'Der Meister und Margarita' - Seiten 269 - 341

  • Jetzt wird es wirklich mystisch.


    Ich mochte Margaritas Auserwählung auf der Parkbank und ihre Wandlung, ihren Flug. Margarita ist so menschlich, trotz ihres gut situierten Lebens das gute Mädchen aus dem Volk, nicht korrumpiert und mit dem Herz am rechten Fleck. Ihre Liebe zum Meister ist groß, geht über alle Widernisse hinaus, auch ungeachtet dessen Wahnsinn und Verfall. Alles, was sie will, ist ihn wiedersehen, dafür geht sie auch den Pakt mit dem unbekannten Ausländer ein, von dem sie schnell begreift, spätestens als sie ihn mit seinen Dienern auf dem Bett im Nachthemd vorfindet, wer er wirklich ist.

    Margaritas Flug ist eine Abrechnung mit allen Widersachern des Meisters für sie. Auch hier geht es ihr nur um ihn, nicht um eigene Belange.

    Die Ballszene fand ich schaurig. Tote werden zu Ballbesuchernund küssen ihr das Knie wund, na wenn das nicht schaurig ist.

    Den Meister hat sie nicht gesehen. Ich will nicht spoilern...

    Hoffentlich hat der Satan sie nicht betrogen...

  • In dem Abschnitt gleich zu Beginn ist mir zweimal der Begriff "Primuskocher" aufgefallen. Das musste ich erst mal googeln und war ganz erstaunt, dass es eigentlich so ein tragbarer Kocher fürs Camping ist. Wurde der damals in Moskau statt einer normalen Herdplatte verwendet oder wie muss ich mir das vorstellen?


    Ja und dann wird es wirklich sehr mystisch und phantastisch in diesem Abschnitt. Die Frauen werden durch die Creme zu Hexen und fliegen in die Walpurgisnacht. Ich habe mir da gestern noch mal meinen Faust rausgesucht und die Walpurgisnacht nachgelesen. Da gibt es schon viele Anspielungen, zum Beispiel das Natascha auf einem Eber reitet, dass kommt bei Faust auch vor.

    Die Ballszene fand ich schaurig. Tote werden zu Ballbesuchernund küssen ihr das Knie wund, na wenn das nicht schaurig ist.

    Ja der Ball war für mich auch mehr als gruselig. Mit den ganzen Typen, die von den Toten auferstehen und Margarita huldigen. Da bin ich froh, nicht dabei gewesen zu sein.:grin

  • Einen Primus-Kocher habe ich auch noch auf dem Dachboden, hat uns in unseren Zelturlauben gute Dienste geleistet. Wir waren mit dem Kochen immer schneller fertig als andere mit ihren Gaskartuschen-Kochern:)

    Der machte ganz schön Hitze, und schnell! Ich hatte immer ein bisschen Angst, dass er uns um die Ohren fliegt:wow

  • Der Hexen-Abschnitt hat mir gefallen. Margarit reitet auf dem Schrubber und Natascha auf dem verwandelten Mitbewohner-Mastschwein. Eine unglaubliche Creme.

    Würdet ihr sie wohl benutzen? Ich fand sie sehr mutig.

    Mir ist eingefallen, dass Margarita praktisch die einzige war - neben dem Meister natürlich - die sofort an den Satan gedacht hat und an seine Existenz glaubt.


    Der Ball hat mich an den Vampir Ball bei Dracula erinnert, war aber noch um einiges gruseliger.

  • Würdet ihr sie wohl benutzen? Ich fand sie sehr mutig.

    Ja gute Frage. :)Ich glaube ich würde es schon mal gerne ausprobieren, wie es so ist, auf einem Besen durch die Luft zu reiten. Aber Margarita ist definitiv mutig, da hast Du schon recht. Sie weiß ja gar nicht was mit ihr passiert und was sie erwartet.

  • Eine unglaubliche Creme.

    Würdet ihr sie wohl benutzen?

    Definitiv nicht!:grin


    Mir ist eingefallen, dass Margarita praktisch die einzige war - neben dem Meister natürlich - die sofort an den Satan gedacht hat und an seine Existenz glaubt.

    Das stimmt, sie erkennen es: die Reine, Aufrechte und der Verrückte, Desillusionierte.

  • Aber Margarita ist definitiv mutig, da hast Du schon recht. Sie weiß ja gar nicht was mit ihr passiert und was sie erwartet.

    Es ist der Mut der Verzweiflung. Alles, was sie will, ist der Meister, und das ist der einzige Weg, der sich ihr eröffnet, um ihn wiederzusehen und mit ihm zusammen zu sein.

  • Das war ja nun ein einziger Hexen-Höllen-Ritt! Wie ich das verstehen soll, weiß der Teufel Geier. ;-)


    Jedenfalls erstaunlich, wie schnell sich Margarita auf alles einläßt. Der „Ball“ dann ist schon ziemlich unheimlich, es wundert mich, daß sie das so einfach hinnimmt und sich gar nicht fürchtet, ekelt oder so. Was das Ganze soll, erschließt sich mir auch nicht so recht. Ein Ball in der Hölle?


    Wie auch immer, bei so vielen in diesem Buch: ich stehe da (bzw. lese) staunend mit weit aufgerissenen Augen und Ohren und versuche, das einen tieferen Sinn hineinzubekommen. Was mir heutigem „Wessi“ möglicherweise nicht gelingen wird. Es ist für mich eine Art phantastische Reise in „Lesegewässer“, die ich noch nie aufgesucht habe. Einmal solches zu lesen ist sicherlich interessant und lehrreich, aber auf Dauer ist das nichts für mich.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Jedenfalls erstaunlich, wie schnell sich Margarita auf alles einläßt. Der „Ball“ dann ist schon ziemlich unheimlich, es wundert mich, daß sie das so einfach hinnimmt und sich gar nicht fürchtet, ekelt oder so. Was das Ganze soll, erschließt sich mir auch nicht so recht. Ein Ball in der Hölle?

    Für mich ist Margarita die Reine, die einfache Frau aus dem Volk, auch wenn sie eher gut situiert lebt. Sie hat sich nicht korrumpieren lassen und ist ausschließlich auf ihren Liebsten, den Meister und dessen Fehlen in ihrem Leben, fokussiert. So kann und will sie sich auf alles einlassen, weil ihr Hilfe versprochen wird.

    Nicht zu vernachlässigen ist sicher auch der Charme und das Charisma des Satan. Kommen ihr Zweifel oder Aufregung, so reicht ein Wort oder Blick von ihm und sie beruhigt sich sofort wieder.

    So in der Art.


    Wie auch immer, bei so vielen in diesem Buch: ich stehe da (bzw. lese) staunend mit weit aufgerissenen Augen und Ohren und versuche, das einen tieferen Sinn hineinzubekommen.

    Muss man den immer verstehen? Ich muss es nicht, nicht mehr. Den Lesegenuss hat mir das nicht gemindert.

    aber auf Dauer ist das nichts für mich.

    Das sehe ich genauso!

  • Nein, man muss sicher nicht alles verstehen. Man kann sich auch an den Bildern, den turbulenten Szenen und der Sprache erfreuen und muss nicht mit der Lupe nach einem Sinn suchen.

    Das macht ja gerade den Sinn von Lesen und auch von Leserunden aus, dass jede und jeder von uns es anders liest.


    Mich springen nur an manchen Ecken die Fragen an und plagen mich. Mich beunruhigt diese Macht des Bösen, gegen die es keinen Widerstand gibt. Auch nicht von den Menschen mit der besten Gesinnung.

    Es bleibt nichts anderes übrig, als sich auf alles einzulassen. So ist jedenfalls mein Eindruck.

    Und damit komme ich gerade gar nicht klar.

  • Mich beunruhigt diese Macht des Bösen, gegen die es keinen Widerstand gibt. Auch nicht von den Menschen mit der besten Gesinnung.

    Es bleibt nichts anderes übrig, als sich auf alles einzulassen.

    Na ja, aber das paßt doch ziemlich auch auf unsere Zeit. Für Satan wäre das eine zutreffende Beschreibung. Sich dagegen zu wehren ist schwierig und dürfte nur den wenigsten gelingen. Und je gottloser die Welt wird, um so leichteres Spiel für den Teufel...

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SciCollier - das ist ja gerade die Frage, die ich mir stelle. Kann es Satan ohne Gott überhaupt geben. Umgekehrt gilt eigentlich dasselbe.

    Gibt es ein Gut ohne ein Böse? Böse ohne Gut?

    Welchen Sinn macht der Versuch, gut, menschlich, freundlich zu sein, wenn das Böse übermächtig ist?


    Clare, es ist ja eine ganz allgemeine Frage, die Bulgakow da aufwirft. Die treibt mich in letzter Zeit sowieso sehr um und ich glaube, dass ich das Buch auch deshalb so lese, wie ich es tue. Deshalb geht es mir auch nah.

  • Diese Ballszene ist ja wirklich widerwärtig. :uebel

    Und die Damen laufen nackt herum, während die Herren Frack tragen, soso. :rolleyes


    Ich frage mich, warum Margarita in dieser Szene "Königin Margot" genannt wird. Mir war diese Dame bisher nur aus dem Roman von Alexandre Dumas bekannt, den ich vor drölfzig Jahren mal gelesen und wieder vergessen habe. Heute habe ich mir den Wiki-Artikel über Marguerite de Valois zu Gemüte geführt - eine erstaunliche Person! Allerdings ist mir nicht ganz klar, auf welche Parallelen zu ihr Bulgakow nun anspielen möchte. Ich spitze mal in die Anmerkungen von Herrn Nitzberg, vielleicht finde ich dort Hilfe und Anleitung.

  • Nadezhda, das ist ein Paradies, das für mich außerhalb meiner Vorstellungskraft ist.

    Das Problem geht ja schon da los, wo jemand etwas tut, das sich nachträglich als böse herausstellt, ohne dass die oder derjenige das so vorgehabt hätte.

    Ist das Böse weniger böse, wenn jemand sagt: das wollte ich doch gar nicht?


    Dann muss ich noch ein wenig Hannah Arendt lesen und hoffe, ich kann folgen.

  • Dann muss ich noch ein wenig Hannah Arendt lesen und hoffe, ich kann folgen.


    Nach Auschwitz musste eh die ganze Philosophie und v.a. Theodizee neu gedacht werden und viele Fragen bleiben offen... Ich kann da auch oft nicht mehr folgen, denke aber, dass man es als gläubiger Mensch (dazu zähle ich mich) grundsätzlich mit der Bergpredigt und v.a. mit der Goldenen Regel halten kann, auch wenn (oder gerade weil?) ihr Verkünder am Ende gekreuzigt wurde. Das Leben bleibt aus christlicher Sicht eben Stückwerk.


    Ich finde es so faszinierend, dass Bulgakow diese Fragen überhaupt so massiv aufwirft und so den sozialistischen Menschen dazu bringt, an eine Dimension über das Hiesige hinaus auch nur zu denken. Wie man am Ende dann was deutet, ist hier aus meiner Sicht gar nicht so relevant - als DDR-Kind weiß ich, dass schon allein die Thematik aufrührerisch war und es nicht geduldet werden konnte, dass die Menschen sich über religiöses Zeugs / fundamentale Lebensfragen jenseits der sozialistischen Doktrin überhaupt Gedanken machen. Und man tut es, nicht wahr? :grin

  • Das Problem geht ja schon da los, wo jemand etwas tut, das sich nachträglich als böse herausstellt, ohne dass die oder derjenige das so vorgehabt hätte.


    Ich würde hier zwischen "böse" und "schlecht" differenzieren.

    "Böse" ist es m.E., wenn etwas nur aus Egoismus, Machtgier, Eitelkeit oder ähnlichen Motiven heraus getan wurde. Dann kann das Ergebnis auch nie wirklich "gut" sein, es bleibt ein Beigeschmack.

    "Schlecht" kann dabei herauskommen, wenn man die Folgen seines wohlmeinenden Handelns nicht überblicken konnte. Das ist für mich eine andere Kategorie.