'Der begrabene Riese' - Seiten 001 - 062

  • Ich sehe es auch so, dass der gemeinsame Tod eine Gnade, eine Vergünstigung ist, die nur wenige bekommen können.


    Richtig erinnern sie sich nicht, das stimmt. Aber wenigstens ist ihnen bewusst, dass sie vergessen.

    Stimmt, das unterscheidet sie auch von den anderen. Sie wissen, dass sie etwas verloren haben, das sie schmerzlich vermissen. Alle anderen scheinen mit ihrem Dasein zufrieden zu sein.

  • Es ist so süß, wie Beatrice und Axl miteinander umgehen... :heisseliebe


    Bei diesem kollektiven Gedächtnisschwund frage ich mich die ganze Zeit: Cui bono? Wer zieht einen Nutzen daraus? Wenn man das beantworten kann, hat man ja in der Regel des Rätsels Lösung. :gruebel Bisher sind nur der Pfarrer und der Ältestenrat irgendwie mit Macht versehen. Ich bin aber auch noch nicht durch den ganzen Abschnitt durch.

  • Weil es den weinigsten Paaren gegönnt ist, zur gleichzeitig zu sterben. Der Mann der alten Frau starb und sie wollte/musste weiterleben, hadert aber natürlich mit dem Tod ihres Mannes. Sehr schön finde ich, dass sie mit ihren Kaninchen dem Tod auch etwas Unbehagen zufügt und ihn sogar verfolgt. Er bekommt dadurch etwas Menschliches.

    Der Fährmann bringt nur die Paare gemeinsam an das andere Ufer, deren Liebe stark genug ist.

    Weißt du, was ich glaube: ich habe das Buch ganz anders gelesen als ihr (Oder vielleicht sogar ein ganz anderes Buch;)), bin ganz anders herangegangen. Vielleicht sollte ich es noch mal lesen und mich komplett auf die Symbolik einlassen. Danke!

  • Richtig erinnern sie sich nicht, das stimmt. Aber wenigstens ist ihnen bewusst, dass sie vergessen.

    Sie sind aber die Einzigen. Zufall? Bestimmung? Eigentlich ist dieses Bewusstsein des Vergessens, dieses Verlustes noch eine größere Qual, als es nicht zu wissen. Sie haben ein schwarzes Loch in ihrem Leben und wissen nicht, was vorher da gewesen ist.

  • So, ich bin dann auch soweit. Anfangs fand ich das Buch bzw den Inhalt etwas sperrig und musste mich erst in die Wörtliche Rede rein denken. Jetzt fluppt das aber. Ich mag ja den allwissenden Erzähler, der mich auch noch anspricht.


    Zur Symbolik habt ihr ja schon viel gesagt. Ich bin mir noch nicht so klar, ob es das wirklich bedeuten soll. In erster Linie lese ich immer erst und entwickle später Theorien. Mir ist das noch zu früh.


    Ich bin wirklich gespannt worauf das alles hinaus läuft.


    Letztens habe ich ein Interview mit dem Autor zu dem Buch gesehen. Seine Frau hat den Entwurf gelesen und hat gesagt, das soll er weg werfen, das würde gar nicht gehen :lache So schlimm finde ich es gar nicht.



    Ach so: Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn man sich an Dinge nicht erinnern kann. Vor allem an das Leben, das man zusammen geführt hat.

  • Letztens habe ich ein Interview mit dem Autor zu dem Buch gesehen. Seine Frau hat den Entwurf gelesen und hat gesagt, das soll er weg werfen, das würde gar nicht gehen :lache So schlimm finde ich es gar nicht.


    ^^



    Ach so: Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn man sich an Dinge nicht erinnern kann. Vor allem an das Leben, das man zusammen geführt hat.


    So in der Art stelle ich mir Alzheimer vor. :|

  • Zur Symbolik habt ihr ja schon viel gesagt. Ich bin mir noch nicht so klar, ob es das wirklich bedeuten soll. In erster Linie lese ich immer erst und entwickle später Theorien. Mir ist das noch zu früh.

    Ich dachte schon, dass ich die Einzige bin, die nicht sofort loslegt mit dem Entschlüsseln. Und warum solle es nicht das sein können, was zu lesen ist!

    Letztens habe ich ein Interview mit dem Autor zu dem Buch gesehen. Seine Frau hat den Entwurf gelesen und hat gesagt, das soll er weg werfen, das würde gar nicht gehen

    Ich glaube, ich weiß was sie meinte. Das Buch ist so völlig verschieden von seinen anderen Büchern.

    Ach so: Ich stelle es mir schrecklich vor, wenn man sich an Dinge nicht erinnern kann. Vor allem an das Leben, das man zusammen geführt hat.

    Wenn man aber nicht weiß, dass man etwas vergessen hat, dann ist auch kein Grund da, etwas zu vermissen. Ich stelle es mir trotzdem entsetzlich vor. Alles geht verloren, Freuden und Schmerz, die man erlebt hat und die einen geprägt haben.

    - Freiheit, die den Himmel streift -

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  • Ich dachte schon, dass ich die Einzige bin, die nicht sofort loslegt mit dem Entschlüsseln. Und warum solle es nicht das sein können, was zu lesen ist!

    Weil ich an einem Fährmann einfach nicht vorbeikomme. Da bin ich mir sicher, denn sonst hätte er ja auch einen Fischer, Schiffer oder Ruderer nehmen können.

    "Don't pay the ferry man, don't even fix a price..."- vielleicht hat Chris de Burgh auch meine Vorstellung verseucht.

    Und auf einmal hat diese verbotene Kerze auch für mich eine Bedeutung bekommen.


    Aber ist doch gut, wenn jeder anders liest.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Der erste Abschnitt ist ein guter Start ins Buch. Ein paar Seiten brauchte ich um reinzukommen, aber jetzt bin ich gebannt. Es ist wunderbar mystisch, der Nebel, das Vergessen, die beiden liebenswerten Außenseiter im Dorf und die geheimnisvollen Nebenfiguren. Einfach toll:)


    Beim Fährmann habe ich auch direkt an den Tod gedacht. Was mich nur wundert ist, dass scheinbar immer die Männer zuerst übergesetzt werden, in dem Bild also sterben. Es wird ja von mehreren weiteren zurückgelassenen Frauen gesprochen.


    Die Kerze sehe ich nicht so symbolisch. Sonder eher pragmatisch: das Dorf muss sparen, Kerzen sind vermutlich kostbar (da war ja ein großer Tumult). Dann wird bei den Alten gespart, war immer so, wird immer so sein. Das Festhalten von Traditionen wird ja auch thematisiert. Auch das Verlassen des Dorfes sehe ich so: es wurde gehandelt, welche Ressourcen nehmen die beiden mit, wofür muss das Dorf aber auch nicht mehr aufkommen wenn die beiden weg sind.


    Ich bin gespannt wie es weitergeht.

  • Das Buch liest sich wirklich wie von selber. Ishiguros Schreibstil ist sehr angenehm: unaufgeregt, ruhig und klar. Ich mag auch den allwissenden Erzähler, der immer gerade so viel verrät, dass die Spannung erhalten bleibt.


    Die vielen Rätsel (der grüne Ausschlag der Kinder, die verbotene Kerze, der Nebel, das Vergessen) sind sehr reizvoll und verleiten zu Spekulationen.


    Vor meinem geistigen Auge sehe ich Immer wieder Glastonbury Tor, den mystischen Erdhügel, der mich bei einem Besuch sehr fasziniert hat. Die Nebel erinnern mich an die Anderswelt Avalon. Ich lese das Buch momentan wie eine alte Sage und bin gespannt aufs Weiterlesen.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Alice, du erwähnst Avalon. Ich habe einen Teil davon mal angefangen als ich noch ganz jung war und dazu mit Fantasy noch gar nichts anfangen konnte. Damals habe ich ausschließlich Krimis und Thriller gelesen =O

    Kann man die Bücher mit diesem vergleichen? Ich überlege nämlich schon länger, ob das was für mich ist. Jetzt lese ich ja auch gerne Fantasy. Oder kann mir jemand anders dazu was sagen?

  • Für mich sind das alles Symbole für den nahenden Tod. Sie begeben sich auf die letzte Reise, so verstehe ich das. Das Dorf hat sie schon aufgegeben.

    Wahrscheinlich liege ich total falsch.:lache

    Das hoffe ich zwar (schließlich wünschen wir Axl und Beatrice noch ein weiteres Leben in trauter Zweisamkeit), befürchte aber, dass du damit recht hast. Die letzte Reise - das würde z. B. auch erklären, wieso sie sich so optimistisch auf den Weg machen, obwohl sie das angepeilte Ziel (Dorf des Sohnes) gar nicht kennen.


    Vielleicht begeben sie sich aber auch ganz bewusst auf ihre "letzte Reise". Wobei sie ja noch lange nicht auf "diese Insel" wollen - das lässt dann doch hoffen, dass wir sie noch ein Weilchen begleiten dürfen. :)

    Beim Fährmann habe ich auch direkt an den Tod gedacht. Was mich nur wundert ist, dass scheinbar immer die Männer zuerst übergesetzt werden, in dem Bild also sterben. Es wird ja von mehreren weiteren zurückgelassenen Frauen gesprochen.

    Das ist richtig, dieses Detail ist mir gar nicht so aufgefallen! Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass auch damals - vorausgesetzt die Frauen überlebten Schwangerschaften, Geburten und Kindbett - die Männer öfter vor ihren Ehefrauen starben, da sie sicher (deutlich) älter waren und sich körperlich bestimmmt mehr angestrengt haben.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Hallo booklooker, ich habe früher mit Begeisterung die Avalon-Reihe gelesen und mich in der Folge viel mit der Mythologie und der Artus-Sage beschäftigt.


    Nein, ich finde nicht, dass dieses Buch mit der Fantasy-Reihe inhaltlich oder vom Stil her vergleichbar ist. Ich meinte eher die Mystik und den Nebel.

    Die Nebel von Avalon hüllen die Vergangenheit in Vergessen - das ist es, was für mich die Brücke zu diesem Buch bildet.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Das ist richtig, dieses Detail ist mir gar nicht so aufgefallen! Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass auch damals - vorausgesetzt die Frauen überlebten Schwangerschaften, Geburten und Kindbett - die Männer öfter vor ihren Ehefrauen starben, da sie sicher (deutlich) älter waren und sich körperlich bestimmmt mehr angestrengt haben.

    Oder im Krieg umgekommen sind.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Hallo booklooker, ich habe früher mit Begeisterung die Avalon-Reihe gelesen und mich in der Folge viel mit der Mythologie und der Artus-Sage beschäftigt.


    Nein, ich finde nicht, dass dieses Buch mit der Fantasy-Reihe inhaltlich oder vom Stil her vergleichbar ist. Ich meinte eher die Mystik und den Nebel.

    Die Nebel von Avalon hüllen die Vergangenheit in Vergessen - das ist es, was für mich die Brücke zu diesem Buch bildet.

    Ich glaube, ich probiere es damit mal.

  • Alice, du erwähnst Avalon. Ich habe einen Teil davon mal angefangen als ich noch ganz jung war und dazu mit Fantasy noch gar nichts anfangen konnte. Damals habe ich ausschließlich Krimis und Thriller gelesen =O

    Kann man die Bücher mit diesem vergleichen? Ich überlege nämlich schon länger, ob das was für mich ist. Jetzt lese ich ja auch gerne Fantasy. Oder kann mir jemand anders dazu was sagen?

    Die Bücher sind sehr unterschiedlich. Während "Die Nebel von Avalon" in einer für mein Empfinden künstlichen altertümlichen Sprache geschrieben ist, ist dieses Buch nicht künstlich der Zeit angepasst, sondern ist einfach wunderschön. Das zeitliche Setting spielt hier eine untergeordnete Rolle, finde ich.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Regenfisch ()