'Alles, was wir geben mussten' - Kapitel 06 - 09

  • Die Frage sollte und muss schon erlaubt sein, wie weit "das System" bereit ist, zu gehen.

    Natürlich ist diese Frage erlaubt und das ganze Buch sollte zum Nachdenken anregen.


    Ich würde die Frage aber eher darauf gewichten, ob Menschen zu einem (solchen) Zweck gezüchtet werden dürfen und können; Wie aufmerksam man Menschenrechte beachten und einfordern sollte; Und wie wichtig ein Ethikrat in der Medizinforschung ist.


    Organspende als solche würde ich nicht so in Frage stellen. Ich habe seit meinem Erste- Hilfe-Kurs am Ende der Realschule einen Spenderausweis und habe vor einigen Jahrzehnten noch einen ausgefüllt und immer im Portmonee dabei.


    Natürlich gehe ich davon aus, dass Ärzte gewissenhaft mit Spendewilligen umgehen.

    Leider höre ich, dass der Engpass weniger an der Spendebereitschaft, sondern mehr an der Kapazität in den Krankenhäusern liegt. Das ist der eigentliche Skandal. :(

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Ich finde nicht, dass der Vergleich hinkt, im Gegenteil ist das Buch ein guter Anstoß zur Reflexion. Denn die derzeitige Realität hat noch nichts mit dem System im Roman zu tun. Die Frage sollte und muss schon erlaubt sein, wie weit "das System" bereit ist, zu gehen. Ishiguros Gedankenspiele sind ja eine logische Folge eines immer größer werdenden Bedarfs an Organspenden, einer immer älter werdenden Gesellschaft, einer immer geringeren Bereitschaft, selbst zu spenden.

    Das ist keine Verteidigung dieses Horrorszenarios, im Gegenteil.

    Genau das war auch mein Gedanke dazu. Wenn ich spende, möchte ich aber nicht, dass ein 80-Jähriger bevorzugt wird, weil er vielleicht mehr Geld hat, gegenüber einem jungen Mann oder Frau, die womöglich Kinder haben für die sie sorgen müssen. Im Buch wird das nun überhaupt nicht aufgegriffen, auch nicht, warum ein so großer Bedarf an Spendern besteht, weil es ja noch viele andere Einrichtungen wie Hailsham gibt, also auch noch viele andere gezüchtete Spender.

  • Ich habe ein echt interessantes Interview mit dem Autor über dieses Buch gefunden. Dabei geht er auch darauf ein, was es mit der Kunst und Kreativität in dem Buch auf sich hat.

    Und was er mit der Geschichte der Klone aufzeigen wollte: "Mir ging es darum, zu zeigen, wie sie ihr Schicksal akzeptieren und das Beste aus dem Leben zu machen versuchen, das sie haben."

    Hier der Link:

    In Seifenblasen leben wir alle

  • Ich habe ein echt interessantes Interview mit dem Autor über dieses Buch gefunden. Dabei geht er auch darauf ein, was es mit der Kunst und Kreativität in dem Buch auf sich hat.

    Und was er mit der Geschichte der Klone aufzeigen wollte: "Mir ging es darum, zu zeigen, wie sie ihr Schicksal akzeptieren und das Beste aus dem Leben zu machen versuchen, das sie haben."

    Hier der Link:

    In Seifenblasen leben wir alle

    Danke für den Link. Das lese ich erst nachher, hier möchte ich dem Buch folgen, um nach und nach zu erfahren, worum es geht.

  • Rouge  :wave Dieses Interview mit dem Autor ist sehr aufschlussreich.

    Ich hätte es vielleicht erst nach dem Ende der Lektüre gebracht. Aber vielleicht hilft es ja hier denen, die mit dem Lesen schlecht weiterkommen. :gruebel


    Danke für den Link. Das lese ich erst nachher, hier möchte ich dem Buch folgen, um nach und nach zu erfahren, worum es geht.

    :) Sehr vernünftig! Dazu gehört auch Selbstdisziplin. :thumbup:

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Danke für den Link. Das lese ich erst nachher, hier möchte ich dem Buch folgen, um nach und nach zu erfahren, worum es geht.

    Das ist gut so, Ich habe das Buch zwar beendet, hätte aber noch etwas warten sollen mit dem Lesen. Ishiguros Aussagen beeinflussen zu sehr die eigenen Gedankengänge zum Thema.

  • Genau das war auch mein Gedanke dazu. Wenn ich spende, möchte ich aber nicht, dass ein 80-Jähriger bevorzugt wird, weil er vielleicht mehr Geld hat, gegenüber einem jungen Mann oder Frau, die womöglich Kinder haben für die sie sorgen müssen. Im Buch wird das nun überhaupt nicht aufgegriffen, auch nicht, warum ein so großer Bedarf an Spendern besteht, weil es ja noch viele andere Einrichtungen wie Hailsham gibt, also auch noch viele andere gezüchtete Spender.

    Ja das Thema Organspende ist schon sehr schwierig und auch traurig. Meine Familie musste das leider selbst schon erleben. Vor 3 Jahren hätte ein Verwandter von mir dringend eine neue Leber benötigt. Er hatte Hepatitis. Es konnte kein geeigneter Spender in der verbleibenden Zeit gefunden werden. Er starb deswegen mit Anfang 40


    Ich möchte auch nicht derjenige sein, der da entscheiden muss, wenn mehrere Patienten auf ein Organ warten wer dann als erster an die Reihe kommt....

  • Ich finde nicht, dass der Vergleich hinkt, im Gegenteil ist das Buch ein guter Anstoß zur Reflexion. Denn die derzeitige Realität hat noch nichts mit dem System im Roman zu tun. Die Frage sollte und muss schon erlaubt sein, wie weit "das System" bereit ist, zu gehen. Ishiguros Gedankenspiele sind ja eine logische Folge eines immer größer werdenden Bedarfs an Organspenden, einer immer älter werdenden Gesellschaft, einer immer geringeren Bereitschaft, selbst zu spenden.

    Das ist keine Verteidigung dieses Horrorszenarios, im Gegenteil.

    Noch weiß man ja nichts über eventuelle gesellschaftliche oder politische Hintergründe innerhalb der Geschichte. Da wird sicher noch was an Information kommen, hoffe ich zumindest.

  • Für mich ist das große Problem, das der technische und medizinische Fortschritt immer einer gesellschaftlichen Diskussion über ihre Anwendungen zuvorkommt.

    Wir sehen das ja immer wieder - gerade jetzt bei den genetisch veränderten Babys in China - wenn es denn so stimmt.


    Eine echte Organspende, von Menschen, die sich bewusst entschieden haben, nach ihrem Tod ihre Organe zur Verfügung zu stellen, finde ich auch begrüßenswert.

    Wenn es aber dahin geht, dass man Menschen, eine Spendepflicht einreden will, dann bin ich völlig dagegen.

    Menschen sind keine Ersatzteillager und kein Mensch hat das Recht, von einem anderen eine solche Spende zu verlangen.

    Da geht die Debatte gelegentlich in eine Richtung, die mir nicht gefällt.


    Ich habe das auch mehrfach gehört, dass häufig die Mittel und Organisation gerade in kleineren Kliniken Organspenden geradezu verhindern.

    Da kann ich Tante Li nur zustimmen - das ist unglaublich.

  • Eine echte Organspende, von Menschen, die sich bewusst entschieden haben, nach ihrem Tod ihre Organe zur Verfügung zu stellen, finde ich auch begrüßenswert.

    Wenn es aber dahin geht, dass man Menschen, eine Spendepflicht einreden will, dann bin ich völlig dagegen.

    Menschen sind keine Ersatzteillager und kein Mensch hat das Recht, von einem anderen eine solche Spende zu verlangen.

    Da geht die Debatte gelegentlich in eine Richtung, die mir nicht gefällt.

    Das kann ich nur :write.

  • In Kapitel 7 platzt die Bombe. Obwohl genau das zu vermuten war, machen mich die offenen Worte der Aufseherin und die verhaltene Reaktion der Jugendlichen schon sprachlos. Ebenso wie die vermutete (und sicher auch angewendete) Taktik der AufseherInnen, den Kindern immer einen Tick zu früh irgendwelche Informationsbröckchen zu geben, sodass die Kinder das Gesagte nicht wirklich durchschauen und daher auch nicht auf die Idee kommen, es in Frage zu stellen, sondern unbewusst versuchen, es in ihr Weltbild zu integrieren, wo es dann verankert ist und später eben nicht mehr in Frage gestellt wird.


    Gehirnwäschemechanismen in Diktaturen lassen grüßen. :|

    Das ganze Projekt ist wohl durchdacht. Die Kinder sind von der Außenwelt total abgeschottet. Sie haben nur wenige Erwachsene als Bezugspersonen. Sie wissen wenig von der normalen Welt. Kaum Fernsehen, kein Internet, keine Zeitungen usw. Wenigstens werden sie nicht auch noch mit Strafen und Schlägen so unwissend und brav gehalten.

    Seltsam, wie die Kinder/Jugendlichen ihre Gefühle einordnen. Fast ist es, als würden sie sich dafür schämen bzw. sie sprechen nicht darüber.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

    Hanna Caspian - Im Takt der Freiheit


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Nur zum Zweck der Organspende geschaffen worden zu sein, erscheint mir für den Einzelnen doch sehr schwierig , aber bisher hörte ich keinerlei Aufbegehren. Das verwundert mich stark.

    Ich frage mich auch die ganze Zeit, was junge Menschen zum Aufbegehren bringt. Aber es fehlt irgendwie ein Anreiz von außen. Alles verläuft so ruhig und selbstverständlich und die Kinder unterliegen einer starken Gruppendynamik.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


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    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Die Vorstellungen der Kinder über ihre spätere Spende sind auch skurril - wie aus den Witzen, die sie darüber machen deutlich wird. Irgendwie denken sie wohl, eine Niere oder Leber wächst dann einfach nach (wie die Haut an Tommys Ellbogen) oder wird eh nicht fürs Überleben gebraucht.

    Ich habe ja das Gefühl, es ist ihnen schon klar, dass man nur eine begrenzte Anzahl an Spenden überlebt. Aber welches Kind spricht schon in dem Alter über Tod oder hat auch nur eine Vorstellung davon. Und wenn man glaubt, das wäre die eigene Bestimmung und man zudem nur von Gleich-Betroffenen umgeben ist, dann kommt man gar nicht auf die Idee, da könnte was falsch daran sein. Sie kennen keine anderen Kinder, die NICHT Spender sind.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


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  • Ich versteh immer noch nicht, was die künstlerische Begabung der Kinder mit ihrer Zukunft zu tun hat. Warum ist es Miss Lucy so wichtig, dass Tommy sich plötzlich doch noch Mühe gibt und das aufholt, was er verpasst hat? Sehr mysteriös das Ganze.

    Vielleicht geht es ihr eher um Tommys persönliches Glück.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


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  • Für die meisten Aufseher sind die Kinder eine Ware, jemand wie Miss Lucy, die sie als Menschen sieht, passt natürlich nicht ins System. Ob sie entfernt wurde oder von sich aus gegangen ist, erfahre ich hoffentlich noch.

    Ich glaube ja, die Aufseher tun sich alle schwer mit der Situation. Vor allem, wenn sie Spender näher an sich heranlassen. Oder wenn sie Jahre lang zusehen, wie die Kinder groß werden und dann ausgenommen werden, wie Weihnachtsgänse. Die Aufseher versuchen ihre Emotionen zu unterdrücken, aber nicht jedem gelingt das immer. Miss Lucy hat ja auch lange mitgemacht bis es bei ihr kippt.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


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    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Die Betreuer scheinen sich ja um alles rund um die Spender im Krankenhaus zu kümmern. Sie sind Ansprechpartner, Tröster, aber auch "Papierkramerlediger". So kommt es zumindest bei mir an.

    An einer Stelle stand, glaub ich, dass man erst Betreuer ist und dann eventuell Spender. Das finde ich besonders schräg. Erst zu sehen was mit den anderen passiert mit der Option, das einem das selber widerfahren wird. Unvorstellbar.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


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  • Und was er mit der Geschichte der Klone aufzeigen wollte: "Mir ging es darum, zu zeigen, wie sie ihr Schicksal akzeptieren und das Beste aus dem Leben zu machen versuchen, das sie haben."

    Ohne das Interview gelesen zu haben ist das mit der Kunst genau mein Gedanke. Sie sollen ihr Leben so gut wie möglich gestalten - auch wenn es nur kurz ist. Damit rechtfertigen sich auch ihre "Erschaffer". Nicht die Länge des Lebens wäre wichtig, sondern, was man schafft und wie man es ausfüllt.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Ninni Schulman - Den Tod belauscht man nicht

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