Ulrike Renk - Jahre aus Seide

  • Im ersten Teil der Trilogie lernen wir die Familie Meyer kennen, eine jüdische Famliie, der es in den 20er Jahren sehr gut geht. Sie haben Personal, können sich ein Eigenheim bauen und haben zusätzlich noch Mieteinnahmen. Vor allem Ruth ist eine wunderbare Figur, ich habe sie sofort gemocht. Was für ein aufgewecktes Mädchen mit vielen Interessen. Da ging es mir besonders nahe, dass die Unbeschwertheit und das Glück ein Ende finden würden. Ich hatte oftmals einen Kloß im Hals, da mir diese Figuren so ans Herz gewachsen sind.


    Vielleicht ist es gerade die intensive Schilderung des Alltags, der Beschäftigungen, der Freundschaften und des Umgangs miteinander, dass mich so nah an die Personen hat rücken lassen.


    Das Buch wird besonders authentisch, da es nach Tagebüchern der echten Ruth Meyer geschrieben wurde. Durch Tagebucheinträge, Radioübertragungen und Zeitungsanzeigen bekommen wir eine Ahnung, wie schlimm die Machtergreifung der Nazis für diese liebenswerten Menschen gewesen sein muss und ich war dankbar für jeden Zeitgenossen, der nicht blind hinterhergelaufen ist, sondern den Wert des Menschen vor die Religion stellte. Auf der anderen Seite gibt es aber auch immer wieder heitere Momente, wie die Wochenenden im Ferienhaus am Rhein oder Ruths Ausflüge mit ihren Verwandten zu Oper oder Tanzabenden.


    Ein wirklich lesenswertes Buch, da es viel aus dem Alltag der wenig gläubigen Juden erzählt, wobei man ihnen sehr nahe kommt und es mich daher umso mehr grauste, was ihnen noch bevor stand. Ich habe häufig Bücher gelesen, die um diese Zeit herum spielten, doch dieses Buch sticht heraus.


    Dank des Nachworts wird der Roman abgerundet und weckt Interesse am weiteren Werdegang der Meyers und den anderen Protagonisten.


    Von mir 10 Punkte und eine dicke Leseempfehlung.

  • ich durfte das Buch im Rahmen der Leserunde lesen, dafür noch einmal Danke an den Verlag, an die Losfee und natürlich auch an die Autorin.



    Nachdem ich etwas Abstand zu dem Buch habe, kann ich meine Abschluß-Rezi zum Teil 1 der Trilogie aufschreiben. Wir lernen Krefeld im Jahr 1926 kennen, und dort die Familie Meyer, welche als jüdische Familie dort lebt. Sie kommt mir als sog. "Gutmensch" rüber, d.h. die Protagonisten möchten, das es ihnen und all den Menschen gut geht, die in ihrem nahen Umfeld sind.


    Im Laufe der -relativ kurzen Zeit- wird klar, das sich die Zeiten/Meinungen ändern werden. Spätestens, als Berthold, der Schwager von Karl, sich intensiv mit Auswanderung nach Palästina beschäftigt. Zuerst wird er in der restlichen Familie als "Schwarzmaler" bezeichnet, doch ganz langsam wird den anderen klar, das er nicht so ganz schwarz sieht. Im Laufe des Buches lernen/erfahren wir, wie die Menschen damals von der Judenverfolgung und den damit verbundenen Einschränkungen erfahren und damit gelebt haben. Die Protagonisten zeigen (für mich) sehr deutlich, das sie einiges von dem, was sie durch Zeitungen/Radio/Wochenschauen/Mund-zu-Mund-Propaganda erfahren, nicht ernst genug nehmen. Für mich ist dies sehr interessant, da ich augenblicklich an einem Ortsfamilienbuch im Bereich Ahnenforschung arbeite, und dort auch einige Juden "vorkommen"; wir wissen heute, was aus dieser ganzen Sache wurde, aber wie das damals war.... wird hier, meiner Meinung nach, gut erklärt.


    Was mich stört: der Cliffhanger an genau dieser Stelle. Vielleicht hätte ein Kapitel mehr die Spannung auch aufrecht erhalten, aber irgendwie nicht so abgeschnitten.


    Ich vergebe 9 von 10 Punkten (der fehlende Punkt ist für den unglücklichen Hänger)


    Ich freue mich schon auf die nachfolgenden Bände

  • Ulrike Renk: Jahre aus Seide. Das Schicksal einer Familie. Roman. Berlin 2018, Aufbau-Verlag, ISBN 978-3-7466-3441-8, Softcover, 563 Seiten, Format: 13,3 x 4,3 x 20,5 cm, Buch: EUR 12,99 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 9,99. Auch als Hörbuch lieferbar.


    „Wie schön ihr es hier habt.“

    „Und ich hoffe, wir werden hier bis an das Ende unserer Tage wohnen können“, sagte Martha.

    „Ja, wenn Hitler abtritt, hast du vielleicht die Möglichkeit; ansonsten sehe ich schwarz“, sagte Hedwig bedrückt. (Seite 376)


    Es steht schon auf dem Cover: „Eine dramatische Familiengeschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht“. Den Verlauf der Geschichte hat also das Leben vorgegeben. Es bringt daher nichts, sich bei der Autorin darüber zu beschweren, dass das Schicksal ungerecht zu den Romanfiguren war. Ulrike Renk hat sich das, was der Familie Meyer widerfuhr, nicht ausgedacht, sondern für uns recherchiert und – mit kleineren künstlerischen Freiheiten, wo dies aus dramaturgischen Gründen erforderlich war – als Roman aufbereitet.


    Dies vorweg. Und: Es ist Band 1 einer dreiteiligen Reihe, die noch nicht vollständig vorliegt. Die Geschichte der Heldin ist mit diesem Band noch nicht abgeschlossen, das Buch hört mit einem „Cliffhanger“ auf. Band 2 soll im Sommer 2019 erscheinen, Band 3 im Frühjahr 2020.


    So, nun weiß jede/r, was bei dieser Lektüre auf sie/ihn zukommt und wir können uns dem Inhalt zuwenden.


    Behütete Kindheit in bürgerlicher Familie

    Krefeld in den 1920er und 1930er Jahren: Familie Meyer ist eigentlich gar nichts Besonderes. Es sind fleißige, unauffällige, wohlhabende Geschäftsleute. Karl Meyer (*1888), eine Seele von einem Mann, arbeitet als selbstständiger Handelsvertreter und ist die meiste Zeit unterwegs. Seine Frau Martha (*1897) kümmert sich derweil mit Unterstützung von Köchin, Zugehfrau und Kindermädchen um den Haushalt, um die beiden Töchter Ruth (*1921) und Ilse (*1924) und um den Hund. Sie pflegt die Kontakte zu Freunden und Verwandten und, wenn noch Zeit bleibt, ihre kulturellen Interessen.



    Das Problem: Meyers sind Juden

    Alles in allem ist das eine unspektakuläre bürgerliche Existenz. Die Meyer-Mädchen erleben eine behütete Kindheit in einer liebevollen Familie. Doch es kommen zwei Dinge zusammen, die zum Drama führen: die Herrschaft der NSDAP und die Tatsache, dass Meyers Juden sind. Das spielt zwar allenfalls an den Feiertagen eine Rolle für sie, aber das macht ja für die Nazis keinen Unterschied.


    Die Einschränkungen und die Schikanen, denen Meyers ausgesetzt sind, die Unsicherheit und die Angst werden immer größer. Die ersten Freunde und Verwandten planen bereits, Deutschland zu verlassen, oder sie erwägen dies zumindest.


    Die Diskussionen darüber verfolgen wir aus der Sicht der verunsicherten Kinder, die das eine oder andere Erwachsenengespräch aufschnappen. Ist die Lage tatsächlich so schlimm, dass man alles aufgeben und in der Fremde neu anfangen muss? Oder kann man Hitler aussitzen? Und wenn nicht, wo soll man hingehen? Nach Palästina? Das ist erst im Aufbau. Für das Leben im Kibbutz braucht man junge Leute, die in der Landwirtschaft anpacken können, keine mittelalten Städter, die nur was vom Geschäft verstehen. Amerika? Hat selber eine Wirtschaftskrise. Wovon soll man dort leben, vor allem, wenn man nicht mehr so jung ist und die Sprache nicht gut spricht?


    Die halbe Welt wird daraufhin abgeklopft, ob sie sich als Zufluchtsort eignen könnte.


    Flüchten oder bleiben?

    Die Großelterngeneration will sowieso nirgendwo anders mehr hin. Wer würde ihnen auch hier in Deutschland etwas antun, den Veteranen des 1. Weltkriegs und den Soldatenwitwen? Textilfabrikant Merländer wähnt sich gar sicher, weil er nicht gläubig ist. Als LeserIn weiß man, wie sehr sie sich irren und muss hilflos zusehen, wie diese Menschen in ihr Unglück rennen. Das macht die Lektüre teilweise schwer erträglich. Das ist bei diesem Thema so.


    Eltern sollten Ruhe und Zuversicht ausstrahlen und ihren Kindern Sicherheit geben. Wenn sie selbst ratlos und verängstigt sind, hat das natürlich Auswirkungen auf den Nachwuchs. Ruth, Ilse und ihre Freunde machen sich große Sorgen. Sie versuchen, zu begreifen, was hier passiert und wissen nicht, wie sie diesen unsicheren Zeiten Zukunftspläne machen sollen. Gelegentlich verdrängen sie alle Ängste, um nicht verrückt zu werden. Sie feiern, flirten und genießen den Moment wie andere junge Menschen auch.


    Wie erklärt man Kindern Rassismus?

    Man kommt in diesem Buch der Familie Meyer sehr nahe. Und weil das so ist, erscheint einem dieser Rassismus vollkommen absurd. Das ist sehr gut gemacht. Verflixt nochmal, denkt man, das sind doch Leute wie du und ich – was haben die anderen auf einmal für ein Problem mit denen? Das fragen sich natürlich auch Ruth und Ilse, die vorher noch nie mit nennenswerten Vorurteilen, Schikanen oder gar Bedrohungen konfrontiert worden sind. Sowohl die Eltern als auch das christliche Kindermädchen Leni scheitern daran, den Mädchen das Prinzip „Rassismus“ schlüssig zu erklären. Weil’s nicht erklärbar ist - zumindest nicht Kindern.


    1935 beginnt Ruth, Tagebuch zu führen. Und 1938 kapieren dann die letzten Zauderer in ihrem Umfeld, dass es jetzt allerhöchste Zeit wird, das Land zu verlassen. Wenn es nicht schon zu spät ist ...


    Damit wir LeserInnen die Familienmitglieder, Freunde, Nachbarn und Bediensteten im Überblick behalten, gibt es vorn im Buch ein Personenverzeichnis, in dem man kurz nachschlagen kann. Das ist nicht allzu oft nötig, man hat schnell heraus, wer hier wer ist. Und nicht verwirren lassen: Martha Meyer hieß auch vor ihrer Ehe schon Meyer. Das ist nun mal ein häufiger Name, hier abgeleitet von hebräisch „Meïr“ = erleuchtet. Und deshalb heißen ihre wie seine Verwandten so. (Kein Autor würde es wagen, sich das auszudenken!)


    Wie die Geschichte zur Autorin fand

    Wie die Autorin auf die Geschichte der Familie Meyer gestoßen ist – oder soll man sagen, wie die Geschichte sie gefunden hat? – das erzählt sie uns im Nachwort. Da ist man selbst als streng rationaler Mensch geneigt, an Schicksal zu glauben.


    Ich könnte mir vorstellen, dass es Ruth gefallen hätte, dass wir ihre Lebensgeschichte und die ihrer Familie nun in einer so sorgfältig recherchierten Romantrilogie nachlesen können. Sie selbst ist ihr Leben lang dafür eingestanden, dass ihre Vergangenheit niemals vergessen wird. Und Ulrike Renks mitreißende und berührende Buchreihe wird sicher dazu beitragen, diesem Ziel ein ganzes Stück näher zu kommen.


    Ich hatte schon im Vorfeld ein bisschen was über Ruth Meyer gelesen und hätte sie sehr gerne kennengelernt. Sie muss eine wirklich eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein. Nach diesem ersten Band ahne ich, wie sie zu dem wurde, was sie war. Und so schwer mir die Lektüre manchmal fällt, weil mir die Geschichte so nahe geht: Ich liebe Ruth - und ich warte mit Spannung auf die Fortsetzungen!


    Die Autorin

    Ulrike Renk, Jahrgang 1967, studierte Literatur und Medienwissenschaften und lebt mit ihrer Familie in Krefeld. Familiengeschichten haben sie schon immer fasziniert, und so verwebt sie in ihren erfolgreichen Romanen Realität mit Fiktion. Im Aufbau Taschenbuch liegen ihre Australien-Saga und ihre Ostpreußen-Saga sowie zahlreiche historische Romane vor. Mehr Informationen zur Autorin unter www.ulrikerenk.de


    https://www.amazon.de/Jahre-aus-Seide-Schicksal-Seidenstadt-Saga/dp/3746634415 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)



    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Bei dem Buch "Jahre aus Seide" handelt es sich um den 1.Band einer Trilogie um die jüdische Familie Meyer, die im Jahre 1926 beginnt.


    Das Buch liest sich sehr flüssig und ich war sehr schnell in der Geschichte "drin". Die Personen sind sehr gut beschrieben und sehr authentisch. Besonders Martha und Ruth haben es mir angetan. Aber auch das Personal (besonders die Familie Aretz) und die Freunde der Familie Meyer sind schön dargestellt.


    Die damalige Zeit und das Wachsen des Nationalsozialismus sind realistisch beschrieben und die Handlungen der Meyers gut nachvollziehbar.


    Den Cliffhänger am Ende hätte ich nicht gebraucht (auch wenn er gut passt) und für mich erhält dieses Buch 9 von 10 Punkte.


    Vielen lieben Dank an Ulrike Renk für die spannenden Lesestunden:anbet! Ich freue mich schon auf den nächsten Band "Zeit aus Glas"! :wave

  • 1927 - 1932 Krefeld. Ruth Meyer wächst mit ihrer Schwester Ilse in einem sehr behüteten Umfeld auf. Ihr Vater ist Schuhvertreter und in seinem Beruf sehr erfolgreich, aber auch viel auf Reisen, während Mutter Martha die Familie zusammenhält und sich liebevoll um ihre zwei Töchter sowie den Haushalt kümmert, wobei sie Unterstützung von Kindermädchen Leni und Köchin Jansen erhält. Obwohl die Familie jüdischer Konfession ist, sehen sie ihren Glauben nicht so strikt und feiern nur die großen jüdischen Feste wie den Sabbat oder das Lichterfest Chanukka. Im Nachbaranwesen lebt der jüdische Seiden- und Stofffabrikant Richard Merländer. Mit der Tochter dessen Chauffeurs, Rosie, freundet sich Ruth bald an und die beiden Mädchen erlernen durch Ruths Großmutter zusammen das Nähen, wobei Merländer ihnen immer wieder Stoffproben aus seinen Musterbüchern zukommen lässt und so der Kreativität der beiden Mädchen keine Grenzen gesetzt sind. Als die Nazis immer mehr an Macht gewinnen, bekommt die heile Welt der Meyers und ihrer Freunde langsam Risse, denn die Hetzjagd gegen Juden hat begonnen. Karl möchte seine Familie in Sicherheit bringen, doch die Ausreisebestimmungen sind streng und limitiert…


    Ulrike Renk hat mit ihrem Buch „Jahre aus Seide“ den ersten Band ihrer Seidenstadt-Saga vorgelegt, dem sie mit Hilfe von Tagebuchaufzeichnungen von Ruth Meyer und akribischer Recherche autobiografische Züge verliehen hat. Der Schreibstil ist flüssig, berührend und detailliert, der Leser wird sofort in die Geschichte hineingesogen und darf als unsichtbares Mitglied der Familie Meyer mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen, wobei er alle Familienangehörigen sehr gut kennenlernt, liegen deren Gedanken und Gefühle doch offen wie ein Buch. Aber auch den Angestellten kann der Leser über die Schulter schauen und sie bei ihrem täglichen Miteinander mit der Familie beobachten. Sehr leise und behutsam führt die Autorin den Leser in die Familie ein und baut unterschwellig mit der gleichzeitig sich ändernden politischen Lage immer mehr Spannung auf, was sich anhand der Gefühlslage innerhalb der Familie bald äußert. Besonders interessant in diesem Buch ist die Tatsache, dass es bei den Menschen im Umfeld der Meyers lange keine Rolle gespielt hat, dass die Familie jüdisch ist. Man hielt zusammen, feierte gemeinsam und Juden konnten sich unbehelligt bewegen. Dies wird auch wunderbar hervorgehoben, als Ruth die Schule verlassen muss aufgrund der Judengesetze, und alle Klassenkameradinnen stehen hinter ihr, auch der Direktor. Auch die Thematik um die Beantragung von Ausreisepapieren ist sehr gut dargestellt und macht einmal mehr deutlich, wie schwer es den Menschen gemacht wurde, das Land zu verlassen. Selbst wenn sie endlich eine Ausreisegenehmigung hatten, mussten sie noch jahrelang auf den Tag warten, an dem sie ausreisen durften. In der Zwischenzeit waren sie allem hilflos ausgeliefert. Es zeigt aber auch, dass viele Länder Begrenzungen eingeführt haben und nicht gerade hilfsbereit waren, wenn es um die Unterstützung der Gejagten ging.


    Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Mit ihren individuellen Eigenschaften wirken sie alle sehr authentisch und lebensecht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, hoffen und bangen. Ruth ist für ihr junges Alter schon recht abgeklärt, heute würde man sagen altklug. Gleichzeitig ist sie ein freundliches, offenes und neugieriges Mädchen, das vielseitig interessiert ist und allen immer nur gefallen möchte. Martha ist eine liebevolle Mutter, die ihren Kindern das angedeihen möchte, was sie bei ihrer Mutter vermisst hat, nämlich Geborgenheit und einen sicheren Hafen, in den sie sich flüchten können. Karl ist ein sympathischer Mann und ein aufmerksamer Ehemann und Vater. Er führt offene Gespräche über Gott und die Welt mit seiner Frau und besticht durch Wärme und Freundlichkeit. Aretz ist zwar der Chauffeur der Familie Meyer, doch er und eigene Familie sind mit den Meyers eng befreundet. Weitere Protagonisten wie Leni oder Luise geben der Handlung zusätzlichen Input und Spannung, machen sie in sich stimmig und rund.


    „Jahre aus Seide“ ist ein wunderbarer und gelungener Auftakt der neuen Serie von Ulrike Renk. Besonderes Merkmal liegt hier auf den autobiografischen Zügen der Geschichte, was ihr noch zusätzliche Bedeutung verleiht und den Leser einmal mehr anzieht, weil es sich um reale Menschen und deren Lebenslauf handelt. Herrlich einfühlsam erzählt, so dass es hier eine verdiente Leseempfehlung geben muss. Band 2 wird mit Spannung erwartet!!!


    Für mich war es ein 5-Sterne-Buch.

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)

  • 1927 - 1932 Krefeld. Ruth Meyer wächst mit ihrer Schwester Ilse in einem sehr behüteten Umfeld auf. Ihr Vater ist Schuhvertreter und in seinem Beruf sehr erfolgreich, aber auch viel auf Reisen, während Mutter Martha die Familie zusammenhält und sich liebevoll um ihre zwei Töchter sowie den Haushalt kümmert, wobei sie Unterstützung von Kindermädchen Leni und Köchin Jansen erhält. Obwohl die Familie jüdischer Konfession ist, sehen sie ihren Glauben nicht so strikt und feiern nur die großen jüdischen Feste wie den Sabbat oder das Lichterfest Chanukka. Im Nachbaranwesen lebt der jüdische Seiden- und Stofffabrikant Richard Merländer. Mit der Tochter dessen Chauffeurs, Rosie, freundet sich Ruth bald an und die beiden Mädchen erlernen durch Ruths Großmutter zusammen das Nähen, wobei Merländer ihnen immer wieder Stoffproben aus seinen Musterbüchern zukommen lässt und so der Kreativität der beiden Mädchen keine Grenzen gesetzt sind. Als die Nazis immer mehr an Macht gewinnen, bekommt die heile Welt der Meyers und ihrer Freunde langsam Risse, denn die Hetzjagd gegen Juden hat begonnen. Karl möchte seine Familie in Sicherheit bringen, doch die Ausreisebestimmungen sind streng und limitiert…


    Ulrike Renk hat mit ihrem Buch „Jahre aus Seide“ den ersten Band ihrer Seidenstadt-Saga vorgelegt, dem sie mit Hilfe von Tagebuchaufzeichnungen von Ruth Meyer und akribischer Recherche autobiografische Züge verliehen hat. Der Schreibstil ist flüssig, berührend und detailliert, der Leser wird sofort in die Geschichte hineingesogen und darf als unsichtbares Mitglied der Familie Meyer mit ihnen gemeinsam Zeit verbringen, wobei er alle Familienangehörigen sehr gut kennenlernt, liegen deren Gedanken und Gefühle doch offen wie ein Buch. Aber auch den Angestellten kann der Leser über die Schulter schauen und sie bei ihrem täglichen Miteinander mit der Familie beobachten. Sehr leise und behutsam führt die Autorin den Leser in die Familie ein und baut unterschwellig mit der gleichzeitig sich ändernden politischen Lage immer mehr Spannung auf, was sich anhand der Gefühlslage innerhalb der Familie bald äußert. Besonders interessant in diesem Buch ist die Tatsache, dass es bei den Menschen im Umfeld der Meyers lange keine Rolle gespielt hat, dass die Familie jüdisch ist. Man hielt zusammen, feierte gemeinsam und Juden konnten sich unbehelligt bewegen. Dies wird auch wunderbar hervorgehoben, als Ruth die Schule verlassen muss aufgrund der Judengesetze, und alle Klassenkameradinnen stehen hinter ihr, auch der Direktor. Auch die Thematik um die Beantragung von Ausreisepapieren ist sehr gut dargestellt und macht einmal mehr deutlich, wie schwer es den Menschen gemacht wurde, das Land zu verlassen. Selbst wenn sie endlich eine Ausreisegenehmigung hatten, mussten sie noch jahrelang auf den Tag warten, an dem sie ausreisen durften. In der Zwischenzeit waren sie allem hilflos ausgeliefert. Es zeigt aber auch, dass viele Länder Begrenzungen eingeführt haben und nicht gerade hilfsbereit waren, wenn es um die Unterstützung der Gejagten ging.


    Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Mit ihren individuellen Eigenschaften wirken sie alle sehr authentisch und lebensecht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, hoffen und bangen. Ruth ist für ihr junges Alter schon recht abgeklärt, heute würde man sagen altklug. Gleichzeitig ist sie ein freundliches, offenes und neugieriges Mädchen, das vielseitig interessiert ist und allen immer nur gefallen möchte. Martha ist eine liebevolle Mutter, die ihren Kindern das angedeihen möchte, was sie bei ihrer Mutter vermisst hat, nämlich Geborgenheit und einen sicheren Hafen, in den sie sich flüchten können. Karl ist ein sympathischer Mann und ein aufmerksamer Ehemann und Vater. Er führt offene Gespräche über Gott und die Welt mit seiner Frau und besticht durch Wärme und Freundlichkeit. Aretz ist zwar der Chauffeur der Familie Meyer, doch er und eigene Familie sind mit den Meyers eng befreundet. Weitere Protagonisten wie Leni oder Luise geben der Handlung zusätzlichen Input und Spannung, machen sie in sich stimmig und rund.


    „Jahre aus Seide“ ist ein wunderbarer und gelungener Auftakt der neuen Serie von Ulrike Renk. Besonderes Merkmal liegt hier auf den autobiografischen Zügen der Geschichte, was ihr noch zusätzliche Bedeutung verleiht und den Leser einmal mehr anzieht, weil es sich um reale Menschen und deren Lebenslauf handelt. Herrlich einfühlsam erzählt, so dass es hier eine verdiente Leseempfehlung geben muss. Band 2 wird mit Spannung erwartet!!!


    Für mich war es ein 5-Sterne-Buch.

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)