'Narziß und Goldmund' - Kapitel 09 - 12

  • Unabhängig davon welche Probleme Hesse selber mit der Weiblichkeit hatte, finde ich, wird in dem Roman recht gut das traditionelle Menschenbild des Mittelalter im Allgemeinen und des Katholizismus im Besonderen abgebildet.

    Seinen Umgang mit den Frauen finde ich schon ziemlich verantwortungslos. Er denkt nur an seine eigene Befindlichkeit und macht sich keine Gedanken, dass die Frau schwanger werden könnte oder das Bedürfnis nach Bindung und Verlässlichkeit haben könnte.

    In Kombination zueinander sind diese beiden Teilbeiträge interessant. Du merkst an, dass Hesse ein traditionelles Weltbild hatte und wünschst Dir gleichzeitig genau dieses bei Goldmund. ;)


    Goldmund ist auch sich selbst gegenüber verantwortungslos. Er will keinen Besitz, sondern nur das Hier und Jetzt. Bekommt er es, ist es gut, bekommt er es jedoch nicht, so erzwingt er es aver auch nicht. Lydia zum Beispiel lässt er eigentlich auch in Ruhe, sie kommt zu ihm.


    Ja, Schwangerschaft interessiert ihn nicht, denn die ist morgen. Interessant wäre aber sein Verhalten, wenn dann wirklich mal eine Frau schwanger wäre? Aber dafür bleibt er wohl nicht lange genug bei ihnen, um das kennenzulernen.

  • Ach und der arme Goldmund wird ja ständig von diesen wollüstigen Frauen verführt und kann sich nicht wehren. Nein, in seinen Augen tut er ihnen ja Gutes. Vor allem liebt er ja die ganz jungen Mädchen. Also bitte, das ist schon sehr bedenklicher Stoff hier.

    So kann ich das überhaupt nicht heraus lesen. Ich sehe kein Verführen und Sich-nicht-wehren-Können. Es ist ein Geben und Nehmen, immer so weit, wie es der andere zulässt.

    So wie Goldmund über die Erbsünde nachdenkt, macht er keinen Unterschied zwischen Mann und Frau.

    Und was das mittelalterliche Bild betrifft, dass Frauen nicht selbständig denken können, so ist es doch Goldmund, ein Bild von einem Mann, der so gar nicht nachdenkt.


    Vielleicht habt ihr zu viel Mittelalterromane gelesen.

  • Vor allem liebt er ja die ganz jungen Mädchen. Also bitte, das ist schon sehr bedenklicher Stoff hier.

    Ja, so gesehen ist das schon bedenklich. Oder es ist ein Plädoyer dafür, den Frauen mehr Persönlichkeit zuzuerkennen und sie nicht nur als Sexbomben zu sehen. :gruebel Mit der Häufung zeigt Hesse vielleicht die Absurdität seiner Darstellung:?:

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

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  • In Kombination zueinander sind diese beiden Teilbeiträge interessant. Du merkst an, dass Hesse ein traditionelles Weltbild hatte und wünschst Dir gleichzeitig genau dieses bei Goldmund.

    Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich Hesses Weltbild ist oder eher eine Anklage an die verknöcherten Einstellungen der Kirche zu seiner Zeit. :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


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  • Ja, in diesem Abschnitt habe ich mir dann auch mal so meine Gedanken über seine Frauen gemacht. Goldmund tut es ja offensichtlich nicht. Wie viele Frauen wohl von ihm schwanger wurden? Und auf welche Art beeinflusst die Schwangerschaft das Leben der Frauen? Ist dieser Bub überhaupt mal darüber aufgeklärt worden, wie Frauen schwanger werden???


    Goldmund ist (vorübergehend?) ein Künstler. Viel gesehen hat er ja nun von Frauen. Er erschafft aber einen Johannes, der Narziß darstallt.? Hmmm... Er beschäft sich also mit Johannes. Hmm... 'Lei-der' kam mir für Johannes folgende Assoziation auf: :nerv :lache

    An der Nase eines Mannes... erkennt man seinen Johannes.

    Maches liest sich dann zweideutig. Ich glaube, das ist ein Beweis dafür, dass ich nicht so ganz zugänglich für dieses Buch bin. :rofl


    Als er die Lehre anfing, habe ich geglaubt, dass es nun vorbei ist mit den Frauen. Aber es hat nicht lange gedauert, da hatte er wohl in meinen Augen eine Krise.

    Narziß und Goldmund - Hermann Hesse; Seite 173f (ISBN: 3518381008 Band 8) schrieb:

    Die Liebe und Wollust schien ihm das einzige zu sein, wodurch das Leben wahrhaft erwärmt und mit Wert erfüllt werden könnte.[...] Die Liebe der Frauen, das Spiel der Geschlechter, das stand ihm obenan, und der Kern seiner häufigen Neigung zu Traurigkeit und Überdruß wuchs aus der Erfahrung von der Flüchtigkeit und Vergänglichkeit der Wollust. Das rasche, flüchtige, entzückende Auflodern der Liebeslust, ihr kurzes sehnliches Brennen, ihr rasches Erlöschen - dies schien ihm den Kern alles Erleben zu enthalten, dies wurde ihm zum Bilde für alle Wonne und alles Leid des Lebens.

    Mit meinen Worten ausgedrückt: Liebe und Wollust ist Sinn des Lebens. Nichts ist wichtiger. Er kann diese Zustände der Liebe und Wollust aber nicht festhalten. ("Das [...]Auflodern der Leibeslust, ihr kurzes [...]Brenne, ihr rasches Erlöschen", damit ist doch der Höhepunkt der sexuellen Lust gemeint, oder?) Es macht ihn traurig und überdrüßig (warum überdrüßig, verstehe ich nicht). Er leidet. Für ihn ist Liebe Wollust und Schmerz.


    Aber diese Krise hilft ihm wiederum auf seinem künstlersichem Weg. Er hat da eine Ahnung. Er glaubt, nur in der Kunst kann er die Gegenspieler Wollust/Tod und Geist/Wille vereinen.

    "Und jetzt erst durchdrang und verstand Goldmund seines Freundes Worte ganz[...]" Jetzt hätte ich ja schon gerne mal gewusst, was Goldmund da verstanden hat.


    Uff, also, ich könnte mir die Seite noch ein paar mal durch lesen. Jedes Mal kommen mir andere Gedanken dazu, was Hesse durch Goldmund vielleicht sagen will. Auf jeden Fall ist dieser Teil hier sehr stark? Mir fehlt das richtige Wort dafür.


    Ich finde es aber sehr interessant, was hier thematisiert wird. Lust und Schmerz äußern sich auf gleiche Weise.

    Wie diese Mutter-Gottes-Figur aus Holz wohl aussieht?

    Sasaornifee :eiskristall

    _______________________
    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • Ja, vielleicht ist es so etwas wie eine Krise. Goldmund bekommt die Sesshaftigkeit nicht. Er sieht, was sie aus Niklaus gemacht hat. Gleichzeitig weiß er, dass er ohne sie kein Kunstwerk schaffen kann.

    Er muss zeitweise Geist- und Sinnesleben vereinen, so schwer es ihm auch fällt.

    Und er weiß, dass sein Johannes fast fertig ist. Was dann?

  • "Und jetzt erst durchdrang und verstand Goldmund seines Freundes Worte ganz[...]" Jetzt hätte ich ja schon gerne mal gewusst, was Goldmund da verstanden hat.

    :gruebel Ich denke, er meint hier die Aussage von Narziß, dass sie beide grundverschiedene Charaktere sind, die sich im Idealfall ergänzen können aber nie wirklich ähnlich sein werden.

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  • Zu Hesses Zeit wurden Ehebrecher von der Kirche noch immer als schwere Sünder angesehen. Eine Frau durfte nur in der Ehe zum Zweck der Fortpflanzung Sex haben, wobei sie möglichst keine Lust empfinden sollte. Die Leibfeindlichkeit war noch sehr ausgeprägt. Einer Frau wurden keine besonders intellektuellen Begabungen zugetraut und in den Kirchengemeinden hatten sie nichts Offizielles zu sagen.

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  • Sag ich doch, hat sich nicht viel geändert. Nur weil sich die Menschen heute nicht daran halten heißt ja nicht, dass es die Kirche so nicht gerne noch hätte und es propagiert.

  • Zumindest gab es inzwischen das 2. Vatikanische Konzil, so manche Zugeständnisse und der derzeitige Papst verkündet auch moderatere Töne.

    Link

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