Der 1. Dezember von Voltaire
Auch für Banalitäten muss mal Zeit sein
Vorweihnachtszeit.
Das bedeutete für Petrus „Stress ohne Ende“. Immer neue Aufträge hatte der CHEF für ihn.
Und nun dieser neue Auftrag auch noch.
„Mein lieber Petrus. Du bist der richtige Mann, hier eine besinnliche Weihnachtsfeier zur organisieren. Natürlich weiß ich, dass es eine weitere zusätzliche Belastung für dich ist. Und darum habe ich entschieden, dass du dir Hilfskräfte rekrutieren kannst. Die Leute, die du als nächstes triffst, die sollen dir helfen. Diese Anweisung ist übrigens nicht verhandelbar.“
Petrus traute dem Frieden allerdings nicht so ganz. Hatte er doch das leichte Grinsen des CHEFS nicht übersehen; und der CHEF war immer für einen Streich gut. Aber egal, Befehl ist Befehl und über Befehle wird nicht diskutiert.
Petrus zog los.
Und bei der ersten Person die im begegnete war im klar, warum der CHEF sich eines leichten Grinsens nicht hatte enthalten konnte.
Kippe im linken Mundwinkel, eine halbvolle Flasche Whisky in der Hand – der Erste der ihm begegnete war niemand anders als Lemmy. Aber es half alles nichts. Petrus musste ihm den Plan erläutern.
Und Lemmy reagierte anders als Petrus es erwartet hätte.
„Fuck. Geil Alter. Da bin ich voll fucking dabei. Also – ich starte mit „Overkills“ - dann bretter ich weiter mit „Ace of spades“ und lande dann als besinnlichen Ausklang bei „Run run Rudolph“. Ich sage dir Alter, das wird eine unheimlich fucking geile Sache. Mach dir keine Sorgen, ich hole noch ein paar Kumpels dazu.“
Petrus wusste nicht so recht, ob er diesen Enthusiasmus nun gut finden sollte oder nicht. Aber egal – Lemmy war eh nicht zu stoppen.
Und ehe Petrus sich versah, kehrte Lemmy zurück, in seiner Begleitung Bon Scott.
„Ich bin voll dabei, mit „Highway to hell“ natürlich.“
Petrus wurde blass. Was würde der CHEF dazu sagen? Er war zwar auch CHEF des „Ganz-Unten-Stockwerks“ - aber das Ding lief beim ihm eigentlich nur am Rande mit. Außer einer Glückwunschkarte zum Geburtstag und ein paar mehr als entbehrlich gewordenen Seelen hatte er nicht viel Kontakt zu seinen Mitarbeitern in der „ganz heißen Region“.
Aber Lemmy hatte noch mehr Leute angeschleppt.
Rick Parfitt war dabei (ohne unser „Schnäppn-Däppn“ geht gar nichts, lachte er) Jim Morrison schaute wie immer sehr verklärt (in welche Welt mag da wohl schauen – denn er war jetzt schon der Welt aller Welten).
Nicht zu vergessen Keith Moon (der Herr über die double-bass-drum) prügelte gnadenlos auf sein Schlagzeug ein. Er kann es halt. (Jon Hiseman und Ginger Baker haben ihn übrigens insgeheim beneidet).
Aber es kamen noch mehr.
Janis Joplin – (die erst nach der dritten Flasche Scotch so richtig munter wurde) intonierte „Me an Bobby McGee“ (Who the fuck is Bobby,“ fragte Lemmy – bekam aber keine Antwort).
Die Gruppe wurde immer illustrer. Auch John Lennon und George Harrison schlenderten gemächlich den Wolkenpfad entlang, wobei George Harrison pausenlos versuchte seiner Sitar Metalklänge zu entlocken. Irgendwie schien die Sitar damit aber gar nicht einverstanden zu sein. Naja, auch eine Sitar ist ja nur ein Mensch, oder so.
Michael Jackson kam zusammen mit Elvis Presley. Beide wollten bei diesem Himmels-Event natürlich nicht fehlen und wurden begeistert begrüßt. Joe Cocker und Shirley Bassey unterhielten sich angeregt als sie eintrafen.
Es würde jetzt aber zu weit gehen alle hier zu nennen, die sich zu diesem besonderen Himmelsereignis einfanden. Nur so viel sei gesagt, es trafen sich hier mehrere hundert Millionen verkaufter Tonträger.
Dann ging es los.
Es war grandios.
Der CHEF ging begeistert mit. Gerade auch bei „Highway to hell“ registrierten die Teilnehmer, dass das Grinsen des CHEFS immer breiter und breiter wurde.
Und dann nach vielen, vielen Stunden eine letzte Zugabe.
Der CHEF erhob sich und bat um Aufmerksamkeit:
„Ich danke euch allen. Ihr habt mir eine große Freude gemacht. So ihr auch den Menschen immer wieder Freude bereitet habt. Jeder auf seine Art. Und es hat gezeigt, das es gerade die Verschiedenheiten sind, die das Leben erst zum Leben machen. Wäre schön – aber ich habe diese Illusion aufgeben müssen – das alle Verschiedenheiten auch friedlich gelebt werden können. Dem ist aber nicht so. Trotzdem geht das Bemühen natürlich weiter – denn der Plan war, das alle Menschen friedlich zusammenleben und jede und jeder toleriert wird und selbst toleriert. Ich könnte jetzt sagen „Wir schaffen das“ aber ich lasse es lieber, denn dieser Satz ist auch hier oben ein absolutes No-Go.
Mein ganz besonderer Dank geht aber an Petrus – ohne den läuft hier oben nämlich gar nichts. (Donnernder Beifall!)
Ach ja Petrus, du denkst daran, das bald Ostern ist und da sind deine Ideen gefragt. Also ich denke da an etwas ganz anderes wieder heute. Ich bin sicher, du wirst das schon machen, mein Alter.“
Petrus nickte ergeben. Und überlegte, wann er denn endlich in Rente gehen durfte.
Er setzte sich. Niemand weit und breit.
Doch, da war noch Gunter Gabriel mit seiner Gitarre.
„Alter du wirst auch das noch schaffen. Lass uns einfach mal gemeinsam singen, da kommen immer die besten Ideen.“
Und Gunter Gabriel sang:
„Hey Boss ich brauch mehr Zeit........“.
Eine kleine nichts sagende Geschichte. Banal bis zum Abwinken. Aber vielleicht mal sich eine wenig Zeit nehmen und bei YouTube schauen, da kann man sicher alle der hier genannten Künstler antreffen. Es lohnt sich. Versprochen.
In erster Linie ging es mir aber um die Menschen, die uns unterhalten, die uns zum Nachdenken bringen, die uns zeigen welche unglaublichen Facettenreichtum das Leben bietet – und die uns ab und mal beiseite nehmen und uns innehalten lassen. Und für alle ist gesorgt – jede und jeder kommt auf seine und ihre Kosten, sie und er muss nur wollen.
Er nahm sein Pferd und ritt in den Sonnenuntergang......