Hier kann zu den Seiten 337 - 436 (Kapitel 23 - 29) geschrieben werden.
'Frauen und Töchter' - Seiten 337 - 436
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Zitat
Herzlichkeit ist bei einer Gastgeberin ein überaus kleidsamer Deckmantel für alle möglichen anderen Mängel.
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Mrs. Gibson sucht für ihre Tochter einen möglichst ansehnlichen Ehemann. Osborne ist zunächst ihr Favorit. So ein Erbe aus altem Adel wäre schon erstrebenswert. Dass die Hamleys finanziell nicht gut dastehen, weiß sie nicht. Rogers Verehrung für Cynthia stört so lange bis sie von Osbornes kritischem Zustand erfährt. Hier weicht der Film mal vom Text ab. Im Film kommt es unmittelbar nach der Erkenntnis zum ersten ernsthaften Konflikt zwischen dem Ehepaar Gibson.
Molly beobachtet die Annäherung zwischen den beiden Menschen, die ihr teuer sind. Ihre eigenen Gefühle für Roger kann sie wohl noch nicht so ganz einschätzen. Sie ist zwar weiterhin seine Vertraute und fühlt sich in der brüderlichen Behandlung ganz wohl. Zu richtigem Herzschmerz reicht es aber nicht.
Cynthia flirtet mit allen gern und lässt sich die Aufmerksam aller Männer außer von Mr. Preston gern gefallen. Das deutet schon darauf hin, dass da in der Vergangenheit etwas Gravierendes passiert sein muss.
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Besonders gut hat mir Kap. 26 (Ein Wohltätigkeitsball) gefallen.
Anders als Jane Austen beschreibt Gaskell Begebenheiten, die offenbar in der Zeit, als ihr Roman erschien, bereits in Vergessenheit geraten waren. (Bsp. Eine Sänfte wird von Raum zu Raum getragen.) Der Auftritt der Herzogin ohne Diamanten weist besonders komische Elemente auf.
Herzhaft gelacht habe ich bei:
"Anders als Miss Piper hatte Lady Harriet nicht mehr Bedenken, allein den Saal zu durchqueren, als wenn alle Zuschauer Kohlköpfe gewesen wären;" (Ott, S.382)
"Völlig unnötig ist es hingegen, in deinem Alter eine eigene Meinung zu haben und diese lauthals zu verkünden." (Ott, S.385)Lord Hollingford beim Tanz:
"Er hielt beharrlich die falschen Hände fest und blieb ebenso beharrlich stehen, wenn er an seinen Platz zurückkehren sollte, nicht ahnend, daß gesellschaftliche Pflichten und Spielregeln verlangten, daß er weiterhüpfen mußte, bis er am unteren Ende des Saals angekommen war." (Ott, S.389)
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Endlich wird die Geschichte zu Osbornes Hochzeit erklärt und auch die Figur des Osborne wird näher beleuchtet. Darauf hatte ich schon eine ganze Weile gewartet „Für einen ordentlichen Beruf war er so geeignet wie ein Rasiermesser zum Holzhacken.“ Offenbar ist Osborne generell ungeeignet, Geld zu verdienen, wie mit den Gedichten deutlich wird.
Mir fiel dabei eine Reportage über die verstorbene Lady Diana ein, in der es hieß, dass es noch in den 80er-Jahren in der englischen Oberschicht völlig normal war, Töchter auf teure Schulen zu schicken, sie allerdings keiner beruflichen Ausbildung auszusetzen. Das wurde selbst vor so relativ kurzer Zeit noch als vollkommen überflüssig angesehen. Irgendwie fiel mir diese Szene wieder ein, als ich den Abschnitt las – Osbornes Situation als Erstgeborener scheint mir sehr vergleichbar. Allerdings frage ich mich auch, was in seinem Kopf vorgeht und nicht im Buch steht. Dass er sich mit einer französischen Ehefrau niederen Standes in eine unmögliche Situation manövriert muss ihm doch klar gewesen sein?!
Mitleid habe ich mit Squire Hamley. Ich denke, er trauert tief um seine Frau, ihm fehlt der Ausgleich und im Moment wachsen ihm die Sorgen (Söhne und Finanzen) einfach über den Kopf. Daher sein seltsames Verhalten. Bleibt abzuwarten, ob er aus diesem seelischen Tief wieder herausfindet - ich wünsche es mir.
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Das Abendessen mit dem französischen Lied über französische Ehefrauen, die man(n) besser nicht heiraten sollte, hat mir in der Beschreibung unglaublich gut gefallen. Was für eine peinliche, zum Lesen witzige Situation
Noch immer lauere ich auf die Vorgeschichte um Mr. Preston, zu der in diesem Abschnitt immer noch keine Erklärung kam...
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Besonders gut hat mir Kap. 26 (Ein Wohltätigkeitsball) gefallen.
Anders als Jane Austen beschreibt Gaskell Begebenheiten, die offenbar in der Zeit, als ihr Roman erschien, bereits in Vergessenheit geraten waren. (Bsp. Eine Sänfte wird von Raum zu Raum getragen.) Der Auftritt der Herzogin ohne Diamanten weist besonders komische Elemente auf.
Mir hat das Abendessen noch einen kleinen Tick besser gefallen.
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Das Abendessen mit dem französischen Lied über französische Ehefrauen, die man(n) besser nicht heiraten sollte, hat mir in der Beschreibung unglaublich gut gefallen. Was für eine peinliche, zum Lesen witzige Situation
Könnte mir eine*r, des Französischen mächtigen, diese Liedzeilen übersetzen?
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In meiner Ausgabe steht eine Übersetzung in den Anmerkungen, falls Du diese Liedzeilen meinst:
"Dann tut's dir leid, Colin,
Dann tut's dir leid,
Denn nimmst du eine Frau, Colin,
Dann tut's dir leid."
:--)
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Gern geschehen
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So, bevor ich für die offizielle Leserunde unterbrechen muß, habe ich diesen Abschnitt erst noch fertig gelesen. Und so sehr ich mich auf den zweiten Greifenau-Band gefreut habe, würde ich jetzt eigentlich doch lieber hier weiter lesen. Aber es hilft halt nix...
Jetzt kommt also heraus, wen Osborne geheiratet hat. Kein Wunder, wenn er das verschweigt - mittellos, katholisch - und noch Französin! Na das gibt etwas, wenn sein Vater das erfährt, und irgendwann muß der es ja erfahren. Auch die Schulden Osbornes werden so verständlich - er hat einen Haushalt eingerichtet. Tja, mit Offenheit und Verständnis wäre manches einfacher gewesen.
Mrs. Gibson versucht derweil, Cynthia mit Osborne zu verkuppeln. Fast (aber nur fast!) tut sie mir etwas leid, weil ich als Leser ja ob der Unmöglichkeit ihrer Absichten weiß!
Apropos Mrs. Gibson. Auf Schloß Cumnor erlebt sie ja auch eine herbe Abfuhr; was hat sie eigentlich erwartet? Nichtsdestotrotz sind ihre Erzählungen von dem Besuch dort um so prachtvoller.
Roger wird weiterhin falsch eingeschätzt, und zu allem Überfluß scheint der sich in Cynthia zu verlieben. Zumindest glaubt er das. Die jedoch scheint mir dem nicht zu gewogen gegenüber zu stehen.
Mr. Gibson wiederum ist weiterhin groß darin, die Augen vor allem, was ihm nicht paßt, zu verschließen und sich alles so zurechtzulegen, daß es keine Umstände macht oder er nicht nachdenken muß. Immerhin scheint ihm zu dämmern, daß die Heirat möglicherweise doch ein Fehler gewesen sein könnte. (S. 421)
Zu Molly, siehe auch vorigen Abschnitt:
Jetzt kommen eindeutige Hinweise, daß sie nicht nur „edel, fromm und gut“ ist:
S. 411 heißt es: „Als Kind war sie oft als unartig und jähzornig gescholten worden, und nun entdeckte sie, daß sie tatsächlich ein heftiges Temperament besaß.“
Oder S, 417: „(...) fügte Molly hinzu, vor Wut kochend.“
Und Eifersucht kann man auch bei ihr feststellen, obwohl ihr selbst die (noch?) nicht bewußt ist.
Ein Rätsel bleibt mir weiterhin Mr. Preston. Ich habe den Eindruck, daß er gegenüber Cynthia ein Druckmittel (Erpressung?) in der Hand hat. S. 432, als sie erwägt als Gouvernante zu gehen, heißt es bei Cynthia, daß sie anscheinend bei irgendjemandem Schulden hat. Ob das Mr. Preston ist? Oder ist das im übertragenen Sinne gemeint, daß sie jemandem etwas heimzahlen will, das ihr angetan wurde?
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Anders als Jane Austen beschreibt Gaskell Begebenheiten, die offenbar in der Zeit, als ihr Roman erschien, bereits in Vergessenheit geraten waren. (Bsp. Eine Sänfte wird von Raum zu Raum getragen.) Der Auftritt der Herzogin ohne Diamanten weist besonders komische Elemente auf.
Ja, solche Vergleiche drängen sich unwillkürlich auf. Es wird auch immer wieder deutlich, daß Elizabeth Gaskell zu einer ganz anderen Zeit als Jane Austen geschrieben hat, selbst wenn das beschriebene Ereignis "nur" rund dreißig Jahre nach SuV angesiedelt ist.
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Was ich wirklich bemerkenswert finde, ist, dass Gaskell hier über ihre eigene Jugendzeit schreibt und dennoch die Erklärungen für notwendig hält. (Bedenkt, sie wurde nur 55 Jahre alt!) So groß waren die Umbrüche in jenen Jahren!
Was früher die Eisenbahn an Veränderungen mit sich brachte, ist vielleicht mit Handy und Internet heute vergleichbar.
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In der WELT am Sonntag vom 10. Februar 2019 war ein Artikel mit der (sinngemäßen) Überschrift "Wie habe ich nur meine Kindheit überlebt". Der Autor war nur wenig älter als ich und beschrieb eine Kindheit, die mir sehr vertraut vorkam. Wenn ich heute meiner Tochter aus meiner Kinderzeit erzähle, sind die Unterschiede ähnlich groß wie hier im Buch, was Brigitte schon mir ihrem Hinweis auf Handy und Internet angedeutet hat. Das gab es damals noch nicht. Und vieles andere, was heute selbstverständlich ist, auch nicht.
Ging es eigentlich je einer Generation anders?
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Fortschritt gab es immer schon, nur die konservativen Geister haben immer den "guten alten Zeiten" nachgetrauert.
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Fortschritt gab es immer schon, nur die konservativen Geister haben immer den "guten alten Zeiten" nachgetrauert.
Dazu fällt mir ein Spruch meiner längst verstorbenen Oma ein: "Wenn dir Leute etwas von der guten alten Zeit erzählen, haben die wohl vergessen, wie schön es ist, warmes Wasser aus einem Wasserhahn in der Wohnung zu bekommen."
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Ob es je eine gute alte Zeit gab, sei mal dahingestellt. Ich bin selbst so ein "konservativer Geist" (in manchem sogar ein Dino), lehne deshalb aber Fortschritt nicht grundsätzlich ab. Nur sollte er dem Menschen dienen - und nicht umgekehrt.
Brigitte sprach - für die damalige Zeit - zu Recht die Eisenbahn an. 1832 war die, soweit es sie schon gab (in England, in Deutschland noch nicht) noch eher gemächlich unterwegs - aus unserer heutigen Sicht! Aber Jahre später reiste der Mensch mit der Eisenbahn erstmals überhaupt schneller, als er mit einem Pferd reiten konnte. Der Telegraf übermittelte Nachrichten erstmals in der Geschichte schneller, als ein Pferd rennen konnte. Was das heißt, können wir uns heute vermutlich überhaupt nicht so richtig vorstellen.
Die großen Umbrüche, von denen Brigitte schrieb, sind mir schon vielen (historischen) Romanen aufgefallen; sie werden immer hektischer und heftiger. Weswegen es eigentlich nicht sonderlich verwunderlich ist, wenn die Welt - der Mensch - immer verrückter wird. Wie soll man damit klar kommen, wenn - überspitzt ausgedrückt - die Biologie noch auf dem Stand der Steinzeit ist?
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Ob es je eine gute alte Zeit gab, sei mal dahingestellt. Ich bin selbst so ein "konservativer Geist" (in manchem sogar ein Dino), lehne deshalb aber Fortschritt nicht grundsätzlich ab. Nur sollte er dem Menschen dienen - und nicht umgekehrt.
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Die großen Umbrüche, von denen Brigitte schrieb, sind mir schon vielen (historischen) Romanen aufgefallen; sie werden immer hektischer und heftiger. Weswegen es eigentlich nicht sonderlich verwunderlich ist, wenn die Welt - der Mensch - immer verrückter wird. Wie soll man damit klar kommen, wenn - überspitzt ausgedrückt - die Biologie noch auf dem Stand der Steinzeit ist?
Eben indem man den Fortschritt dazu nutzt, der Biologie der Menschen genehm zu werden. Also nicht der Mensch soll sich an die Technik anpassen, sondern die Technik soll den Bedürfnissen der Menschen nutzen - idealerweise.