Originaltitel: Say Nothing (2017)
Fischer Verlag 2018, 491 Seiten
Über den Inhalt
Es hätte ein normaler Mittwochnachmittag werden sollen, an dem Bundesrichter Scott Sampson seine beiden Kinder Sam und Emma zum Schwimmen begleiten würde. Doch dann erreicht ihn eine SMS seiner Frau, die besagt, dass sie die beiden von der Schule abholt. Als Alison später nach Hause kommt, sind die Kinder nicht bei ihr. Und sie hat auch keine SMS geschrieben. Stattdessen klingelt das Telefon. „Ihre Kinder sind in unserer Gewalt!“ sagt eine Stimme. Wenn Scott sie wiedersehen will, hat er genaue Instruktionen in einem Drogenfall zu befolgen, der am nächsten Tag verhandelt werden soll.
Plötzlich steht das Schicksal seiner gesamten Familie auf dem Spiel, und Scott Sampson muss die schwerste Entscheidung seines Lebens treffen: Wird er Recht sprechen oder seine Familie retten?
Über den Autor:
Brad Parks ist ein amerikanischer Schriftsteller, der als Einziger die drei wichtigsten amerikanischen Krimi-Preise Shamus, Nero und Lefty erhalten hat. Er arbeitete lange Jahre als Journalist bei der »Washington Post«, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Der Autor lebt mit seiner Familie in Virginia.
Meine Meinung:
Zu Beginn eine Warnung: in diesem Thriller werden Kinder misshandelt.
Scott Sampson ist ein angesehener Bundesrichter in Norfolk, Virginia und führt mit seiner Frau Alison und den 6-jährigen Zwillingen Emma und Sam ein glückliches Familienleben. Bis zu dem Tag, an dem die Zwillinge entführt werden. Mit einem Schlag scheint alles in Gefahr zu sein: das Leben der Kinder, Scotts Ehe, seine Reputation als Richter. Die Kidnapper fordern kein Lösegeld, sondern verlangen Einflussnahme auf ein von Scott in einer seiner Gerichtsverhandlungen zu sprechendes Urteil über einen Drogedealer. Doch das ist erst der Anfang, war quasi ein Test um zu sehen, ob Scott sich fügt.
Die Vorgehensweise der Täter lässt nur den Schluss zu, dass jemand aus Scotts engerem Umfeld oder Familienkreis in die Sache verwickelt sein muss, er somit niemandem mehr trauen und auch die Polizei nicht einschalten kann. Als die Täter sehr schnell klarmachen, dass sie bereit sind, den Kindern Gewalt anzutun, versucht Scott selbst herauszufinden, wer die Auftraggeber hinter der Entführung und Erpressung sind.
Die Geschichte wird von Scott aus der Ich-Perspektive heraus erzählt, sie kommt ohne Nebenschauplätze aus, nur zwischendurch gibt es kurze Szenen, in denen der Leser Zeuge wird, wie kaltherzig die Entführer mit den Zwillingen umgehen.
Schreiben kann Brad Parks, keine Frage. Trotz gelegentlicher leichter Längen – die der Ausführlichkeit geschuldet sind, mit der Parks die Vorgänge im Gericht beschreibt, ist das Buch ein Pageturner, von Beginn an bis zum Schluss erschreckend realistisch, spannend und emotionsgeladen. Parks zeichnet ein sehr eindringliches Bild von Scotts und Alisons Höllenqualen, ihrer Angst, ihrer Hilflosigkeit, ihrer Wut und Scotts Gewissensnöten, weil er beruflich gegen seinen Instinkt handeln muss und doch alles tun wird, was nötig ist, um die Kinder zu retten. Das stürzt ihn beruflich und privat in ein kaum auszuhaltendes Dilemma bis hin zu zunehmend paranoidem Argwohn gegenüber Menschen, denen er jahrelang vertraut hat.
Parks beschreibt ausführlich die rechtlichen Probleme und den polischen Druck, der entsteht, aber die große Stärke des Romans ist sein einfühlsames Porträt der Liebe und des Schmerzes der Eltern. Bis in die Nebenrollen hinein sind die authentisch wirkenden Charaktere gelungen.
Mein einziger echter Kritikpunkt betrifft den Schluss. Denn der Showdown kommt mir etwas zu überladen daher, vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen. Auf ein bewegendes Ende konnte und wollte der Autor, selbst Ehemann und Vater, wohl nicht verzichten.