Inhalt:
Weil sich kaum noch jemand an die Zehn Gebote hält kündigt Gott den stellvertretend mit Moses geschlossenen Bund mit der Menschheit auf. Es soll ein Wesen geschaffen werden, das mit der Zurückbringung der Gesetzestafeln beauftragt wird. Um diesen himmlischen Plan zu erfüllen werden zwei mögliche biologische Väter, der Sternenforscher und Halbjude Max Delius und das Sprachengenie Onno Quist sowie als Mutter die Musikerin Ada Brons und der Sohn Quinten Quist als Hauptperson auserwählt.
Der Roman erzählt die Geschichte der Freundschaft zwischen Max und Onno, die Entwicklung und Erziehung des Quinten Quist, schildert die Schicksalsschläge seiner unmittelbaren Umgebung und die geschichtlichen Hintergründe des 20. Jahrhunderts. Viele Exkursionen in die Welt der Philosophie, der Architektur, der Musik und der Mathematik begleiten den Leser durch das Buch. Die Judenverfolgung im Dritten Reich kommt ebenso zur Sprache wie der Fortschritt der Technik, der Sumpf der Politik, die Revolution in Kuba. Themen wie Euthanasie, Abtreibung, Verfall der Gesellschaft, die Frage nach Gott und dem Glauben werden eingehend behandelt und von vielen Seiten beleuchtet.
Bis zuletzt dreht sich dieser Entwicklungs-, Liebes-, Gesellschafts-, Bildungs- und Abenteuerroman um die Freundschaft zwischen Max und Onno. Dabei kommt auch subtiler Humor nicht zu kurz.
Meine Meinung
Ein Meisterwerk. Das sprachliche Ausdrucksvermögen des Schriftstellers ist sehr beeindruckend, die Exkursionen in die Wissenschaften sind für den Laien nicht immer nachvollziehbar und verständlich, an vielen Stellen war es hilfreich, Freund Google zu Rate zu ziehen.
Ein sehr intensives Buch, ein Buch zum Nachdenken, ein Buch, das unsere jüngere Vergangenheit wieder ins Licht rückt und von vielen Seiten beleuchtet und ein Buch, das aufgrund der oft unvorhersehbaren Wendungen trotz fast 800 Seiten immer spannend bleibt und auch ein Buch, bei dem der Humor nicht zu kurz kommt.
Nicht umsonst sagte Harry Mulisch selber über sein Werk „Ein heiteres Spiel, ein ernster Scherz.“
Zum Autor:
Harry Mulisch, geb. am 29.7.1927 in Haarlem ist Sohn eines ehemaligen österreichischen Offiziers und einer Frankfurter Jüdin. Sein Vater Karl Viktor Kurt Mulisch ist während der Zeit der deutschen Besetzung der Niederlande (1940-45) Personaldirektor einer Bank, die konfisziertes jüdisches Eigentum verwaltete. Für diese Tätigkeit muss der Vater nach dem Krieg 3 Jahre in ein Internierungslager, er kann jedoch durch seine Position die jüdische Ex-Gattin und den Sohn vor den Deutschen schützen.
Diese Bindung Mulischs zwischen Verfolgung wegen seiner jüdischen Herkunft einerseits (über die Mutter) und der Kollaboration mit den nationalsozialistischen deutschen Besatzern andererseits (über den Vater) prägt ganz erheblich sein schriftstellerisches Werk. Mulisch kann mit Recht von sich behaupten, er sei der Zweite Weltkrieg.
Harry Mulisch ist 1961 Berichterstatter beim Eichmann-Prozess in Israel. Daraus entsteht eine Reportage Strafsache 40/61, die 1963 mit dem Vijverberg-Prijs ausgezeichnet wird.
Weltweite Beachtung findet sein 1992 erschienener Roman "Die Entdeckung des Himmels", der das Verhältnis von Wissenschaft und Religion auf mystische Weise behandelt.
Das literarische Schaffen Mulischs umfasst ein weites Spektrum aus journalistischen Arbeiten, Erzählungen, Romanen, Dramen, Lyrik, Opernlibretti und philosophischen Essays. Mulisch wurde in seinem Heimatland mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Staatspreis für Literatur (1977) und dem Niederländischen Literaturpreis (1995).