Geir Lippestad - Ich verteidigte Anders Behring Breivik. Warum? Meine schwierigste Strafverteidigung
Inhalt:
Anders Breivik tötete bei seinem Terrorangriff in Norwegen 77 Menschen. Geir Lippestad, sein Verteidiger, beschreibt, was ihn dazu bewogen hat, das Mandat anzunehmen, und wie es möglich war, mit dem brutalen Attentäter zusammenzuarbeiten. Ein emotionales Plädoyer für die Werte unserer Demokratie: Für Rechtsstaatlichkeit, Freiheit, Menschlichkeit und Toleranz. Eine Botschaft, die aktueller nicht sein könnte.
"Ich arbeite nicht für den Mörder. Ich arbeite für ein System, auf das ich unendlich stolz bin."
Meine Meinung:
Das Buch hat definitv gute Ansätze und ich mag Lippestads Erzählweise. Am Ende betont er mir allerdings das ein oder andere Mal zu oft, dass wir eine wertebasierte Gesellschaft brauchen, um das, was Anders Behring Breivik getan hat, gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Das ist jetzt keine inhaltliche Wertung, sondern zielt einfach nur auf die Häufigkeit dieser Betonung im Buch ab.
Seine Rolle als Strafverteidiger fasst Lippestad erfreulich knapp und präzise zusammen und bleibt unverrückbar auf diesem Standpunkt, was ich sehr positiv fand, auch und gerade, wo er den Umgang mit den Medien schildert. Seine Kollegen sind damals für mich nicht so sichtbar gewesen und es war schön zu lesen, wie hinter den Kulissen sehr darauf geachtet wurde, dass die Verteidigung auch wirklich mit einer Stimme sprach, obwohl das nicht immer bedeutete, dass sich auch alle einig waren.
Die Rollen der Medien und der Nebenklagevertreter wurden auch nochmals deutlich gemacht.
Daneben erfährt man die Hintergründe für Lippestads Wahl, Jura zu studieren und ich fand es im Vergleich mit der später so oft betonten Wertegesellschaft auch schockierend zu lesen, dass jemand mit demselben guten Elternhaus, derselben Bildung, denselben Freunden und Hobbies für ein sehr großes Verbrechen verantwortlich war und sich diese Leben so stark auseinander entwickelt hatten. Woran das liegt, vermag auch der Autor nicht zu sagen.
Zudem erfahren wir ein wenig über seine familiäre Situation und insbesondere eines seiner behinderten Kinder.
Angenehm fand ich, dass Lippestad wenig über sich selbst wertet bzw. über die Verteidigung im Prozess, sondern die Wertung des Prozesses stark dem Leser überlässt.
Nichtsdestotrotz hätte ich mir mehr erwartet, als das Buch letztlich bieten konnte, wahrscheinlich konnte es das allerdings wirklich nicht, auch und wegen der Schweigepflicht.
So ist das Buch eine flammende Rede für mehr Humanität.
7 Punkte.