, genauso wie das der Schweine Hühner, etc. , oder?!
    Vielleicht klingt das utopisch, aber wie heißt es so schön auf Che Guvara Postkarten: "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!"

  • Die Formulierung "artgerechte Haltung für Laborratten" ist an und für sich schon ein Megabrüller. :lache Generell ist's, davon abgesehen, etwas widersinnig, bessere Lebensbedingungen für Viecher zu fordern, die dafür gezüchtet werden, unter schlechtestmöglichen Bedinungen zu leben. Davon abgesehen: Ratten. Es geht um Ratten. :grin

  • Mäkel


    Ja sicher könnte man das, aber es würde den Firmen keinen Nutzen bringen, deshalb würden sie es nicht machen. Es ist einfach heutzutage so, dass leider nur nach dem Aufwand und dem damit verbundenen Profit geschaut wird. Die Tiere besser zu behandeln würde aber dem Ergebnis nicht zuträglicher sein als es einfach so zu belassen wie es ist. Und da sie, wenn sie es so lassen wie es ist, keinen Aufwand damit haben aber auch keine Gewinnschmälerung, werden viele Firmen wohl den Teufel tun und sich um das Wohl der Versuchstiere kümmern.


    Ich kanns nur anhand der BASF sehen. Die bilden sogar Tierpfleger aus, speziell für die Versuchstiere. Hier werden sie einigermaßen gut behandelt, aber was ist schon eine gute Behandlung, wenn du Chemikalien ins Auge, in Mundhöhle und auf die Haut bekommst? Und das Tagtäglich und dann noch nicht mal für nur einen Tag, sondern oft über Wochen um die Veränderungen zu beobachten... da glaube ich wäre selbst die beste Pflege kein Grund das Leben als erträglicher anzusehen für diese Tiere.

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    Erich Kästner

  • Mäkel
    Soweit das überhaupt an die Öfffentlichkeit dringt, sorgen seriöse Forschungseinrichtungen schon dafür, daß es den Tieren "den Umständen entsprechend" gut geht, genauso wie es mittlerweile ja schon einige Fleisch- und Eierproduzenten gibt, die versuchen ihre Tierhaltung möglichst artgerecht aufzuziehen.
    Doch sind wir mal ehrlich zu uns selbst, so eine Haltung kostet Geld, daß bei Weitem nicht alle Verbraucher bereit sind mitzubezahlen.


    Doch da entfernen wir uns schon viel zu weit weg aus der Kurzgeschichten-Ecke und sollten dieses Topic nicht für eine solche Diskussion hernehmen. Wie wäre es mit einem Thread in Diskussion/Weltgeschehen?


    Gruss,


    Doc

  • Hi, Batty.


    Die Story lebt von ihrer Pointe. Und davon, daß die Tiere - wie oft in solchen Geschichten - vermenschlicht wurden (die menschlichen Gefühle in den tierischen Protagonisten erzeugen erst das Mitgefühl und die Identifikation). Die Pointe ist an und für sich ganz ... witzig. Na ja, nicht witzig. Sarkastisch. Auch wieder nicht. Genaugenommen finde ich die Pointe überhaupt nicht gut. Worin soll sie auch bestehen? "Hach, wie bin ich jetzt erleichtert, war ja nur eine Ratte." Oder: "Ups, die armen Ratten, denen geht's ja genauso wie uns." Keinen Schimmer. Mmh. Gefällt mir nicht. Ist auch ein bißchen holprig und abgehackt erzählt. Und das Genitiv-Apostroph (Elise's) gibt's auch nach dem 1. August in Deutschland nicht. :grin