Serie: Die letzten Überlebenden - Teil 4
Format: Taschenbuch
Seiten: 304
Vorgänger:
1. Die Welt, wie wir sie kannten (Rezi: Die Welt wie wir sie kannten - Susan Beth Pfeffer )
2. Die Verlorenen von New York(Rezi: Susan Beth Pfeffer: Die Verlorenen von New York (ab 13 Jahren) )
3. Das Leben, das uns bleibt (Rezi: Das Leben, das uns bleibt - Susan Beth Pfeffer )
********** BITTE NUR LESEN WENN ALLE DREI VORGÄNGER GELESEN WURDEN WEGEN SPOILERN **********
Klappentext:
The eagerly awaited addition to the series begun with the New York Times best-seller “Life As We Knew It”, in which a meteor knocks the moon off its orbit and the world changes forever.
It's been more than two years since Jon Evans and his family left Pennsylvania, hoping to find a safe place to live, yet Jon remains haunted by the deaths of those he loved. His prowess on a soccer field has guaranteed him a home in a well-protected enclave. But Jon is painfully aware that a missed goal, a careless word, even falling in love, can put his life and the lives of his mother, his sister Miranda, and her husband, Alex, in jeopardy. Can Jon risk doing what is right in a world gone so terribly wrong?
Über die Autorin:
Susan Beth Pfeffer is the author of the bestselling novel “Life As We Knew It”, which was nominated for many state awards, and its companion books, “The Dead and the Gone”, “This World We Live In”, and “The Shade of the Moon”. She lives in Middletown, New York.
Meine Zusammenfassung:
Diese bisher noch nicht auf Deutsch erschienene Fortsetzung der “Die letzten Überlebenden”-Reihe ist in vielen Dingen anders als die vorangegangene “Trilogie”.
Die Handlung setzt etwa 2½ Jahre nach dem Ende von „Das Leben, das uns bleibt“ ein. Mittelpunkt des Geschehens ist diesmal Jon, in den vorangegangenen Bänden hauptsächlich als „verwöhnter“ kleiner Bruder mit Baseballmanie von Miranda in Erscheinung getreten. Umso ironischer, dass es nicht diese Sportart, sondern die Machtdemonstration durch Fußball ist, die Großteils seinen Aufenthalt rechtfertigt. Denn die Familie hatte es nach langer, anstrengender Reise tatsächlich bis nach Sexton geschafft, Ziel des Aufbruchs am Ende von Band drei. Lisa, Gabriel und Jon haben die drei Passierscheine von Alex erhalten und leben nun in der sicheren Enklave, in der das Leben in mancher Weise fast so ist wie früher, als alles ganz normal war. Und in mancher auf schreckliche Art anders, aus Zeiten die längst überwunden schienen.
Denn die „Clavers“, wie sie sich selbst nennen, sind eine streng herrschende Elite. Nur Auserwählte, zum Überleben der Menschheit vermeintlich unverzichtbare und deren Verwandte, dürfen in Sexton wohnen. Alles, was außerhalb der bewachten Mauern lebt, sind Untermenschen, nur gut um die körperlich anstrengende, gefährliche und dreckige Arbeit zu verrichten. Kaum besser als Vieh. Doch Jons restliche Familie lebt ebenfalls dort, in den Arbeitervierteln wie z.B. White Birch.
Für Lisa und Jon ist das privilegierte Leben nicht nur ein Zuckerschlecken. Sie sind „Slips“, nur durch die Passierscheine reingerutscht, was man sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit spüren lässt. Ihre Minderwertigkeit gegenüber „echten“ Clavers wird auch als Druckmittel genutzt, denn ihre Aufenthaltsberechtigung wird alle paar Jahre aufs Neue geprüft.
Jon hat gelernt sich zu arrangieren. Er genießt das Essen, die saubere Luft, das Versorgtwerden durch die Bediensteten, die natürlich auch aus White Birch stammen. Er findet es nicht so schlimm, dafür die Klappe zu halten oder sogar mitzulachen, wenn seine Freunde und Teamkameraden üble Scherze auf seine Kosten machen. Was ihn dagegen immer noch quält, ist die Erinnerung an Julie und die Schuld, die er sich selbst an ihrem Tod gibt.
Und dann kommt Sarah neu in seine Klasse. Sie kommt aus einer anderen Enklave, wo die Arbeiter und Angestellten nicht wie minderwertiges Leben behandelt wurden (in Sexton nennt man sie Grubs, zu Deutsch Maden) und eckt mit ihrer Meinung überall ordentlich an. Jon mag sie jedoch vom ersten Moment an, aber Sarah und ihr Vater werden von den anderen gemieden und verachtet. Von Leuten mit Einfluss. Und Lisas Prüfung steht unmittelbar bevor...
Meine Meinung:
Die Stimmung dieses Buches ist um vieles düsterer als in den anderen drei Bänden. Denn die Probleme hier beruhen nur noch zum Teil auf der Orbitänderung des Mondes, die schlimmsten sind dagegen menschgemacht, was die Situation sehr viel bedrückender macht, wie ich finde. Vielleicht auch, weil der Aufbruch am Ende des Vorgängers Hoffnung symbolisierte, ist die Konfrontation mit Sextons grausamer Wirklichkeit umso niederschmetternder. Die Menschen arbeiten nicht gemeinsam an einer besseren Zukunft, sie tun das, was sie schon immer am besten konnten: eine selbsternannte elitäre Minderheit beutet die Mehrheit aus und rechtfertigt es damit, dass diese ohne ihre geistig überlegenen Anführer, die ihnen sagen müssen, was sie tun sollen, nicht überlebensfähig wären.
Jon ist zwar nicht zu 100% glücklich in diesem System, aber er schätzt die Vorteile deren Nutznießer er ist. Er identifiziert sich auch sehr stark mit dieser Klassengesellschaft, was ich ein Stück weit als nicht ganz glaubwürdig empfand, wenn man bedenkt wie er bis fast zu seinem 15. Lebensjahr erzogen wurde. Er war Teil der Mittelschicht, seine Mutter ist eine fortschrittliche und liberale Frau. Aber vielleicht ist man auch ganz froh, dass noch Leute unter einem stehen, wenn man schon nicht so richtig zu den oberen gehört.
Vieles, was in „The Shade of the Moon“ passiert, ist verstörend, vor allem im Vergleich zu den früheren Bänden. Hier hatte ich mehr als einmal einen Kloß im Hals und ein „Oh nein...“ auf den Lippen. Auch Jons Gedankenwelt ist für den Leser nicht einfach zu verdauen. Wir erleben die Sicht eines Mitläufers. Lieber treten als getreten werden. Die Jungs, die er als seine Freunde bezeichnet, sind fast durch die Bank widerliche Kreaturen. Es ist also erst mal kein allzu angenehmes Leseerlebnis. Aber es ist spannend, die ständig präsente, unterschwellige Bedrohung übt einen Sog aus. Das hässliche Gesicht der Menschheit ist psychologisch glaubhaft, und sowohl abstoßend als auch faszinierend. Es geschieht handlungsmäßig um einiges mehr als zuvor in der Trilogie (zumindest kommt es mir so vor), dafür ist es aber auch sehr viel schwerer verdaulich, ich würde hier eine Leseempfehlung ab etwa 16 Jahren aussprechen.
Die Schlussgerade hatte für mich eine kleine Länge. Vielleicht, weil ich den Sinn der geschilderten Handlung für die Gesamtgeschichte nicht so ganz verstanden habe, vielleicht aber auch, weil ich eine der Figuren etwas nervig fand und nicht damit rechnete, dass sie plötzlich eine so prominente Rolle spielen würde.
*hust* Ruby *hust*
Fazit: Ich weiß nicht, ob dies nun wirklich der Abschluss der Serie ist (dem Nachwort zu entnehmen wusste die Autorin das selbst auch noch nicht), aber es ist auf jeden Fall eine lesenswerte Ergänzung, die den Leser meiner Meinung nach stärker fordert und zum Nachdenken anregt als die Vorgänger, da es hier um menschliche Gruppendynamiken geht, Gewalt, Unterdrückung, Ungerechtigkeit. Welche Form der Gesellschaft würden wir wieder aufbauen wollen?