'Der Meister und Margarita' - Seiten 001 - 091

  • So, da bin ich auch am Ende des Abschnitts angekommen.

    Erst mal ein paar allgemeine Anmerkungen. Für mich war es gut, mal den Wiki Artikel über die Sowjetunion der 20er und 30er Jahre zu lesen. In welcher Atmosphäre der Roman so spielt.

    Viele Dinge weiß ich aus anderen Quellen selbst. Mit wie viel Idealismus viele Menschen nach Moskau gereist sind, um bei der Gründung einer phantastischen neuen Gesellschaft zu helfen.

    Wie gründlich das schief gehen würde, konnte damals keiner von ihnen wissen.


    Dann bin ich wirklich glücklich über die Anmerkungen, die mir den Zugang zu vielen Dingen, Namen usw erleichtern. Ich werde das, was mir besonders geholfen hat, aufführen.


    Zudem merke ich, dass ich das Buch wirklich sehr langsam lesen muss. Es ist so voller Ironie und Anspielungen auf alles mögliche, da komme ich sowieso nicht auf alles.

    Aber vielleicht können wir gemeinsam ein bisschen was zusammentragen.


    Zunächst einige Anmerkungen - wirklich nur einige :)


    Besdomny - heißt wörtlich ohne Heim, der Obdachlose. Es war zu dieser Zeit in Künstlerkreisen üblich, sich proletarisch erscheinende Künstlernamen zuzulegen. Verwiesen wird auf einige Künstler: Demjan Bedny - der Arme, Michail Golodny - der Hungrige.


    Viele Anmerkungen zu den auf S. 12 aufgeführten Historikern und Göttern, interessant fand ich Tammuz, Gott in der sumerischen, assyrischen und phönizischen Mythologie. Verkörpert Tod und Wiederauferstehung. Wurde von den Griechen als Adonis übernommen.


    Ob ich von selbst draufgekommen wäre? Der Spazierstock mit der Pudelschnauze? Natürlich Mephisto und des Pudels Kern.


    S. 23 - W - Teufelsname Woland. Stammt vom mittelhochdeutschen vâland.


    S. 24 Grimoire - Ein Manuskript mit magischen Formeln und Beschwörungen


    S. 36 - Dysmas und Gestas - die Verurteilten nach dem apokryphen Nikodemus Evangelium. (apokryph - nicht im biblischen Kanon aufgenommene Schriften)

    Bar-Rabban - ist Barabbas


    S. 37 Idistaviso ein Ort vermutlich am Ostufer der Weser, wo der römische General Nero Claudius Germanicus die Cherusker unter Arminius zurückschlugen.


    S 38 bei dem kahlen Kpf und der goldenen Krone und der Stirn mitsamt Geschwür handelt es sich um den Kopf des Kaisers Tiberius.


    S. 43 Bulgakow verwendet absichtlich nicht den Namen Golgatha, sondern einen aus der russischen Folklore bekannten"Kahlen Berg": lysaja gora, einen Hexentreffpunkt.



    Eigentlich könnte ich ewig weitermachen, so interessant sind viele Anmerkungen. Aber vielleicht ist es besser, ihr fragt, wenn ihr was konkretes wissen wollt.


    Interessant fand ich noch, dass Bulgakow im Restaurant, das man ja durchaus als Schilderung der Hölle verstehen kann, Personen einführt, die orthodoxe Heilige sind. Johann von der Insel Kronstadt zum Beispiel.



    Mich hat die Schilderung von Pontius Pilatus an Saramagos: Evangelium nach Jesus Christus erinnert. Ähnlich sperrig wie unser Buch.



    Die Szenen im Restaurant sind teilweise ja auch unglaublich - gerade wenn man daran denkt, wie arm die meisten russischen Schriftsteller tatsächlich waren.

    Insgesamt quillt das ganze Werk nur so über von wahnsinnigen Szenen, das ich nur ganz langsam vorankomme und es wird eine Weile dauern, bis ich fertig bin.

    Gut, dass ich gerade Zeit habe.

  • Den Abschnitt habe ich also gelesen. Zwar weiß ich immer noch nicht so recht, wohin das Buch eigentlich will, und es ist sicherlich völlig anders, als ich erwartet haben, nichtsdestotrotz gefällt es mir. Angefangen vom Schreibstil Bulgakows bis hin zu der doch etwas schrägen Handlung.


    Gestutzt habe ich gleich auf S. 10, als es hieß, daß sich bei Flavius Josephus kein Hinweis auf Jesus fände. Nach allem, was mir bisher begegnet ist, ist er einer der wenigen nichtchristlichen Autoren, die Jesus überhaupt nur erwähnen. Ob die Stelle bei Tacitus umstritten ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.


    S. 15 mußte ich grinsen ob der Bemerkung des Unbekannten, der Mensch sei nicht mal in der Lage, für eine so unbedeutende Frist wie tausend Jahre zu planen. Geht ja nicht mal für die nächsten paar Jahre über die Wahlperiode hinaus.


    Die Nacherzählung von Jesu Passion ist schon ... speziell. Angefangen bei dem angegebenen Alter von etwa 27 Jahren (S. 23).


    Ganz abstrus wird es allerdings auf Seite 48 (Richtung Ende Pilatus-Kapitel), wenn vom „Osterfest“ die Rede ist. Das gab es damals noch nicht. Aus Anlaß des von den Juden gefeierten Passah-Festes wurde ein Gefangener freigelassen. Und ich meine mich zu entsinnen, daß dieser Brauch unter Historikern umstritten ist (ohne Gewähr).


    Makaber, wie im nächsten Kapitel Berlioz zu Tode kommt.


    Sein Kollege aus dem ersten Kapitel landet dann darob prompt im Irrenhaus. Ob das auch zu den wie auch immer gearteten Plänen des Unbekannten gehört?



    Rumpelstilzchen

    Danke für die wiedergegebenen Anmerkungen, und danke für Deine verlinkte Ausgabe. Ich werde mir die wohl doch zulegen müssen. Die war mir bei der Suche nach dem geeigneten Exemplar für die Leserunde zwar begegnet, doch mich hat das „Neuübersetzung“ abgeschreckt. Den bisher hat mir noch keine Neuübersetzung eines alten Werkes gefallen, weder Dostojewski noch Lagerlöf noch Tolkien. Seither mache ich um Neuübersetzungen in der Regel einen ziemlich großen Bogen. Aber die Anmerkungen scheinen es wert zu sein.


    Jedenfalls stelle ich fest, viele (oder die meisten?) Anspielungen überhaupt nicht zu bemerken. Das verlangt ja geradezu nach einem späteren zweiten Lesedurchgang...

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Huch, kaum ist man mal zwei Tage nicht online... :wow Hier steppt ja schon voll der Bär. ^^


    Gibt es mehr Namen von Figuren, die etwas bedeuten?

    Besdomny (der Lyriker) hieße übersetzt so viel wie "Ohne Zuhause" , also "Wohnungslos", oder? So etwas finde ich ja interessant.


    Nicht, dass ich mich (außer bei Besdomny) daran erinnern würde. Ich achte mal darauf, ob mir noch etwas Interessantes auffällt. Keine Garantie. ^^

    Margarita heißt natürlich so, weil es eine Faust-Adaption ist.


    Jetzt lese ich erstmal weiter in Ruhe eure vielen Beiträge! :wave

  • Deutlich mehr Probleme habe ich, wenn die Namen nicht passen. Wie etwa "Pierre" bei Tolstoi. Aber solches kam hier noch nicht vor.


    Sorry fürs kleine Offtopic: Was stört dich an "Pierre"? Dass der Name französisch ist? Meines Wissens galt es damals als très chic, Namen in die französische oder pseudofranzösische Form zu bringen. Oder findest du, die Figur ist einfach kein Pierre / Peter / Pjotr?

  • Gestutzt habe ich gleich auf S. 10, als es hieß, daß sich bei Flavius Josephus kein Hinweis auf Jesus fände. Nach allem, was mir bisher begegnet ist, ist er einer der wenigennichtchristlichen Autoren, die Jesus überhaupt nur erwähnen.

    Bitte die Argumentation der werten Herren Genossen nicht immer für bare Münze nehmen! :grin

    Jesus wird bei Flavius Josephus erwähnt, aber es ist in der Tat umstritten, ob diese Passagen authentisch sind.

  • Ich habe bisher die ersten fünf Kapitel gelesen, bin also fast mit dem ersten Leseabschnitt durch, und mir macht das Buch ausgesprochen viel Freude. Ich muss ständig vor mich hin grinsen. Diese absurde Handlung, die Ironie, die skurrilen Dialoge - ich liebe dieses Buch auch nach 20 Jahren wieder! :heisseliebe


    Wenn euch der Stil und v.a. die Art des Humors gefallen, solltet ihr übrigens unbedingt das Romanchen "Der aufblasbare Engel" von Zaza Burchuladze lesen. Das knüpft auch inhaltlich stark an Faust I und II sowie an den "Meister und Margarita" an.

  • Da kannst du Recht haben, mir macht das auch nicht so viel, weil ich mir, bin ich ehrlich, meist nur eine Komponente des Namens merke, entweder den Vor-, den Kose- oder den Nachnamen.

    Das verstehe ich nicht so ganz. Wenn ich mir nur einen Teil des Namens merke, und die Person dann aber mit den anderen Teil ihres Namens angesprochen wird, dann weiß ich ja wieder nicht, wer gemeint ist?:gruebel


    In meiner Fassung ist vom Pessach Fest, nicht von Ostern die Rede.

    Bei mir heißt es auch Pessach Fest.

    Und der Typ heißt bei mir auch Marcus Rattenschreck:lache


    Zudem merke ich, dass ich das Buch wirklich sehr langsam lesen muss. Es ist so voller Ironie und Anspielungen auf alles mögliche, da komme ich sowieso nicht auf alles.

    Ja ich habe auch das Gefühl, ich sollte das Buch langsamer und genauer lesen. Ich denke , ich verstehe sowieso nur einen ganz kleinen Bruchteil der Anspielungen. Aber mir gefällt das Buch so gut, dass ich beim Lesen in einen regelrechten Rausch komme und das Buch nur so verschlinge. Ich kann mich da kaum bremsen.

  • Rattenschlächter ist auch nicht schlecht.

    Bei mir heißt er auch Rattenschlächter.


    Aber "Rattenschreck" ist näher am Original. Ich habe mir gerade die (leider gekürzte) russische Version aus der Onleihe heruntergeladen und mal nachgesehen, wie der sympathische Schmusekater dort heißt.

    Du kannst fließend Russisch.

    Hatte ich doch richtig in Erinnerung.


    Ja ich habe auch das Gefühl, ich sollte das Buch langsamer und genauer lesen. Ich denke , ich verstehe sowieso nur einen ganz kleinen Bruchteil der Anspielungen. Aber mir gefällt das Buch so gut, dass ich beim Lesen in einen regelrechten Rausch komme und das Buch nur so verschlinge. Ich kann mich da kaum bremsen.

    Geht mir auch so, kann mich nicht bremsen. Dafür blättere ich ab und an mal zurück und schaue nach.

  • Nadezhda : Danke für Deinen Tipp mit "Der aufblasbare Engel" Das Buch habe ich mir gleich mal notiert.

    Hast Du oder einer der anderen Mitleser noch weiter Bücher von Bulgakow gelesen? Sind die im ähnlichen Stil geschrieben? Ich glaube ich möchte noch mehr von dem Autor entdecken.:)

  • Erstmal danke, Rumpi, für die Anmerkungen. Das ist wirklich interessant.

    Wobei ich das Buch auch genieße, wenn ich nicht alles bis ins Letzte herauslesen kann.

    Die Szenen im Restaurant sind teilweise ja auch unglaublich - gerade wenn man daran denkt, wie arm die meisten russischen Schriftsteller tatsächlich waren.

    Insgesamt quillt das ganze Werk nur so über von wahnsinnigen Szenen, das ich nur ganz langsam vorankomme und es wird eine Weile dauern, bis ich fertig bin.

    Gut, dass ich gerade Zeit habe.

    Wahnsinn trifft es. Ich habe in den späteren Abschnitten etwas dazu geschrieben. Es kommt nämlich noch verrückter...


    Ich freue mich in jedem Fall, dass wir doch ein paar sind, die das Buch mögen oder gar begeistert sind. Ich freue mich sehr über den Austausch mit euch. Solche Leserunden mag ich!:)

  • Rouge Ich habe noch zwei Bände mit Stücken von Bulgakow, einige davon vor 20 Jahren gelesen. Ja, abgesehen davon, dass Dramen natürlich immer anders zu lesen sind als Romane, ist es von der Art des Humors her schon ähnlich. Habe ja vor der Leserunde noch eins begonnen ("Adam und Eva") und mich bald scheckig gelacht. Ich möchte nach dem "Meister und Margarita" auch unbedingt mehr von Bulgakow lesen! :wave