Deb Spera: Alligatoren

  • Deb Spera: Alligatoren

    Verlag: HarperCollins 2018. 432 Seiten

    ISBN-10: 3959672209

    ISBN-13: 978-3959672207. 22€

    Originaltitel: Alligator


    Verlagstext

    Seit Stunden belauern sie sich gegenseitig: das Alligatorweibchen, das seine Jungen beschützen muss, und Gertrude, deren vier Töchter seit Tagen nichts gegessen haben. Ein Schuss fällt, doch er trifft nicht das Reptil – es gibt Schlimmeres als den Hunger.

    Auch Annie, die Plantagenbesitzerin, hat einen größeren Feind, als sie wahrhaben möchte. Ihren jüngsten Sohn kostete das bereits das Leben.

    Doch als Oretta, Annies schwarze Haushälterin und in erster Generation von der Sklaverei befreit, Gertrudes kranke neunjährige Tochter bei sich aufnimmt, finden diese drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können, zusammen. Denn sie alle haben eins gemeinsam: die unstillbare Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmung.


    Die Autorin

    Deb Spera wuchs in Louisville, Kentucky, auf, als Tochter von selbst noch sehr jungen Eltern. Heute lebt sie mit ihrem Mann und zwei ihrer drei Kinder in Los Angeles. Ihr gehört das TV-Produktionsunternehmen One-Two Punch Productions, das u.a. Serien wie Criminal Minds, Army Wives, Reaper – Ein teuflischer Job, Finding Carter und Aim High – Hohe Ziele stecken produziert. Deb Spera war Finalistin des Montana Literaturpreises und zweimalige Finalistin des Kirkwood Literaturpreises. Ihre Arbeiten wurden in der Online-Zeitschrift Sixfold für Kurzgeschichten und Lyrik, in Garden & Gun, in der Wascana Review und im L.A.Yoga Journal veröffentlicht. Sie ist Co-Autorin des Theaterstücks „On the Road to Kitty Hawk“, das vom Actors Theater Of Louisville aufgeführt wurde. Alligatoren ist ihr erster Roman.


    Inhalt

    G e r t r u d e stand im Sumpf irgendwo bei Branchville/Alabama einem riesigen Alligator-Weibchen gegenüber, das seine Jungen verteidigte. Auch Gertrude hätte ihre Töchter beschützen müssen, doch durch die Wirtschaftskrise zu Beginn des vorigen Jahrhunderts und den Alkoholismus von Vater Alvin steht die Familie P a r d e e kurz vor dem Verhungern. Gertrude kann seit ihrer Kindheit mit Waffen umgehen – und sie schießt. Zwei ihrer Töchter hat sie bereits bei ihrem Bruder gelassen, der aber niemanden mit durchfüttern kann. Bruder Berns hat Fäden geknüpft für Gertrude, sie könnte Arbeit in einer Näherei finden und in das bescheidene Arbeiterhäuschen ihrer verstorbenen Vorgängerin an der Nähmaschine ziehen. Doch in den Häuschen von Shag Rag haben bisher immer nur Schwarze gelebt …


    Die Näherei gehört zur Plantage der Familie Coles, die durch eine wiederkehrende Baumwollkäferplage kurz vor der Pleite steht. A n n i e C o l e s hat eigenes Vermögen, das sie laut Erb-Vertrag nur ihren Kindern vererben darf, nicht ihrem Mann. Edwin Coles müsste offiziell einen Kredit bei seiner Frau aufnehmen, um seine Plantage zu retten – in den 20ern, in den amerikanischen Südstaaten!! Die Töchter des Paares haben sich bereits vor Jahren von ihren Eltern losgesagt, und die Söhne entwickelten sich anders, als Edwin Cole es gern hätte.


    Gute Seele im Haus der Coles ist das schwarze Hausmädchen R e t t a (Oretta) B o o t l e s, die kocht, organisiert, Annie Geburtshilfe bei der Geburt ihrer Kinder leistet und die Kinder der Herrschaften praktisch aufgezogen hat. Die Plantagenbesitzer können sich drauf verlassen, dass sie im hohen Alter vom schwarzen Personal gepflegt werden. Umgekehrt funktioniert die Vereinbarung allerdings nicht. Falls Retta im Alter schwächer würde oder Pflege bräuchte, muss sie damit rechnen, vor die Tür gesetzt zu werden – selbst wenn der Hausherr nur vom Vermögen seiner Frau leben würde. Und dann muss es im Haushalt der Coles noch eine Person mit zu ungesundem Interesse an kleinen Kindern geben.


    Wie Edwin die Plantage auf Tabakanbau umzustellen versucht, wie Sohn Lonnie aus der ehemaligen Näherei für Futtersäcke ein erfolgreiches Modeatelier macht – und wie die kinderlose Retta plötzlich für einen Schock kleiner Mädchen zu sorgen hat, das lässt Deb Spera in drei deutlich unterscheidbaren Stimmen von drei Frauen unterschiedlicher sozialer Schichten erzählen. Als liebenswerte Nebenfiguren tauchen der Hausarzt der Familie auf und Mrs Walker, deren Platz an der Nähmaschine die Pardees vor dem Verhungern retten könnte.


    Die Perspektiven weißer Plantagenbesitzer, verarmter Weißer und des schwarzen Dienstpersonals (dessen Eltern oft noch Sklaven waren) vermittelt die Autorin glaubwürdig und mit einer Fülle an Details. Retta beim Organisieren des großen Haushalts und ihrer Beziehung zu ihrem geliebten Odell bin ich mit großer Anteilnahme gefolgt.


    Deb Spera hatte beim Schreiben ihres üppigen Südstaaten-Dramas die Figur ihrer Großmutter und deren Geschichten aus den Südstaaten im Hinterkopf. Sie siedelt die Handlung u. a. in einer real existierenden Arbeitersiedlung an und lässt mit Clelia McGowan eine bekannte Sufragette auftreten. All ihre Figuren haben einen Strauß an biblischen Plagen zu erleiden: Feuer, Wasser, Todesfälle, die von Singvögeln vorher angekündigt werden, Seuchen, Schlangen, rauflustige Alligatoren, Stechmücken, und nicht zuletzt gewalttätige Ehemänner. Der Erzählton balanciert oft haarscharf am Pathos vorbei, durch die Ichperspektive der drei Frauen kommt man als Leser jedoch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.


    9 von 10 Punkten

  • Ein sprachmächtiges Buch mit viel Atmosphäre!


    Die wirtschaftlich schwere Zeit im amerikanischen Süden der zwanziger Jahre brachte gerade die Ärmsten in große Not! Gertrude und ihre Kinder gehören dazu.

    Ich mochte Retta, die sich so gut um Gertrudes Kind kümmert.


    Und auch die Alligatoren-Mama frisst nicht die falschen!!:saint:

  • Branchville Anfang der 1920er-Jahre: Gertrude Pardee führt ein hartes Leben. Ihr Mann Alvin ist ein gewalttätiger Säufer, die Familie lebt in solch ärmlichen Verhältnissen, dass auch die Töchter hungern müssen. Wirtschaftlich besser geht es Plantagenbesitzerin Annie Coles, die jedoch auch mit persönlichen Problemen zu kämpfen hat. Und dann ist da noch ihre farbige Haushälterin Oretta Bootles, kurz Retta, in erster Generation von der Sklaverei befreit. Alle drei Frauen wirken zunächst sehr verschieden, doch sie haben den Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung gemeinsam. Und dann passiert etwas, das sie zusammenbringt…


    „Alligatoren“ ist der berührende Debütroman von Deb Spera, der in den Südstaaten zu der Zeit vor der großen Wirtschaftskrise spielt.


    Meine Meinung:

    Das Buch besteht aus fünf Teilen, die mehrere Kapiteln beinhalten, sowie einem Epilog. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive – und zwar im Wechsel aus der Sicht von Gertrude, Annie und Retta. Zunächst haben die drei Erzählstränge wenige Berührungspunkte. Dann werden sie immer stärker miteinander verwoben. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen.


    Der Schreibstil ist flüssig, anschaulich und eindringlich, aber auch angenehm unaufgeregt. Die Sprache ist sehr einfach, was aber gut zum Bildungsgrad vor allem von Gertrude und Retta passt. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir nicht schwer.


    Schön finde ich es, dass man es sogar mit drei starken Frauencharakteren zu tun hat. Die Hauptprotagonistinnen sind mir nicht alle gleichermaßen sympathisch. Doch sie werden interessant, detailliert und authentisch dargestellt. Ihre Gedanken lassen sich gut nachvollziehen.


    Der Inhalt des Romans konnte mich sehr bewegen, denn es geht um emotionale Themen wie Liebe, Freiheit und Verlust. Der harte Kampf der Frauen ums Überleben vor dem Hintergrund von Hunger, Armut und Krankheit sowie die teils grausamen Umstände der damaligen Zeit machen betroffen.


    Trotz der eher hohen Seitenzahl habe ich die Geschichte größtenteils nicht als langatmig empfunden, denn es gibt immer wieder spannende Passagen.


    Gerne habe ich etwas über das Leben in den Südstaaten zur damaligen Zeit gelernt. Die Anmerkungen zum geschichtlichen Hintergrund des Romans belegen die Recherchearbeit der Autorin.


    Das Cover passt meiner Ansicht nach inhaltlich sehr gut zur Geschichte. Der deutsche Titel orientiert sich stark am amerikanischen Original, was ich gut finde.


    Mein Fazit:

    „Alligatoren“ von Deb Spera ist ein aufwühlender Roman über drei Frauenschicksale. Keine leichte Kost, aber eine empfehlenswerte Lektüre.

    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

  • Ich weiß ja nicht, wo ihr eure Bücher herhabt und welche Bedingungen da gelten... :gruebel In meinem eBook-Leseexemplar von NetGalley steht drin, dass mit den Rezensionen bitte bis zum 03.09.2018 (Erscheinungstermin) gewartet werden soll. Gab es das Buch auch bei vorablesen.de?

  • Echt? :wow Wofür ist dann so ein Erscheinungstermin gut? Und warum sind die Fristen für Rezis bei den verschiedenen Plattformen unterschiedlich? :help

    Die Erscheinungstermine scheinen manche Verlage exakt einzuhalten, andere nicht. Der lokale Buchhandel und einige Verkaufsplattformen bieten manchmal die Bücher früher an, oder amazon bietet sie eher an als der Handel.


    Wer die Bücher von Vorablesen oder Loveleybooks erhält, stellt die Rezensionen oft auch auf anderen Plattformen früher ein. Alles etwas unübersichtlich ...

  • Jetzt aber. :grin


    Produktdetails siehe oben


    Meine Meinung:


    „Fressen oder gefressen werden“ – so erscheint zunächst das Bild, das von Gertrude gezeichnet wird, die sich mit ihren Töchtern in wirtschaftlich schweren Zeiten mit einem alkoholkranken und gewalttätigen Mann herumschlagen muss, bevor sich dieser gebeutelten Frau plötzlich ungeahnte Türen öffnen. Deb Spera gelingen hier wunderbar glaubwürdige und unter die Haut gehende Schilderungen von Menschen, die von der Gewalt und dem Elend in ihrem Leben so verhärtet sind, dass sie erst wieder lernen müssen, auch einmal zu geben, statt immer nur zu nehmen, sobald sie die Gelegenheit dazu bekommen.


    „Fressen oder gefressen werden“ steht aber auch über dem Schicksal von Annie, der Frau eines verarmten Baumwollplantagenbesitzers und selbst tatkräftige Inhaberin einer florierenden Näherei, die erst spät die zerstörerischen Verwerfungen in ihrem Leben erkennt und sich aus ihnen befreit.


    Zusammengehalten und in die rechte Spur gelenkt werden die Schicksale dieser Familien durch die schwarze Köchin und Hebamme Oretta, die – wie bereits ihre Mutter – im wörtlichen und im übertragenen Sinne Leben auf die Welt holt oder ihm zur passenden Würze verhilft. Diese weise, mutige, hellsichtige und heilkräftige Mystikerin hat mich tief berührt. Sie, ihr Mann Odell und die den Tod überwindende Liebe zwischen den beiden und ihrer Tochter Esther sind die steten Lichtpunkte in diesem aufwühlenden Roman über eine Zeit, die von schlimmstem Rassismus geprägt war und deren Härten wir uns heute kaum noch vorstellen können.


    Deb Spera stellt die ineinander verschlungenen Lebenswege dieser Frauen und ihrer Familien eindringlich, sprachschön und ohne unnötiges Pathos dar. Trotzdem war ich oft zu Tränen gerührt und werde diesen Roman bestimmt nicht so schnell vergessen.


    10/10 P.

  • Der Baumwollkapselkäfer brachte große Not über die Südstaaten, denn drei Jahre lang gab es keine Ernten. Gertrude kann ihre vier Töchter nicht satt bekommen. Ihr Mann Alvin ist keine Unterstützung, im Gegenteil, er ist gewalttätig und der Alkohol macht ihn noch schlimmer. Als sie auf dem Damm einen Alligator belauert, passiert etwas, das ihr Leben verändert. Auch Annie Coles, die Besitzerin einer Näherei, hat kein einfaches Leben. Ihren jüngsten Sohn hat sie verloren und im Grunde auch ihre beiden Töchter. Ihre Haushälterin Retta ist in erster Generation von der Sklaverei befreit. Sie hat viel gesehen im Haus der Coles und immer geschwiegen. Dann nimmt sie für eine Weile Gertrudes kleine kranke Tochter auf. In diesem Moment beginnt sich vieles zu ändern.

    Auf diesen Roman muss man sich einlassen, denn es ist eine bedrückende Geschichte. In jener Zeit hatten Frauen noch nicht viel zu sagen, sie taten, was zu tun war, ertrugen die Not und Gewalt und ergaben sich in ihr Schicksal. Auch Gertrude ist so eine Frau. Sie versucht so gut es geht, ihre Kinder zu schützen und kann doch nur wenig tun. Aber dann nutzt sie die Gelegenheit und macht sich frei, damit es ihren Kindern besser geht. Doch sie muss feststellen, dass die Vergangenheit einen nicht loslässt. Annie Coles wirkt emanzipiert und leitet sogar eine Näherei, die Arbeit für Frauen schafft. Aber das hat sie nur der Weitsicht ihres Vaters zu verdanken. Ihr Mann nennt sie Mutter und lässt sie spüren, wer der Herr im Haus ist. Auch seine ältesten Söhne leiden unter ihm. Während Lonnie seinem Vater aus dem Weg geht und seine Mutter in der Näherei unterstützt, versucht Eddie die Anerkennung seines Vaters durch Unterwürfigkeit zu erlangen. Edwin Coles ist ein sehr unangenehmer Mensch, der allen das Leben schwer macht und seine dunklen Geheimnisse hat. Doch dann kommt der Tag, an dem Annie die Augen geöffnet werden. Auch Retta hat ihre Verluste zu beklagen, aber sie schafft weiter und sorgt sich um andere.

    Gertrude, Annie und Retta sehen sich nach Freiheit und Selbstbestimmung. Es dauert lange, aber dann kommt der Tag, an dem aus der Sehnsucht ein Tun wird, denn da sind Menschen, die sie lieben und für die sie eine Verantwortung tragen.

    Es ist Roman, der sehr atmosphärisch das Leben in den Südstaaten schildert. Da sind nicht nur die Unterschiede zwischen Arm und Reich, man spürt auch das Misstrauen zwischen Weißen und Schwarzen, obwohl alle dem Gesetzt nach inzwischen frei sind.

    Es ist ein sehr emotionaler Roman, der mit gut gefallen hat und den ich nur empfehlen kann.


    5/5

  • Deb Spera stellt in ihrem Roman das Leben dreier Frauen in den von der Wirtschaftskrise gebeutelten amerikanischen Südstaaten zu Beginn der zwanziger Jahre dar.

    Ihr sozialer Status könnte unterschiedlicher nicht sein, doch durch äußere Umstände werden sie eng miteinander verbunden.

    Annie Coles ist die Ehefrau eines wohlhabenden Plantagenbesitzers und Eigentümerin einer Näherei. Den ungeklärten Tod ihres jüngsten Sohnes hat sie nie wirklich überwunden. Zu viele offene Fragen haben Unsicherheit und Verletzlichkeit hinterlassen. Mit ihren beiden erwachsenen Töchtern hat sie seit Jahren keinen Kontakt mehr und auch darunter leidet sie sehr.

    Gertrude, eine verarmte weiße Frau, muss jeden Tag zusammen mit ihren vier Töchtern ums blanke Überleben kämpfen. Ihr gewalttätiger Mann Alvin ist dabei eher Last als Hilfe.

    Oretta, die schwarze Haushälterin der Familie Coles, nimmt eine von Gertrudes Töchtern bei sich auf um das kleine Mädchen gesund zu pflegen, während Gertrude Arbeit in der Näherei der Coles sucht.

    Oretta weiß viel mehr von den Problemen und Geheimnissen ihrer Arbeitgeber, als diesen bewusst ist. Doch eine Einmischung steht einer Frau ihrer Herkunft und Stellung nicht zu.



    Deb Spera erzählt sehr eindringlich vom harten Überlebenskampf dieser Frauen und ihre Familien und lässt den Leser tief in die Gedankenwelt ihrer Protagonistinnen eintauchen. Nicht alles war mir sympathisch, manches hat mich auch schockiert und traurig gemacht, auch wenn es im historischen Zusammenhang wahrscheinlich normal war so zu handeln. Die Konsequenzen, die Gertrude aus der Schwangerschaft ihrer 13-jährigen (!) Tochter zieht, sind aus unserer heutigen Sicht und denkbar, damals wahrscheinlich aber alternativlos.



    Fazit: Ein beeindruckendes Portrait dreier Frauen, das von mir eine klare Leseempfehlung hält!

  • Der Traum vom selbstbestimmten Leben


    20er Jahre Amerika. Gertrude Pardee lebt mit ihrer Familie in einer Baracke in den Sümpfen von South Carolina. Sie und die vier Kinder leiden nicht nur unter dem tyrannischen und ständig betrunkenen Ehemann, sondern sie haben auch kaum etwas zu essen. Gertrude will diesen Zustand nicht länger ertragen und bringt ihre drei ältesten Töchter bei ihrem Bruder im Nachbardorf unter, wo sie ihm als Helferin auf seinen Baumwollfeldern zur Hand gehen sollen. Ihre 6-jährige Tochter Mary ist krank und kommt bei der Farbigen Oretta unter, die in Heilkünsten versiert ist. Gertrude selbst nimmt eine Stelle als Näherin in der Fabrik von Annie Coles an und kommt sogar in einem kleinen Häuschen unter. Um ihre letzten Besitztümer aus der familieneigenen Hütte zu holen, bewaffnet sich Gertrude mit einem Gewehr und macht sich auf den Weg durch die Sümpfe, wo sie unvermittelt auf einen Alligator trifft. Sie will ihn erschießen, doch dann läuft ihr auch noch ihr besoffener Ehemann über den Weg…


    Deb Spera hat mit dem Buch „Alligatoren“ ihren Debütroman vorgelegt, der von der ersten Seite an mit seiner bedrückenden Atmosphäre und leisen Tönen zu fesseln weiß und den Leser regelrecht in die vergangene Zeit hineinzieht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, lässt den Leser bis zum Ende das Buch nicht aus der Hand legen. Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass der Leser mal an der Seite von Gertrude, mal an Orettas und mal an Annies Seite steht und das Leben der Frauen hautnah miterlebt und deren Gedanken und Gefühle dabei offen liegen, was ein gutes Kennenlernen der Protagonistinnen aus unterschiedlichen Schichten leicht macht. Gleichzeitig ermöglicht die Autorin dem Leser dadurch, Einblick in die verschiedenen Gesellschaftsschichten der damaligen Zeit zu nehmen und die Stimmung aufzusaugen, die von Rassismus, Gewalt und Unterdrückung geprägt ist. Frauen hatten damals kaum Rechte und hatten ihren Männern zu gehorchen. Taten sie das nicht, so waren Gewalt und Züchtigung an der Tagesordnung. Sie waren von den Launen ihrer Männer abhängig, dabei war es nicht wichtig, ob sie arm oder reich sind. Sowohl Gertrude als auch Oretta und Annie wollen sich von diesen Fesseln befreien und träumen von einem selbstbestimmten und freien Leben.


    Die Charaktere sind sehr detailliert ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken realistisch und authentisch, so dass es dem Leser nicht schwer fällt, mit ihnen zu leiden, zu fühlen und zu hoffen. Gertrude ist nicht gerade eine sympathische Frau, jedoch ist sie eine starke Persönlichkeit. Sie weiß um die Ausweglosigkeit ihrer Situation und will ihre Kinder und sich selbst aus dem sprichwörtlichen Sumpf und weg von dem gewalttätigen Ehemann bringen. Dafür tut sie alles. Annie ist mit einem reichen Mann verheiratet und leitet ihre eigene Fabrik. Aber auch sie musste schon so einige Schicksalsschläge verkraften, ihre Familie ist auseinandergedriftet, einen Sohn hat sie durch Selbstmord verloren. Doch Annie lässt sich nicht unterkriegen, wirkt selbstbewusst und kämpft gegen die Dämonen, die sie runterziehen wollen, allen voran ihr eigener Ehemann. Oretta ist eine freie Farbige, die als Haushälterin bei Annie arbeitet und in der Heilkunst bewandert ist. Sie wird noch immer nicht von der Gesellschaft akzeptiert, obwohl die Sklaverei inzwischen abgeschafft ist. Sie hat einen festen Glauben, das Herz am rechten Fleck und ist immer hilfsbereit. Annies Mann Edwin ist ein Mann, der seine Familie unterdrückt und sie immer wieder spüren lässt, wer das Sagen im Haus hat. Auch die weiteren Protagonisten tragen zur Intensität der Handlung bei und geben ihr zusätzliche Impulse.


    „Alligatoren“ ist ein atmosphärisch-dichter Roman über drei unterschiedliche Frauen mit dem gleichen Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung. Ein absolutes Meisterwerk, das einen auch nach der Lektüre noch lange beschäftigt. Absolute Leseempfehlung!!

    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben"(Oscar Wilde) :)

    "Bücher sind wie Drogen, nur ohne die Gefahr einer Überdosierung" (Karl Lagerfeld)

  • Drei beeindruckende Frauenschicksale in harten Zeiten


    "Eine Frau ist das Mächtigste auf Erden und in ihrer Hand liegt es, den Mann dahin zu leiten, wo Gott ihn haben will." (Henrik Ibsen)

    Für Gertrude sind ihre vier Kinder das wichtigste, schon seit Tagen haben sie nichts zu essen gehabt. Nun belauern sie das Alligatorenweibchen, den es gibt, einen bestimmten Grund dafür. Plantagenbesitzerin Annie hat einen großen Feind in ihrer Familie, nur leider erkennt sie es viel zu spät, einem ihrer Söhne hat dies sogar das Leben gekostet. Oretta ist Annies schwarze Haushälterin und Köchin, trotzdem sie keine Sklavin mehr ist, hat sie nicht den Stellenwert einer weißen Frau. Doch als Gertrude verzweifelt bei Oretta auftaucht, um ihre 9-jährige Tochter Mary bei ihr zu lassen, nimmt sie diese sofort bei sich auf. Den Mary ist unterernährt, krank und schwach, Oretta ist sich nicht mal sicher, ob sie überhaupt überleben wird. Drei Frauen die unterschiedlicher nicht sein können, finden hier zueinander und eines haben sie alle gemeinsam den Traum von Freiheit und Selbstbestimmung. Das sie dabei hart kämpfen müssen ist zu der Zeit noch selbstverständlich.


    Meine Meinung:
    Der Titel des Buches mag etwas irritierend sein, den in Wahrheit ging es in diesem Buch um drei starke Frauen und nicht um Alligatoren wie das Cover schon zeigt. Obwohl diese Frauen ein wenig ähnlich sind wie diese den, wenn Alligatoren zuschlagen hat ihre Beute wenig Chancen doch sie können auch zärtlich sein. Auch bei diesen drei Frauen traf dies zu, den auch sie schlugen im richtigen Augenblick zurück und dadurch hatte ihr Opfer wenig Chancen zu entkommen. Der Schreibstil ist flüssig, sehr gut und abwechselnd in Kapitel von Gertrude, Oretta und Annie eingeteilt. Dadurch lernte ich von Kapitel zu Kapitel diese drei Frauen immer besser kennen. Da ist zum einen Annie und ihr Mann sind Plantagenbesitzer, eines Tages zerstört der Baumwollkäfer ihre ganze Ernte. Von sieben Kindern sind ihnen nur vier geblieben, einer ihrer Söhne hat es sogar das Leben gekostet. Ihre beiden Töchter hat sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen. Gertrude hatte schon eine schwere Kindheit durch ihren brutalen Vater. Nun will sie nicht länger ihren Ehemann ertragen, der sie ständig schlägt und das Geld versäuft, während sie und die Kinder hungern. Doch danach muss sie sehen, wie sie als Frau in diesen Zeiten eine Arbeit bekommt. Zum Glück findet sie bei Annie als Näherin eine Anstellung. Den zu der Zeit kam nach Käferplage, Hungersnot auch noch ein schwerer Orkan der vieles zerstörte. Und da ist Oretta sie ist glücklich mit Odell verheiratet, der jedoch nach einem Unfall körperlich beeinträchtigt ist. Auch für sie ist es nicht einfach durchzukommen, doch haben die beiden ihren starken Glauben, der ihnen weiterhilft. Ein Buch voller Tragik, Drama, Sehnsüchten, Träumen und der krassen Wahrheit die alles irgendwann ans Licht bringt. Für mich hätte die Geschichte noch weitergehen können, damit man erfährt was aus Gertrude und Annie weiter wurde. Eindrucksvoll war auch der geschichtliche Hintergrund am Ende des Buches, den ich sehr interessant fand. Ich kann das Buch nur empfehlen und gebe 10 Eulen.:thumbup:





    "Lebe jeden Tag so, als ob du dein ganzes Leben lang nur für diesen einen Tag gelebt hättest."