Alles was glänzt - Marie Gamillscheg

  • Klappentext:

    Tief in den Stollen des alten Bergwerks tut sich was – und alle im Dorf können es spüren. Die Wirtin Susa zum Beispiel, wenn sie im „Espresso“ nachts die Pumpen von den Ketchup-Eimern schraubt. Oder der alte Wenisch, ihr letzter Stammgast. Sogar der Bürgermeister, wenn er nicht gerade auf Kur ist. Zuallererst aber hat es der schweigsame Martin gespürt, bis er dann eines Morgens die Kontrolle über sein Auto verlor. Es ist, als würde der Berg zittern, als könne er jeden Augenblick in sich zusammenbrechen. Für die junge Teresa und den Neuankömmling Merih ist die Sache klar: Sie will sich endlich absetzen aus dem maroden Ort, er hingegen sucht einen Neuanfang - ausgerechnet hier.


    Meine Meinung:

    Wir befinden uns in einem Dorf in der Nähe eines Berges mit Erz-Vorkommen. Was jeder weiß und keiner verhindern kann: Irgendwann wird der Berg einstürzen, denn durch den Erzabbau mit vielen verschiedenen Gängen ist er fragil geworden – und was dann passieren wird, weiß keiner. Ein Journalist, der vor Jahren darüber berichtet hat, hat dem Dorf die letzte Lebendigkeit geraubt: Die Touristen bleiben aus, viele Bewohner sind in die größere Stadt gezogen.

    Die fehlende Lebendigkeit wird in der Schreibweise der Autorin gut widergegeben. So gesehen kann die Sprache an sich als Spiegelbild der Situation der Dorfbewohner gesehen werden. Während es scheinbar für einige Leser als zu nüchtern, ja fast langweilig erlebt wurde, machte für mich diese Schreibweise den Reiz des Buches aus. Die Geschichte besteht fast ausschließlich aus unmittelbar erlebten inneren Monologen verschiedener Dorfbewohner und einiger Rückblicke, die aber die Dorfbewohner selbst innerhalb ihrer Monologe vornehmen und die deswegen natürlich auch Objekt der Subjektivität sind.


    Obwohl Handlung und Charaktere nicht vergleichbar sind, hat mich das Buch irgendwie an „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky erinnert – auch dort spielt das Geschehen meist im Moment und weicht von der Alltagssprache dennoch ab. Diesen Schreibstil muss man mögen, das gebe ich zu und auch die Art der Handlung ohne großes Drama und einfach im Moment ist etwas Spezielles.

    Deswegen ist es für mich auch sehr schwer, dazu aufzurufen, das Buch zu lesen, denn ich kann selbst keine belegbaren Argumente geben – lediglich, dass es außergewöhnlich geschrieben ist und dass man, trotz der nüchternen Lage, einige Charaktere sehr lieb gewinnt. Die Sprache zu nutzen, um widerzuspiegeln, wie leer dieses kleine Dorf ohne Tourismus ist, dass aber trotzdem täglich seinen kleinen Laden und die Bar öffnet, einfach weil es schon immer so war, hat mir gut gefallen. Wenn man das Buch etwas tiefer analysiert, kann man sogar einige gesellschaftskritische Themen herauslesen. Ich bin kein Literaturexperte, aber ich würde sagen, hier wurden teilweise bewusst Lücken gelassen, die der Leser als Co-Autor füllen kann, um dann einen Gesamtkontext zu kreieren und auch die Kritik lässt sich von Leser zu Leser unterschiedlich interpretieren.


    Lediglich einige kleine Details waren für mich seltsam im Kontext der Handlung und auch das Ende war mir ein wenig zu undetailliert, so dass ich mich eher danach gefragt habe, was die Autorin denn nun mit den davor gemachten Andeutungen und Erzählungen bezwecken wollte. Das macht für mich leider einen Stern Abzug. Ich werde aber dieses Buch erneut lesen, denn ich habe das Gefühl, dass sich da doch etwas bei gedacht wurde und man dieses Buch einer genaueren Leseanalyse unterziehen muss – genauso wie sich auch erst ganz am Ende aufklärt, was die relativ zufällig scheinenden Kapitelüberschriften zu bedeuten haben. Und suchen wir nicht eigentlich alle nach Büchern, die mal etwas anders als der Standard sind und trotzdem nicht ohne Sinn? 8 von 10 Eulenpunkten!