Final Girls. Thriller - Riley Sager

  • Riley Sager: Final Girls. Thriller, OT: Final Girls, Deutsch von Christine Blum, München 2018, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-21730-9, Softcover, 414 Seiten, Format: 12,2 x 3,2 x 19,3 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 8,99, auch als Hörbuch lieferbar.


    Die Aufmachung ist interessant. Ein Buch wie ein Brikett: schwarzgrundiges Cover, schwarz eingefärbter Buchschnitt – und dann ein blutroter Vorsatz.


    „Final Girl, so nennt man im Filmjargon die Mädchen, die in Horrorfilmen am Ende noch leben. (...) Schon vor Pine Cottage waren Horrorfilme nicht mein Ding, mit all dem Kunstblut, den Gummimessern und Protagonisten, die sich so dumm anstellen, dass ich immer fand, wenn auch mit schlechtem Gewissen, sie hätten ihr Schicksal verdient.“ (Seite 22)


    Ein wenig scheint der Autor in seinem Buch auch mit den Filmklischees zu spielen, denn das, was seine „Final Girls“ hier veranstalten, ist nicht immer mit dem gesunden Menschenverstand vereinbar. Doch der Reihe nach:


    Die einzige Überlebende eines Massakers

    Lisa Milner, Samantha Boyd und Quincy Carpenter sind keine Filmheldinnen. Es sind ganz normale Frauen, die zu verschiedenen Zeiten in verschiedenen US-Bundesstaaten als einzige ein Massaker überlebt haben. Die Medien waren es, die ihnen den griffigen Beinamen „Final Girls“ gegeben haben.

    • Kinderpsychologin Lisa hat vor 22 Jahren den Überfall auf ihr Studentinnenwohnheim in Indiana mit schweren Verletzungen überlebt.
    • Vor 14 Jahren überstand nur die Reinigungskraft Samantha ein Blutbad an ihrem Arbeitsplatz, einem Motel in Florida
    • Vor 10 Jahren wurden Quincys Studentenfreunde auf einer Geburtstagsfeier in einer einsamen Waldhütte abgeschlachtet – nur sie ist davongekommen.


    Allerdings kann Quincy sich an die Ereignisse nur bruchstückhaft erinnern. „Dissoziative Amnesie“ lautet die Diagnose. Was in der Hütte abgelaufen ist, weiß sie nicht mehr. Ihre Erinnerung setzt erst wieder ein, als sie ihrem Retter, dem Polizisten Franklin Cooper, in die Arme fällt. Zu Cooper hat sie heute noch Kontakt, zu den anderen beiden Final Girls zumindest über Internet und Telefon. Zu ihrer Familie so gut wie gar nicht


    10 Jahre später: ein Leben in Normalität?

    Quincy lebt mit ihrem Freund Jeff, einem Rechtsanwalt, in New York und verdient ihr Geld als Foodbloggerin. Die scheinbare Normalität ihres Lebens ist jedoch nur vorgetäuscht. Quincy konsumiert Psychopharmaka wie andere Leute Bonbons und auch ihr Alkoholkonsum ist bedenklich. Vollends aus dem Gleichgewicht gerät ihr Leben, als Lisa Milner unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt. Kurz vor ihrem Tod hat sie noch vergeblich versucht, mit Quincy Kontakt aufzunehmen. Was hat sie ihr Dringendes sagen wollen?


    Und dann steht auf einmal das dritte Final Girl vor Quincys Tür: Samantha Boyd, die jahrelang untergetaucht war, will jetzt auf einmal über Lisa und über Quincys Erlebnisse damals im Pine Cottage reden.



    Während mit vielen Wiederholungen erzählt wird, wie Quincy heute mit den Folgen der damaligen traumatischen Ereignisse zurechtkommt, gibt’s immer wieder kurze Rückblenden auf das mörderische Wochenende im Pine Cottage. Wesentlich schlauer macht uns das aber nicht, denn Quincy kann sich, wie gesagt, an die Tat und den Täter nicht erinnern. Daran haben in der Vergangenheit weder grobe Polizeiverhöre noch verschiedene Therapieansätze etwas ändern können.


    Hochdramatischer Showdown

    Erst bei einem hochdramatischen und ziemlich blutigen Showdown begreift Quincy, was damals geschehen sein muss. Die Erkenntnis ist schockierend, und das Final Girl vom Pine Cottage wird hoffentlich noch die Chance bekommen, der Welt die Wahrheit mitzuteilen ...


    Zugegeben: Thriller sind nicht so ganz mein Genre. Da ist gern alles so überlebensgroß und meilenweit von der Realität entfernt. Da hat’s plakative Figuren und praktische Zufälle – es ist wie amerikanisches Fernsehen in Buchform. Ich hatte mich von der Inhaltsangabe und dem Werbedruck zum Lesen verleiten lassen und war nicht besonders begeistert.


    Ach, der war’s?

    Die ersten drei Viertel der Geschichte ziehen sich. Erst auf den letzten 40 Seiten oder so nehmen Tempo und Spannung zu. Der Schluss hat mich leider nicht restlos überzeugt. Da kam plötzlich aus dramaturgischen Gründen ein Kracher aus dem Nirgendwo. Wenn der Autor an dieser Stelle einen anderen Täter aus dem Hut gezaubert hätte, hätten wir’s auch hinnehmen müssen. „Der?/Die? Ach was! Na gut, wenn er meint ...“


    Spannend? Ja. Plausibel? Leider nicht immer.


    Der Autor

    Riley Sager ist ein Pseudonym (von Todd Ritter, Jahrgang 1974, soweit ich weiß). Der Autor, in Pennsylvania geboren, ist Schriftsteller, Zeitungsredakteur und Grafikdesigner und lebt in Princeton, New Jersey. Dies ist sein erster Thriller.


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    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Dieses Buch hat alles, was ein guter Thriller braucht. Eine grausige Mordgeschichte, nicht vertrauenswürdige Charaktere und eine gute Story. Aber irgendwie hat es mich nicht wirklich berührt. Dabei fing es gut an, aber im Laufe der Geschichte verlor ich das Interesse und wurde zunehmend genervter.


    Quincy ist ein Final Girl. Der Begriff ist aus dem Horror-Movie-Genre. Das Final Girl ist das, das bei einem Massaker übrig bleibt und evtl. den Mörder sogar ermordet. Vor 10 Jahren überlebte Quincy als einzige den Überfall eines irren Mörders auf die Hütte, die sie mit ihren Freunden gemietet hatte. Leider fehlt ihr jede Erinnerung an diese grauenvolle Stunde in der Hütte, die ihren 5 engsten Freunden das Leben kostete. Sie hat ihr Leben soweit im Griff, lebt in einer Beziehung und führt einen erfolgreichen Back-Blog. Außer ihr gibt es derzeit noch 2 weitere Final Girls. Eine davon ist Lisa. Sie wollte ihr einst dabei helfen, ihr Leben nicht als Opfer weiterzuleben. Leider trafen sie sich nie, aber sie hatten Kontakt über Mail und Telefon. Quincy ist erschüttert, als sie hört, dass Lisa Selbstmord begangen hat. Dann taucht das andere Final Girl auf. Samantha, die untergetaucht ist für einige Jahre, steht plötzlich vor ihrer Tür und erkundigt sich, wie es ihr geht. Von Schuldgefühlen wegen Lisa geplagt, lässt sie Sam ein paar Tage bei sich wohnen. Aber Sam stellt viele Fragen und hat sonderbare Tendenzen. Irgendwas stimmt mit ihr nicht und sie versucht, Quincy dazu zu bringen, sich zu erinnern, was damals in der Hütte geschah.


    Eigentlich stimmt hier alles. Es geht interessant los und mit Quincy und Sam sind gleich nicht sehr sympathische aber vielversprechende Charaktere am Start. Aber die Story entwickelt sich nach dem ersten Drittel nicht wirklich spannend weiter. Sie tritt sogar eine Weile auf der Stelle und es geht viel um die Medien, die sich mit diesen Taten beschäftigen, den Mädchen nachstellen. Auch verleitet Sam Quincy zu ein paar Dingen, die mir doch recht merkwürdig erschienen. Es werden verschiedene Fährten ausgelegt und man kann hin und her überlegen, was damals passiert ist und wer Schuld trug. Aber je weiter sich das ganze entwickelt, desto gewollt werden die Twists. Und diese Twists kommen nicht subtil sondern sie werden mit dem Hammer rausgehauen. Das hat etwas sehr gewolltes. Zudem war ich immer mehr von Quincy genervt. Trotz allem, was sie erlebt hat, konnte ich nicht mit ihr fühlen. Sie ist ein nerviger und anstrengender Charakter. Deswegen war es für mich schwer zu verstehen, das jede andere Figur im Buch sie so toll findet und alles für sie tun Wenn sie so toll ist, hätte ich als Leser das gerne auch gesehen. Ich empfand sie als weinerlich, gestört und anstrengend.


    Wie ich schon sagte, es würde mich nicht wundern, wenn dieses Buch ein großer Erfolg wird und bejubelt wird, denn alle Zutaten dafür sind da. Nur hat es leider für mich nicht so recht funktioniert.



    Ich habe die gleichnamige englische Originalversion gelesen.