Philippe Besson: Hör auf zu lügen

  • Philippe Besson: Hör auf zu lügen

    Verlag: C. Bertelsmann 2018. 160 Seiten

    ISBN-10: 3570103412

    ISBN-13: 978-3570103418.20€

    Übersetzer: Hans Pleschinski

    Originaltitel: Arrête avec tes mensonges


    Verlagstext

    Philippe ist 17 Jahre alt und ein Außenseiter. Als hochbegabter Sohn des Schuldirektors, der wenig Kontakt zu den Mitschülern hat, lebt er in einem französischen Provinznest. Er fühlt sich von seinem Klassenkameraden Thomas, einem geheimnisvollen und charismatischen Winzersohn, angezogen und ist ganz verblüfft, als dieser sein Interesse erwidert. Thomas wird seine erste und große Liebe. Eine Liebe, die nur im Verborgenen gelebt werden darf und die für Thomas tragisch endet, weil er, geprägt durch die ländlichen Konventionen, seine sexuelle Identität sein Leben lang verleugnen wird. Ein authentischer und tief berührender Roman über Liebe und Identitätsfindung.


    Der Autor

    Philippe Besson wurde 1967 in Barbezieux, einem Dorf in der Charente, geboren. 1989 ging er nach Paris, wo er zunächst als Jurist und Dozent für Sozialrecht arbeitete. 2001 erschien in Frankreich sein erster Roman »Zeit der Abwesenheit« (dt. 2008). Fortan veröffentlichte er fast jährlich einen neuen Roman. »Hör auf zu lügen« basiert auf seiner eigenen Lebensgeschichte und wird derzeit in zehn Sprachen übersetzt.


    Inhalt

    Mit 11 Jahren wusste Philippe, dass er Jungen liebte. Ein Mann wird nicht durch äußere Einflüsse homosexuell, er ist es von Jugend an. Der Junge wächst als Sohn eines Dorfschullehrers in der Charente auf; sein Vater unterrichtet alle 7 Schuljahre gemeinsam in einem Klassenraum. Schon früh werden Philippe soziale Grenzen aufgezeigt. Dass er bei der Weinlese hilft wie alle Kinder, schickt sich für den Sohn des Dorfschullehrers nicht. Vermutlich traut ihm auch niemand die körperliche Arbeit zu. Flexibler reagiert die Bäuerin, bei der er die Milch holt. Sie lässt ihn melken und lobt sein Talent dafür. Kurzsichtig und unsportlich, steht Philippe dem Spott seiner Mitschüler hilflos gegenüber. Er ist ein phantasievolles Kind, dessen Geschichten seine Mutter als kindliche Lügen einordnet. 6 Jahre später wird der Musterschüler in der Mathematik-Klasse seines Gymnasiums das Abitur ablegen. Lernen garantiert Aufstieg und ist damit der Weg direkt zum Glück; anders kennt der 17-Jährige es nicht. Aus einer Mathe-Klasse führt der Weg direkt zu den französischen Eliteschulen, den Grandes Écoles. Ein normales Studium oder eine Ausbildung als Lehrer wirkt im Vergleich dazu wie ein Versagen.


    Seinen ersten erotischen Blick wirft Philippe auf Thomas aus seiner Parallelklasse, eine unmögliche Liebe, davon ist er überzeugt. Doch Thomas bahnt - höchst konspirativ – Wege für ihre Beziehung. Nicht allein ihre Homosexualität lässt ihre Liebesbeziehung unmöglich erschienen, stärker noch steht den Jungen ihre gegensätzliche Herkunft im Weg. Philippe wird für immer fortgehen aus dem Dorf, sich dem vorgezeichneten Weg beugen – und Thomas weiß das bereits jetzt. Für ihn gibt es darüber nichts zu diskutieren. Er wird als einziger Sohn den elterlichen Weinbau einmal fortführen und sich der Verpflichtung gegenüber seiner Familie und deren Religion beugen. Einer Verpflichtung, die er in seiner Liebesbeziehung entschieden ablehnt.


    23 Jahre später ist Philippe erfolgreicher Autor und in Bordeaux zu einer Signierstunde unterwegs, als er meint, Thomas Ebenbild zu entdeckt. Weitere Jahre später sucht der junge Mann mit der verstörenden Ähnlichkeit zu Philippes großer Liebe Kontakt zu Philippe und konfrontiert ihn mit den Lügen seines Erwachsenlebens.


    Fazit

    Philippe Besson schreibt sich als Erwachsener rückblickend die Geschichte seiner ungelebten großen Liebe von der Seele. Ein intensiver, berührender und verstörender Text, in dem ich Atempausen benötigte, um das Geschehene zu verarbeiten. Beeindruckt hat mich in erster Linie die Entschiedenheit des jungen Philippe, mit der er seine sexuelle Orientierung erlebt, verstört die Verstrickung der beiden Jungen in vorgezeichnete Lebenswege, die keine Kompromisse zulassen.


    10 von 10 Punkten