Peter Stamm - Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)


    Das eigene Leben noch einmal erleben. Soll man sich das wünschen?


    Christoph verabredet sich in Stockholm mit der viel jüngeren Lena. Er erzählt ihr, dass er vor zwanzig Jahren eine Frau geliebt habe, die ihr ähnlich, ja, die ihr gleich war. Er kennt das Leben, das sie führt, und weiß, was ihr bevorsteht. So beginnt ein beispiellos wahrhaftiges Spiel der Vergangenheit mit der Gegenwart, aus dem keiner unbeschadet herausgehen wird.


    Können wir unserem Schicksal entgehen oder müssen wir uns abfinden mit der sanften Gleichgültigkeit der Welt? Peter Stamm, der große Erzähler existentieller menschlicher Erfahrung, erzählt auf kleinstem Raum eine andere Geschichte der unerklärlichen Nähe, die einen von dem trennt, der man früher war.



    Autor (Quelle: Verlagsseite)


    Peter Stamm, geboren 1963, studierte einige Semester Anglistik, Psychologie und Psychopathologie und übte verschiedene Berufe aus, u.a. in Paris und New York. Er lebt in der Schweiz. Seit 1990 arbeitet er als freier Autor. Er schrieb mehr als ein Dutzend Hörspiele. Seit seinem Romandebüt ›Agnes‹ 1998 erschienen fünf weitere Romane, fünf Erzählungssammlungen und ein Band mit Theaterstücken, zuletzt die Romane ›Nacht ist der Tag‹ und ›Weit über das Land‹ sowie unter dem Titel ›Die Vertreibung aus dem Paradies‹ seine Bamberger Poetikvorlesungen.


    Literaturpreise:


    Rheingau Literatur Preis 2000


    Bodensee-Literaturpreis 2012


    Friedrich-Hölderlin-Preis 2014


    Cotta Literaturpreis 2017


    ZKB-Schillerpreis 2017



    Allgemeines


    Erscheinungstermin: 22.02.2018 bei S.Fischer als HC mit 160 Seiten


    Roman in 37 Kapiteln


    Ich-Erzählung des (verhinderten?) Schriftstellers Christoph


    Handlungsort und -zeit: Stockholm in der Gegenwart, mit Rückblicken auf die Vergangenheit an anderen Orten (Schweiz, Barcelona)



    Inhalt und Beurteilung


    Zufällig begegnet der alternde Christoph in Stockholm einer jungen Schauspielerin, die ihn an seine frühere Liebe Magdalena, ebenfalls eine Schauspielerin, erinnert. Sie sieht dieser nicht nur ähnlich, sondern scheint geradezu eine jüngere Doppelgängerin zu sein, sie heißt sogar (Magda)Lena. Lenas Mann Chris(toph) erscheint dagegen als ein jüngeres Ebenbild des Ich-Erzählers, der einen sehr ähnlichen Lebensweg beschritten hat, angefangen von seiner beruflichen Tätigkeit – er schreibt an einem Buch und betätigt sich als Drehbuchautor – bis zu seiner Beziehung zu einer Schauspielerin namens (Magda)Lena.


    Der alternde Christoph, dem nach dem Erfolg seines einzigen Romans die Ideen ausgegangen sind und der danach ein wechselvolles Leben als Drehbuchautor und Lehrer geführt hat, erzählt der jungen Lena von seinem Leben und der Trennung von seiner großen Liebe Magdalena. Zwischen den Lebenswegen des früheren Paares (Christoph und Magdalena) und des jüngeren Paares (Chris und Lena) ergeben sich unheimliche, bzw. unerklärliche Parallelen. Dabei stellt sich die Frage, ob sich bestimmte Lebensgeschichten immer wiederholen und ob man bestimmte Fehler, die zuvor gemacht wurden, vermeiden und so seinem Schicksal entgehen kann.


    Der Roman ist faszinierend und gleichzeitig verwirrend. Das Verwirrende liegt nicht nur darin begründet, dass häufige Perspektivwechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit stattfinden, wobei es jeweils zwei Christophs und Magdalenas gibt und dass die wörtliche Rede ohne Anführungszeichen steht, was beim Lesen viel Konzentration erfordert, sondern auch darin, dass man nicht genau weiß, welche Teile der Erinnerung des älteren Christoph wirklich der Realität entsprechen.


    Auch wenn es mir nicht gelungen ist, die Grenzen zwischen Wahrheit, realer Erinnerung und Einbildung des Ich-Erzählers auszuloten und der Titel des Romans mich etwas ratlos zurücklässt, ist die Schilderung des Lebensweges des älteren Christoph interessant zu verfolgen und die Frage, ob sich bestimmte Muster wiederholen und der Mensch daraus ausbrechen kann, könnte für die Leser (eventuell auch in Leserunden) Diskussionsanreize bieten.

    Fazit


    Ein Roman, der bei der Lektüre ungeteilte Aufmerksamkeit erfordert und Interpretationsspielräume zulässt!

    7 Punkte

  • Christof, ein Autor, der bereits sichtlich gebrechlich wirkt, trifft eine 20 Jahre jüngere Frau und erzählt ihr u. a. von der Begegnung mit seinem eigenen, jüngeren Ich vor langer Zeit. Es ist sicher kein Zufall, dass die junge Gesprächspartnerin Lena heißt und die frühere Freundin des ehemals erfolgreichen Autors Magdalena hieß. Christof ist der Überzeugung, Magdalena wäre so gewesen wie Lena heute wirkt. Christofs Zukunftsprojekte, die er sich als junger Man ausmalte, könnten inzwischen zum realen Leben seiner heutigen Gesprächspartnerin geworden sein. Gemeinsam mit lange zurückliegenden Erlebnissen aus Schweden und aus dem Engadin werden seine Luftschlösser in einer Geschichte vom Erzählen einer Geschichte verschachtelt. Im Verknüpfen von Wunsch und Wirklichkeit beobachtet der Autor sich selbst aus der Distanz und setzt sich rückblickend mit dem Verstreichen von Zeit auseinander.


    Peter Stamm versetzt in dieser extrem kurzen Erzählung seine Leser in die Rolle von Beobachtern, die die Leerstellen der Geschichte selbst füllen und ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen müssen. Für einen so kurzen Text hat mich Christofs biografischer Versuch erstaunlich intensiv beschäftigt.


    7 von 10 Punkten

  • Ich weiß noch nicht so ganz, was ich von dem Buch halten soll. Möglicherweise muss ich das Buch noch einmal lesen. Jetzt würde ich sagen, dass es ein netter Zeitvertreib ist, aber auch etwas frustrierend, weil es keine Anführungszeichen gibt bei wörtlichen Reden. Auch habe ich den Text viel zu schnell gelesen, musste ich gegen Ende feststellen. Ich habe mich in den letzten Seiten dazu gezwungen, immer eine Sekunde Pause zwischen einem Satz zu machen. Das fühlte sich schon viel angenehmer beim Lesen an. Die Pausen sind wohl nötig, weil sonst alles so sprunghaft wirkt und diese Lücken mit eigenen 'Vorstellungen' gefüllt werden müssen. Ich könnte mir vorstellen, wenn ich das Buch noch einmal langsam lese, wird es besser.

    Ich vergebe jetzt erst mal 5-6 von 10 Eulenpunkten.

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers