Mit anderem Blick – Christa Wolf

  • Taschenbuch: 191 Seiten

    Verlag: Suhrkamp Verlag

    ISBN-10: 3518458272

    ISBN-13: 978-3518458273


    Kurzbeschreibung:

    Bald nach der Wende verbrachte Christa Wolf längere Zeit in Santa Monica als Fellow des Getty Center, Los Angeles. Weit im Westen, unter für sie fremden gesellschaftlichen Verhältnissen, blickt sie auf ihr Leben in der DDR zurück und läßt Erinnerungen aufsteigen. Die Themen und Motive, die Christa Wolfs Arbeiten berühmt gemacht haben, stehen in diesen neun Erzählungen ebenso im Mittelpunkt wie die – heiter-ironische – Auskunft darüber, was ihre Welt im Innersten zusammenhält.


    Über die Autorin:

    Christa Wolf, geboren 1929 in Landsberg/Warthe (Gorzów Wielkopolski), lebte in Berlin und Woserin, Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen, darunter dem Georg-Büchner-Preis, dem Thomas Mann Preis und dem Uwe-Johnson-Preis, ausgezeichnet. Sie verstarb 2011 in Berlin.


    Mein Eindruck:

    Dieser Band aus dem Jahr 2005 enthält späte Erzählungen der bedeutenden Autorin:

    - Nagelprobe - Im Stein - Assoziationen in Blau - Begegnungen Third Street - Fototermin L. A. – Wüstenfahrt - Er und ich - Herr Wolf erwartet Gäste und bereitet für sie ein Essen vor - Donnerstag, 27. September 2001


    Davon ist die letzte eigentlich keine Erzählung, sondern Teil von Christa Wolfs langjährigem Projekt, immer eine Tag, den 27.09, eines Jahres zu beschreiben. 2001 war der noch stark von den Ereignissen des 11.09 und der unmittelbaren Folgen geprägt.


    Einer der amüsantesten Texte von Christa Wolf überhaupt ist „ Herr Wolf erwartet Gäste und bereitet für sie ein Essen vor“, der einen einseitigen Dialog enthält, bei dem Christa Wolfs Mann Gerhart diverse Möglichkeiten durchdenkt, was für ein Essen er seinen Gästen vorsetzen will, dabei geht es von Fisch über Fleisch, von einfach bis extravagant mit all den Vor- und Nachteilen.

    Für mich war diese Story ein Highlight.


    Doch zurück zum Anfang des Buches. Nagelprobe ist für mich auch keine richtige Erzählung sondern essayistisch-sprachliche Spielerei.


    „Im Stein“ von 1996 schildert die Vorbereitung zu einer Operation und der träumerische Zustand der Narkose, der zu phantastischen Sprachbildern führt. Die Ausgangsposition erinnert mich an Christa Wolfs Buch Leibhaftig von 2002. Vieleicht ein kleiner Vorläufer davon, aber sprachlich ganz anders ausgeführt.


    Es folgt „Assoziationen in Blau“. Ein Beitrag zu einer Anthologie , in der Äußerungen zu einer Zeile aus Pablo Nerudas Buch der Fragen versammelt wurden.


    „Begegnungen Third Street“ und die beiden darauf folgenen Stories speisen sich aus Christa Wolfs USA-Aufenthalt. Etwas, dass sie später in ihren groß angelegten Buch Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr.Freud verarbeitete.


    „Er und ich“ ist eine sehr lesenswerte und aufschlussreiche Hommage von Christa Wolf an ihren Mann Gerhard Wolf.


    Der autobiographische Gehalt der Texte ist groß. Vielleicht auch deswegen ist Mit anderem Blick sicher kein geeigneter Einstieg in Christa Wolfs Werk, aber als Ergänzung zu ihren großen Romanen sind die Erzählungen ein Genuß.