Frank Goldammer - Roter Rabe

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)

    Spion im eigenen Land

    Im Spätsommer 1951 kehrt Oberkommissar Heller mit seiner Familie aus dem staatlich genehmigten Ostseeurlaub nach Dresden zurück. Für seine Frau Karin geht die Fahrt gleich weiter, denn sie hat überraschend die Reiseerlaubnis in den Westen zu Sohn Erwin erhalten. Heller ist besorgt. Doch sein neuer Fall lässt ihm keine Zeit zum Grübeln: Zwei unter Spionageverdacht stehende Männer, Zeugen Jehovas, sterben in ihren Gefängniszellen. Und es geschehen weitere mysteriöse Todesfälle. Bei einem der Opfer wird eine geheimnisvolle Botschaft gefunden: »Eine Flut wird kommen.« Heller beschleicht eine schreckliche Ahnung.


    Autor (Quelle: Verlagsseite)

    Frank Goldammer wurde 1975 in Dresden geboren und ist gelernter Maler- und Lackierermeister. Neben seinem Beruf begann er mit Anfang zwanzig zu schreiben, verlegte seine ersten Romane im Eigenverlag. Mit ›Der Angstmann‹, Band 1 der Krimiserie mit Max Heller, gelangte er sofort auf die Bestsellerlisten. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.


    Allgemeines

    Vierter Band um den Dresdener Oberkommissar Max Heller

    Erschienen am 21.12.2018 bei der dtv Verlagsgesellschaft als broschiertes TB mit 384 Seiten
    Gliederung: Nicht-nummerierte Kapitel, jeweils mit Datum und Tageszeit überschrieben – Glossar

    Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive von Max Heller

    Handlungsort und -zeit: Dresden, im September 1951


    Zum Inhalt

    Nach der Rückkehr von einem gemeinsamen Ostseeurlaub darf Max Hellers Frau Karin nach Köln reisen, um ihren älteren Sohn Erwin in Köln zu besuchen, Max und die Pflegetochter Anni müssen jedoch in der DDR zurückbleiben. Ausgerechnet während Karins Abwesenheit, als Max eigentlich die kleine Anni intensiv betreuen soll, bekommt er es mit einem merkwürdigen Fall und zeitraubenden Ermittlungen zu tun. Zwei wegen Spionageverdachts inhaftierte Männer, die zu den Zeugen Jehovas gehörten, sollen sich in ihren Zellen umgebracht haben. Max zweifelt am Selbstmord und beginnt im Umfeld der Männer zu ermitteln, jedoch häufen sich plötzlich weitere Todesfälle von Zeugen durch vermeintliche Selbstmorde, Unfälle und einen Schlaganfall. Unglücksfälle wie die Explosion in einem Kraftwerk lassen in Max den Verdacht aufkommen, dass jemand der Stadt durch Sabotage schaden und für den Westen spionieren will. Einen solchen Verdacht hat man auch beim Ministerium für Staatssicherheit, der Drahtzieher aller dieser Todes- und Unglücksfälle soll ein mysteriöser „Amerikaner“, den die Russen auch „woron“, den Raben, nennen, sein. In der Zeitung erscheinen chiffrierte Anzeigen, die möglicherweise auf das Datum eines erneuten, großen Anschlags hinweisen könnten…


    Beurteilung

    Die Handlung des vierten Bandes um Max Heller ist ziemlich komplex und für Leser, die sich bisher nicht mit dem Thema „Spionage“ befasst haben, nicht immer einfach zu überblicken; die Zusammenhänge erschließen sich erst gegen Ende des Romans. Sehr anschaulich und eindrücklich ist dagegen von Anfang an die zeitgeschichtlich sehr interessante Schilderung des Lebens in der DDR in einem Klima von dauernder Bespitzelung. Die Versorgungslage mit Lebensmitteln ist zwar inzwischen ausreichend, jedoch längst nicht so gut wie in der BRD. Das wissen die Menschen und in vielen wächst der Wunsch, in den Westen zu gehen. Deshalb gibt es keine Ausreisegenehmigungen für ganze Familien; am Beispiel Max Hellers wird deutlich, wie die Zurückgebliebenen ihre Angehörigen vermissen und in der Angst leben, diese könnten nicht zurückkehren.

    Des Weiteren leben die Menschen mit der ständigen Befürchtung, der Spionage oder anderer subversiver Tätigkeiten verdächtigt zu werden, für solche Verdächtigungen reicht es schon, wenn man dabei „erwischt“ wird, westliche Radiosender zu hören.

    Wie schon in den vorherigen Bänden widmet der Autor der Persönlichkeit und Gedankenwelt seines Protagonisten große Aufmerksamkeit und arbeitet dessen Charakter differenziert aus. Es ist in Bezug auf den Kriminalfall nicht unbedingt erforderlich, die ersten drei Bände gelesen zu haben, aufgrund der Entwicklungen sowohl im persönlichen Leben Max Hellers als auch im Hinblick auf die politische und gesellschaftliche Situation ist es aber auf jeden Fall lohnend, die Bücher in der korrekten Reihenfolge zu lesen.


    Fazit

    Ein komplexer, nicht von Hochspannung geprägter Kriminalroman, der in sehr anschaulichem Erzählstil einen beeindruckenden Einblick in das Leben der DDR-Bürger zu Beginn der Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts bietet – sehr lesenswert!

    8 Punkte

  • Wem kann man überhaupt noch trauen?


    "Zu viel Vertrauen ist häufig eine Dummheit, zu viel Misstrauen immer ein Unglück." (Jean Paul)

    Dresden 1951:

    Max, Karin und Annie sind nach einem wunderschönen Ostseeurlaub wieder in Dresden angekommen. Karin dagegen darf gleich zur nächsten Reise antreten, den sie hat, einen Besuch bei Sohn Erwin im Westen genehmigt bekommen. Max und Annie hingegen müssen schauen wie sie alleine und mit der inzwischen leicht dementen Frau Marquart zurechtkommen. Und auch bei der Polizei ist heftige Unruhe, nachdem kürzlich 2 Gefangene sich selbst gerichtet haben. Komisch ist nur das die beiden von den Zeugen Jehovas waren und zudem sich absolut identisch umgebracht haben. Während Heller sehnsüchtig auf ein Telegramm von Karin wartet, geschehen weitere Selbstmorde und andere suspekte Todesfälle. Zudem taucht Saizev ein alter Bekannter von Heller auf, der ihn warnt nicht zu tief an den Fällen zu graben. Als dann auch noch die Tochter einer alten Bekannten von Frau Marquart auftaucht, wird Max immer misstrauischer. Kann das alles noch Zufall sein und warum meldet sich Karin nicht?


    Meine Meinung:
    Mit "Roter Rabe" habe ich inzwischen das vierte Buch von Frank Goldammer Ermittler Max Heller gelesen. Ich fieberte diesem Band schon entgegen, den kein anderer Autor bekommt es so gut hin Krimi und historische DDR Geschichte unter einen Hut zu bekommen. Das Cover mit dem im Hintergrund des noch immer zerstörten Dresden und der flüchtenden Frau, passte wieder einmal ausgezeichnet zu der Heller Reihe. Auch in diesem Buch ging es wieder schon in "Tausend Seelen" um die russische Besatzungszone, die Machenschaften und Einflüsse der Russen durch die (MGB), dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Ich als nicht DDR-Bürger und Nachkriegskind fand diese Machenschaften natürlich total interessant, zu sehen was für Schwierigkeiten damals die Bürger hatten. Dazu kamen noch Hellers Ängste das seine Frau Karin nicht mehr aus dem Westen zurückkehrt. Außerdem noch die unverhoffte Mitbewohnerin Edeltraut Herrmann, der er sehr misstraute. Doch auch die Ängste von Werner Oldenbusch, dem seine Verlobte in den Westen abgetaucht ist. Hier sah man besonders, wie misstrauisch die damalige Bevölkerung inzwischen gegen jeden geworden ist, nicht einmal mehr Kollegen traute man über den Weg. Was ja auch teilweise berechtigt war, wie man später feststellen musste. Doch die viele mysteriösen Toten gaben nicht nur Max Heller Rätsel auf, selbst ich war bis zum Ende unschlüssig wer der wahre Täter sein könnte. Trotzdem dieser Krimi nicht von Blut und Spannung strotzte, hatte der Autor hier wieder ein unfassbares Katz und Maus Spiel, zwischen Religion, Spionage und russischen Kalkül gezaubert. Dazu nicht nur gut ausgedachte Charaktere, wie z. B. den cleveren Max Heller, Kollege Werner Oldenbusch, die auch hier wieder ein hervorragendes Team bildeten. Nein selbst die Nebendarsteller waren sehr gut gewählt. Doch am meisten beeindruckt hat mich wieder einmal Goldammers Wissen, vor allem über die Dresdner Historie und das feine Gespür für kleine Nebensächlichkeiten, wie Karins Besuch in den Westen. Für mich ein weiterer lesenswerter und hervorragender Band, dem ich 10 Eulen gebe.
    :thumbup:




    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."

  • Zum Inhalt:


    In Max Hellers viertem Fall begeben wir uns in den September des Jahres 1951. Max Heller kehrt mit seiner

    Familie aus dem Ostseeurlaub zurück und muss seine Frau schon wieder verabschieden, denn sie hat die

    Möglichkeit, Sohn Erwin im Westen zu besuchen. Währenddessen geschehen zwei Todesfälle, zwei der

    Spionage verdächtigten Zeugen Jehovas begehen in ihren Zellen scheinbar Selbstmord. Doch Heller wird

    hellhörig, denn es bleibt nicht bei den beiden Toten, wer zieht hier hinter den Kulissen die Strippen?


    Meine Meinung:


    Es ist bereits der vierte Roman um den Ermittler Max Heller, aber ich konnte bisher keine Abnutzungsspuren feststellen, ich habe Hellers Spurensuche wieder mit großem Interesse verfolgt.

    Diesmal ist der Aufbau etwas komplexer als bei den vorherigen Bänden, anfangs befürchtete ich, dass sich der Autor verzetteln wird, aber am Ende wird alles logisch und rund aufgeklärt.


    Dieser Band steht unter dem Thema Spionage, nicht nur die Toten am Anfang standen unter dem Verdacht der Spionage, auch die Bevölkerung litt unter der Angst, sich in irgendeiner Weise

    verdächtig zu machen, denn man konnte scheinbar nicht mal mehr dem Freund, dem Nachbarn oder dem Kollegen vertrauen, jeder könnte ein Spitzel des Ministeriums für Staatssicherheit

    sein. Auch in Hellers Team macht sich Unsicherheit und Misstrauen breit.


    Frank Goldammer hat es meines Erachtens geschafft, die Angst vor Bespitzelung, wie auch die Angst vor einem atomaren Schlages des Klassenfeindes, egal wie begründet oder unbegründet

    diese Angst ist.


    Auch das Katz-und-Mausspiel, welches sich der oder die Täter mit Heller liefert bietet bis zum Schluss Stoff für Spekulationen, wer hinter alledem steckt. Der Ami oder doch jemand aus den

    eigenen Reihen? Die eine oder andere Wendung gegen Ende hält den Leser weiter in Atem und man fragt sich, wie alles zusammenpasst.


    Der Autor hat es wieder geschafft, einen Krimi gelungen in ein historisches Gewand zu packen und uns auf eine Reise in das Jahr 1951 mitzunehmen. Die Figuren waren auch wieder sehr gut

    herausgearbeitet, die Ängste und Nöte der Hauptfiguren wie auch der Nebenfiguren sind nachvollziehbar herausgearbeitet und jeder bekommt seine eigene Note.


    Alles in allem ein lesenswerter Krimi, dem zwar wieder etwas von der Würze Hochspannung fehlt, aber ansonsten eine gelungene Fortsetzung. Ich freue mich auf mehr.