'Trümmerkind' - Seiten 084 - 156

  • Beim Lesen dieses Abschnitts hatte ich immer noch das Gefühl nur an der Oberfläche von zu vielen Themen zu kratzen.

    Clara und ihre Familie müssen zwar schreckliche Dinge durchstehen, aber das berührt mich einfach nicht. Ich finde das so einseitig und unreflektiert. Ich meine das auch gar nicht böse, aber den ehemaligen Gutsbesitzern ging es doch nicht schlechter als allen anderen? Das ist ein heikles Thema und ich möchte nicht falsch verstanden werden. Für mich ist dieses Unbehagen beim Lesen aber auch einfach der Beweis, dass Mechthild Borrmann dieses Teilthema nicht genug ausgearbeitet und zu einseitig dargestellt hat. Diese Einteilung in Gut und Böse passt vielleicht zu einem gewöhnlichen Krimi, aber zu diesem Thema? Ich weiß nicht.


    Anna bleibt mir auch total fremd.

    Wirklich schön finde ich nur die Abschnitte rund um Agnes Dietz. Hier gelingt es Borrmann die damalige Situation und Atmosphäre viel besser und echter darzustellen. Zumindest ist das mein persönlicher Eindruck.

  • Die im ersten Abschnitt für mich bestehende Einseitigkeit empfinde ich immer noch. Ansonsten liest sich das Buch nur so weg, fast zu leicht;). Gestern habe ich sogar aus Versehen über den Abschnitt hinaus gelesen.


    Am liebsten lese ich die Teile mit Agnes und den Kindern. Hanno ist so ein typischer Junge, der durch den Krieg und die Anwesenheit des Vaters schnell erwachsen werden musste und die Verantwortung für das Überleben der Familie mit übernommen hat. In so jungen Jahren plötzlich Familienoberhaupt sein zu müssen, kann nur bleibende Veränderungen hinterlassen. Vielleicht erfahren wir auch, was in fernerweise Zukunft für ein Mann aus ihm geworden ist. Das würde mich interessieren.

    In diesen Teilen erfährt man viel über diese erste Nachkriegszeiten, sehr interessant.


    Und auf einmal steht der Vater vor der Tür. Agnes denkt von ihm als ihrem "zerstörten Mann", und das ist er auch. So kamen Viele aus der Gefangenschaft nach dem Krieg, ich denke da nur an meinen Opa mütterlicherseits. Ich war zu jung, als er starb und konnte ihn nicht mehr viel fragen, aber selbst so viele Jahre nach dem Krieg erinnere ich mich an ihn nur als einen sehr stillen Mann.


    Ganz zum Schluss gibt es dann doch die erste Querverbindung. Der Name des Architekten, der den Gutshof der Familie Annas umbauen will und die Fotos hat, ist Joost Dietz!

  • Eben erst gesehen, dass du schon vor mir etwas eingestellt hast, während ich noch schrieb.

    Beim Lesen dieses Abschnitts hatte ich immer noch das Gefühl nur an der Oberfläche von zu vielen Themen zu kratzen.

    Clara und ihre Familie müssen zwar schreckliche Dinge durchstehen, aber das berührt mich einfach nicht. Ich finde das so einseitig und unreflektiert. Ich meine das auch gar nicht böse, aber den ehemaligen Gutsbesitzern ging es doch nicht schlechter als allen anderen? Das ist ein heikles Thema und ich möchte nicht falsch verstanden werden. Für mich ist dieses Unbehagen beim Lesen aber auch einfach der Beweis, dass Mechthild Borrmann dieses Teilthema nicht genug ausgearbeitet und zu einseitig dargestellt hat. Diese Einteilung in Gut und Böse passt vielleicht zu einem gewöhnlichen Krimi, aber zu diesem Thema? Ich weiß nicht.


    Anna bleibt mir auch total fremd.

    Wirklich schön finde ich nur die Abschnitte rund um Agnes Dietz. Hier gelingt es Borrmann die damalige Situation und Atmosphäre viel besser und echter darzustellen. Zumindest ist das mein persönlicher Eindruck.

    Insgesamt bin ich ganz bei dir!

    Die Stelle, an der von den Großgrundbesitzern die Rede ist, denen nicht Mal meine Anklage gelesen wurde und die nach Russland verschickt wurden, habe ich mir auch markiert, weil sie mich sehr gestört hat. Auch noch sage nicht, dass sie das verdient hätten, aber unschuldig waren sie auch nicht, auch wenn sie nicht selbst die Waffe in der Hand hatten. Vielleicht genug davon.


    Anna kommt mir auch gar nicht Nähe, auch mit ihrer Suche nicht. Ich nehme der Figur beim Lesen ihren dringenden Wunsch, mehr über die Familienzuwachs erfahren, nicht ab. Das hat die Autorin bei mir nicht geschafft.

    Noch seltsamer finde ich die extreme Reaktion ihrer Mutter. Irgendwann mit dem bestehenden Zeitabstand zu den Ereignissen, fangen die Eltern an zu erzählen, weil sie trotz schlimmer Erinnerungen die Verbindung zu ihrer Ergangenheit suchen, bevor sie sich vielleicht an nichts mehr erinnern können. Irgendwas stimmt mit der Mutter nicht!

  • Agnes macht es jetzt offiziell und meldet Joost als zusätzliches Kind an, obwohl sie keine Geburtsurkunde hat. Ging also auch damals schon! Natürlich gibt es Gerüchte.

    Unter der Hand organisiert Peter eine Wohnung.

    Ein fremder Mann steht vor der Tür, Gustav ist zurück. Er kann froh sein, denn manche der Kriegsgefangenen in Rußland konnten erst in den fünfziger Jahren zurückkehren.

    In der Uckermark muß Clara alles organisieren als sie erfahren, dass Ferdinand tot ist. Durch den Eintrag im Kirchenbuch war bekannt, dass Isabella im September gestorben ist. Der Vater sollte nach Rußland deportiert werden. Es war die Stalinzeit und viele bekannte Personen saßen ja in den Konzentrationslagern in Haft ohne ausreichende Anklagepunkte.

    Als Clara beschließt in die westliche Besatzungszone zu fliehen, schließen sich die Brandtners an und bestehen darauf, dass sie zusammen bleiben.


    Warum die Mutter sich so vehement sträubt über die Vergangenheit zu reden ist nicht ganz nachvollziehbar. Sie versucht immer Anna ein schlechtes Gewissen einzureden.

  • Das nicht reden wollen, kann ich ja vielleicht noch nachvollziehen. Schwere Traumata können ganz schön blockieren und nachwirken.

    Aber dass sie Anna, ihrer eigenen Tochter Schuld gibt und sie dadurch mit traumatisiert, kann ich nicht verstehen. So etwas tut eine Mutter, die ihr Kind liebt, nicht, nicht so bewusst wie in diesem Fall.

  • Clara und ihre Familie müssen zwar schreckliche Dinge durchstehen, aber das berührt mich einfach nicht. Ich finde das so einseitig und unreflektiert. Ich meine das auch gar nicht böse, aber den ehemaligen Gutsbesitzern ging es doch nicht schlechter als allen anderen?

    Wo steht das denn, das es ihnen schlechter gehen soll als allen anderen?

    Ich empfinde das so, dass sich Clara sehr bewusst ist, dass sie sich durch das Silber und die Gemälde einige Privilegien erkaufen kann, z.B. den Transport auf einem LKW.

    Meine Urgroßeltern sind in etwa dieser Zeit von Anklam gefohen, ebenfalls nach Hamburg, wo die Familie meiner Großmutter, also ihrer Schwiegertochter, lebte. Nicht als Gutsbesitzer, sondern als Lehrer auf einem Gutshof. Der Gutsherr stattete meine Urgroßeltern auch mit Schmuck und Wertgegenständen aus, so dass sie die Flucht überlebten.

    Vielleicht empfinde ich anders, weil es mich sehr an die Geschichten erinnerte, die ich als Kind erzählt bekam.

    Ich lese Claras Geschichte als eine von vielen, jemand anderes hätte natürlich eine ganz andree Geschichte erzählt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Am liebsten lese ich die Teile mit Agnes und den Kindern. Hanno ist so ein typischer Junge, der durch den Krieg und die Anwesenheit des Vaters schnell erwachsen werden musste und die Verantwortung für das Überleben der Familie mit übernommen hat. In so jungen Jahren plötzlich Familienoberhaupt sein zu müssen, kann nur bleibende Veränderungen hinterlassen. Vielleicht erfahren wir auch, was in fernerweise Zukunft für ein Mann aus ihm geworden ist. Das würde mich interessieren.

    In diesen Teilen erfährt man viel über diese erste Nachkriegszeiten, sehr interessant.

    In diesem Teil finde ich, dass Agnes das Handeln dieses Peters überhaupt nicht hinterfragt und nicht nachdenkt, ob sie ihre Kinder dadruch in Gefahr bringt. Natürlich bekommt sie durch ihn viele Annehmlichkeiten, zum Beispiel eine gute Wohnung. Die ganze Zeit denke ich, vielleicht hat er etwas mit diesen Leichen zu tun.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Und auf einmal steht der Vater vor der Tür. Agnes denkt von ihm als ihrem "zerstörten Mann", und das ist er auch. So kamen Viele aus der Gefangenschaft nach dem Krieg, ich denke da nur an meinen Opa mütterlicherseits. Ich war zu jung, als er starb und konnte ihn nicht mehr viel fragen, aber selbst so viele Jahre nach dem Krieg erinnere ich mich an ihn nur als einen sehr stillen Mann.

    Unvorstellbar, wie sich die Frauen und Männer damals gefühlt haben müssen. Mein Opa kam erst Anfang der 50ger Jahre zurück aus Russland. Meine Oma hatte einen neuen Partner, niemand rechnete mehr damit. Als mein Opa heimkam und auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause gesehen wurde, wurde mein Vater losgeschickt, ihm entgegenzugehen, und der andere Mann verschwand in der Zwischenzeit. Ganz selten wurde davon nur erzählt und auch eher von den Schwestern meiner Oma, nicht von ihr selbst.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Die Stelle, an der von den Großgrundbesitzern die Rede ist, denen nicht Mal meine Anklage gelesen wurde und die nach Russland verschickt wurden, habe ich mir auch markiert, weil sie mich sehr gestört hat. Auch noch sage nicht, dass sie das verdient hätten, aber unschuldig waren sie auch nicht, auch wenn sie nicht selbst die Waffe in der Hand hatten. Vielleicht genug davon.

    Welche Stelle ist das denn?

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Warum die Mutter sich so vehement sträubt über die Vergangenheit zu reden ist nicht ganz nachvollziehbar. Sie versucht immer Anna ein schlechtes Gewissen einzureden.

    Das wird der Krimiteil sein. In meiner Lieblingsbuchhandlung stand das Buch bei den Krimis. :zwinker

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Wo steht das denn, das es ihnen schlechter gehen soll als allen anderen?

    Ich empfinde das so, dass sich Clara sehr bewusst ist, dass sie sich durch das Silber und die Gemälde einige Privilegien erkaufen kann, z.B. den Transport auf einem LKW.

    Meine Urgroßeltern sind in etwa dieser Zeit von Anklam gefohen, ebenfalls nach Hamburg, wo die Familie meiner Großmutter, also ihrer Schwiegertochter, lebte. Nicht als Gutsbesitzer, sondern als Lehrer auf einem Gutshof. Der Gutsherr stattete meine Urgroßeltern auch mit Schmuck und Wertgegenständen aus, so dass sie die Flucht überlebten.

    Vielleicht empfinde ich anders, weil es mich sehr an die Geschichten erinnerte, die ich als Kind erzählt bekam.

    Ich lese Claras Geschichte als eine von vielen, jemand anderes hätte natürlich eine ganz andree Geschichte erzählt.

    Ich kenne auch Geschichten, auch solche, die mich und meine Familie betreffen. Mir ist das Thema zu oberflächlich und zu einseitig behandelt, warum ich dieses Gefühl beim Lesen hatte, habe ich oben versucht zu begründen.

    Ich glaube aber, dass es besser ist, das hier anhand dieses Buches, nicht weiter zu diskutieren bzw. möchte ich das nicht.

    Dafür ist mir das Buch ehrlich gesagt auch nicht gut oder wichtig genug.

    Diese Art Gespräche führe ich sowieso lieber persönlich und nicht schriftlich.

  • In diesem Teil finde ich, dass Agnes das Handeln dieses Peters überhaupt nicht hinterfragt und nicht nachdenkt, ob sie ihre Kinder dadruch in Gefahr bringt. Natürlich bekommt sie durch ihn viele Annehmlichkeiten, zum Beispiel eine gute Wohnung. Die ganze Zeit denke ich, vielleicht hat er etwas mit diesen Leichen zu tun.

    Ich fand auch, dass sie sich sehr abhängig macht. Ich glaube nicht, dass er etwas mit den Leichen zu tun hat.

  • Das nicht reden wollen, kann ich ja vielleicht noch nachvollziehen. Schwere Traumata können ganz schön blockieren und nachwirken.

    Aber dass sie Anna, ihrer eigenen Tochter Schuld gibt und sie dadurch mit traumatisiert, kann ich nicht verstehen. So etwas tut eine Mutter, die ihr Kind liebt, nicht, nicht so bewusst wie in diesem Fall.

    Mit Clara in der quasi gegenwärtigen Handlung habe ich auch ein Problem - bislang jedenfalls. Ich finde sie ziemlich unmöglich und kann kaum einen Zusammenhang herstellen mit der Clara aus der Nachkriegszeit. Was sie wohl erlebt haben mag, das sie so sehr verändert hat :gruebel.

    Anna bleibt mir auch total fremd.

    Wirklich schön finde ich nur die Abschnitte rund um Agnes Dietz. Hier gelingt es Borrmann die damalige Situation und Atmosphäre viel besser und echter darzustellen. Zumindest ist das mein persönlicher Eindruck.

    Meiner auch.

    Vielleicht liegt es daran, dass diese Figuren irgendwie geradliniger und unkomplizierter sind. Mit ihnen kann man leichter mitfühlen.



    In diesem Teil finde ich, dass Agnes das Handeln dieses Peters überhaupt nicht hinterfragt und nicht nachdenkt, ob sie ihre Kinder dadruch in Gefahr bringt.

    Das hab ich mir auch gedacht. Und Agnes hat diese Gedanken auch, nur schiebt sie sie beiseite, weil sie gerade auf die Möglichkeiten, die ihr durch Peters Beziehungen geboten werden nicht ablehnen kann und will. Für mich in einer solchen Lage durchaus nachvollziehbar. Sie kann froh sein, dass Hanno nicht diesen Weg geht.


    Isabell erfährt schlimme Schicksalsschläge und ich fand es sehr traurig, dass sie nicht die Kraft aufbringen konnte für ihre Kinder weiter zu leben. Aber nicht alle Menschen können so was aushalten.

    Eine sehr belastende Erfahrung für ihre Kinder.

  • In diesem Teil finde ich, dass Agnes das Handeln dieses Peters überhaupt nicht hinterfragt und nicht nachdenkt, ob sie ihre Kinder dadruch in Gefahr bringt. Natürlich bekommt sie durch ihn viele Annehmlichkeiten, zum Beispiel eine gute Wohnung. Die ganze Zeit denke ich, vielleicht hat er etwas mit diesen Leichen zu tun.

    Das habe ich auch immer gedacht, aber wer weiß, wenn es ums nackte Überleben geht, tritt vielleicht auch irgendwann die Angst um die Kinder in den Hintergrund. Dass Peter mit den Leichen etwas zu tun hat, scheint mir zu diesem Zeitpunkt unwahrscheinlich, aber krumme Geschäfte macht er allemal.

  • Isabell erfährt schlimme Schicksalsschläge und ich fand es sehr traurig, dass sie nicht die Kraft aufbringen konnte für ihre Kinder weiter zu leben. Aber nicht alle Menschen können so was aushalten.

    Wirklich furchtbar für die Kinder, Vater und Mutter so schnell oder überhaupt zu verlieren. Leider ist relativ wenig von diesen Kindern die Rede, eigentlich nur von Clara oder ihrem Vater. Margarethe und Konrad werden nur nebenbei mit erwähnt.

  • Mir gefällt die Geschichte um Agnes und ihren Kindern auch am Besten. Was für ein Schock, als ihr Mann nach 5 Jahren wieder vor der Tür steht..der Großvater meines Mannes galt auch erst als verschollen und kam nicht wieder nach Hause. Lange Zeit stand die Familie am Bahnhof in Hamburg und hat gehofft, das er unter den Heimkehrern ist. Aber leider war das Warten vergebens, sie haben ihn irgendwann für tot erklären müssen.

    Ich kann mir vorstellen, das es für beide Partner schwer ist und man eigentlich fast wieder bei null anfängt..


    Mich würde mal langsam interessieren, was aus Isabells Kindern geworden ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kleine Joost sein soll.....aber es muss ja irgendetwas schlimmes passiert sein, sonst würde Clara da nicht so ein Geheimnis draus machen..

  • Mir gefällt die Geschichte um Agnes und ihren Kindern auch am Besten. Was für ein Schock, als ihr Mann nach 5 Jahren wieder vor der Tür steht...

    Ich kann mir vorstellen, das es für beide Partner schwer ist und man eigentlich fast wieder bei null anfängt..

    Zumal sie beide sich nicht mehr die Selben sind, Gustav sicher noch weniger als Agnes. Das muss wie ein neues Kennenlernen gewesen sein, aber kein unbelasteten, sondern eins mit Traumata und schrecklichem Erlebten.