Neil Shusterman: Scythe. Der Zorn der Gerechten (2.)
FISCHER Sauerländer 2018. 544 Seiten
ISBN-10: 373735507X
ISBN-13: 978-3737355070. 19,99€
Vom Verlag empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
Originaltitel: Thunderhead - arc of a Scythe
Übersetzer: Kristian Lutze, Pauline Kurbasik
Verlagstext
Citra hat es geschafft. Sie wurde auserwählt und als Scythe entscheidet sie jetzt, wer leben darf und wer sterben muss. Doch als wenn das nicht schon schwer genug wäre, übernehmen skrupellose Scythe die Macht und stellen neue Regeln auf. Die wichtigste Regel lautet, dass es ab jetzt keine Regeln mehr gibt. So beginnt Citras Kampf für Gerechtigkeit. Ein Kampf, den sie nur gemeinsam gewinnen kann mit ihrer großen Liebe Rowan.
Der Autor
Neal Shusterman, geboren 1962 in Brooklyn, USA, studierte in Kalifornien Psychologie und Theaterwissenschaften. Alle seine Romane sind internationale Bestseller und wurden vielfach ausgezeichnet. In Deutschland liegt bisher seine »Vollendet«-Serie vor. Mit »Scythe – Die Hüter des Todes« startete Shusterman eine Trilogie über den Preis der scheinbar perfekten Welt.
Inhalt
Als neu ernannte Scythe Anastasia wird Citra damit konfrontiert, dass der Orden der Scythe alles andere als selbstlos im Sinn der Gemeinschaft handelt. Im Anschluss an sein Scheitern in der Prüfung zum Scythe kann man Rowan als angeblichem Scythe Luzifer dabei folgen, wie er ein korruptes Ordensmitglied nach dem anderen richtet. Während im ersten Band in den eingeschobenen Tagebuchaufzeichnungen noch verschiedene Figuren aus Shustermans utopischer Welt zu Wort kamen, äußert sich nun ausgiebig „Thunderhead“, eine künstliche Intelligenz als Betriebs- und Belohnungssystem des Planeten Erde. Dieses System hat die altmodische Regierungsform abgelöst, in der Vertreter der Bevölkerung in ein Parlament gewählt werden. Er (oder es?) kontrolliert jeden Lebensbereich, wacht über alle Daten, die dabei gesammelt werden – und jeder Erdbewohner ist völlig vom allwissenden System abhängig. Theoretisch gibt es eine Art Gewaltenteilung zwischen Thunderhead und den Scythe. Die Ordensgemeinschaft der Scythe, theoretisch für das geplante Verringern einer Weltbevölkerung zuständig, die keinen natürlichen Tod mehr kennt, hat sich jedoch zur Laus im Pelz des sonst so durchsetzungsfähigen Thunderhead entwickelt. Die Scythe stehen über dem Gesetz, niemand wagt ihnen zu widersprechen oder ihnen eine Rechnung für ihre Käufe oder Wünsche zu schicken. Ein idealer Nährboden für jede Form von Völlerei und Korruption. Der verschwenderische Lebenswandel der zweiten Macht auf dem Planeten wirft die Frage auf, wann ihr Maß an Dekadenz die Weltbevölkerung in den Abgrund reißen wird.
Auch wenn ich mich eher mit Citra und Rowan identfizieren wollte, hat mich die Frage gefesselt, wer Thunderhead einmal programmiert hat und ob eine künstliche Intelligenz tatsächlich einen Kontinent regieren könnte. Thunderhead mit seiner Art, allen nach dem Mund zu reden, scheint die Personifizierung der Diktaturen unserer Epoche zu sein, die sich oft durch die Verunstaltung von Sprache hervorgetan haben. Dass Thunderheads Herrschaft nicht so leicht zu halten sein würde, kündigt sich bereits damit an, dass es in seinem System eine Art anarchisches gallisches Dorf gibt. Im Staat Texas scheint Thunderhead Sonderregelungen zu dulden und zu beobachten, welches Maß an Freiheit er/es gerade tolerieren kann, ehe ihm sein System um die Ohren fliegen wird.
Ein weiterer Unruheherd scheint die Nachfolgerin der Bibliothek von Alexandria zu sein, in der die oben zitierten Tagebücher archiviert werden, zu denen jeder Scythe verpflichtet ist. Als Rowans Ausbilder Faraday dort auftaucht, erkennen er und die ehrgeizige Bibliothekarin Munira einander. Da Wissen Macht ist, können Shustermans Leser gespannt sein, wie es mit Rowans und Citras Welt weitergehen wird. Der zweite Band vermittelt in eher ruhigem Ton allerlei Vorwissen über das System Thunderhead und Scythe und endet – wie sollte es in einem mittleren Band anders sein - mit einem kräftigen Cliffhanger.
9 von 10 Punkten