Tom Hazard leidet an einer seltenen Zellkrankheit, die ihn nur äußerst langsam altern lässt. Inzwischen ist er 439 Jahre hat und die meiste Zeit des Lebens überdrüssig. Er hat einfach zu viel erlebt und gesehen und glaubt nicht wirklich mehr daran, etwas Neues kennenzulernen. Verfolgt von seinen Erinnerungen und noch immer seiner ersten Liebe nachtrauernd, nimmt er in London den Posten als Geschichtslehrer an. Dort trifft er auf Camille und zum ersten Mal seit vierhundert Jahren scheint er sich tatsächlich wieder zu verlieben. Doch darf er das überhaupt zulassen? Normalerweise lebt er nach einem strengen Kodex, der Liebe nicht vorsieht und ihm alle acht Jahre eine neue Identität verschafft. Und so ist Tom vollkommen hin und her gerissen zwischen Vergangenheit und Zukunft und muss sich der Frage stellen, was im Leben das Leben ausmacht.
Nachdem ich Matt Haigs „Die Mitternachtsbibliothek“ nur durchschnittlich fand, hatte ich keine großen Erwartungen an den Roman. Doch schon bald dämmerte mir, es hier mit einem unerwarteten Juwel von einer Geschichte, einer mitreißender Story voller Tragik, Mitgefühl und interessanter Anekdoten zu tun zu haben. Tom erzählt von William Shakespeare, Josephine Baker und allerlei anderen Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Und das ist längst nicht alles. Es ist ein Weilchen her, dass mich eine Geschichte dermaßen mitgerissen und mitfiebern lassen hat. Von mir aus hätte „Wie man die Zeit anhält“ gerne noch sehr viel länger sein können.
Wie man die Zeit anhält - Matt Haig
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Ein Protagonist, der ungewollt älter als 400 Jahre ist - damit kehrt Matt Haig eine Sehnsucht um, die es schon lange gibt. Der Heilige Gral, Alchemistengeschichten, Fantasy und Science Fiction, immer wieder taucht die Suche nach dem ewigen Leben auf. Welche Konsequenzen das ewig jung bleibende aber haben könnte, damit füllt Matt Haig einen tollen Roman.
Wir begleiten Tom Hazard in der aktuellen Zeit, er ist Geschichtslehrer in London. Praktisch, wenn man die Geschichte selbst erlebt hat. Davon ausgehend erfahren wir sehr viel über sein Leben, das Buch spielt alle Zeitebenen seines über 400jährigen Lebens durch. Dabei wird munter nach vorne und hinten gesprungen, immer mit einem stringenten Faden, immer mit Ankern in der Geschichte, die durch die verschiedenen Ebenen führen. Das macht richtig Spaß, durch die Zeiten zu reisen, auch wenn die Episoden teilweise sehr bedrückend sein können. Wir reisen durch die Welt, durch die Zeit und durch die Gedanken von Tom. Ganz wichtig dabei: Die Reisen sind eine Einbahnstraße, es sind Rückblenden, es ist kein Zeitreiseroman. Die Zeit läuft immer weiter, die Entscheidungen sind nicht umkehrbar - die Zeit lässt sich nicht anhalten. Aber was sind die Dinge im Leben, für die es egal ist, ob die Zeit weiterläuft, oder nicht?
Wie man die Zeit anhält ist ein flüssig und leicht zu lesender Roman, der die Problematik eines sehr langen Lebens anspricht, wenn alle um einen herum normal altern. Was bedeutet das für mich, für meine Beziehung zu den Menschen um mich herum, und klar, für die Liebe? Der Umgang mit diesen Fragen ist die Stärke dieses Buchs.