Ulrich Schacht - Grimsey. Eine Novelle

  • Titel: Grimsey. Eine Novelle

    Autor: Ulrich Schacht

    Verlag: Aufbau

    Erschienen: August 2015

    Seitenzahl: 189

    ISBN-10: 3351036183
    ISBN-13: 978-3351036188

    Preis: 19.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:

    Das kleine Flugzeug hat ihn, den Mann in der Mitte des Lebens, direkt von Akureyri nach Grimsey gebracht. Die winzige isländische Insel im Nordmeer, durch die der Polarkreis verläuft, ist für ihn, der schon viel herumgekommen ist, der fünfte arktische Boden, den er betritt. Fast ist es so, als sammele er Inseln. Sein Weg führt ihn über das karge Eiland, hinein in eine Kirche, in der ein merkwürdiges Summen tönt: Fliegen sind es, unzählige Fliegen, aber auch schon tote, verknäult, verklumpt. Draußen, in der Einsamkeit und Natur, Erinnerungen an früher, als er Kind war und Sandinseln am Strand baute, als er ein Junge war und Altpapierlager nach Büchern durchstöberte, als er ein Mann wurde, sich auflehnte und verhaftet wurde. Er, der Fotograf, Berichterstatter und Chronist, braucht Nahrung und neue Filme, trifft freundliche Einheimische, sieht immer wieder einen kleinen Jungen, alles scheint ganz normal, wenn da nicht die weißen Flecken wären, in den Wiesen. Die weißen Flecken werden mehr, und schließlich erkennt er, es sind tote Möwen. Was hat das zu bedeuten, hier, wo die Stille Musik, wo die Landschaft eins mit ihm ist?


    Der Autor:

    Ulrich Schacht wurde 1951 im Frauengefängnis Hoheneck geboren und wuchs in Wismar auf. 1973 in der DDR wegen "staatsfeindlicher Hetze" zu sieben Jahren Freiheitsentzug verurteilt, wurde er 1976 in die Bundesrepublik entlassen. Dort arbeitete er als Feuilletonredakteur und Chefreporter Kultur für Die Welt und Welt am Sonntag. Schacht erhielt verschiedene Preise, Auszeichnungen und Literaturstipendien, u. a. den Theodor-Wolff-Preis für herausragenden Journalismus. Er gilt als ein streitbarer Publizist, der sich nicht Konventionen, sondern einer humanistischen Tradition verpflichtet fühlt. Seit 1998 lebt Ulrich Schacht als freier Autor in Schweden. Ulrich Schacht ist vor wenigen Tagen am 16. September 2018 gestorben.


    Meine Leseeindrücke:

    Diese Buch ist kaum greifbar – aber das macht es eben zu einem echten Leseerlebnis. Als Leser kann man eigentlich nicht zwischen Fiktion und Realität trennen, also bleibt einem nichts anderes übrige, als sich durch die Worte die zu Sätzen werden, treiben zu lassen. Stilistisch ein wirklicher Hochgenuss. Es ist auch eine Rückbesinnung auf sich selbst, eine Rückbesinnung ohne Hektik in der Stille – eine Rückbesinnung die ermuntert, aber über deren tieferen Sinn man ganz sicher endlos diskutieren und philosophieren kann.

    Ulrich Schacht ist der Beweis dafür, dass es immer noch Autoren gibt – viele sind es ja leider nicht mehr – die etwas zu sagen und mitzuteilen haben, die dafür aber auch mitdenkende Leser brauchen. Nicht diese fürchterlichen Leserinnen und Leser, die ohne eigenen Gehirnschmalz sich nur berieseln lassen wollen. Schacht stellt Ansprüche an sein „Lesevolk“ - gibt diesem Lesevolk aber auch eine ganze Menge wunderbarer Literatur.

    Diese Novelle ist teilweise surreal, ohne dieses aber ausufernd zu übertreiben. Es ist ein Stilmittel, ohne das diese Geschichte wohl relativ dürftig dagestanden hätte.

    Ein wunderbares, wenn auch etwas rätselhaftes, mitnichten aber verstörendes Leseerlebnis. 8 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.