José Eduardo Agualusa: Eine allgemeine Theorie des
Vergessens
Gebunden, 197 S.
C.H.Beck; Auflage: 1 (21. Juli 2017)
Orginal: Teoria Geral do Esquecimento
Dom Quixote, Lissabon 2012
Aus dem Portugiesischen übersetzt von Michael Kegler
ISBN-10: 3406713408
ISBN-13: 978-3406713408
Verlagstext:
Es ist eine fantastische und doch ganz und gar wahre Geschichte: Am Vorabend der angolanischen Revolution mauert sich Ludovica, nachdem sie einen Einbrecher in Notwehr erschossen und auf der Dachterrasse begraben hat, für dreißig Jahre in ihrer Wohnung in einem Hochhaus in Luanda ein. Sie lebt von Gemüse, gefangenen Tauben und von einer Hühnerzucht, die sie auf der Dachterrasse wie durch Zauber beginnt, und bekritzelt die Wände in ihrer ausgedehnten Wohnung mit Tagebuchnotaten und Gedichten. Allmählich setzt sich aus Stimmen, Radioschnipseln und flüchtigen Eindrücken zusammen, was im Land geschieht. In den Jahrzehnten, die Ludovica verborgen verbringt, kreuzen sich die Wege von Opfern und Tätern, den Beteiligten an der Revolution, ihren Profiteuren und Feinden. Bis sie alle eines Tages erneut vor der Mauer in dem wieder glanzvollen Apartmenthaus stehen. José Eduardo Agualusa hat mit seinem wunderbaren, dicht und spannend gewobenen Roman, der das Fantastische der Wirklichkeit und eine Art höhere Gerechtigkeit beschwört, unvergessliche Szenen geschaffen, tragisch, komisch, grotesk. Dieser Roman feiert die Kunst des Erzählens selbst.
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Autor:
José Eduardo Agualusa, 1960 in Huambo/Angola geboren, studierte Agrarwissenschaft und Forstwirtschaft in Lissabon. Seine Gedichte, Erzählungen und Romane wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, für seinen Roman „Ein Stein unter Wasser“ (1999) erhielt er den Grande Prémio de Literatura da RTP. Auf Deutsch erschienen die Romane „Die Frauen meines Vaters“, „Barroco Tropical“ und „Das Lachen des Geckos“, für den er 2007 den britischen Independent Foreign Fiction Prize erhielt. „Eine allgemeine Theorie des Vergessens“ stand auf der Shortlist des Man Booker International Prize 2016. Agualusa lebt als Schriftsteller und Journalist in Portugal, Angola und Brasilien.
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Mein Eindruck:
Interessantes Buch, in vielen Handlungssträngen wird die angolanische Geschichte der Unabhängigkeit und der folgenden Bürgerkriege erzählt. Zusammengehalten werden all diese Episoden und Personen durch Ludovicas Schicksal der selbst gewählten Isolierungen, die sie mit vielen Entbehrungen drei Jahrzehnte durchhält.
In vielen kleinen Geschichten begegnen uns Opfer und Täter, manchmal weiß man das auch nicht so genau, die Zusammenhänge werden erst nach und nach klarer.
Vor Ludovicas Wohnung werden die Handlungsstränge schließlich zusammengeführt und finden auch größtenteils ein versöhnliches Ende.
Das ist großartig erzählt und auch sprachlich hat mich der Roman sehr angesprochen.
Im Buch gibt es zwei Landkarten und zwei Glossare zu Ortsnamen, Begriffen und Personen, die ich mir etwas ausführlicher gewünscht hätte.
Damit komme ich gleich zu meinen Kritikpunkten. Der Roman ist einfach zu kurz.
Ludovica hat 28 Jahre lang Tagebuch geführt und als ihr Papier und Hefte ausgingen die Wände bemalt und bekritzelt. Davon fand ich im Buch zu wenig, deshalb blieb mir diese Person auch lange fremd.
Oft erinnert mich die Erzählung an den magischen Realismus eines Márquez, aber es fehlen eben die Seiten, auf denen sich das alles ausbreiten kann. Man liest vom tanzenden Flusspferd Fofo und möchte sich zurücklehnen und schwelgen, da ist es auch schon wieder verschwunden.
Mein lesender Partner hatte ganz unabhängig einen ähnlichen Eindruck.
Trotzdem sehr lesenswert.
8 Eulenpunkte
Zitate:
Die Schwäche, die zunehmende Blindheit, all das lässt mich beim Lesen über die Buchstaben stolpern. Ich lese Seiten, die ich so oft schon gelesen habe, und sie sind jetzt anders. Ich mache Fehler beim Lesen, und in den Fehlern entdecke ich die unglaublichsten Wahrheiten. Ich finde mich selbst in den Fehlern.
Einiges wird, wenn man sich irrt, besser.
S. 81-82
Es scheint mir leichter, an Gott zu glauben, selbst wenn dies unsere begrenzte Wahrnehmung übersteigt, als an die überhebliche Menschheit.
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In den letzten Jahren ist mir klar geworden, dass man an die Menschen glauben muss, um an Gott zu glauben zu können. Es gibt keinen Gott ohne Menschen.
S. 94