Mats Wahl: Sturmland. Die Kämpferin (2.)
Carl Hanser Verlag 2016. 368 Seiten
ISBN-10: 3446250913
ISBN-13: 978-3446250918. 16,90
dtv ISBN-13: 978-3423626583, 9,95€
Vom Verlag empfohlenes Alter: 13 - 16 Jahre
Originaltitel: Krigarna (Blodregn 2)
Verlagstext
Schweden 50 Jahre in der Zukunft: Verheerende Stürme haben ganze Landstriche verwüstet. Und Schnee fällt schon seit Jahren nicht mehr. Stattdessen färbt ein feiner Sand alles blutrot. Die meisten Menschen sind in die Städte gezogen. Bei den wenigen Familien auf dem Land herrscht ein Klima der Angst. Eines Tages taucht Elins Tante Karin auf dem Hof der Familie auf. Nach ihr wird im ganzen Land gefahndet, denn sie gilt als Terroristin des Untergrunds. Am nächsten Tag wird Elin verhört und verschleppt, doch ihr gelingt die Flucht. Der zweite Teil des düsteren, erschreckend realistischen Zukunftsepos des großen schwedischen Erzählers Mats Wahl.
Der Autor
Mats Wahl, 1945 geboren, zählt zu den großen skandinavischen Jugendbuchautoren. Er hat über 40 Bücher veröffentlicht, darunter Romane für Kinder und Jugendliche, Theaterstücke, Drehbücher für Fernsehfilme und TV-Serien und pädagogische Fachbücher. Für sein Werk erhielt er neben zahlreichen anderen Preisen auch den Deutschen Jugendliteraturpreis. Bei Hanser erschienen u. a. Du musst die Wahrheit sagen (2011), Wie ein flammender Schrei (2014).
Inhalt
Mitte des 21. Jahrhunderts lebt die 16-jährige Elin in der schwedischen Provinz Dalarna mit Blick auf die Berge Norwegens. Nach einem Klimawandel ist das Land seit Jahren verwahrlost, mafiöse Strukturen haben sich gebildet. Ein allumfassendes Informations- und Kontrollsystem zeichnet alles auf, was in den Häusern der Menschen geschieht. Nicht jede Überwachungstechnik funktioniert noch einwandfrei - aber wer weiß das schon genau. Elins Geschwister leben jeweils in einer eigenen Welt, ihr Bruder Vagn im Reich der PC-Spiele, die jüngere Schwester Lisa leidet unter der Isolation und sucht Trost in der Religion. Im ersten Band hat Elin zur Verteidigung ihrer Familie getötet und seitdem ihre Tochter Gerda zur Welt gebracht, deren Vater Harald ebenfalls ermordet wurde. Weil Elins Tante Karin als Gegnerin des herrschenden Systems verfolgt wird, fürchtet die Familie, Karins Verfolger könnten, ihrer Spur folgend, auf den Hof der Familie gelangen. Elin wird verhaftet und von Gerda getrennt, um herauszufinden, ob ihre Familie Karin unterstützt. Die Sorge um Gerda macht Elin verletzbar. Schlimmer noch ist die Unsicherheit, was gerade in Schweden passiert und wem Elin trauen kann. Notgedrungen vertraut Elin Skarpheden, der sie in eine abgelegene Bergstation zu seinem Bruder Grim bringen will. Dazu muss die junge Frau mit dem wenige Monate alten Baby, das noch gestillt wird, 20 km durch die Wildnis marschieren. Elin hat in und mit der Natur gelebt und findet Skarphedens Fürsorge reichlich penetrant. Glaubt er etwa, sie könne allein keinen Fluss durchqueren?
Elins Flucht durch Schwedens Wälder wird neben dem reinen Überleben mit einem Baby auch zur Auseinandersetzung mit der Welt außerhalb ihres Elternhauses. Skarpheden forscht über die radioaktive Belastung des Landes und macht deutlich, dass die Regierenden fallen müssen, weil nur mit demokratischen Strukturen und internationaler Kooperation eine Lösung der Umweltprobleme möglich ist. Auch Grim scheint als wehrhafter Einzelgänger in seiner Station für die Zukunft des Landes zu forschen. Er will autonome Roboter entwickeln, die fühlen können. Die Begegnung mit Grim verdeutlicht, wie schwer es für Elin ist, sich Informationen zu beschaffen und ein eigenes Urteil zu fällen. Was Grim ihr erzählt, ließe sich auch völlig anders interpretieren …
Elin wird im zweiten Band der Serie gegen ihren Willen zur Kämpferin und zum Idol ihrer Generation. Ihr fällt es sichtlich schwer, die Lage im Land zu beurteilen, weil jeder mit dem Überleben beschäftigt ist und es keine neutralen oder kritischen Informationen gibt. Als Karin ihre Nichte auffordert, in die Politik zu gehen, traut Elin sich das zunächst nicht zu. Elin unterschätzt sich selbst, weil sie bisher nur von ihren Eltern unterrichtet wurde. Die Situation im Schweden der Zukunft ist vergleichbar mit einem Neuanfang nach einem Krieg oder Bürgerkrieg, wenn dringend unbelastete Funktionsträger benötigt werden. Die Frage, ob sich eine Gesellschaft Sicherheit durch totale Kontrolle erkaufen muss und welche Arbeitsplätze es neben hoch entwickelten Robotern noch für Menschen geben wird, scheinen für eine 18-Jährige aus den Wäldern tatsächlich etwas hoch gegriffen. Doch vielleicht qualifiziert sich Elins Generation gerade dadurch, dass sie an Macht nicht interessiert ist.
Fazit
Mats Wahl folgt im zweiten Band seiner utopischen Reihe für Jugendliche der Entwicklung einer 18-jährigen, die bereits Mutter ist. Mit der Entwicklung der Robotik und staatlicher Überwachung greift er zentrale Themen auf, die ich für eine Zielgruppe ab 13 Jahren jedoch ungeheuer nüchtern erzählt finde. Dass Elin stets erst durch Hinweise der älteren Generation kritisch hinterfragt, was man ihr zuvor erzählt hat, finde ich problematisch, weil die Hauptfigur eines Jugendromans eigenständig handeln und denken sollte.
7 von 10 Punkten