Lady Trents Memoiren 03: Die Reise der Basilisk - Marie Brennan

  • Verlag: Cross Cult

    Seiten: 416

    Format: Klappenbroschur

    Originaltitel: The Memoires of Lady Trent 3: Voyage of the Basilisk

    Übersetzung: Andrea Blendl


    Klappentext:

    Bereits vor vielen Jahren berichtete Lady Trent von ihren Erlebnissen an Bord des königlichen Forschungsschiffs Basilisk, doch die wahre Geschichte dieser bahnbrechenden, nervenaufreibenden und skandalösen Seereise wurde nie enthüllt - bis jetzt.


    Sechs Jahre nach ihren riskanten Abenteuern in Eriga bricht Isabella zu ihrer bisher ehrgeizigsten Expedition auf: einer zwei Jahre langen Reise um die Welt, um Drachen an jedem Ort zu erforschen, an dem man sie finden kann. Die Forschung ist natürlich der Hauptzweck dieser Reise, aber Isabellas Leben ist selten so simpel. Sie muss mit Stürmen, sinkenden Schiffen, Intrigen und Kriegen zurechtkommen, gerade als sie eine Entdeckung macht, die eine revolutionäre neue Sichtweise auf die uralte Geschichte der Drachen eröffnet.


    Über die Autorin:

    Marie Brennan plündert regelmäßig ihr wissenschaftliches Fachwissen in Anthropologie, Archäologie und Völkerkunde für schriftstellerische Zwecke. Sie schrieb mehr als vierzig Kurzgeschichten sowie zahlreiche Fantasyromane. Mit „Die Naturgeschichte der Drachen“, dem ersten Band der Reihe „Lady Trents Memoiren“, erscheint nun ihr vielversprechendster Titel erstmalig in deutscher Sprache.


    Meine Zusammenfassung:

    Es sind ein paar Jahre ins Land gegangen, sechs um genau zu sein, seit Isabella Camherst auf ihrer letzten Expedition zur Erforschung der Drachen in Mouleen war. In der Zwischenzeit hat sich einiges in ihrem Leben ereignet. Da ist natürlich ihr Sohn Jake, der nun 9 Jahre ist, ein Alter in dem sie deutlich mehr mit ihm anzufangen weiß, als zu Beginn, seine Erziehung und vor allem seine Bildung liegen Isabelle sehr am Herzen. Sie hat den Landsitz ihres Mannes verkauft, nicht zuletzt auch weil Expeditionen und Forschung eine Menge Geld kosten, ebenso wie die Erhaltung eines solchen Landsitzes, und ist mit ihrem gesamten Haushalt in das Stadthaus in Falchester gezogen. Dort hat sich in der Zwischenzeit eine, ursprünglich aus der Suche nach einer gebildeten Gouvernante geborene, Institution gebildet, die als „Fliegende Universität“ bekannt werden sollte: ein Zirkel interessierter Hobby- und Berufsgelehrter beiderlei Geschlechts und jeglicher Forschungsrichtung, der sich wöchentlich bei Isabella trifft um Bücher bei ihr auszuleihen und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse mit den anderen Gästen leidenschaftlich zu diskutieren.


    Isabella muss weitere Geldquellen und Finanziers erschließen, denn ihr nächster Plan, eine Rundreise per Schiff um die Welt um Drachen und Drachenverwandte zu erforschen, ist eine ziemlich kostspielige Idee. Eine dieser Quellen wird ein fortlaufender Reisebericht sein, den sie an den „Winfield-Kurier“ verkauft hat und den sie regelmäßig liefern muss. Jake zurückzulassen ist für sie diesmal keine Option mehr, der Junge wird mitsamt Gouvernante (die, wie oben schon geschrieben, sehr sorgfältig ausgewählt wurde) zum Teil der Forschungsreise und es macht den Anschein, als hätte Isabella ihm keine größere Freude machen können. Insgeheim ein bisschen enttäuscht über sein nicht allzu ausgeprägtes Interesse an Drachen, stellt sie nun fest, dass er durch diese Reise seine eigene Obsession entdeckt: das Meer und alles was damit zu tun hat.


    Auf dem Forschungsschiff „Basilisk“ unter Kommando von Kapitän Dione Aekinitos ziehen sie schließlich los auf ihrer Fahrt um den Globus. Es werden Seeschlangen im Nordmeer und im Südmeer erforscht, gefiederte Quetzalcoatls in Otholé, Drachenschildkröten, yelangesische Erddrachen, Komododrachen und an Vulkanen lebende Feuereidechsen. Alles in der Hoffnung, eine allgemein gültige Taxonomie zur Einordnung von Drachen und der Spezies zugehörigen Verwandten zu erstellen.


    Meine Meinung:

    Es wurde ja schon in den anderen Bänden immer mal wieder auf andere Bücher die Lady Trent so in ihrem Leben geschrieben hat verwiesen, aber in diesem kommt das besonders häufig vor, vermutlich auch deshalb, weil es ihre am besten dokumentierte Reise ist (laut eigener Aussage). Ich habe mich auf jeden Fall das eine oder andere Mal fast ein bisschen geärgert, weil ich auf die verwiesene Passage, sei es aus den Winfield-Kurier-Artikeln oder ihrem Buch keinen Zugriff habe. Theoretisch gäbe es hier also genug Material zum Auffüllen, sollte Marie Brennan je das Bedürfnis verspüren in Lady Trents Welt zurückkehren zu wollen. :lache


    Ziemlich zu Beginn des Buches gibt es eine Verbindung zu Isabellas Erlebnissen in Bayembe und Mouleen, was mich sehr gefreut hat. Die Bücher greifen also ein Stück wie Zahnräder ineinander, es ist nicht so, dass ein Buch abgeschlossen ist und man dann von diesem Land / den Leuten dort nie wieder etwas hört. Auch wenn es nur eine kurze Episode in „Die Reise der Basilisk“ war, lassen die Andeutungen darauf schließen, dass sich hier Dinge ereignen, die noch einmal von Bedeutung sein werden und ich bin gespannt was die Folgen davon sind.


    Jake spielt hier erwartungsgemäß eine größere Rolle, er ist wie erwähnt zu Beginn der Reise 9 Jahre alt und das Verhältnis zu seiner Mutter ist um sehr vieles besser. Ich mochte den Jungen auch, seine Faszination für Schiff und Meer und das Leben der Seeleute hat mich ein bisschen an alte Abenteuergeschichten wie z.B. „Die Schatzinsel“ denken lassen. Aber Jake hat auch stille Momente, in denen er in sich gekehrt ist und ins Grübeln kommt. Das gibt Anlass zur Hoffnung, dass aus ihm mal ein feiner junger Mann werden wird. Vielleicht wird er ja ein Meeresforscher.


    Durch die Weltreise sind die Schauplätze diesmal ziemlich verstreut und entsprechend unterschiedlich. Es werden Länder besucht die an Südamerika und China erinnern. Die Inseln des Zerklüfteten Meeres haben mich manchmal an pazifische, manchmal an indonesische Inseln erinnert. Der Kapitän entstammt der Nichäischen Kultur die man wohl mit Griechenland gleichsetzen kann, was mich zu der Vermutung verleitet der Akhier Suhail könnte ein Türke sein (die beiden Kulturen scheinen eine jahrhundertealte Fehde zu pflegen). Diese neue Figur fand ich im Übrigen sehr sympathisch und ich glaube, auch von ihm haben wir noch nicht das letzte gesehen. :)

    Ich weiß, man sollte vermutlich nicht krampfhaft versuchen alle Orte in unsere Welt zu übersetzen, aber irgendwie passiert das in meinem Kopf ganz automatisch und ich mache mir inzwischen sogar einen Spaß daraus mit den zur Verfügung stehenden Informationen zu erschließen, um welches Land / welche Kultur es sich handeln könnte. Wer das nicht mag muss das natürlich nicht tun. ;-)

    Im Übrigen gab es zwei Namen über die ich ein bisschen gestolpert bin beim Lesen. Zum einen wäre das Heinrich von Kleist, der es offenbar irgendwie in dieses Paralleluniversum geschafft hat (vielleicht ist die Autorin ja ein Fan), zum anderen die Komododrachen. Meines Wissens haben die Warane den Namen von der Insel auf der sie leben und da die Länder hier ja generell anders heißen hat mich das ein wenig verwundert. Ich halte das allerdings nicht für ein Versehen sondern durchaus für Absicht.


    Vom Gesamteindruck des Buches muss ich allerdings im Vergleich zu „Der Wendekreis der Schlangen“ sagen, dass es mich ein bisschen weniger begeistern konnte. Der Grund ist für mich nicht so ganz genau festmachbar und natürlich wie alles andere auch sehr subjektiv. So schön das herumkreuzen in der Weltgeschichte und die vielen verschiedenen Drachen auch sind, bedingt durch die Vielfalt bleibt dafür weniger Zeit und bleibt daher vergleichsweise oberflächlich. Erst ab dem Besuch auf der Insel Keonga geht die die Handlung und vor allem die Betrachtung der dort lebenden Kultur wieder in die Tiefe und die Legenden und Sitten der Inselbewohner üben auf mich die gleiche Faszination aus wie in Mouleen. Vor allem das Konzept der „Drachenseele“ (mehr kann ich dazu leider nicht schreiben ohne zu spoilern :) ), welches ich ähnlich von anderen Kulturen aus unserer Welt kenne.

    Was ich ebenfalls als eine Art vertane Chance betrachtet habe, war die Figur des Kapitän Aekinitos. Lady Trent baut die Erwartungshaltung für ihn ziemlich hoch auf, als sie bei seiner ersten Erwähnung schon verlauten lässt, dass sie sich zusammenreißen muss ihn nicht jedes Mal „den verrückten Dione Aekinitos“ zu nennen, da er jede schwierige Situation nur als Herausforderung betrachtet und er in seiner Zeit schon viele Seeleute verschlissen hat, die das nicht alles mitmachen wollten. Man erwartet also nicht einfach nur irgendeinen Seebären sondern einen waghalsigen Draufgänger, dem vielleicht tatsächlich ein bisschen der Wahnsinn aus den Augen schaut... Allerdings tut der Gute während des ganzen Buches meiner Meinung nach nichts, was das Adjektiv in besonderem Maße rechtfertigen würde. Sollte er nicht in einem späteren Buch nochmals auftauchen und sich besonders tollkühn hervortun, wirkt er auf mich einfach wie ein ganz normaler, erfahrener und manchmal auch etwas griesgrämiger Kapitän.


    Eigentlich sollte es zu diesem Zeitpunkt schon überflüssig sein, die wunderbaren Zeichnungen von Todd Lockwood zu erwähnen, die Cover und Innenteil schmücken, aber hier möchte ich nochmal explizit auf ersteres eingehen, weil es das Cover war, das mich überhaupt erst auf diese Reihe aufmerksam gemacht hat. Dieser wissenschaftlich anmutende Größenvergleich zwischen einer Seeschlange und diversen anderen Tieren (darunter auch Menschen) in Verbindung mit der Qualität der Zeichnung haben mich magisch angezogen.


    Fazit: Ich kann zum Glück feststellen, dass ich es nach wie vor nicht bereue, alle drei verfügbaren Bände auf einen Schlag gekauft zu haben. Trotz kleiner Negativpunkte in diesem Band, bin ich nach wie vor von der Reihe überzeugt und freue mich schon sehr auf November, wenn Band 4 auf Deutsch erscheint.


    51U6WnStT-L.jpg

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Diesen Bonus musste ich jetzt einzeln packen, weil das Forum gemeckert hat, dass der Beitrag zu lang wäre. :lache


    Bonus:

    Ich habe überlegt ob ich dafür eine eigene Rezi schreiben soll, aber letzten Endes handelt es sich bei der aktuell nur auf englisch als eBook verfügbaren Kurzgeschichte „From the Editorial Page of the Falchester Weekly Review“ nur um eine sehr kurze Episode von gerade mal 17 Seiten (laut Angabe bei amazon). Zeitlich ist die Kurzgeschichte nach „Die Reise der Basilisk“ einzuordnen, allerdings spoilert man sich auch nicht groß, wenn man sie bereits davor liest. Es geht dort um einen öffentlich in einer Zeitung ausgetragenen Briefwechsel zwischen Isabella und einem Gentleman, der in eben jener Zeitung verkünden lies, dass er einem Exemplar des legendären Cockatrice habhaft geworden sei. Der daraus entstandene Dialog ist ein herrliches aber leider nur sehr kurzes Beispiel dafür, wie spitzfindig-giftig Forscher miteinander umspringen können. :grin


    51K5ZER90gL.jpg

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda