Der Apfelbaum - Christian Berkel

  • Der Apfelbaum - Christian Berkel

    Ullstein

    ISBN: 978-3550081965

    416 Seiten, 22 Euro



    Amazon-Kurzbeschreibung: Für den Roman seiner Familie hat der Schauspieler Christian Berkel seinen Wurzeln nachgespürt. Er hat Archive besucht, Briefwechsel gelesen und Reisen unternommen. Entstanden ist ein großer Familienroman vor dem Hintergrund eines ganzen Jahrhunderts deutscher Geschichte, die Erzählung einer ungewöhnlichen Liebe.


    Eine Mutter, die ins Vergessen abgleitet und ein Sohn, der versucht, die letzten Erinnerungssplitter zu einer Lebensgeschichte zusammenzufügen. Es ist die Lebensgeschichte seiner Eltern aber auch die Suche nach seiner Identität. Seine Mutter Sala verliebt sich 1932 als dreizehnjährige in den siebzehnjährigen Otto, einem jungen Mann aus einer Arbeiterfamilie. Sie stammt aus „gutem Hause“ und hat jüdische Wurzeln. Dies wird ihr kurze Zeit später zum Verhängnis und sie muss ihr Heimatland verlassen, flieht zu ihrer Mutter nach Spanien, flieht vor ihrer Mutter nach Frankreich und wird in dem Lager Gurs in den Pyrenäen interniert. Und auch Otto lernt das Leben im Lager kennen. Er gerät in russische Gefangenschaft und verbringt Jahre in einem russischen Lager. Geprägt vom Lagerleben beginnen beide im Anschluss ein neues Leben – zuerst ohne einander…


    Christian Berkel erzählt diese unterschiedlichen Lebenslinien sehr gefühlvoll. So wie er seine Mutter anfangs schildert, ist sie dem Vergessen sehr nahe; mal ist sie klar und orientiert, mal driftet sie in ihre eigene Welt ab. Entsprechend fallen die Antworten auf seine Fragen aus. „Jahrelang bin ich vor meiner Geschichte davongelaufen, dann erfand ich sie neu.“, wird der Autor zu seinem Buch zitiert und ich vermute, dass er die weißen Flecken in der Geschichte seiner Mutter aufgefüllt hat, denn auch als sie noch hätte erzählen können, schwieg sie. In einem Interview berichtet er, dass er die Figuren und Stationen ihres Lebens recherchiert hat, die Einzelheiten, die er nicht wissen konnte, hat er sich hinzugedacht – so, wie sie hätten passen können.


    Es gibt nicht wenige Schauspieler, die sich berufen fühlen, ein Buch zu schreiben. Oft habe ich enttäuscht feststellen müssen, dass sie es besser nicht getan hätten. Christian Berkel dagegen ist nicht nur ein guter Schauspieler, er hat mit seinem Buch bewiesen, dass er auch ein großartiger Autor ist. Die Sprache, die Bilder lassen eine Zeit lebendig werden, die manche heute am liebsten vergessen würden und die doch zeigt, wie wichtig es ist, nicht zu vergessen. Neben den Hauptfiguren finden sich noch viele weitere Personen. Familie, Freunde, Weggefährten der Eltern und alle wirken sie lebensecht und tragen dazu bei, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte bevor man weiß, wie es ihnen ergangen ist.

    Ich habe das Buch sehr gern gelesen. Es ist ein sehr persönliches Buch und Christian Berkel hat uns als Leser an der Geschichte seiner Familie teilhaben lassen. Dazu gehört Mut. Von mir eine klare Leseempfehlung.


    ASIN/ISBN: 3548060862

  • Ich hatte mir das Buch 2020 zu Weihnachten gewünscht, dann mal begonnen zu lesen und es wieder weggelegt, ich fand den Einstieg nicht. Ich mag den Schauspieler Christian Berkel, daher wollte ich gerne das Buch über seine Familiengeschichte lesen.


    Sala und Otto, seine Eltern, sind die Hauptfiguren dieses Romans. Wir erfahren, wie sie sich kennengelernt haben, aus ganz unterschiedlichen Schichten stammend. Otto, auf der schiefen Bahn, brach in Salas Elternhaus ein und sie überrascht ihn dabei, wie er staunend in der Bibliothek steht und die Bücher bewundert. Sala dagegen, ihre Eltern getrennt, ihr Vater ein Freigeist und Künstler, die Mutter in Spanien in einer Widerstandsrolle.


    Die Passagen, in denen das Leben von Sala und Otto geschildert wird, habe ich gemocht, auch wenn sie oftmals nicht leicht zu ertragen waren.


    Sala, als Halbjüdin nicht mehr erwünscht in Deutschland, flieht nach Frankreich und gerät dort in das Lager Gurs. Die Zeit im Lager ist bedrückend, eindringlich beschrieben, das hat mich sehr berührt. Auch ihre Gefühle, eben nicht mehr erwünscht zu sein, obwohl sie doch keine Jüdin ist, waren deutlich fühlbar. Ihre mangelnde Beziehung zu ihrer Mutter macht ihr ebenso zu schaffen. Diese Zerissenheit und auch dieses Gefühl, nicht am richtigen Platz zu sein, zieht sich durchs Leben. Nur bei Otto ist sie ganz.


    Otto hat es aus eigenem Antrieb von der schiefen Bahn geschafft, was auch an Sala lag. Er wurde Arzt beim Militär, geriet in Gefangenschaft, Und diese Zeit in Russland ist auch wieder so eindrücklich geschildert, dass ich wirklich mitgelitten habe.


    Die Gegenwartspassagen dagegen, als Christian Berkel seine Mutter befragt, um ihre Vergangenheit zu dokumentieren, haben mich eher gestört. Sie kamen oft unvermittelt, haben mich aus dem Lesefluss gerissen. Auch das Ende kam mir zu abrupt.


    Alles in allem war es für mich, besonders in der zweiten Hälfte des Buchs eine wirklich interessant geschilderte Familiengeschichte. Ein Stammbaum oder auch eine Zeittafel wären schön gewesen, ebenso fehlte mir ein Nachwort, eine Nachbetrachtung des Geschehens.


    7 Punkte von mir.