Majestätisch schwebte der Adler über den Appalachen. Dunkle Tannenwälder gaben den Berghängen ein düsteres Aussehen. Leise plätschernd suchte sich der Bach seinen Weg durch ein liebliches Tal. Voller Übermut floss das Wasser über Steine, wurde empor geschleudert und fiel mit einem lauten Geräusch wieder in das Bachbett zurück. Doch einige der Tropfen waren zu mutig, sprangen zu hoch, wurden vom Wind erfasst und auf eine der Wiesen getragen, die das Gewässer säumten. Blumenteppichen gleich lagen diese in der prallen Sommersonne. Schmetterlinge gaukelten in den warmen Strahlen von Blume zu Blume und labten sich am Nektar. Vereinzelt standen lichte Laubwälder Inseln im Meer gleich in den Wiesen, in denen die Tiere Schatten fanden. Stille lag über allem, man hörte nur das Summen der geschäftigen Bienen und das leichte Rascheln der Blätter im Wind. Doch Miranda sah nichts von der Schönheit des Landes, sie sah nur sie. Sie war gekommen, tatsächlich gekommen. Voller Anmut schwamm die Indianerin nackt wie Gott sie schuf in dem kleinen See. Ihr Atem beschleunigte sich, als die Schwimmerin das Wasser verließ, sie jedes Detail ihres Körpers geradezu in sich aufsog. Die kleinen Brüste, den flachen Bauch, die schlanken Schenkel und das dunkle Dreieck dazwischen. Sie wollte sie haben, jetzt, auf der Stelle. Sie gab ihrem Pferd die Sporen, breschte voller Ungelduld aus dem kleinen Wäldchen hervor, von dessen Rand aus sie die Szene beobachtet hatte. Shakopee blickte auf, als sie das Pferd kommen hörte. Hochaufgerichtet stand sie da. Aus vollem Galopp stoppte der Braune, ließ eine Wolke aus Staub und Dreck aufsteigen.
„Du bist gekommen“.
„Hast du daran gezweifelt?“
Verlegen wandte sich die weiße Frau ab und stieg von ihrer Stute um Zeit zu gewinnen.
„Ja, das habe ich. Unser erstes Treffen im Wald, ich war nicht sicher, ob du so fühlst wie ich es tue.“
Die Indianerin nahm ihre Hand und streichelte sanft die Wange der anderen.
„Schau mich an, dann weißt du es.“
Und als Miranda in Shakopees Augen versank, wusste sie, sie war zuhause angekommen.
Entspannt lagen die beiden Frauen nach dem Liebesakt auf der Wiese. Schatten von den Blättern des Baumes, unter dem sie lagen, huschten über ihre verschwitzten Körper. Zärtlich fuhr Miranda mit ihren Fingern über Shakopees Körper, formte die Konturen der Brustwarzen nach, um sich dann ihrem Bauchnabel zu nähern, den sie langsam umkreiste.
„Ich liebe dich. Von ganzem Herzen liebe ich dich.“
Shakopee richtete sich auf und sah auf ihre Freundin hinab.
„Ich weiß. Aber wir dürfen uns nur heimlich sehen, denn dein Volk wird es nicht billigen, wenn du dich mit einer Indianerin anfreundest.“
„Dann lass uns fortgehen, in den Westen, da können wir ....“
Laute Hufschläge von galoppierenden Pferden ließ die beiden Frauen aufschrecken. Eine Horde von Männern, bärtig und schlecht gekleidet, kam auf sie zu. Sie sprangen auf, versuchten sich anzukleiden, doch es war zu spät, schon waren die Männer bei ihnen und umkreisten sie johlend.
„Verschwindet!“, schrie Miranda. „Lasst uns in Ruhe!“
Shakopee hatte ihr Messer gepackt und stand nun neben der geliebten Frau, als die Männer ihre Pferde anhielten und einen einzelnen Mann in schwarzer Robe durchließen.
„Du hast gesündigt! Was du getan hast, ist wider der Natur! Und dann noch noch mit einer Indianerin, pfui Teufel!“, schrie er Miranda an, um sich zuerst zu bekreuzigen, um dann vor ihr auszuspucken.
„Was wird dein Vater, die arme Seele dazu sagen?“
„Verschwinde Priester, ich habe mit dir und deinem Gott nichts am Hut. Wir lieben uns, wie kann das Sünde sein?“
Mit vor Ekel verzogenem Gesicht wandte sich der Pfarrer an den Anführer der Männer.
„ Ihr“ – er zeigte auf Miranda – „versetzt ihr 10 Schläge mit eurer Peitsche auf den nackten Hintern, das soll sie lehren, wider ihren Gott zu handeln. Ich würde sie gerne noch anders bestrafen, aber ihr Vater möchte sie wiederhaben. Verstehe das, wer will. Aber nun gut.“
„Und die Indianerin?“, fragte der Bärtige mit einem lüsternen Grinsen.
Der Pfarrer verschwendete keinen Blick an die rote Frau.
„Mit ihr könnt ihr machen, was ihr wollt. Hauptsache, sie tritt am Ende der Prozedur vor ihren Schöpfer.“
„Nein!“, schrie Miranda und rannte ungeachtet ihres Nacktseins zu dem Pferd des Pfarrers, packte ihn am Hosenbein.
„Das dürft ihr nicht tun!“
Von einem Tritt getroffen fiel sie zu Boden, wo sie von einem der Männer aufgegriffen wurde. Auch der Mann der Kirche saß nun ab.
„Fesselt sie. Ich werde sie in meiner Obhut behalten, bis ihr mit der roten Hure fertig seid. Sie soll zusehen, was mit ihr passiert, damit sie geleutert wird.“
Tränenüberströmt musste Miranda mit ansehen, wie die Männer Shakopee Gewalt antaten, wieder und wieder. Sie gingen nicht zimperlich mit ihr um, nachdem sie einen der ihren mit dem Messer verletzt hatte. Sie hatte sich gewehrt bis zum Schluss, aber sie hatte keine Chance gehabt. Nun lag sie da, völlig teilnahmslos, während der letzte Mann, der sich ihres Körpers bedient hatte, die Hose zuknöpfte. Miranda fühlte nicht die Hände des Priesters, die wie unabsichtlich ihre nackten Brüste und ihre Scham berührten. Sie sah nur den zerschundenen Körper der Frau, die sie liebte.
„Los, macht endlich ein Ende.“
„Nein, nein, das dürft ihr nicht!“, schrie Mirinda.
Sie begann sich wieder aus Leibeskräften zu wehren. Doch eine kräftige Ohrfeige brach ihren Widerstand und völlig entkräftet lag sie in den Armen des Priesters. Der Anführer der Männer trat indessen zu Shakopee und erschoss sie kaltblütig. Miranda schloss die Augen, während die Tränen nun noch mehr strömten, einem Wasserfall gleich schossen sie über ihre Wangen. Nein, sie weinte nicht, weil man Shakopee getötet hatte, es war ein schneller, schmerzloser Tod gewesen, und nach diesem Vorfall hätte sie nicht mehr weiterleben wollen, nicht mehr weiterleben können. Miranda weinte, weil sie zurückbleiben musste, weil ihre Liebe für immer zerstört war. Nie wieder würde sie jemanden so lieben können wie diese Frau. Nicht nur Shakopee war tot, auch sie war gestorben. Ihre körperliche Hülle würde weiterleben, aber ihre Seele würde für alle Zeiten bei ihr, ihrer einzigen Liebe, sein.