Die Briefträgerin - Andrea Karimé

  • Kurzbeschreibung (www.konkursbuch.de)


    Sara, eine junge arabisch-deutsche Autorin, muss einen Roman schreiben. Es gelingt ihr nicht zu beginnen, bis sich wie durch einen Zauber ihre Geschichte selber schreibt. Sie erzählt ihrer fernen Freundin von ihrer ersten großen Liebe zu Hamida, der Frau, die eines Tages in dem kleinen libanesischen Dorf, in dem Sara als 17-jährige wohnte, die Post in Vertretung ihres kranken Onkels brachte. Nachdem der Vater einige Zeit später Sara und Hamida in Unterhosen im Schlafzimmer erwischt hatte, verschwand Hamida.


    Erst Jahre später, als Sara ihrer Freundin nach Paris hinterherreist, lüftet sich nach und nach das Geheimnis um die verschwundene Briefträgerin...


    Ein Frauenliebesroman mit ungewöhnlichen und aufregenden erotischen Bildern.



    Die Autorin


    Andrea Karimé, arabisch-deutsche Autorin, lebt in Köln, Studium der Musik- und Kunsterziehung, beraterisch-pädagogische tätigkeit mit ausländischen Frauen, Weiterbildung zur Poesiepädagogin, Grundschullehrerin. Veranstaltungen als Geschichenerzählerin, Künstlerische Arbeit mit Fotografien & Texten, Veröffentlichungen in Anthologien. Dies ist ihr erster Roman.


    Leseprobe



    Meine Meinung


    Eines der Bücher, bei denen die Aufmachung Programm ist: Es enthält einige künstlerische Fotografien, die die Autorin gemacht hat, es ist etwas kleiner als normal, es hat diesen Einband mit Innenklappen... und es ist mit 10 Euro verflixt teuer, wenn man bedenkt, dass die 216 Seiten gnadenlose Makulatur sind: Wenn ihr euch die oben verlinkte Leseprobe anschaut, müsst ihr euch vorstellen, dass der erste Absatz ziemlich genau eine halbe Seite füllt. Wenn das bei Sarah Dreher so gewesen wäre, dann wäre meine Übersetzung schneller fertig gewesen... So war es gestern Abend gerade etwas für den "hohlen Zahn" vorm Einschlafen - in knapp zwei Stunden war es durch.


    Dabei waren die ersten Seiten nicht ganz einfach... es ist nämlich auch noch eins der Bücher, die durch einen anspruchsvollen Erzählstil auf sich aufmerksam machen. Mitten rein in die Gedanken und Gefühle, ohne erst einmal zu erklären, wer wer ist, von hinten durch die Brust ins Auge, und wer nicht mitkommt, ist des anspruchsvollen Buchs nicht würdig.


    Zum Glück ändert sich das im Laufe der Seiten. Es bleibt zwar anspruchsvoll zu lesen, aber ich war irgendwann nicht mehr verloren, sondern konnte der Ich-Erzählerin bei ihren Zeitsprüngen einigermassen folgen... so gut, wie sie es selbst kann, denn auch für sie vermischen sich allzu oft die Erfahrung im Libanon, als sie 17 war, und das Leben heute als erwachsene Frau in Deutschland. Die erste lesbische Erfahrung im Haus ihres Vaters mit der geheimnisvollen Hamida und ihre jetzige Beziehung mit Houda, auch sie im familiären Spannungsfeld zwischen der arabischen Welt und Deutschland. Auch Träume und Wirklichkeit kann Sara nicht immer auseinanderhalten, und ihre LeserInnen erleben das Erwachen genauso verwirrt und doch um Erkenntnisse reicher wie sie.


    Also... der Anfang ist schwierig, die Mitte lohnt sich. Der Schluss war mir dann auf einmal zu "klar", zu "schnell", nachdem ich die Andeutungen, die Verwirrungen, geniessen gelernt hatte. Den Schluss hätte ich mir "zauberhafter" gewünscht. Aber vielleicht ging das nicht - das wirkliche Leben als arabischstämmige Frau im Westen ist vielleicht nicht "zauberhaft" genug.


    Trotz des krimiähnlichen Endes auf jeden Fall aber ein ausserordentlich sinnliches Buch, das sich auch schwüle orientalische Stimmungen zunutze macht: "Feigen und Honig verkochen lassen zu lächelndem Schnee, das ist das Wunder, das ist das Wunder, sprach Hamida zu ihren Freundinnen."

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)