Die Gabe des Himmels (Fleury 4) - Daniel Wolf

  • Über das Buch:

    Anno Domini 1346. Der junge Kaufmannssohn Adrien Fleury studiert in Montpellier Medizin und träumt von einer Laufbahn als Arzt. Als er nach Varennes-Saint-Jacques zurückkehrt, erkennt er seine Heimatstadt kaum wieder. Reiche Patrizier regieren Varennes rücksichtslos. Das einfache Volk rebelliert gegen Unterdrückung und niedrige Löhne. Die Juden leiden unter Hass und Ausgrenzung. Als Adrien eine Stelle als Wundarzt antritt, lernt er die jüdische Heilerin Léa kennen. Sie verlieben sich und bringen sich damit in höchste Gefahr. Doch dann wütet der Schwarze Tod in Varennes, und Adriens Fähigkeiten werden auf eine harte Probe gestellt ... (Quelle: http://www.randomhouse.de)


    Über den Autor:

    Daniel Wolf ist das Pseudonym von Christoph Lode. Der 1977 geborene Schriftsteller arbeitete zunächst u.a. als Musiklehrer, in einer Chemiefabrik und in einer psychiatrischen Klinik, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Mit den historischen Romanen »Das Salz der Erde«, »Das Licht der Welt« und »Das Gold des Meeres« gelang ihm der Sprung auf die Bestsellerlisten. Der Autor lebt in Speyer. (Quelle: http://www.randomhouse.de)


    Meine Meinung:

    Daniel Wolf alias Christoph Lode hat wieder mal einen historischen Roman geschrieben, der mich für ein paar Stunden in eine mittelalterliche Stadt entführt und wo man das hier und jetzt komplett vergisst.

    Das Cover passt sehr gut zu den vorherigen drei Büchern und macht somit auch optisch etwas her. Sehr schön gestaltet ist der Klappumschlag, vorne findet sich die Karte der Stadt Varennes, hinten ist Europa zur damaligen Zeit mit seinen wichtigen Städten abgebildet. Zu Beginn bekommen wir Leser durch ein Personenverzeichnis einen guten Überblick über die handelnden Personen. Insgesamt gliedert sich der Roman in drei Bücher, wobei man ganz klar sagen muss, dass das dritte Buch das Kürzeste ist.

    Sehr gut gefallen hat mir, dass wir wieder die Familie Fleury begleiten dürfen und mit ihr einen Einblick in das Leben der Kaufleute, Handwerker und Bürger in einer mittelalterlichen Stadt bekommen. Es sind nicht so sehr die Mächtigen und Reichen, die im Mittelpunkt stehen, sondern die einfachen Menschen. Es geht somit weniger um historische Persönlichkeiten, sondern mehr um den einfachen Mann und die einfache Frau.

    Herausragend finde ich in diesem Buch die Zeichnung der Figuren und ihre Entwicklung. Gerade Adrianus und Cesar Fleury, die ungleichen Brüder, sind für mich absolute Protagonisten, die ich ins Herz geschlossen habe. Besonders herausheben möchte ich Cesar, der in diesem Roman eine sehr glaubwürdige Wandlung durchlebt und damit zu einem ungemeinen Sympathieträger des Romans wird.

    Ein großes Thema des Romans sind die Arbeiten des Medicus, des Wundarztes und der Kräuterkundigen. Der Leser erfährt sehr viel Informatives und Interessantes, auch was die Rangordnung in der Gesellschaft, die Ausbildung, das Herstellen von Arzneien angeht. Die Behandlung der Pest stellt allerdings alle Berufsgruppen vor ein Problem und bringt selbst den besten Arzt an seine Grenzen.

    Ein weiteres Thema des Romans sind die fanatischen Glaubensbruderschaften, in diesem Roman die Flagellanten. Die Gruppen verschafften sich aufgrund von Missständen Gehör und gewannen so immer mehr an Einfluss. Ein Thema welches sich leider öfters durch die Geschichte und damit auch durch Romane zieht ist der Hass auf die Juden. Sie wurden nicht nur wie allgemein bekannt für die Pest verantwortlich gemacht, sondern auch für Armut, Misswirtschaft und viele andere Dinge. Ein Volk was wahrlich genug Hass, Angst und Zorn ertragen muss. Tragen wir heute Verantwortung dafür, dass dies nie mehr geschieht!

    Der Schreibstil des Autors ist wie immer sehr angenehm und gut zu lesen. Die knapp 1000 Seiten vergehen wie im Fluge und sind ruck-zuck gelesen. Erstaunlich ist auch, dass der Autor es zum Ende seines Romans schafft, alle losen Fäden zusammen zu führen, ohne dass es zu sehr konstruiert wirkt. Der Leser hat zu keiner Zeit das Gefühl dem Autor nicht folgen zu können oder zu sehr im Unklaren gelassen zu werden. Ein durch und durch spannender Roman, der vor allen Dingen von der Empathie des Lesers mit den Protagonisten lebt und der herausragenden Zeichnung der Figuren.

    Ein wirklich sehr, sehr guter historischer Roman der mich wieder restlos begeistert hat. Ich kann diesen Roman nur empfehlen und wünsche mir, dass die Fleurys noch viele, viele Fans bekommen. Mein Dank geht auch an meine Mitleserinnen der Leserunde bei Büchereule.de und Daniel Wolf, der bereitwillig sich unseren Fragen gestellt hat.

    Auch bedanke ich mich herzlich bei der Verlagsgruppe Random House, dem Goldmann Verlag und dem Bloggerportal für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


    10/10 P.

  • Ich bin großer Fan der Fleury-Saga und habe auch die anderen Bände gelesen. Mit der neuesten Generation der Kaufmannsfamilie landen wir zunächst an der Universität von Montpellier, wo wir das Unwissen und den Standesdünkel der damaligen Ärzte sowie die rebellische Ader des Protagonisten Adrianus kennenlernen. Bald darauf kehren wir in das bereits altbekannte Varennes in Lothringen zurück, das vom damaligen Zeitgeist nicht verschont blieb. Besonders die jüdische Gemeinde um die zweite Hauptfigur Léa bekommt das schmerzlich zu spüren. Als dann nicht nur eine Gemeinschaft religiöser Fanatiker, sondern auch die Pest in der Stadt einzieht, werden die Gräben in der Gesellschaft noch tiefer. So kämpfen Adrianus und Léa an vielen Fronten gleichzeitig. Außerdem fühlen sich die geschildertem gesellschaftlichen Spannungen sehr modern bzw. auch heute vertraut an, sodass der Roman über seine reine Handlung hinaus noch zum Nachdenken anregt.


    Die Handlung des Romans bietet altbewährte Zutaten wie Lebensgeschichte, Liebesgeschichte, bösem Bösewicht und Ungemach von außen. Gut und Böse ist dabei klar „aufgeteilt“, trotzdem erscheinen die Charaktere recht rund und erlebbar. Die meiste Entwicklung macht der Bruder des Protagonisten, César, durch. Er ist damit ein bisschen mein heimlicher Held in der Geschichte.

    Daniel Wolf zeichnet die Handlungszeit anschaulich nach, die Stadt hat sich seit den Vorgängerbänden spürbar verändert. Erzählt wird wie immer detailreich, sodass man sich als Leser gut in die Lebenswelt des Spätmittelalters einfühlen kann. In diesem Band lernt man besonders viel über die jüdische Kultur und über die medizinische Praxis der Zeit. Es wurden viele Elemente verarbeitet, die historisch belegt sind, etwa das Pariser Pestgutachten und die religiöse Bewegung der Flagellanten. Ich lege darauf viel Wert, deshalb hat mich das wieder ziemlich gefreut. Das Buch ist auch wieder mit einem ausführlichen Nachwort versehen, außerdem gibt es ein Personenverzeichnis und eine schön gestaltete Karte von Varennes. Das Coverdesign passt perfekt zur restlichen Reihe und ist unaufdringlich und stimmig.

    Sprachlich ist der Roman bildhaft und ansprechend, ohne kitschig zu sein. Der Ton passt und ist gelegentlich mit Humor durchzogen. So lesen sich die etwa 1000 Seiten durchgehend locker weg; ich habe rege mitgefiebert und spekuliert, was noch passieren würde. Nicht jede Wendung der Geschichte war völlig unerwartet, was dem Vergnügen aber keinerlei Abbruch tat.


    „Die Gabe des Himmels“ ist eine würdige Fortsetzung der Fleury-Reihe nach bekanntem Muster, und die Lektüre hat mir großen Spaß gemacht. Ich hätte gerne gleich weitergelesen und die Figuren noch länger begleitet, und ich werde der Reihe definitiv gerne treu bleiben. Für die Reise ins Mittelalter gibt es von mir 9 Punkte und ich bedanke mich bei Daniel Wolf für die sympathische Begleitung der Leserunde und das geduldige Beantworten der Fragen :)


    (Einen Artikel über die historischen Hintergründe gibt es auf meinem Geschichtsblog zu lesen.)

  • An dieser Stelle nochmal vielen Dank an den Autor für die Begleitung der Leserunde.




    Ausgangspunkt des 4. Bandes der Fleury-Saga ist das Jahr 1346.

    Adrianus Fleury studiert in Montpellier an der Medizinischen Fakultät und verabschiedet sich nach diversen Eskapaden und wird Wundarzt. Sein Bruder, Cesär Fleury und seine Familie sind zu Hause in Varennes und wegen seinen Lohnkürzungen kommt es zum Aufruhr unter den Webern. Vater Josselin hat religiöse Ambitionen und verschenkt den größten Teil des Familienbesitzes an das Kloster.


    In Varennes existiert ein abgegrenzter Bereich, der der jüdischen Bevölkerung vorbehalten ist. Dort arbeitet Lea in der Apotheke ihres Vater, der sich bevorzugt seinen Studien widmet. Sie und der Geldverleiher Solomon werden von den Bewohnern Varennes des Öfteren aufgesucht.


    Außerdem lernt der Leser noch den Bösewicht Luc kennen, ein übler Bursche, der noch viel Unruhe in die Stadt bringen wird. Und dann bricht noch die Pest aus, die am Ende 4.000 Menschen das Leben kosten wird. Zu diesen Komponenten kommen noch Intrigen und Stadtpolitk hinzu – die Spannung ist vorprogrammiert. Das sind nur kurze Schlagworte, die tatsächliche Geschichte in ihrem ganzen Ausmaß muß man einfach lesen!


    Ich hatte die ersten drei Bände schon begeistert gelesen und auch dieser 4. Band von immerhin fast 1000 Seiten liest sich spannend, lebendig und bildhaft. Es kommt keinerlei Langeweile auf, nein die Seiten fliegen förmlich dahin. Die Figuren, Ereignisse und Schauplätze werden so lebensnah und menschlich geschildert, ich hatte stets das Gefühl mittendrin zu sein. Die Gestaltung des Covers – passend zu den Vorgängerbänden - und der Buchinnendeckel mit einem Stadtplan von Varennes runden das Ganze ab.


    Von mir eine absolute Leseempfehlung!

  • Der 4. Teil der Fleury-Saga


    Im Jahr 1346 treffen wir die Familie Fleury in Varennes-Sint-Jacques wieder. Ungefähr zwei Generationen liegen zwischen den Geschehnissen in „Das Gold des Meeres“ und diesem Teil.

    Varennes hat sich verändert, eine Handvoll reicher Patrizier hat das alleinige Sagen. Die Handwerker und einfachen Leuten werden ausgebeutet und die Juden sehen sich zunehmender Feindlichkeiten ausgesetzt. César Fleury hat es als Kaufmann zu Reichtum gebracht. Doch sein Vater Josselin verschenkt den Großteil des Besitzes an das Kloster und nun steht er praktisch mittellos da. Sein Bruder Adrianus kehrt nach einem Medizinstudium in Montpellier nach Hause zurück, um als Wundarzt zu praktizieren. Bald lernt er die jüdische Heilerin Léa kennen.

    Als die Pest über Varennes herfällt und erbarmungslos wütet, ändert sich alles.


    Ein perfekter historischer Roman mit allem, was dazugehört. Die Aufmachung ist erfreulicherweise die gleiche wie bei den drei Vorgängern, so dass die Bände auch im Regal schön nebeneinander aussehen. Auf der Innenseite des Buchdeckels befindet sich eine Karte von Varennes. Wer die Vorgänger kennt, kann sich hier gleich ein Bild davon machen, wie die Stadt in den letzten hundert Jahren gewachsen ist. 956 Seiten lang verfolgt man gebannt das Geschehen und es kommt keine Sekunde Langeweile auf. Der flüssige, schöne Schreibstil, die abwechslungsreiche Geschichte, immer zwischen Bangen und Hoffen, die starken Charaktere, die lebendigen Beschreibungen der Schauplätze Montpellier und Varennes, all das macht „Die Gabe des Himmels“ zu einem sehr lesenswerten Buch, das man auch genießen kann, ohne die Vorgänger zu kennen, denn auf die vorherigen Fleury-Generationen wird nur gelegentlich Bezug genommen. Ich fand es sehr interessant, so viel und ausführlich über das Medizinstudium im Mittelalter und den aussichtslosen Kampf mit der Pest zu lesen. Im ausführlichen Nachwort erfährt man dann, dass einige der schrecklichen Szenen aus der Geschichte einen realen Hintergrund haben und nicht alle der Phantasie des Autos entstammen.


    Neben den glaubhaft gezeichneten Protagonisten César und Adrianus ist Daniel Wolf auch dieses Mal mit der Jüdin Léa eine starke weibliche Hauptfigur gelungen. Bei der untergeordneten Rolle, die die Frauen im Mittelalter spielten, hat er ihr eine Position zugewiesen, die sich passend und nachvollziehbar in die Handlung einfügt. Wobei mir César am besten gefallen hat, denn er macht die größte Entwicklung durch.


    In einem Interview sagte Daniel Wolf über das Buch:

    „Für mich ist »Die Gabe des Himmels« der stärkste Roman der Fleury-Saga. Er ist noch spannender und abwechslungsreicher als die vorherigen Bände.“ [

    Dem stimme ich absolut zu. Dieser 4. Teil ist auch für mich der bisher beste Teil der Serie.


    Ich hoffe sehr, dass es mit der Fleury-Saga weitergeht und bin gespannt, was als nächstes auf uns zukommen wird.

    10 Punkte