Tagebuch aus dem Kriege Sizilien 1943
ISBN-10: 3354005084
ISBN-13: 978-3354005082
Rückseite:
Wie anders sind doch Goethe und Seume nach Italien gereist. „Italien ohne Sizilien macht gar kein Bild in der Seele: Hier ist erst der Schlüssel zu allem“, lese ich in Goethes „Italienischer Reise“. Und welchen Schlüssel gab uns Sizilien in die Hand, den Schlüssel zur Unterwelt? War es nicht Zeus, der einst diese Insel seiner Tochter Persephone geschenkt hat, als Aussteuer zu ihrer Vermählung mit Pluto? Hatten wir vergessen, das Sizilien, Pluto und der Hades seit mehr zweieinhalbtausend Jahren zusammengehören, man kann sie nicht voneinander trennen, und wir mußten hinüber an das andere Ufer, zwanzigtausend Mann, eine ganze Division.
Über den Autor:
Hanns Cibulka wurde 1920 in Jägerndorf/ Mähren geboren. Er lernte den Beruf eines Handelskaufmanns und erlebte die Kriegsjahre von Anfang bis Ende als Wehrmachtssoldat. Nach dem Krieg siedelte Cibulka nach Thüringen und begann ein Studium an einer Bibliothekarsschule. Für seine literarischen Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, unter anderem den Johannes-R.-Becher-Preis im Jahr 1978. Neben "Sonnenflecken über Pisa" schrieb Cibulka "Die Heimkehr der verratenen Söhne" (1996) und "Tagebuch einer späten Liebe" (1998).
Mein Eindruck:
Hanns Cibulkas Werk besteht hauptsächlich aus biographischem Inhalt, aber mit einer literarischen Sprache. In diesem Tagebuch aus dem Jahr 1943 ist Hanns Cibiulka als Soldat in Sizilien. Seine Tätigkeit ist Nachrichtensoldat, daher ist er nicht direkt in Kämpfe verwickelt, aber die Gefahr ist natürlich allgegenwärtig.
Hauptsächlich wird aber realistisch der Kriegsalltag geschildert. Cibulka hat aber auch einen Blick für die Schönheiten und Bedeutung des Landes. Manch Beschreibungen haben poetische Momente. Gespiegelt wird manches durch seine Lektüre, z.B. Goethe oder Ernst Jüngers Mamorklippen. Cibulka steht Jüngers Texten nicht unkritisch gegenüber, aber einen gewissen Zauber der Worte kann er sich nicht entziehen.
Viel Bedeutung hat für ihn auch Empedokles, der 495 v. Chr in Sizilien lebte.
Unterbrochen werden die literarischen Texte immer wieder durch Auszüge aus Lageberichte der Wehrmacht. Das wirkt immer wieder ernüchternd und macht deutlich, dass der Krieg keinen normalen Alltag zulässt.
Es gibt auch Passagen, die verstören, z.B. als Cibulka für längere Zeit als Musiker in einem Bordell spielte, in dem 20 polnische Frauen den deutschen Soldaten dienten und manche der Offiziere benahmen sich schlecht.
Auch ein Satz auf Seite 37 beeindruckt: "Ich bin auch heute noch bestürzt, wie unter dem Stahlhelm die Individualität des menschen in den Hintergrund tritt."
Man spürt das ganze Buch hindurch, dass das, was Hanns Cibulka erlebte und beobachtete authentisch war und ohne Illusionen. Obwohl das Buch schon 1979 veröffentlicht wurde, halte ich es immer noch für lesenswert.