Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Keplers Kampf um seine Mutter – ein historisches Familiendrama zwischen Hexenverfolgung und moderner Wissenschaft
Deutschland, 1615. Die Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler wird als Hexe angeklagt. Vor der faszinierenden Kulisse einer Welt im Wandel zwischen Magie und Naturwissenschaft beschreibt Rublack fesselnd und bewegend, wie der Vorwurf der Hexerei Familien entzweite.
Die Entdeckung der ellipsenförmigen Umlaufbahnen der Planeten machte Johannes Kepler zum Mitbegründer der modernen Wissenschaft. Ulinka Rublack entfaltet auf Basis einer einzigartigen Quellenlage eine weitaus weniger bekannte Episode in Keplers Biographie: Im Jahr 1615 wird seine verwitwete Mutter der Hexerei bezichtigt und angeklagt. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere übernimmt Kepler ihre Verteidigung vor Gericht und kämpft für ihre Freisprechung. Was bedeutet der Vorwurf der Hexerei für die Beschuldigten und ihre Angehörigen in einer Welt, in der Volksglaube und Wissenschaft nebeneinander existieren? So ergreifend wie schockierend zeugt Rublacks souveräner Bericht von einer Epoche, die sich hundert Jahre nach der Reformation und an der Schwelle zum Dreißigjährigen Krieg im Aufbruch befindet – zwischen vernunftgeleiteter Moderne und dem Terror der Hexenverfolgung.
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Ulinka Rublack, geboren 1967 in Tübingen, lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit am St John‘s College in Cambridge. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Genderstudien, Materialitätsgeschichte und Fragen der kulturellen Identität. Neben eigenen Büchern schreibt die Mitbegründerin des Cambridge Center for Gender Studies für »Die Zeit« und ist Fellow der British Academy.
Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „The Astronomer and the Witch: Johannes Kepler´s Fight for his Mother“, ins Deutsche übersetzt von Hainer Kober
Erschienen am 16.12.2018 bei Klett Cotta als HC mit 409 Seiten
Gliederung: Zeitleiste – Anmerkung zu den Daten – Liste der Abbildungen – Liste der Abkürzungen – Karten – Prolog – Einleitung – 13 Kapitel – Epilog – Endnoten – bibliographische Empfehlungen – Danksagung – Register
Beurteilung
Das Sachbuch „Der Astronom und die Hexe“ befasst sich intensiv mit dem Leben und den Werken des berühmten Mathematikers und Astronomen Johannes Kepler (1571 – 1630). Dabei wird besonderes Augenmerk auf Keplers Beziehung zu seiner Mutter Katharina (1546 – 1622) gelegt, die 1615 beschuldigt wurde, eine Hexe zu sein. Die Bedeutung einer solchen Anschuldigung für die Beklagte und ihre Familie veranschaulicht die Autorin sehr eindrücklich vor dem Hintergrund der Zeit: Hundert Jahre nach der Reformation und kurz vor dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges wird die Gesellschaft sowohl von noch mittelalterlich anmutenden Vorstellungen (Magie, Hexenglaube) als auch von neuzeitlichen Entwicklungen (Naturwissenschaften, festgelegte Regeln im Justizwesen, Fürsorge für die Armen aus einer „Sozialkasse“) geprägt. Trotz der wachsenden Bedeutung der Naturwissenschaften ist eine Anklage wegen Hexerei immer noch äußerst gefährlich und endet größtenteils mit Todesurteilen, was nicht zuletzt an der Durchführung der peinlichen Befragung (Folter) liegt, die zu falschen Geständnissen führt. Als Kind seiner Zeit zweifelt auch Johannes Kepler – trotz seiner naturwissenschaftlichen Betätigung – nicht daran, dass es den Straftatbestand der Hexerei gibt und er ist auch von der intellektuellen Überlegenheit des männlichen Geschlechts gegenüber den Frauen überzeugt. Dennoch widmet er sich entschlossen der Verteidigung seiner Mutter, die er für eine gute Christin hält. Er macht seinen ganzen Einfluss geltend, verklagt seinerseits die Denunzianten als Verleumder und erreicht durch zahllose Eingaben, dass seine Mutter auch in Gefangenschaft anständig untergebracht und vergleichsweise „gerecht“ und unvoreingenommen behandelt wird. Insgesamt zieht sich der Prozess gegen Katharina unglaubliche sechs Jahre hin.
Die Darstellung von Keplers Persönlichkeit sowie seinen Beziehungen zu seinen Familienmitgliedern und seinem gesellschaftlichen Umfeld ist gründlich ausgearbeitet und hochinteressant, auch die Schilderung des Lebens in der Gesellschaft des frühen 17. Jahrhunderts ist sehr anschaulich und gibt dem Leser einen intensiven Einblick. Der flüssige Stil der Autorin macht die Lektüre zu einem Vergnügen. Allerdings springt die Erzählung des Öfteren zwischen verschiedenen chronologischen und thematischen Ebenen hin und her, was gelegentlich die Orientierung ein wenig beeinträchtigt.
Das Buch ist reich bebildert, auch das Zusatzmaterial (Zeitleiste, Karten) ist für den Überblick des Lesers hilfreich.
Fazit
Ein sehr lesenswertes Sachbuch, das nicht nur anhand guter Quellenlage (erhaltene Prozessakten) einen Einblick in das Leben und die Persönlichkeit Johannes Keplers sowie den Hexenprozess gegen seine Mutter Katharina gibt, sondern auch einen anschaulichen allgemeinen Eindruck von der Gesellschaft zu Beginn des 17. Jahrhunderts vermittelt!
8 Punkte