Einstieg ins Science-Fiction-Genre - Dan Simmons geeignet?

  • Zitat

    Original von Bartlebooth
    Warum aber so defensiv? Es ist klar, dass die Gattungseinteilung zu den unlösbaren Problemen der Literaturwissenschaft gehört, aber so eine thematische Untergliederung, wie du sie präsentierst, ist doch für die Zwecke dieses Ordners sehr gut geeignet.


    Dies ist ja kein Ordner zur Klärung des Begriffs "SF", sondern einer, der einen Überblick über die Texte verschaffen soll, die gewöhnlich zu diesem Genre gerechnet werden.


    Hi Bartlebooth,


    sehe ich genauso wie Du. Da ich aber (in anderen Foren) schon erlebt habe, wie um die Korrektheit einzelner Begriffe "gerungen" wurde, statt über das eigentliche Thema zu schreiben, habe ich mir halt angewöhnt zu schreiben, was ich auf gar keinen Fall damit meine.


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Nun das mit den Genren ist immer wieder ein Problem


    Da hätte ich auch mit manch anderen Bücher so meine Schwierigkeiten!


    Also die meisten Triller, die ich gelesen habe, sind nicht einfach in der Zuordnung.


    Der Schwarm von Frank Schätzing z.B.


    oder Schutzengel von Dean Koontz,


    oder Illuminati von Dan Brown - um ein paar zu nennen...


    also heute sind die Genre eigentlich schon so vermischt, also eindeutig der Gattung zuzuordnen, das könnte ne Doktorarbeit werden!

    Gruss Hoffis :taenzchen
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    :lesend Der fünfte Tag - Jake Woodhouse
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  • Ich bin auch ein großer Science-Fiction Fan und habe schon so einige Bücher gelesen. Die liebsten sind mir allerdings immer noch die Klassiker aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. Besonders H.G.Wells ist mir ans Herz gewachsen und ich kann nur empfehlen sich eingehender mit seinen Werken zu beschäftigen. Die Science Fiction damals war einfach etwas denkwürdiger. Die Autoren haben sich noch viel mehr Gedanken um gesellschaftliche und politische Hintergründe gemacht.
    Isaac Asimov kann ich auch nur empfehlen. Und man sollte sich vom Film nicht abschrecken lassen sein Buch "I, Robot" zu lesen, da es wesentlich mehr Hintergrund aufweist.
    Weitere Autoren die in diese Sparte fallen: Ray Bradbury, Arthur C. Clarke und evtl. noch Robert A. Heinlein, wobei der noch etwas "moderner" ist.

  • Herzlichen Dank an alle, die sich hier rege beteiligt haben, vor allem aber an Dyke für die anschaulichen Erläuterungen. Die Aufzählung der Genres hilft mir zumindest , einen ersten groben Überblick zu bekommen.
    Danach werde ich mich zunächst in den Bereichen Utopien und Dystopien und Inner Space tummeln. Eine beispielhafte Aufzählung von Romanen zu Utopien und Dystopien bietet u.a. Wikipedia unter dem Suchbegriff "Dystopie".


    @ Aeria: M. Atwoods "Report einer Magd" hatte ich vor langer Zeit anläßlich der Spekulationen um den neuen Preisträger für den Literaturnobelpreis (Atwood galt als heißer Tip dafür) angelesen, aber wieder weggelegt. Nach der jetzigen Dskussion bleibt das Buch jedenfalls in meinem Hinterkopf :wave

  • Dann wollen wir einmal zum ersten Subgenre kommen


    Utopien/Dystopien


    Ein Gebiet, dass auch für Nicht-SF-Leser sehr interessant ein dürfte.


    Bekanntermaßen geht der Begriff „Utopia“ auf Thomas Morus’ Utopia aus dem Ajhre 1516 zurück und bedeutet „Nicht-Land“ bzw. „Schön-Land“.
    Die klassischen Utopien sind Staatsromane, in dem dem bestehenden Staatsgebilde ein leuchtendes Vorbild gesetzt wird.


    Platon: Politeia
    Thomas Morus: Utopia
    Tommaso Campanella: Cicitas Solis = Der Sonnenstaat (1623)
    Francis Bacon: Nova Atlantis = Das neue Atlantis (1627)
    Andreä Johann Valentin: Christianopolis (1619)


    Im 19. Jahrhundert traten die Sozialutopien in den Vordergrund


    E. Bulwer-Lytton: The coming race = Das kommende Geschlecht (1871)
    Edward Bellamy: Looking backward 2000 – 1887 = Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 (1888 )
    Samuel Butler: Erewhon (1872)
    William Morris: News from nowhere = Neues aus Nirgendland (1890)


    Und der letzte “Utopist” und am ehesten der SF zuzuordnen ist H. G. Wells mit u.a.


    Wenn der Schläfer erwacht – The sleeper wakes 1899
    Jenseits des Sivius – A modern Utopia (1905)
    Menschen Göttern gleich – Men like Gods (1922)


    Danach ist mir persönlich nur noch wenige Utopie geläufig


    Ernest Callenbach: Ökotopia – Ecotopia (1975)
    Edmund Cooper: Die neue Zivilisation - The overman culture (1971)



    Ich gestehe, ich habe sie nicht alle gelesen, den zum überwiegenden Teil sind sie kein leichter Lesegenuss, sondern richtig Lesearbeit.



    Noch während Wells seine Utopien schuf, begann bereits die Reaktion darauf mit den Anti-Utopien, die zum größten Teil schon eher der SF zuzurechnen sind, da sie aus deren direktem Umfeld entstanden:


    Jewgnij Samjatin: Wir – My (1920)
    Aldous Huxley: Schöne neue Welt – Brave new world (1932)
    Karin Boye: Kallocain – dito (1940)
    George Orwell: 1984 (1949)
    Kurt Vonnegut: Das höllische System – Player piano (1952)
    Frederik Pohl/C.M. Kornbluth: Eine Handvoll Venus und ehrbare Kaufleute – In the space merchants (1953)
    C.M. Kornbluth: Schwarze Dynastie (1953)
    Ivan Efremov: Das Mädchen aus dem All – Tumannost Andromedy (1957)
    Anthony Burgess: Uhrwerk orange – clockwork orange (1962)
    Harry Harrison: New York 1999 – Make room! Make room! (1966)
    John Brunner: Morgenwelt – Stand on Zanzibar (1968 )
    Thomas M. Disch: Camp cocentration – dito (1969)
    John Brunner: Schafe blicken auf – The sheep look up (1972)
    Christopher Priest: Schwarze Explosion – Fugue on a darkening Island (1972)
    Barry Malzberg:: Das Venus-Trauma – Beyond Apollo (1972)
    Ursula K. LeGuin: Planet der Habenichtse – The dispossessed (1974)


    Garantiert habe ich viele vergessen. Meine Quelle ist das o.a. Lexikon (Stand 1988 ) und persönliche Leseerfahrung.


    Um Bereicherungen wird herzlich gebeten.


    Und das nächste Mal geht’s auf Wunsch der Salonlöwin um „Inner space“ :grin


    LG Dyke - Der um Geduld bittet, den Lesen geht vor Schreiben

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von dyke ()

  • Wie schön, wenn ein anderer die Pflicht erledigt und für einen selbst nur noch die Kür bleibt. Meine ganz persönlichen Ergänzungen:


    Tatsächlich sind die Sozialutopien des 19. Jahrhunderts den Mustern des Genres - von More bis Andreae - sehr ähnlich. Ich habe da längst nicht alles gelesen, aber Edward Bellamys kommunistisches "Looking Backward" oder Etienne Cabets "Voyage en Icarie" funktionieren im Grunde ganz analog zu Mores "Utopia": Die einzelnen Kapitel setzen sich zentral mit irgendeiner besonderen Einrichtung der beschriebenen Gesellschaft auseinander und beschreiben diese in extenso. Man sieht, dass gerade die älteren eigentlich weniger "Science" als "Social" Fiction heißen müssten, denn in der präindustrialisierten Ära geht es häufig nicht zentral um den technischen Fortschritt.


    Was bei den von Dykes Quelle so rubrizierten "Sozialutopien" (mE ein etwas unglücklicher Begriff, denn Utopien drehen sich alle um das "Soziale"; insofern darf man nicht erwarten, gerade im 19.Jhdt. rücke das irgendwie besonders in den Vordergrund :-)) hinzukommt, ist häufig eine ziemlich vernachlässigbare und blöde Rahmenhandlung mit einer schmalzigen Liebesgeschichte (bei Bellamy zB, wenn ich mich recht entsinne, oder auch bei Bulwer-Lytton). Es ist interessant zu sehen, dass es innerhalb des Genres außerdem - bei allen revolutionären Verhältnissen in den beschriebenen Gesellschaften - bestimmte unantastbare Konstanten gibt. Zwischenmenschliches, vor allem auch die Rollenklischees bleiben in vielen der beschriebenen Zukunftsgesellschaften bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein intakt.
    Das 19. Jahrhundert ist zudem schon viel technisierter und zB bei Bulwer-Lytton spielen dann auch schon richtige SF-Artefakte wie der "Vrilstab" (super Name ;-)) eine wichtigere Rolle.


    Einer meiner persönlichen SF-Favoriten gehört ziemlich deutlich in die Kategorie Utopien/Dystopien: Franz Werfels "Stern der Ungeborenen" beschreibt ganz nach klassischem Muster das soziale Gefüge einer um 100.000 Jahre in die Zukunft verschobenen Gesellschaft. Seine Rahmenhandlung kommt zwar auch nicht ohne Liebesgeschichte aus, doch ist diese nicht so platt und ziemlich nebensächlich.
    Das besondere bei ihm ist, dass die Gesellschaft der "Panopolis" zwar auch unheimliche technische Fortschritte gemacht hat, sich jedoch vor allem auch durch eine sehr verfeinerte geistige Haltung auszeichnet. Dass dies, wie es sich für ein gutes Stück Literatur gehört ;-), zwei Seiten hat, Verfeinerung also nicht einfach nur positiv oder nur negativ (als Schwächung), sondern in ihrer Ambivalenz beschrieben wird, macht eine der Faszinationen dieses Romans aus. Unbedingte Leseempfehlung, allerdings ein ziemlicher Backstein. Ich fand ihn aber an keiner Stelle langweilig.


    Es gibt um die Jahrhundertwende dann auch schon die technikfeindlichen Utopien (sehr bekannt: Wells' "Time Machine", eher unbekannt und schwerer zu lesen Paul Gurks "Tuzub 37"), die durch die Technik eine Entmenschlichung in der Gesellschaft herankommen sehen. da kann es schon auch mal passieren, dass der naturverbundene Mensch aus "Nordica" positives Gegenbild zu den unter der Erde lebenden, hochtechnisierten Mitteleuropäern wird (das Beispiel bezieht sich auf Michael Georg Conrads "In purpurner Finsterniß", eine an einen eher kruden Nietzscheanismus angelehnte U-/Dystopie).


    Die U-/Dystopien zeigen einen hohen Überschneidungsgrad zu den "Kolonialismusgeschichten". Ein zweites persönliches Highlight, Karel Capeks "Krieg mit den Molchen" ist hier Grenzfall. Ich werde ihn und einige andere dann später vorstellen, wenn es um die Kolonialismusgeschichten geht.


    Aber "Inner Space" ist auch erstmal schön.


    Herzlich, B.

  • Ich hab letztens ein Buch in meinem Regal gefunden, das ich sehr interessant fand. Es ist noch von meinen Eltern und gehört zur DDR Literatur. Das merkt man auch sehr stark beim lesen. Es heißt "Kurs Minosmond" von Karl-Heinz Tuschel aus dem Jahre 1986.
    Es ist eindeutig Science Fiction, aber auch irgendwo ein wenig Utopie und Inner Space. Ist ja nicht immer so genau zuzuordnen. ;)
    Laut Titelblatt ist es kein Science Fiction sondern ein wissenschaftlich-phantastischer Roman, darüber musste ich erstmal schmunzeln.
    Im Prinzip baut es auf der Idee des Kommunismus auf. Und auch wenn die Story jetzt nicht übermäßig spannend war und der Schreibstil auch nicht der interessanteste, hat es mich doch viel ins Grübeln gebracht. Deswegen würde ich ihn auch trotzdem empfehlen.
    Ok, es dürfte höchstens etwas schwierig werden, den noch zu finden. :grin Bei ebay gab's grad mal 2 Exemplare.

  • Hallo Dyke und Bartlebooth,


    wie ich anhand Eurer letzten Beiträge und deren Umfang gesehen habe, seid Ihr voll in Eurem Element. Und je mehr ich über SF erfahre, desto interessanter wird der Einstieg für mich in diesen Bereich.


    Besonders aufschlußreich an den Sozialutopien finde ich die Auseinandersetzung mit dem sozialen Aspekten in einer zukünftigen Gesellschaft. M.E. setzt das eine besonders genaue Beobachtungsweise des Autors zu seiner eigenen Umwelt und die anschließende Reflexion dieser Beobachtungen voraus. Sofern die Autoren in den Werken eine Vision des Zwischenmenschlichen beschreiben, finde ich das überaus reizvoll.
    @ Bartlebooth: Das mißglückte Liebesgeschichten dabei in die Rahmenhandlungen einfließen, ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Wer fragt schließlich die Leser? Ich bringe meine Ansicht hier mal auf den Punkt: sehr wenige Autoren haben das Zeug, vorzeigbare Liebesgeschichten zu schreiben.
    Alle anderen sollten es einfach lassen! Bei den von Dir angeführten Beispielen vestehe ich allerdings nicht, warum die Autoren zu diesem "letzten Mittel" gegriffen haben, schließlich sollte dieser Aspekt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für die amerikanische Verlags- und Filmindustrie noch keine Rolle gespielt haben.


    Das von Euch erwähnte Werk "Ökotopia" hab ich mir mal näher angeschaut; die Rezis gaben leider nicht allzu viel Auskunft. Der Ansatz, das Bewußtsein für die Umwelt zu schärfen und ! Alternativen für den Umgang mit der Natur aufzuzeigen, gefällt mir. Zumindest ist das ein Werk, das ein Thema behandelt, das aktueller nicht sein könnte.


    @ Bartlebooth: "Time Machine" kenne ich als eine neuere Verfilmung.
    Mit großer Freude erinnere ich mich an die Rahmenhandlung in diesem Film und dieses Riesenkabinett mit einer unzähligen Menge an Büchern. Vom eigentlichen Inhalt ist bedauerlicherweise nicht viel hängen geblieben; es lag wohl mehr an der Verfilmung als am Stoff.


    Von Capeks "Krieg mit den Molchen" habe ich schon gehört; allerdings weder negatives noch positives. Über eine Rezi freue ich mich immer.

    Lieber Dyke, mit dem Untergenre "Inner Space" laß Dir ein wenig Zeit. Deinen lehrreichen Beitrag zu den U-/Dystopien werde ich in meinem Kurzurlaub, der von Donnerstag bis Montag dauert, verarbeiten :wave

  • @ Salonlöwin,


    "Ökotopia" steht/stand auch komplett im Netz. Werde morgen einmal versuchen die Adresse einer Seite wiederzufinden, die sich hauptsächlich mit Utopien beschäftigt hat und die ganze Bücher eingestellt hat.
    Ökotopia habe ich für einen blinden Bekannten als word-Datei herunterkopiert (damit er es sich von seinem PC vorlesen lassen konnte). Wenn Du interesse daran hast, kann ich Dir die Datei mailen.


    Bartlebooth


    Sozial-Utopien war im Sinne von "sozialistischen Utopien" gemeint.


    Hast Du den Werfel gelesen?? Ich bin schon mehrmals kläglich gescheitert.


    Genauso wie bei Döblins "Berge, Meere und Giganten".


    Und Oskar Maria Grafs "Die Erben des Untergangs" ist schon zu lange her, mir fehlt einfach dazu die Erinenrung.



    Und ganz vergessen habe ich die aktuellen Dystopien neben der schon erwähnten Margret Atwood: Der Report der Magd rechne ich dazu


    Margret Atwood: Oryx und Crake


    T.C. Boyle: Ein Freund der Erde


    Denis Johnson: Fiskadoro


    auch Richard Powers: Schattenflucht könnte man fast dazu zählen


    @ polgara


    wissenschaftlich-phantastischer Roman war der DDR-Begriff für Science Fiction. Tuschel war einer der produktivsten, hat es aber im "Westen" nie zu Anerkennung geschafft, wie die Steinmüllers. Gerade in der DDR-SF gibt es meiner Meinung noch viel zu entdecken.


    LG Dyke

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Ja weiß ich doch, dass das dasselbe ist. Ich musste nur drüber lächeln, als ich es gelesen habe. Genau wie in einem Philosphiebuch nicht die Abkürzung v. Chr. benutzt wurde, sondern v.u.Z. Das hat mich erstmal stutzig gemacht, bis ich's gerafft hatte.
    Meine Eltern haben einiges an DDR Science Fiction und ich hab auch mal in die Lichtjahr-Anthologien reingeschmökert, aber das war teilweise ganz schön abgedreht.
    Klar ist die DDR Science Fiction ziemlich interessant, da sie durch die sozialistisch-kommunistische Ideologie oftmals einen anderen Blickwinkel bietet, als die "westlichen" Schreiber. Und soweit ich mich erinnern kann, war Science Fiction sehr beliebt.
    So und jetzt werd ich mal die Favoriten Funktion hier ausprobieren, denn hier stehen jetzt einige interessante Anregungen drin. ;)

  • Kleine Kritikasterei, dyke:


    Zitat

    Original von dyke
    Bekanntermaßen geht der Begriff „Utopia“ auf Thomas Morus’ Utopia aus dem Ajhre 1516 zurück und bedeutet „Nicht-Land“ bzw. „Schön-Land“.


    Wo immer das steht, "Schön-Land" ist Quatsch! :grin
    Gr. ou heißt "nicht" - als Vorsilbe wird es dt. durch "kein" ersetzt, tópos heißt "Ort", "Stelle" (vgl. Topographie).


    Wie du ganz richtig feststelltest, gehört Thomas Morus' Utopia, seine Variante von Kein Ort. Nirgends. :grin


    Morus' Utopia basiert auf Auustinus Gottesstaat, der wiederum grenzt sich von Platons Politeia (aka Der Staat aka Republik aka Res publica) ab. Alle drei, ebenso wie auch die anderen von dir zitierten, sind keineswegs Romane, sondern philosophische Konzepte! (auch wenn Platons Schrift als Dialog abgefaßt ist -- ein Theaterstück ist das nicht, zumal das ganze Ding ein Bericht über das (fiktive) Gespräch in Ich-Form ist -- während alle Nachfolger referieren, benutzt Platon gerne das poetische Mittel der subjektiven Brechung! :grin



    Bei den modernen Utopien hast du Charlotte Perkins' Herland vergessen (s.u.).


    Hier ist zumindest mal Ernst Callenbachs Website

  • Hallo Dyke,


    Den Werfel habe ich trotz seines Umfangs sogar schon zweimal gelesen - was bei mir nicht so oft vorkommt. Und ich fand ihn beim zweiten Mal noch genauso spannend wie beim ersten. Der gehört wirklich zu meinen all-time-favorites.


    An "Berge, Meere, Giganten" bin ich allerdings auch schon mal gescheitert. Es gibt aber sozusagen eine "Singleauskopplung", eine etwa 15-seitige Erzählung mit dem Titel "Die Enteisung Grönlands". Die habe ich gelesen und fand sie auch ziemlich gut. Damit hast du mich an was erinnert, der Döblin wandert mal wieder ein bisschen nach vorne für den zweiten Versuch...


    Wenn wir bei der von dir zuerst gemachten Einteilung bleiben, würde ich "Oryx and Crake" ganz klar zu "Evolution und Genmanipulation" rechnen. Auch "A Friend of the Earth" scheint mir hier besser hinzupassen, denn zentral geht es hier auch eher um Naturzerstörung als um ein alternatives Gesellschaftsmodell.


    Aber daran sieht man wieder sehr schön, wie unmöglich es ist, klare Genregrenzen zu ziehen.


    Herzlich, B.

  • Hallo zusammen,


    dyke , Dass Oskar Maria Graf auch einen utopischen Roman geschrieben hat, wusste ich gar nicht. Wenn du zu dem noch zwei Worte sagen könntest...?


    Iris , Wie sieht es eigentlich aus mit dem Status von Wolfs Text? Ist das denn auch eine Utopie? Ich habe den Text leider nie gelesen.


    @all, Kennt eigentlich jemand die "Insel Felsenburg" von Johann Gottfried Schnabel und kann etwas dazu sagen?


    Herzlich, B.

  • Zitat

    Original von polgara
    Laut Titelblatt ist es kein Science Fiction sondern ein wissenschaftlich-phantastischer Roman


    In Russland heißen diese Bücher auch so. Allein das Wort "wissenschaftlich" stempelt einen solchen Roman als intelligente Lektüre ab. Deshalb nimmt die SF in Russland einen ganz anderen Stellenwert ein als hier im Westen. Ich habe mir hier schon oft anhören müssen "Oh, du liest Science-Fiction?!" - mit einem dazugehörigen mitleidigem Grinsen, versteht sich. Ihr kennt das sicher. SF-Kurzgeschichten wurden in Russland früher (wie das heute ist, kann ich nicht sagen) in seriösen Zeitschriften abgedruckt, auf die Fortsetzungsgeschichte in einer Jugendzeitung habe ich immer mit Spannung gewartet.


    Ach ja, ich habe oben den Namen Ivan Efremov gelesen - den kennt man auch im Westen?! :wow Ich habe "Tumannost Andromedy" (wörtlich übersetzt heißt das "Andromedanebel") als Teenie gelesen. Kann mich kaum noch erinnern, worum es da ging. Vor kurzem habe ich mir den Roman neu besorgt, bin schon sehr gespannt darauf.


    ***
    Aeria

  • Hallo zusammen,


    habe im Moment etwas wenig Zeit.


    Die webside, die ich angesprochen habe, gibt es leider nicht mehr. sie mußte wegen Copyright-Verletzungen vom Netz, hat aber teilweise ein neues Domizil gefunden.


    http://www.utopie1.de/


    Der Text von Marie Louise Berner (wenn auch älter) dürfte für das Thema Utopia interessant sein.


    Und dann habe ich dieser Tage in der Buchhandlung meines Vertrauens eine neue Dystopie entdeckt.


    Wegen Budgetprobleme noch nicht gekauft und daher auch nicht gelesen


    LG Dyke

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Ach ja, noch ein kleienr Nachtrag:


    Wer noch die ersten SF-TB von Goldmann oder gar die Chef-Reihe wird sich vermutlich erinnern, dass diese Romen


    utopisch-technischer Roman
    utopisch-wissenschfatlicher Roman
    utopisch-technischer Abenteuerroman


    und ähnlich genannt wurden. Von Science Fiction war nichts zu lesen, allenfals Weltraumabenteuer oder Zukunftsroman.


    Hat aber nciht lange gedauert und es gab eine neues deutsches Wort :grin


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Danke MaryRead :knuddel


    Ist wirklich eine sehr gute Übersicht über das Genre. Auch wenn die Geschmäcker verscheiden sind, die bemerkenswerten Romane sind dabei.


    Auch die gesamte webside ist sehr informativ - auch wenn naturgemäß deutsche Literatur zu kurz kommt.


    LG Dyke

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    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson