ungekürzte Lesung
11:31 Minuten
Sprecherin: Laura Maire
Hörprobe beim Verlag
zum Inhalt (vom Verlag)
Mia ist in dem kleinen Chocolaterie-Geschäft ihrer Eltern aufgewachsen – mit den wunderbaren Rezepten, aber auch mit dem Familienfoto, auf dem ihr Urgroßvater Jakob und sein Lehrherr zu sehen sind. Der Lehrherr ist weiß, Jakob schwarz. Mia weiß, dass ihr Vorfahr als kleiner Junge aus dem damaligen Deutsch-Südwestafrika nach Deutschland gekommen ist. Aber warum? Und wie?
Als Mia den Nachkommen von Jakobs Lehrer unbequeme Fragen stellt, sticht sie in ein Wespennest. Liebe und Verrat ziehen sich durch die Generationen, und als Mia endlich weiß, wer sie zum Schweigen bringen will, ist es fast zu spät …
zur Autorin (vom Verlag)
Elisabeth Herrmann wurde 1959 in Marburg/Lahn geboren. Sie machte Abitur auf dem Frankfurter Abendgymnasium und arbeitete nach ihrem Studium als Fernsehjournalistin beim RBB, bevor sie mit ihrem Roman "Das Kindermädchen" ihren Durchbruch erlebte. Fast alle ihre Bücher wurden oder werden derzeit verfilmt: Die Reihe um den Berliner Anwalt Vernau sehr erfolgreich mit Jan Josef Liefers vom ZDF. Elisabeth Herrmann erhielt den Radio-Bremen-Krimipreis und den Deutschen Krimipreis 2012. Sie lebt mit ihrer Tochter in Berlin.
zur Sprecherin (vom Verlag)
Laura Maire, geboren 1979 in München, absolvierte ihre Ausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Bekannt wurde sie durch eine Hauptrolle in der ARD-Vorabendserie "Verdammt verliebt". Sie synchronisierte u. a. Brie Larson in "Raum" (2016 mit einem Oscar ausgezeichnet) und Ashley Greene (als Alice Cullen) in der "Twilight"-Reihe. Daneben war sie immer wieder in "How I Met Your Mother" zu hören. Maire erhielt 2011 den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin. 2014 las sie für den Hörverlag den Thriller "Schattengrund" von Elisabeth Herrmann und erhielt für ihr "virtuoses Sprach-Spiel" noch einmal den Deutschen Hörbuchpreis als Beste Interpretin.
Meine Meinung
Nach einer Lesung von Elisabeth Herrmann wurde ich neugierig auf ihre Bücher und da „Zartbittertod“ von einer meiner Lieblingssprecherinnen gelesen wird und zu keiner Serie gehört, war es die erste Wahl.
Eigentlich würde Mia gerne in der Chocolaterie ihrer Eltern arbeiten, aber die soll ihr älterer Bruder übernehmen und das Geschäft läuft nicht gut genug, um alle zu ernähren. Also beschließt sie, Journalistin zu werden und muss für die Aufnahmeprüfung an einer Schule für Journalisten einen Bericht über ein altes Familienfoto schreiben. Ihre Wahl fällt auf ein Foto ihres schwarzen Großvaters Jakob, eines bis dahin unbekannten weißen Mannes namens Gottlob Herder und eines riesigen Nashorns aus Schokolade. Auf dem Dachboden sind noch wenige Gegenstände aus Jakobs Nachlass, die mehr Fragen aufwerfen als beantworten. So klein die Chocolaterie von Mias Eltern ist, so groß scheinen ist die Fabrik und der Reichtum der Familie Herder in Lüneburg. Mias Recherchereise nach Lüneburg scheint unter keinem guten Stern zu stehen, denn auch dort möchte niemand mit ihr über die Vergangenheit sprechen. Ganz im Gegenteil soll verhindert werden, dass die Erlebnisse der Vorfahren im damaligen Deutsch-Südwestafrika ans Tageslicht kommen.
Die deutsche Kolonialgeschichte war auch in meiner Schulzeit kein Thema, wurde vielleicht mal am Rande gestreift. Elisabeth Herrmann hat sich kein einfaches Thema ausgesucht, das sie sehr geschickt in einem Jugendkrimi verpackt. Auf der einen Zeitebene stehen Mias Erlebnisse in der heutigen Zeit, auf der anderen kommt langsam ans Licht, was vor gut 100 Jahren im heutigen Namibia geschah und wie es ihren Vorfahren erging, über die auch ihre eigene Mutter kaum etwas weiß.
Mia ist eine sympathische, gelegentlich etwas zu tollpatschige und naive Hauptfigur. Echte Unterstützung bekommt sie nach einer Weile vom jüngsten Herder, der ein paar Jahre älter ist als Mia und irgendwann vermutlich die Firma übernehmen soll. Auch Will möchte mehr über die Geschichte seines Urgroßvaters wissen, seine Eltern ganz und gar nicht. So steht er zwischen allen Stühlen, weil er einer Fremden helfen und gleichzeitig auch seine Eltern nicht vor den Kopf stoßen will.
Elisabeth Herrmann ist es gelungen, die historischen Ereignisse in einem Jugendbuch ungeschönt darzustellen. Die Motive der deutschen Soldaten werden klar herausgestellt, ohne allzu plakativ zu wirken und es wird auch deutlich, wie es dazu kam und was später aus dieser Ideologie wurde. Gerade heute ein wichtiger Punkt, der mal aus einem anderen Blickwinkel dargestellt wird (und nicht während des zweiten Weltkriegs.)
Gleichzeitig beschreibt sie, wie unterschiedlich Familien und Völker mit Erinnerungen und Familientraditionen umgehen, damals und heute. Schokolade, deren Zutaten und Mia kreative Rezeptversuche spielen eher am Rande eine Rolle, sind aber nichtsdestotrotz ein wichtiges Element auch in Bezug auf das heutige Namibia und die Entwicklungen bei der Kakaoproduktion, ethische und ökologische Aspekte.
Laure Maire gelingt es wunderbar einfühlsam, die erwachsen werdende Mia und auch die anderen Figuren glaubwürdig zum Leben zu erwecken.Ich hatte das Gefühl, Mia direkt zuzuhören.
Vielleicht könnte man bemängeln, dass es kein Thriller ist, die Handlung überkonstruiert oder einige Wendungen in den letzten Kapiteln unnötig seien. Auf der anderen Seite ist es ganz klar ein Jugendroman, mit vielen Informationen und die zweite Hälfte fesselnd.
Fazit
Ein gelungener Jugendroman, spannend und sehr informativ zugleich mit glaubwürdigen Figuren. Lebendig erzählt und auch nicht zuletzt dank Laura Maire Vortrag nach den ersten etwas zähen Kapiteln reinstes Kopfkino. Die Szenen über das Schicksal der Herero wirken auf mich ungeschönt und glaubwürdig, sind jedoch durch die von Elisabeth Herrmann gewählte Form gleichzeitig auch für jugendliche Leser geeignet.
P.S. Eine jugendliche Schokoladenmädchen-Szene fehlt auch nicht.