Hermann Hesse - Die Briefe Band 5 1933-1939

  • Titel: Die Briefe Band 5 1933-1939

    Autor: Hermann Hesse

    Verlag: Suhrkamp

    Erschienen: Mai 2018

    Seitenzahl: 767

    ISBN-10: 3518428101

    ISBN-13: 978-3518428108

    Preis: 58.00 EUR


    Das Briefeschreiben ist ohne Frage eine Gabe und eine Kunst – die in der heutigen Zeit so selten geworden ist, wie eine klavierspielende Kuh.

    Hermann Hesse hatte diese Gabe und war auf dem Gebiet des Briefeschreibens ein echter Künstler. Wie gut, das es seinerzeit nicht dieses fürchterliche SMS-Gestammel gab und die Vergewaltigung der Sprache durch Twitter und Facebook. Nur werden die Briefe dieser bemerkenswerten Briefeschreiber wie eben Hermann Hesse einer war, wohl bald gänzlich in Vergessenheit geraten. Da geht dann eben auch ein großes Stück Schreibkultur den Jordan runter.


    Diese Briefe aus den Jahren 1933 bis 1939 verraten in meinen Augen eine Menge über den Schriftsteller Hermann Hesse. Er war sicher kein Egozentriker, stellte sich aber trotzdem immer – wenn auch bescheiden – in den Vordergrund. Kein Lautsprecher, aber jemand der trotzdem mehr oder weniger nur um sich selbst kreiste.


    Hermann Hesse war zwar Staatsbürger der Schweiz, trotzdem aber wurde er in Deutschland kulturpolitisch von den nationalsozialistischen Machthabern drangsaliert. Seine Schriften konnten in Deutschland nicht mehr erscheinen, er wurde mehr oder weniger totgeschwiegen. Kein Verlag oder Zeitung druckte ihn.


    Immer wieder wurde ihm allerdings auch vorgeworfen, er würde sich nicht im Kampf gegen die Machthaber in Deutschland engagieren. Dabei darf aber eben nicht unerwähnt bleiben, dass Hermann Hesse sich immer wieder für Emigranten einsetzte. Sein Engagement für diese Menschen und auch für die Exilliteratur fand aber mehr im Stillen stand.


    Exemplarisch für seine Geisteshaltung vielleicht diese Stelle aus einem Brief an eine Studienassessorin vom 25.09.1933:


    „Ich verstehe es und billige es, wenn ein Mensch viel von sich selbst verlangt, wenn er aber diese Forderung auf andere ausdehnt und sein Leben zum Kampf für das Gute macht, so muss ich mich des Urteils darüber enthalten, denn ich halte von Kampf, Aktion, Opposition nicht das mindeste; ich glaube zu wissen, daß jeder Wille zur Änderung der Welt zu Krieg und Gewalt führt, und kann darum mich keiner Opposition anschließen, denn ich billige die letzte Konsequenz nicht, und halte das Unrecht und die Bosheit auf Erden nicht für heilbar.“


    Interessant an seinen Briefen ist auch, dass er sehr oft seinen gesundheitlichen Zustand in den Vordergrund stellt. Der Hinweis auf sein Augenleiden findet sich in sehr vielen seiner Briefe. Wobei er aber höchst selten nach dem Gesundheitszustand seines Gegenübers fragt.


    Auch mit Kritik an seinen Büchern geht Hermann Hesse nicht immer souverän um. Da reagiert doch so manches Mal etwas mimosenhaft. Während er selbst teilweise durch harte Kritik, wenn auch freundlich verklausuliert, an den Veröffentlichungen so mancher Kollegen übt.


    Dieses Buch ist in sehr informativ, erhellend in Bezug auf den Menschen Hermann Hesse und macht eines sehr deutlich, dass es heutzutage offenbar nicht mehr „in“ ist Briefe zu schreiben. Mit diesem Verlust des Briefeschreibens geht auch ein Stück Kultur den Bach runter. Aber offenbar sind die Menschen heute in ihrer Mehrzahl wirklich so oberflächlich, dass es nur zu SMS-Gestammel oder dümmlichen Twitter-Mitteilungen reicht, wo ja gerade auch bei Twitter meines Wissens die Zahl zu verwendenden Zeichen auf 140 begrenzt ist.

    Fazit: Die Menschen verblöden immer mehr – und scheinen es in ihrer Dämlichkeit auch kaum zu merken.

    Daher ist es vielleicht auch gut, dass es noch Verlage gibt, die Bücher mit Briefen verlegen. Vielleicht auch ein Anstoß dazu, selbst einfach mal wieder einen Brief zu schreiben – einen ECHTEN Brief.


    Diese Briefesammlung der geschriebenen Briefe von Hermann Hesse aus den Jahren 1933 bis 1939 hat mich fasziniert und ich habe sie mit teilweise auch großer Bewunderung gelesen. 9 Punkte.


    Und dann beschäftigte mich noch eine Frage:

    Ist Sekundärliteratur nun Fluch oder Segen? Hermann Hesse nennt in seinen Briefen viele Autoren und Bücher, die mein Interesse geweckt haben, die zu einem großen Teil nur noch antiquarisch angeboten werden. Auch wenn ich nun wieder einige Bücherpakete erwarte und ich nicht weiß wohin mit den Büchern, kann ich die Frage für mich beantworten: Sekundärliteratur ist ein Segen – nicht mehr und nicht weniger.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Danke für Deinen Eindruck Voltaire. Von Hermann Hesse habe ich ja schon einiges gelesen, nur seine Briefe habe ich (aus welchen Gründen auch immer ) noch nicht geschafft. Aber sie stehen noch auf meiner "zu lesen"-Liste.

    Interessant, dass es damals schon nicht mehr "in" war Briefe zu schreiben, heute kann das leider ja kaum noch jemand.

    Email geht ja schneller, der andere Social-Media-Kram ja eh. Sehr schade wie ich finde. Ich habe immer sehr gerne Briefe geschrieben, nur leider mangelt es an Briefpartnern. Schade, das so etwas schönes mehr und mehr verloren geht...

    Noch ein Grund mehr, seine Briefe zu lesen.