Mareike Fallwickl - Dunkelgrün fast schwarz

  • Titel: Dunkelgrün fast schwarz

    Autorin: Mareike Fallwickl

    Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt

    Erschienen: März 2018

    Seitenzahl: 475

    ISBN-10: 3627002482

    ISBN-13: 978-3627002480

    Preis: 24.00 EUR


    Das sagt der Klappentext:

    Raffael, der Selbstbewusste mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz, der Bumerang in Raffaels Hand: Seit ihrer ersten Begegnung als Kinder sind sie unzertrennlich, Raffael geht voran, Moritz folgt. Moritz und seine Mutter Marie sind Zugezogene in dem einsamen Bergdorf, über die Freundschaft der beiden sollte Marie sich eigentlich freuen. Doch sie erkennt das Zerstörerische, das hinter Raffaels stahlblauen Augen lauert. Als Moritz eines Tages aufgeregt von der Neuen in der Schule berichtet, passiert es: Johanna weitet das Band zwischen Moritz und Raffael zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten keinen unverwundet lassen. Sechzehn Jahre später hat die Vergangenheit die drei plötzlich wieder im Griff, und alles, was so lange ungesagt war, bricht sich Bahn - mit unberechenbarer Wucht.


    Die Autorin:

    Mareike Fallwickl, 1983 in Hallein bei Salzburg geboren, arbeitet als freie Texterin und Lektorin, schreibt für eine Salzburger Zeitung eine wöchentliche Kolumne und betreibt seit 2009 einen Literaturblog. Für ihr literarisches Debüt »Dunkelgrün fast schwarz« erhielt sie ein Arbeitsstipendium des Bundeskanzleramts Österreich. Mareike Fallwickl lebt im Salzburger Land.


    Meine Leseeindrücke:

    Dieser Roman hat mich positiv überrascht. Der Klappentext ließ mich eine dieser grausam langweiligen Dreiecksgeschichten vermuten. War aber nicht so. Denn es ist mehr als nur eine Dreiecksgeschichte, es ist eine Geschichte um drei Personen mit mit weitaus mehr als nur drei Ecken.

    Dieser Roman ist emotional, authentisch – aber eben auch distanziert und die Realität wird hier nicht zu Grabe getragen oder ermordet. Die Autorin meint nicht, irgendwelche Höhen erklimmen zu müssen – von denen man dann nicht mehr runterkommt – nein, sie beschreibt die Dinge ruhig, bleibt immer am Boden und spiegelt so das Leben, wie das Leben eben ist.

    Dieser Roman ist ein Debüt – und man kann nur hoffen, dass die Autorin nicht mit diesem Roman ihr ganzes Pulver verschossen hat, denn wenn sie es schafft, diesen Standard, den sie selbst vorgelegt hat, zu halten – dann darf man sich auf weitere Bücher aus ihrer Feder freuen.

    Endlich mal wieder ein Roman der sich selbst genug ist, ein Roman der nicht meint er müsse in Sphären rumklettern, die eh nicht für ihn gemacht sind. Ein Roman der nicht zu viel will, der insofern immer am Boden bleibt. Ein Debüt eben, das Lust auf mehr macht.

    Die handelnden Personen sind großartig und treffend gezeichnet. Da wird nicht überzeichnet oder mit verschwommenen Konturen hantiert. Auch hier gilt, das der Realismus sich nicht hat verbiegen lassen.

    Ein wirklich lesenswerter Roman, ein gelungenes Debüt. 8 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Da Voltaire die Rahmendaten ja schon vorgestellt hat, steure ich nur meine eigenen Leseeindrücke bei.

    Vorab aber schon einmal: Das Buch, das lange auf meiner Leseliste stand, hat mich sehr begeistert.


    EIGENE MEINUNG


    Durch die Augen dreier Perspektivträger:innen und durch verschiedene Zeitebenen führt die Autorin durch die Geschichte einer toxischen Freundschaft. Vom ersten Tag ihres Kennenlernens als kleine Jungen ist die Freundschaft von Moritz und Raffael kompliziert. Raffael, der draufgängerische Macher, Moritz, der Stille, Leise, Schüchterne. Moritz Mutter beäugt das Geschehen von Anfang an mit Misstrauen, doch wirklich wehren kann sie sich gegen die Freundschaft nicht, stets unsicher, was ihrem Sohn wirklich gut tun würde.



    Auf beinah 500 Seiten erfahren wir nun mehr über die Familien der beiden und den langen Weg, der die Freundschaft schließlich zum Zerbrechen gebracht hat - bis Raffael, 16 Jahre später wieder vor Moritz' Tür steht.

    Am schwierigsten habe ich mich mit der Perspektive von Johanna getan. Das Mädchen, das nur etwa ein Jahr im Leben von Moritz war, seine erste große Liebe und die Frau, die dazu beigetragen hat, dass er all seine jugendlichen Lebensträume begraben hat. Was ist wirklich geschehen damals? Was hat Raffael damit zu tun? Und gelingt es Moritz, nun ein erwachsener Mann, sich endlich aus dem Bannkreis seines Freundes zu lösen?

    Geschickt räumt die Autorin in der Geschichte mit den Opfer-Täter-Mythos auf und zeigt, dass beide sich gegenseitig brauchen, um weiter bestehen zu können. Moritz, so liebeswert er ist, macht mit seinem Verhalten das von Raffael erst möglich.

    Sprachlich bewegt sich der Roman auf einem sehr hohen Niveau, auch wenn mir die Blumigkeit manchmal beinah etwas zu viel wurde. Obwohl die Handlung sehr breit erzählt wird, entwickelt die Geschichte von der ersten Seite einen Sog, dem ich mich kaum entziehen konnte. Stets wollte ich wissen, wie es weitergeht. Obwohl sich direkt am Anfang abzeichnet, dass die Freundschaft zwischen Motz und Raf - wie die beiden Freunde ich gegenseitig nennen - kein gutes Ende haben wird, musste ich wissen, wie es zur Katastrophe gekommen ist, habe ich innerlich gehofft, dass Moritz die Stärke finden wird, sich gegen Raffael zu stellen und wollte unbedingt wissen, wie das geschieht.

    Sehr nahe gegangen ist mir auch die Perspektive von Marie - Moritz' Mutter, die ihr bestes gibt und doch auch Fehler macht. Die eine unglaublich liebevolle Mutter ist, und dennoch nicht unfehlbar ist. Ihr Kampf darum, das richtige zu tun, ihr Hadern mit dem eigenen Leben(sstil) und die Fehler, die sie begeht, fanden ein tiefes Echo in mir. Auch wenn mein eigenes Leben ganz anders verlaufen ist, als das von Marie, habe ich mich oft in ihr wiedergefunden.

    Alles in allem werde ich "Dunkelgrün fast schwarz" gerne weiterempfehlen. Vor allem an Leser:innen, die figurengetriebene Geschichten und einen eigenwilligen, bildhaften Sprachstil zu schätzen wissen.