Jetzt hab ich aus zeitlichen Gründen ein halbes Jahr lang keine Buchvorstellungen mehr ins Forum eingestellt. Geschrieben und verbloggt habe ich in der Zeit mehr als 50 ... Aber ich muss hier erst wieder ein bisschen üben.
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Lucinde Hutzenlaub, Heike Abidi: Ich dachte, älter werden dauert länger. Ein Überlebenstraining für alle ab 50, München 2018, Penguin-Verlag, 978-3-328-10269-4, Softcover, 302 Seiten, Format: 11,6 x 3 x 18,5 cm, Buch: EUR 10,00, Kindle Edition: EUR 9,99.
Heike Abidi hat ihren Fünfzigsten schon gefeiert und weiß, dass nichts Dramatisches passiert, nur weil man auf einmal mit der 5 voran durchs Leben geht. Ihre Autorenkollegin Lucinde Hutzenlaub findet schon die Vorstellung gruselig, dass der Gatte bald 50 wird ... und noch viel erschreckender, dass es sie selbst ebenfalls erwischen wird.
Die befreundeten Autorinnen tauschen sich über das Thema „Älterwerden“ aus. Leben bedeutet nun mal Veränderung. Und was wäre denn die Alternative zum Älterwerden ...? Eben! Das will man ja auch nicht. Also muss man da irgendwie durch. Am besten mit Humor. Der hilft immer.
Angst vor dem runden Geburtstag?
Nach und nach kann Heike ihre Kollegin tatsächlich davon überzeugen, dass diese natürliche Entwicklung des Menschen durchaus auch positive Seiten hat und dass es keinen vernünftigen Grund gibt, sich vor dem fünfzigsten Geburtstag zu fürchten.
„Nachdem es mir halbwegs gelungen war, Lucinde die Angst vor dem runden Geburtstag zu nehmen, dachten wir, davon sollten auch andere profitieren. Wir haben einen Erfahrungsbericht geschrieben, der Mut machen soll – und der die ganze Sache mit Humor angeht. Jammern nützt eh nichts, davon verschwinden weder Falten noch erste Wehwehchen.“ (Heike Abidi in einem Interview mit dem Penguin-Verlag)
Und so haben die beiden ein Buch zu dem Thema geschrieben. Wie sie dabei vorgegangen sind, erzählen sie in besagtem Interview:
„Wir haben ein Konzept erstellt – eine Struktur und einen Plan, was alles in unserem Buch sein sollte. Naja, und dann haben wir den Plan über den Haufen geworfen und uns Textbälle zugeworfen. Es hat riesig Spaß gemacht und war sehr inspirierend. Viele Geschichten sind eben deshalb auch entstanden, weil eine etwas ausprobiert hat und dann die andere auch Lust bekam.“ (Lucinde Hutzenlaub)
Eine Struktur hat das Buch natürlich trotzdem. Hier arbeiten schließlich Profis.
Teil 1: Wie es sich anfühlt
Bestandsaufnahme: Was bin ich und wenn ja, warum?
Der Spaß, den die beiden Autorinnen beim Recherchieren und Schreiben hatten, überträgt sich auch auf die LeserInnen. Man muss manchmal schmunzeln oder gar laut lachen. Ins Grübeln kommt man aber auch, weil Fragen im Raum stehen wie: Sind wir jetzt alt? Wie definieren wir „Alter“? Und wie gehen wir mit Veränderungen in unserem Leben um? Die, die wir in unserer Vergangenheit durchgemacht haben, halten wir rückblickend für selbstverständlich. Aber was ist mit Veränderungen, die erst noch kommen?
Ist es denn wahr, dass es mit 50 keine aufregenden, spannenden Lebensfragen mehr gibt? Nein, meint Heike Abidi. Wir müssen einfach hergehen und uns neue Fragen stellen. Was wollen wir gern mal ausprobieren oder lernen? Wen wollen wir öfter treffen – oder seltener? Was tut uns gut und was nicht?
Teil 2: Die Sache mit der Optik
Wer schön sein will, muss reiben: Beauty im Selbstversuch
Wir wissen alle: Der Zahn der Zeit nagt an unserem Aussehen. Mit den Jahren wird eben alles breiter, weniger glatt und/oder hängt weiter runter. Damit mag sich nicht jede Frau abfinden. Muss sie auch nicht. „Wasser, Sport und gute Gene“ sind zum Glück nicht die einzigen Schönheitsgeheimnisse scheinbar altersloser Stars, auch wenn das immer wieder frech behauptet wird. Und so ziehen die zwei wagemutigen Autorinnen los und probieren aus, was auf dem Beauty-Markt als erfolgversprechend angepriesen wird.
Die Bandbreite der Selbstversuche ist groß: Botox und Hyaluronsäure, Gel-Fingernägel, Permanent-Makeup und Sugaring. Wir erfahren, was wir über dekorative Kosmetik, das Färben von Haaren und Wimpern und über mehr oder weniger invasive Methoden zur Faltenbekämpfung wissen sollten. Außerdem geht es um Ernährung, um die richtige Brille, um Kleidungsstile und um die Frage, wie man ein Tattoo wieder loswird, das nicht mehr zu einem passt. Wir erfahren, was so eine Behandlung/Beratung jeweils kostet, wie angenehm oder unangenehm sie ist und was sie wirklich bringt.
In diesem Teil müssen eine Menge Sachinformationen an die Frau gebracht werden, deshalb ist nicht ganz so viel Platz für lustige Beispiele und Anekdoten wie in den beiden anderen Teilen. Die Geschichte mit den Blutegeln, die gegen Krampfadern helfen sollen, die ist allerdings der Brüller!
Teil 3: Und was machen wir nun?
Spaß mit Sachen: Einfach mal was Neues probieren
Jetzt, wo die Kinder aus dem Haus sind, könnte man sich ja neuen Aktivitäten widmen. Yoga, zum Beispiel. Das ist zwar nicht rasend originell, weil’s gefühlt jeder macht, aber es hält fit und entspannt. Heike, die’s mit Sport nicht so hat, hat mit 50 zu joggen angefangen. Schon die Überschrift dieses Beitrags ist klasse: „Und sie bewegt sich doch: Sport für Spätberufene“. Für uns sportmuffeligen Schwestern im Geiste besteht also noch Hoffnung. Und dann gibt’s da noch Callanetics, Pilates, Cantienica, Faszientraining usw. Was das ist und wozu das dient, wird hier kurz erklärt. Sehr amüsant: Die Liste der ungeliebten Sportarten! Wir sehen: Es ist vollkommen okay, etwas doof zu finden, was die Mehrheit zu lieben scheint.
Brüller: Lucindes Erfahrung mit der Thai-Massage. Ihr Bericht deckt sich ziemlich mit dem, was zwei meiner Kolleginnen berichtet haben, nachdem sie das unbedingt auch mal hatten ausprobieren müssen.
Und wäre es nicht toll, mal wieder mehr mit dem Partner zu unternehmen und vielleicht sogar ein gemeinsames Hobby zu betreiben? Das stellt sich als gar nicht so einfach heraus. Entweder, es hat nur einer Spaß daran und die Aktion verläuft bald im Sande – oder ein Partner macht halt beim Hobby des anderen mit, obwohl es ihm stinkt. Diesen Eindruck hatte ich bei der Geschichte vom Foodtruck.
Heike und ihr Mann erleben zwar nicht immer den erhofften Kulturgenuss, aber sie haben dann wenigstens eine witzige Geschichte über Pleiten, Pech und Pannen zu erzählen. Oder sie desertieren einvernehmlich von unerträglichen Veranstaltungen und genießen komplizenhaft das schöne Gefühl des gemeinsames Schwänzens.
Wir können, aber wir müssen nicht
Das Tolle ist: Wir können alles ausprobieren, wir müssen aber nicht. Heikes „Anti-Bucket-Liste“ ist ein schönes Beispiel dafür. In exotische Länder reisen, Torten backen, Achterbahn fahren, segeln oder Austern essen – das und vieles andere kann tun, wer immer das will. Die Autorin hat keine Lust dazu und lässt es freudig bleiben. Wir können und sollten „endlich viel mehr das (...) machen, was wir wirklich wollen und viel weniger das, was wir für unsere Pflicht halten.“ (Seite 295)
Im Interview mit dem Verlag fassen die beiden Autorinnen ihre Erkenntnisse kurz zusammen:
Lucinde: „Viel lachen, ideal mit anderen und auch mal über sich selbst. Großzügig und wertschätzend sein und sich (nachdem die Kinder ihre eigenen Wege gehen) selbst auch mal an die erste Stelle setzen und dabei kein schlechtes Gewissen haben. Das haben wir Frauen ja nicht so drauf. Yoga, Schokolade, Malen, Tanzen, lange Spaziergänge … egal, was einen glücklich macht: machen.“
Heike: „Öfter mal etwas zum ersten Mal tun. Einfach Dinge ausprobieren, die man noch nicht kennt. Ein neues Restaurant, eine neue Sportart, ein neues Reiseziel … Denn das ist doch, was Jungsein ausmacht: das Leben entdecken und neugierig bleiben.“
Das ist die Kurzversion ihrer Botschaft, der man vorbehaltlos zustimmen kann. Wesentlich anregender und amüsanter ist natürlich die ausführlichere Darstellung im Buch. Ich hätte noch eine Weile so weiterlesen können. Es fühlt sich so an, als sei man mit Freundinnen unterwegs und rede sehr offen und ehrlich über das Leben.
Die Autorinnen
Lucinde Hutzenlaub wurde in Stuttgart geboren und lebte bis vor ein paar Jahren in Tokio. Sie ist verheiratet, hat vier Kinder und arbeitet als Kolumnistin und Autorin. Älter werden war für sie bisher überhaupt kein Thema - aber da betraf es ja auch immer nur die anderen.
Heike Abidi lebt mit Mann, Sohn und Hund in der Pfalz, wo sie als freiberufliche Werbetexterin und Autorin arbeitet. Bis jetzt hat sie in ihrem Leben fünf Mal genullt, und weder bei dreißig noch bei vierzig oder fünfzig hatte sie eine Krise …
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