DDR-Literatur-Eulen?

  • Ihr Lieben,


    es gibt hier ja offene Lesegruppen zu diversen Schwerpunktthemen. Gibt oder gab es auch schonmal eine DDR-Literatur-Gruppe? Falls nicht: Hat jemand Lust darauf??? :wave

    Mir ist beim Erstellen meines Bücherrätsels heute aufgefallen, dass bei mir - selbst DDR-Kind - immer noch sehr viel DDR-Literatur ungelesen auf dem SuB liegt oder aber ich mir vor drölfzig Jahren mal vorgenommen hatte, dieses oder jenes Buch nochmal zu lesen, und geworden ist daraus bisher nichts. Das soll sich nun ändern!



    Ich hätte fürs Erste folgende Lektürevorschläge und würde mich freuen, wenn noch jemand Interesse an einer entsprechenden Leserunde hätte:



    - Irmtraud Morgner: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura


    ama:

    Nimmt der ewige »Krieg der Geschlechter« ein Ende? Die Spielfrau Beatrix erwacht nach über achthundertjährigem Schlaf in unserer Gegenwart. In der Provence war sie im hohen Mittelalter eingeschlafen, jetzt bekommt sie es mit einer Welt zu tun, in der ihr Schloss einer Schnellstraße Platz machen soll. Sie bringt aber nicht nur diese Entscheidung ins Wanken, auch wie Männer und Frauen zusammenleben und worin das Wesen der Erotik gesehen wird, will ihr nicht einleuchten. Am besten, man würde noch einmal ganz von vorne beginnen ...


    https://www.amazon.de/Abenteuer-Trobadora-Beatriz-Zeugnissen-Spielfrau/dp/3442715776 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)


    ... wobei ich persönlich diese wunderschöne Ausgabe von 1976 besitze: https://www.amazon.de/Irmtraud-Morgner-Abenteuer-Zeugnissen-Intermezzos/dp/B001TZGKN6 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)


    - Christa Wolf: Kindheitsmuster (oder gern ein anderes Vor-Wende-Buch von ihr)


    https://www.amazon.de/Kindheitsmuster-suhrkamp-taschenbuch-Christa-Wolf/dp/3518459155 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)



    - Brigitte Reimann: Ankunft im Alltag


    ama:

    Gleich nach dem Abitur gehen Curt, Nikolaus und Recha für ein Jahr in einen Großbetrieb, in eine für sie fremde, aufregende Welt. Ein bisschen Trotz ist dabei im Spiel, viel Idealismus und noch mehr Abenteuerlust. Wie schwierig es werden wird, sich zu behaupten, ahnt keiner, und dass die beiden jungen Männer sich in Recha verlieben, macht es nicht leichter.


    https://www.amazon.de/Ankunft-Alltag-Erz%C3%A4hlungen-Brigitte-Reimann/dp/3746625920 (incl. Amazon Affiliate-ID from this website)




    Bin sehr gespannt, ob die eine oder andere Eule sich für diesen literarischen Schwerpunkt erwärmen kann! Ich würde gern aller paar Monate mal einen entsprechenden Titel lesen und freue mich über Gesellschaft dabei. :lesend  :lesend  :lesend


    Auf jeden Fall allen ein schönes WE! :wave

  • :wave  Nadezhda

    Was verstehst Du unter DDR-Literatur? Sind das Bücher, die vom damaligen Regime abgesegnet oder ausgezeichnet wurden? Oder überwiegend solche, die irgendwie durch die Zensur geschlüpft sind und verdeckte Botschaften ans DDR-Volk enthielten?


    Von Christa Wolf habe ich hier "Kassandra" (das ich schon mehrmals gelesen habe) und "Nachdenken über Christa T." (das ich nur halb geschafft habe).

    Beide fände ich aus unterschiedlichen Gründen interessant mit Dir und anderen Eulen zu lesen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend U. T. Bareiss: Green Lies - Tödliche Ernte

  • Was verstehst Du unter DDR-Literatur? Sind das Bücher, die vom damaligen Regime abgesegnet oder ausgezeichnet wurden? Oder überwiegend solche, die irgendwie durch die Zensur geschlüpft sind und verdeckte Botschaften ans DDR-Volk enthielten?

    :write:write:write

  • In Bezug auf die DDR-Literatur empfehle ich die Tagebücher von Brigitte Reimann. Man erfährt da eine Menge über das Leben in der DDR und über die Literatur in der DDR.


    Und man sollte nicht vergessen, dass auch viele Autorinnen und Autoren durchaus DDR-kritisch geschrieben haben. Ich denke da beispielsweise an Stefan Heym, Monika Maron - in Teilen auch Erik Neutsch. Natürlich nicht zu vergessen sollte man die Autoren, die im Westen veröffentlich haben wie Erich Loest, Wolf Biermann oder auch Reiner Kunze. Gerade auch in der DDR-Literatur (wobei dieser Begriff leider sehr oft sehr abwertend verwendet wird) gibt es nach wie vor viel zu entdecken.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • :wave  Nadezhda

    Was verstehst Du unter DDR-Literatur? Sind das Bücher, die vom damaligen Regime abgesegnet oder ausgezeichnet wurden? Oder überwiegend solche, die irgendwie durch die Zensur geschlüpft sind und verdeckte Botschaften ans DDR-Volk enthielten?

    Was zur DDR-Literatur zählt, ist keine Ermessensache einzelner Personen, sondern war zeitweilig ein politisches Statement. Während die Bundesrepublik die Existenz eines zweiten deutschen Staates lange bezweifelte, wurde das Genre derweil ganz offensichtlich von Autoren verfasst, die in der DDR lebten oder vor ihrer Flucht in den Westen dort gelebt hatten. Googele z. B. Bitterfelder Weg ...


    In den 70er Jahren haben z. B. Buchhandlungen (West) durch ihre Präsentation der Autoren den Istzustand anerkannt.

  • Was zur DDR-Literatur zählt, ist keine Ermessensache einzelner Personen, sondern war zeitweilig ein politisches Statement. Während die Bundesrepublik die Existenz eines zweiten deutschen Staates lange bezweifelte,

    Das ist so nicht richtig. Die Bundesrepublik Deutschland hat nie die Existenz der DDR bezweifelt. Es war ihr durchaus bewusst, dass es einen zweiten deutschen Staat gab. Nach der Hallstein-Doktrin allerdings gab es einen Alleinvertretungsanspruch seitens der Bundesrepublik Deutschland. Die Existenz der DDR war nun wahrlich offenkundig. Man muss hier staats- und verfassungsrechtlich sauber trennen. Zum einen gab es die reale Existenz der DDR und zum anderen es den völkerrechtlichen strittigen Weg des Alleinvertretungsanspruches. Mit einer "Nicht-Existenz" hat das aber nichts zu tun.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Es gab schon entsprechende Leserunden bei den Querbeet-Eulen und auch bei den sog. Klassiker-Runden. Falls sich hier niemand zum regelmäßigen Lesen meldet, lohnt sich vielleicht dort nochmal die Nachfrage. :wave

    Darüber hatte ich auch schon nachgedacht, möchte aber schon gern 2-3 Titel im Jahr anpeilen. Das wäre den Qeerbeet - und Klassikeulen bestimmt zuviel. :gruebel


    Aber bevor nichts Anderes zustandekommt, mache ich ggf. dort einen entsprechenden Vorschlag. :wave

  • :wave  Nadezhda

    Was verstehst Du unter DDR-Literatur? Sind das Bücher, die vom damaligen Regime abgesegnet oder ausgezeichnet wurden? Oder überwiegend solche, die irgendwie durch die Zensur geschlüpft sind und verdeckte Botschaften ans DDR-Volk enthielten?


    Um darauf jetzt nochmal etwas ernsthafter einzugehen, ohne dass ich Expertin wäre: Ich glaube, dass es viel DDR-Literatur zwischen den von dir beschriebenen Polen gibt. Im tagtäglichen Schreiben der DDR-AutorInnen war viel Gratwanderung enthalten, oft sind die AutorInnen auch auf der "falschen" Seite des Grats heruntergefallen und das war's dann, oder sie haben nochmal eine Chance bekommen... Es bleibt bei vielen Büchern auch Interpretationssache, wieweit man sie als regimetreu oder regimekritisch einordnet. Zuviel Kritik ging nicht, denn dann wurde man nicht veröffentlicht. Zu wenig hätte u.U. das eigene Verbiegen erfordert. Den Mittelweg zu finden und die "richtige" Interpretation den LeserInnen zu überlassen, war eine Kunst. Und ich denke, es ist viel veröffentlicht worden und von den LeserInnen auch kritisch verstanden worden, was dem Regime durch die Lappen gegangen war, weil Kritik eben auch sehr subtil daherkommen kann.

    Ich nehme mal ein Beispiel von den Büchern oben: "Ankunft im Alltag" ist zum Prototyp der sogenannten "Ankunftsliteratur" https://de.wikipedia.org/wiki/Ankunftsliteratur geworden; damit ist gemeint, dass angeblich überintellektuelle junge Leute sich die Hörner im wahren Leben, sprich der Werkhalle, abstoßen und nach anfänglichem Gerappel ins sozialistische System einfügen. Jetzt könnte man interpretieren, dass hier ja am Ende die sozialistische Moral immer siegt. (Möglicherweise hat Reimann ihr Buch auch genau so gemeint.) Also Propaganda. Man könnte aber auch den Finger darauf legen, dass in einem auf dem DDR-Buchmarkt erschienenen Roman überhaupt derartiges Gerappel Erwähnung finden darf. Damit werden ja auch Argumente gegen das System transportiert, selbst wenn diese einem jungen Schnösel in den Mund gelegt werden und im konkreten Fall am Ende nicht den Sieg davontragen. Aber sie wurden mal unter die Leute gebracht und haben vielleicht einige LeserInnen zum kritischen Nachdenken angeregt. Wie gesagt, ich kenne mich nicht gut genug aus, auch nicht mit Brigitte Reimann, um dieses Buch korrekt einordnen zu können (was auch immer korrekt wäre), kann aber durchaus sagen, dass es von manchen Menschen in der DDR durchaus als "implizit auch kritisch" rezipiert wurde.


    Wirklich offen schreiben konnten doch letztendlich auch nur die AutorInnen, die ausgewandert waren oder ausgewandert wurden. :|


    Wie gesagt, auf die Lektüre von blanker Propaganda habe ich auch keine Lust. Aber ein paar von den Büchern, die einen auf die Gratwanderung mitnehmen, würde ich gern mal wieder lesen.

  • Ich finde Deine Idee zu dieser Lesegruppe sehr interessant und gut. Und generell würde ich bei einem Buch, das mich interessiert schon gerne hier mitlesen.:) Zum Beispiel etwas von Christa Wolf.


    Jetzt habe ich mir gerade die Leseprobe zu Trobadora Beatriz angeschaut. ich glaube, das ist nicht so meins. ich habe die ersten Seiten davon gelesen und das hat mir vom Stil gerade nicht so zugesagt. Bei dem Buch werde ich mich nicht anschließen.

  • Ich lese aber auch gern mal wieder etwas von Christa Wolf. Hättest du da bestimmte Vorlieben?

    Ich kenne bis jetzt nur ein Buch von Christa Wolf: "Der geteilte Himmel". Wir haben es hier mal in einer Leserunde gelesen. Ich fand es nur so mittelmäßig. Ich würde der Autorin aber gerne noch eine Chance geben, egal mit welchem Buch.

  • Jetzt habe ich mir gerade die Leseprobe zu Trobadora Beatriz angeschaut. ich glaube, das ist nicht so meins. ich habe die ersten Seiten davon gelesen und das hat mir vom Stil gerade nicht so zugesagt. Bei dem Buch werde ich mich nicht anschließen.

    :write Auch mit der Beschreibung kann ich nicht viel anfangen.

    Liebe Nadezhda,

    bitte gib nicht auf! Ich finde es immer toll, wenn jemand Vorschläge macht. :anfeuer

    Dieses Buch ist jetzt leider nicht so meins. :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin