Quendel - Caroline Ronnefeldt

  • Quendel - Caroline Ronnefeldt


    Inhalt:


    Das Hügelland, ein beschauliches und gemütliches Fleckchen Erde, auf dem sich das Volk der Quendel breit gemacht hat und dort in Ruhe und Frieden lebt - wäre da nicht der Wald Finster, der seinem Namen alle Ehre macht und in den sich noch kaum jemand hinein getraut hat. Ausgerechnet dorthin zieht es Bullrich Schattenbart, seines Zeichens leidenschaftlicher Kartograph und bestrebt, auf seinen Karten diesen weißen Fleck auszufüllen. Nur: er kommt von seinem Ausflug nicht mehr zurück! Seine Freunde und Nachbarn machen sich auf den Weg in den Finster, um ihn zu retten und erleben die schrecklichste Nacht ihres Lebens, ebenso wie die beiden Nachbarn Pirmin und Fendel, die sich aus ganz anderen Gründen in die gefährliche Zone begeben.


    Meine Meinung:


    Schon Cover und Namen dieses Schmökers lassen unvermittelt an Tolkiens Hobbits denken, und diese Assoziation trifft auch zu 100 % zu. Schon beim ersten Satz hatte ich das Gefühl, ich bin im Auenland und treffe auf Bilbo und Frodo Beutlin. Sowohl die Atmosphäre als auch der Sprachstil sind perfekt getroffen, so dass man fast annehmen könnte, der große Meister hat diesen Roman selbst geschrieben. Aber nein, das Buch stammt aus der Feder von Caroline Ronnefeldt, und ich empfand es beileibe nicht als abgekupfert, vielmehr als liebevolle und wohldurchdachte Hommage an Mittelerde. Noch dazu ist das Buch in seiner aufwändigen Ausstattung ein wahres Schmuckstück im Bücherregal.


    Die Handlung beschränkt sich auf einen Tag im Leben der Quendel, aber dies ist eben ein ganz besonderer Tag, an dem unerwartete und schreckliche Ereignisse eintreten. Verschiedene Protagonistengruppen werden zunächst ausführlich eingeführt, was mir sehr viel Spaß gemacht hat; die detailreichen Beschreibungen der Örtlichkeiten, der Gewohnheiten und des Alltagslebens der Quendel schaffen wunderbare Bilder und auch die augenzwinkernd erzählten Eigenheiten und Macken der Quendel empfand ich als sehr unterhaltsam.


    Es bleibt jedoch nicht bei dieser absoluten Wohlfühlatmosphäre. Caroline Ronnefeldt lässt ihre Protagonisten langsam aber sicher in einen Schauerroman erster Klasse eintreten, der mit vielen Elementen und Mythen des Genres spielt. Schon alleine der finstere Wald ist ein absoluter Gruselort, aber damit ist es nicht getan. Die Figuren müssen sich mit gefährlichen Mooren, unheimlichen Wesen, fliegenden Wölfen und dunklen Grabkammern auseinandersetzen; kaum ein Gruselszenerio, das dabei nicht bedient wird. Diese Wendung bringt ordentlich Thrill und Action in die Handlung, so dass sie, obwohl nur an einem Tag stattfindend, trotzdem sehr temporeich und dynamisch wirkt.


    Das einzige, was man dem Roman vorwerfen kann, ist das offene Ende. „Quendel“ ist nicht in sich abgeschlossen, im Gegenteil; die Handlung endet mit einem absolut fiesen Cliffhanger. Das an sich würde mich nicht stören, aber im Vorfeld wies nichts darauf hin, dass es sich um den ersten Band einer Reihe handelt, und auch über eine Fortsetzung schweigen sich die Websites von Verlag und Autorin hartnäckig aus. Diese Kritik geht also ans Marketing und nicht an das literarische Produkt an sich, deswegen auch kein Punktabzug. Ich hoffe jedenfalls auf eine zeitnahe Fortsetzung auf gleichem Niveau.


    Mein Fazit:


    Eine klare Leseempfehlung an alle LeserInnen der High Fantasy und speziell an Tolkien-Fans - wer Spaß an den Hobbits und an Mittelerde hatte, wird sich hier wie zuhause fühlen und sich an dem ausgefeilten, poetischen Sprachstil erfreuen, ebenso an den gelungenen Figuren und dem zunehmenden Gruselfaktor.

  • Ich habe diesen ersten Band nun auch endlich beendet, nachdem er lange auf dem SUB geschlummert hat.

    Der Beginn ist wirklich erstmal sehr beschaulich und hobbithaft. Ich bin zwar nicht sicher, ob Quendel behaarte Füße haben (zumindest wird da soweit ich mich erinnere nichts dazu erwähnt), aber allein dadurch, dass sie Menschen als "das große Volk" bezeichnen, ist schon mal mitgegeben, dass die durchschnittliche Körpergröße auch eher hobbithaft ist. Und ich weiß jetzt auch, dass "Quendel" ein anderer Name für wilden Thymian ist, das hab ich zufällig beim Googeln entdeckt. Bitteschön. Bildungsauftrag erfüllt. :grin


    Zum Zeitpunkt des Lesens hat mich der langsame Einstieg in die Geschichte nicht gestört, aber man sollte davon ausgehen, dass ca. 100 Seiten praktisch nur Prolog sind. Man begleitet zuerst den Kartenzeichner Bullrich Schattenbart bei einem ungewöhnlichen Spaziergang, später dann Nachbarn und Verwandte von ihm und noch weiter später nochmal andere Quendel. Es gibt in diesem Buch keinen einzelnen Protagonisten, außer Bullrich sind an allen anderen Handlungsorten kleine Grüppchen von Quendeln aus dem einen oder anderen Grund unterwegs in dieser einen besonderen Nacht. Und so gemütlich es beginnt, so ändert es sich nach dem Prolog relativ schnell...


    Ich mag die Zitate, die den einzelnen Kapiteln vornan gestellt sind, sie treffen meist den Ton und die Atmosphäre des Kapitels gut, ob nun Goethe, Annette von Droste-Hülshoff oder ein anderer Dichter.

    Was mir ebenfalls angenehm aufgefallen ist, dass in diesem Buch auf deutsche Sagen und Legenden Bezug genommen wird, also wer sich für dieses Thema interessiert, wird das eine oder andere wiedererkennen, was den Quendeln im weiteren Verlauf begegnet und sie das Fürchten lehrt.

    Atmosphärisch ist sowohl das Gemütliche des Hügellandes, als auch die Düsternis die sich plötzlich ausbreitet sehr gut dargestellt. Manchmal nimmt sich die Autorin so viel Zeit für ihre Ortsbeschreibungen, dass es auch mal zu Längen kommen kann, hat mich aber in diesem Fall nicht groß gestört. Gerade die späteren Kapitel am besten lesen wenn es im Zimmer auch schon finster ist und nur das Licht zum Lesen brennt. :grin


    Das Cover ist wirklich wunderschön und hat mich damals zu diesem Buch hingezogen. Im Inneren gibt es dann noch eine schöne Karte des Hügellandes auf der man die Reisen der verschiedenen Figuren gut nachvollziehen kann (und auch welche Abstände zwischen den Gruppen liegen).

    Band 2 und 3 warten ebenfalls bereits auf dem SUB auf mich und werden sicher bald folgen, jetzt brauch ich allerdings erstmal etwas anderes dazwischen.


    Fazit: Ich vergebe eine gute 8 von 10 Punkten für Atmosphäre und langsam in der Spannung ansteigende, schaurige Geschichte.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda